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II. Verfolgung. – St. Quentin.

Es ist ja Grund genug vorhanden, um die Geringfügigkeit der Kluckschen Streitmittel zu erklären. Ein gewisser »Historiker« läßt Marrwitz von der gewaltsamen Gette-Aufklärung befriedigt heimkehren, worauf Kluck absichtlich die Belgier unbehelligt ließ! Das wäre sehr tadelnswert, hier, wo jeder Tagesgewinn ins Gewicht fiel; doch der geringe Raumfortschritt bis 22. auf Strecken, die man mit Kurierzug in einer Stunde durchfährt, findet natürliche Erklärung dadurch, daß man anfangs nur über ungenügende Kräfte verfügte und sich später erst Aufmarschraum für die bei Lüttich verstauten Massen verschaffen muhte. Das rechtfertigt aber nicht, daß Linsingen erst am 23. von Brüssel aufbrach, und Marrwitz' 19. Drag, und 17. Hus. erst nordwestlich Mons lagerten, 16. Hus. erst am 24. Tournai erreichten. Am 25. hatten 2. Drag, und 3. R. Ul. ein Gefecht bei St. Hilaire. Das unbemerkte Hineinschlüpfen des Kluckschen Umgehungsflügels hätte zwischen die ungeschlossenen Lücken nordwestlich Mons um zwei Tage früher beginnen können. Was halfen Gewaltmärsche, »die ihn nicht erreichten«! Erst am 25. reifte unvollkommene Umfassung bei Valenciennes aus. Bei normaler Entwicklung hätte Belgien schon vor Ankunft Frenchs überflutet sein können. Auf dem Gelände zwischen Sambre und Dyle spielte sich einst das Drama Ligny–Wavre–Waterloo ab, das wir erst heute nach Entlarvung faustdicker Entstellungen richtig überblicken. Wo persönliche Interessen auf das Urteil der Handelnden abfärben, gebietet sich äußerste Vorsicht. So spendet Kluck, um sich zu ehren, Lobsprüche an die Engländer. Nun, wer Tommy aus eigener Beobachtung kennt, zweifelt nicht an seiner angeborenen Tapferkeit, doch sein Debüt bei Mons fügte seinem Lorbeer kein Blatt hinzu. Sich frontal in so günstiger Stellung übermannen zu lassen, war wenig ehrenvoll. Wenn man mit offenbarer Tartarennachricht das Reiterscharmützel bei Waterloo zu historischer Symbolistik aufbauschte, hätte man eher den Beweis deutscher Truppenüberlegenheit bei Mons nachdrücklicher betonen sollen. Doch erweist man der deutschen Sache den schlechtesten Dienst, wenn man die Sünden der Führung zudeckt und gewisse Personen oder Truppenteile verherrlicht, wo es ihnen nicht zukommt. Wenn French sich aus seiner erstaunlichen Niederlage noch ein Verdienst machte, so konnte kein Angriff schlechter angelegt sein als der Klucks, der sich von Ost nach West um 12, 3, 5, 7, 8 Uhr zerspaltete. Es gibt geborene Pechvögel und geborene Glückspilze. Seine unvergleichlichen Truppen, die nach Gewaltmärschen zum Schlachtfeld so Wunderbares vermochten, rissen ihn heraus; von Rechts wegen verdiente er gründlichen Mißerfolg. Um mit Bülow auf eine Höhe zu kommen, hätte seine Armee schon am 20. südlich abgedacht sein müssen und zwar schon damals im Eilmarsch statt der späteren Überhastung. Beinahe fiel die ganze Umgehung ins Wasser. Doch die späteren Marschälle Haigh und Allenby pflückten hier auch keine Lorbeeren. Es nimmt nicht für Haigh ein, daß er gleich anfangs die Hanseaten auf Dorians Flanke so tief hereinließ. Hamilton, der stets Unbelohnte, schlug sich zwar kräftig an seinem linken Flügel, doch seine Leute gaben am Kanal bedenklich rasch nach und das ganze Geschichtsblatt wäre unleserlich unverständlich, wenn man nicht die moralische Gewalt plötzlichem entschlossenem Ansturms veranschlagt. Eigentlich war Umgehung im Westen ausgeschlossen, der Kanal ist dort wie mit dem Lineal straff horizontal hingezogen. Armins Hinüberkommen glückte nur, weil Dorien, durch die Brandenburger in Anspruch genommen, sein von Truppen geleertes Westende vernachlässigte. Wie elend muß Allenbys Aufklärung gewesen sein!

Der frühere französische Kriegsplan sah für die »Armee von Maubeuge« Stoß auf Koblenz vor, was doch gewiß Durchmarsch in Belgien und Luxemburg bedeutet. Delaisi sprach 1911 offen von den künftigen »belgischen Schlachtfeldern«: Am guten Willen fehlte es den Verbündeten nicht, Belgien mit ihrem Besuch zu beglücken. Ihre Führer riefen sich zu: Geh du zur Rechten, so geh ich zur Linken. Bei geteilter Arbeit ist auch geteiltes Leid nur halbes Leid. Nicht ohne geheime Schadenfreude erfuhren viele Franzosen, daß der englische Hochmut nun auch gedämpft sei, was den Schmerz über »Charleroi« etwas verminderte. Auch die Verbündeten hatten sich seit 20. nicht gesputet (Michel, Gouverneur von Paris, fiel als Sündenbock, weil er die Organisation der Armee Laurezac vertrödelt habe), doch trug dazu bei, daß die Belgier den Wahn verbreiteten, sie könnten allein den Feind aufhalten. Schwadronieren schadet stets im Kriege. Umgekehrt ließ man sich nicht angelegen sein, König Albert rechtzeitig über den Umfang des eigenen Mißerfolges aufzuklären, so daß seine aufgestachelte Energie den an sich zweckmäßigen Angriff auf General Beseler zu lange fortsetzte. Dieser Kommandierende des 3. R. K. und der vorläufigen Okkupationsarmee hatte erst jetzt sein Korps beisammen, auch das ihm anvertraute 9. R. K. kam erst nach und nach in die Schlachtlinie, gefolgt von einer Brigade der 4. Ersatzdivision Werder. Außerdem waren Teile der fünf Landwehrbrigaden Klucks und Bülows eingetroffen. Da jedoch Albert die Antwerpengarnison und zahlreiche Ersatzreserven an sich zog, befand er sich besonders anfangs in der Überzahl. Obschon später die schlechte Verteidigung Antwerpens unter die Märchen der Entente-Scheherezade von besonderem Heroismus der Belgier den Schlußpunkt setzte, muß man ihre jetzige Anstrengung anerkennen. »Ist Volkstrost in Leid, wenn die Herren fechten voran im Streit«, singt das Nibelungenlied, und die Haltung des Königs (deutschen Geblüts mit deutscher Gemahlin) verdient Bewunderung. Überall flog er mit seinem Auto in der Schlachtreihe herum und soll leicht an der Hand verwundet worden sein. Die dritte Kriegshandlung des 23. und 24. hob sogar vielversprechend für ihn an. Zwar ist falsch, daß 5. belg. D. der deutschen 5. R. D. zu schaffen machte, siehe den geringen Verlust; bei 6. R. D. verlor III/20. nur 30 Mann, und der durch Aufstand in Löwen unterstützte Angriff gegen die deutsche Rechte hatte nur vorübergehenden Erfolg. Dagegen leistete sich die nach rechts gestaffelte 6. belg. D. ein kühnes Vordringen; die dem R. K. Boehn beigefügte Aktivbrigade 162. Lübeck 163. Neumünster machte am linken Flügel bei Velworde eine rückgängige Bewegung. Man wollte sich dort nähere Verbindung mit French eröffnen, und es kam hier und weiter nördlich bei Campelaer-Overbevaert bis 26. zu vieltägigen langwierigen Gefechten, in denen besonders 86. R. bei Campenmandel einen schweren Stand hatte. 18. R. A. bei Rotselaer, gedeckt von 6. und 7. R. Husaren und 84 er R. bei Bootmanshoek behaupteten sich mühsam. Ebenso geriet 3. R. K. zeitweilig bei Sempst-Aerschot in einige Bedrängnis, wozu Volksaufstand in Löwen beitrug durch plötzliche Beschießung des 9. Landsturmbataillons und einiger Munitionskolonnen; 20. und 52. L. W. warfen ihn aber leicht nieder und bis 25. siegten die Brandenburger über die 2. und 5. belg. D., die dann am 27. und 28. auf der Löwener Chaussee eine gänzliche Niederlage erlitten. Viele nach Mecheln Fliehende ertranken im Kanal Löwen–Mecheln. 53. westfälische L. W. griff am Nordflügel mit ein. Im Zentrum warfen 5 Thüringer Ersatzbataillone bei Elewyth-Eppeghem die 1. belg. D. zurück; doch währte am Südflügel der Kampf bis 31. bei Velworde nördlich Brüssel fort. Endlich zog die tapfere 6. belg. D. auf Termonde ab (die bei Lüttich übel zugerichtete 3. D. war noch nicht wieder hergestellt und kampffähig), verfolgt von den erheblich gelichteten Ersatzbataillonen. Es blieb den Belgiern keine andere Wahl, nördlich auf Mecheln zurückgeschleudert und das gänzliche Mißgeschick ihrer verbündeten »Befreier« erfahrend. Diese langwierigen Kämpfe kosteten den Deutschen 4700 Mann und darüber (1. Komp. des 13. Ers.-Batl. allein 100, 9. R. K. 3000, dagegen in Löwen nur 17 L. W. und 24 von einer dorthin versetzten Abteilung 76. R.). Die Belgier litten bedeutend mehr. 3. R. J. und 2. R. Drag. streiften schon vor Mecheln.

Die vierte Kriegshandlung am 23. und 24. gehört ins Bereich der III. Armee. Hätte Lanrezac, wie Bülow angibt, erst am 24. spät nachmittags den Rückzug vom rechten Flügel aus angetreten, so wären die Sachsen in abziehende Kolonnen hineingestoßen. Die französische Darstellung ist hier viel vertrauenswürdiger und genauer. Bülows falsche Angabe soll vertuschen, daß die Verfolgung zu spät angetreten wurde. Verwirrung in kriegsgeschichtlichen Daten ist nichts Neues, auch Aussagen Haupthandelnder bedürfen strenger Nachprüfung. Bülow rühmt außerordentliche Marschanstrengungen seiner Truppen; das gilt nur für die Hannoveraner. Die zunächst zur Hand befindlichen Westfalen blieben rückständig. Nachdem die Verbündeten beidseitig Maubeuge vorüberströmten, vollzog sich Laurezacs Rückzug durch die Ardennen mit großen Schwierigkeiten; der innere Zusammenhalt ging verloren, schon gelockert durch Absprengung französischer und auch englischer Teile in die Festung, so daß Maubeuge sich mit 45 000 Bewaffneten überfüllte. Hier ließ sich Gouverneur Fournier von einem Häuflein Westfalen (16., 39. Inf., 13., 16. R.) einschließen. Hanotaux schätzt die nachher unter General Zwehl vereinten Zernierungskräfte sogar zu bescheiden auf 14 000; es stießen noch 53., 56., 57. R. hinzu nebst vier Reservekompagnien der 24. und 25. Pioniere. Anfangs blieb die ganze 13. D. Einem's vor Maubeuge, nur die 14. D. setzte den Marsch südwestlich fort, ohne auf den Feind zu stoßen. Französische Rückzüge sehen manchmal aus, als sei alles zu Ende, doch die Gesammelten schlagen sich gleich wieder brav. So wand sich Lanrezacs entgeistertes Heer noch leidlich durch die Bergdefileen, was der deutschen Verfolgung ein schlechtes Zeugnis ausstellt. Dem schwergeprüften 10. K. mutete sein Chef Defargues zunächst 40 km Marsch auf der Charleville-Chaussee zu, das war schon zu viel; nächtliche Panik trat ein. Am 26. ging es bei Hirson zur Ruhe über. Im überfüllten Ort drängten sich 3. und 19. K. in großer Unordnung. Die Afrikaner betrugen sich schlecht; 37. D. brachte sich in Sicherheit, ohne gemessenen Befehl zu beachten. 38. D. verlor am Rancewald die Fassung vor Richthofens Reitern, die jedoch westlich abbogen, um auf French zu fallen, dessen mürbe Reiterei nirgends mehr den Kolonnenmarsch verdeckte. Sordets Rheimser Brigade machte sich aus dem Staube, als man ihr zutraute, sich durch Frenchs Train hindurchzuziehen. Esperet entzog sich zwar schon früh den Sachsen; seine Nachhut (8., 110. und R. Chass.) blieb unbehelligt, doch die zwei Deckungsbrigaden Petain und Mangin (diese Brigade- 1 Wort fehlt. Re stiegen später zu Armeechefs auf) sanken von Tag zu Tag in ihrem Gefüge. Petain gehörte zur 35. D. des Bordeauxkorps, die anfangs French hinter Maubeuge suchte und angeblich die 57er übel zugerichtet haben soll, die sich zur Verfolgung aufmachten. Das läßt sich um so weniger verbürgen, als in gleicher Nacht Haigh aus dem Biwack geklopft wurde und die Gardekavallerie gleichzeitig die 53. R. D. einholte und schlug. Das 3. K. mußte ganze Batterien an Richthofen abtreten, zuletzt aber erreichte Lanrezac am 28. das Oisetal ohne besondere Fährlichkeiten und bezog eine starke Stellung, an welche später auch R. K. Valabreque nordwestlich heranrückte, das mit Sordet zusammen French seitwärts begleitete. Korps Hülsen kam den Westfalen so weit voraus, daß das 74. R. schon rechts von ihnen am 27. Etreux südwestlich Landrecies erreichte. Während Richthofen bei Avesnes verfolgte, lauerte Marrwitz' 9. Kav. D. nordwestlich Landrecies, die 2. und 4. Kav. D. verbreiteten Bestürzung von Lille bis Douai. Dagegen verlangsamten das 3. und 9. K. auffällig ihre Bewegung, wobei das dem Feinde nähere 9. K. sehr in zeitlichen Rückstand blieb, obwohl törichte Legende es Verfolgungswunder vollbringen läßt. Es hätte aber das rechts von ihm stehende 3. K. überspringen müssen, um nach Landrecies zu kommen, und jeder Blick auf die Karte lehrt, daß einzig das 4. K. dafür in Frage kam. Bülow hatte verlangt, 9. Korps Quast solle gegen Lanrezacs Linke bei Maubeuge wirken, doch auch dies geschah nicht, obschon damals möglich. Es ließ sich voraussehen, daß beide Korps zu etwaiger Entscheidungsschlacht im Oisetal zu spät eintreffen würden.

Inzwischen fiel Namur, nachdem die 4. belg. D. auf alle drei Festungssektoren hineingedrängt war. Die Stadt wurde am 25. gewonnen, wobei man 5000 (6700?) Gefangene und 14 Feldgeschütze erbeutete; der andere Teil entkam nach Süden, doch 4000 (6000?) liefen einer sächsischen Schwadron und reitenden Batterie ins Garn, vor der sie kampflos die Waffen streckten. Andere stahlen sich schon früher aus der Festungszone fort und entwischten durch Belgien. Die Forts hielten sich bis zum 27., erst nach Zersplittern der Panzerkuppeln wurden sie von der Besatzung verlassen. Daß 5. Grenadiere und die Gardefüsiliere der 3. G. D. oder Teile der 38. D. des 11. K. Plüskow die Veste durch verlustreiche Stürme zu Fall brachten, erweckt starke Zweifel, da deren Septemberlisten sich offenbar auf die Masurenschlacht in Ostpreußen beziehen. Daß die Meininger 32 er als schneidige Angreifer genannt werden, verwechselt wohl damit die Verwundung zweier Prinzen von Meiningen, der eine Adjutant, der andere Chef einer Reservebrigade. Ein Verlust der Belagerer von angeblich 900 Mann kommt nur heraus, wenn man die früher genannten 4 Hannoverschen Bataillone und das 15. R. nebst der 20. Fuß-, Teil 20. und 19. R. Art. dorthin rechnet, die alle in ihren Verlustlisten »Namur« führen. Bülow selbst zitiert nur die 1. G. Res. D., diese verzeichnet aber ihren Verlust ausdrücklich nur für die Masurenschlacht. Auch spricht Moltkes Ordre, die jetzt einlief, von »verfügbaren« Teilen des G. R. K., da Gallwitz und Plüskow sofort nach Ostpreußen abgehen sollten. Das besagt doch deutlich, daß nur Teile vor Namur lagen zur Deckung der Batteriestände. So steigt der Verdacht auf, daß man dem später berühmt gewordenen Gallwitz gleich hier Lorbeeren für sein braves Korps winden will. Auch verbirgt sich darin die Verschleierung, daß beide Korps im August unbenutzt blieben. Das Abfluten der bei Lüttich verknäuelten Massen erlaubte schwerlich ein Eintreffen des ganzen G. R. K. vor Namur, da die früher von Aachen abgegangenen 2. und 4. K. erst Brüssel erreichten. Übrigens klingen die Siegeshymnen über rasche Überwältigung von Namur mißtönig, wenn man mit solchen Massen zernierte und doch die Besatzung entschlüpfte, die sich nachher im offenen Feld von einer sächsischen Streifpartie überrumpeln ließ. Es ist ja auch widersinnig, daß die 13. R. D. angeblich erst am 26. von Lüttich abrückte, da sie gleich darauf in Ablösung von Teilen der 13. Inf. D. vor Maubeuge lag. Offenbar hat wesentlich das ganze 7. R. K. Namur seit 23. zerniert, alles andere ist mehr oder minder Übertreibung. Sollte am Ende gar Anwesenheit der von uns der Vergessenheit entrissenen sogenannten 2. G. R. D., wozu das 15. R. gehörte, die des ganzen G. R. K. vorgezaubert haben? Hanotaux kennt sich wohl besser aus, wenn er Plüskow vor Namur ignoriert, er, der uns sogar mit Emmich bei Tirlemont beschenkt, d. h. sonst immer mehr und gewiß nie zu wenig deutsche Korps aufzählt. Man ist durch solche Unstimmigkeit umsomehr wie vor den Kopf geschlagen, als beide Korps schon am 26. nach Aachen marschierten, um eiligst nach Osten abzurollen. Da die letzten Forts erst am 27. kapitulierten, scheint hiermit die Frage erledigt. –

Die Belgier sollen am 6. inkl. Namur 117 000 Mann Feldtruppen gezählt haben, sie ersetzten ihren Verlust durch Reservisten in Antwerpen; zur Entfaltung ihrer programmäßigen Streitmacht gelangten sie nie. Seltsame Auffassung Kuhls, daß die 4. Div. am 23. aus Namur »herausgezogen« und über Marienburg nach Antwerpen gebracht wurde, da sie doch in und bei Namur größtenteils zersprengt und aufgerieben wurde! König Alberts Vorstoß war verdienstlich, doch verspätete er sich, nutzlos zur Entlastung Frenchs. Ebenso war aber verspätet, daß Marrwitz, der auf Courtrai gehen wollte, östlich herangeholt wurde, um sich nicht zu weit von unmittelbarer Verfolgungssphäre zu entfernen. Das tat er ohnehin auch so noch. Die ganze bisherige Anlage der Umgehung war so unzweckmäßig, daß er nachher doch weit westlich Cambrai nicht auf French, sondern französische Territoriale fiel. Bülows Einladung, auf Maubeuge südöstlich abzurücken, bewog Kluck zu frontalem Anrennen gegen seine eigene Absicht; doch da Lauenstein sich zuletzt nur mit einer Division zur Unterstützung des 7. K. begnügen wollte, so konnte Kluck bei rechtzeitigem Entschluß dies formlose überstürzte Vorgehen sparen und einfach die Umgehung weiter in die Wege leiten. Stets fehlte das rechte Augenmaß für die strategische Lage. Übrigens hätte die französische Offensive bei Verdun und Mezières viel früher erfolgen können, wenn nicht durch Umdrehen ihrer 5. A. nach Norden und Einrücken der anfangs als Reserve gedachten 4. A. zwischen der 5. und 3. A. viel Zeit und Mühe vergeudet wären. Die »4. Reservegruppe« bei Laon (1. bei Vesoul gegenüber der Schweiz) verteilte sich auch so spät auf die 4. und 5. A., daß die Sachsen, falls sie früher die Maaslinie angriffen, dort nicht zwei Res. D. getroffen hätten, sondern das dann dort festgehaltene 1. K., das dann nicht mehr Namur decken konnte. Komödie der Irrungen! Nur der Zeitlücke des deutschen Aufmarsches bis zum 20. verdankte Laurezac die Möglichkeit, vereint aufzumarschieren. Seine Niederlage wird selbst von Palat düster geschildert, er selbst sprach von »abscheulicher Schwäche« einiger Truppenteile, was sich wohl nur aufs 18. K. bezieht, das laut Kühl »stark litt«, was wir bestreiten möchten. Die Mehrzahl schlug sich tapfer genug, doch der innere Halt war jetzt gebrochen. Unter solchen Umständen wirkt der Rückzug auflösend und es machte den Franzosen immerhin Ehre, daß sie trotzdem nochmals an der Oise Schlacht anboten und sogar offensiv verfuhren.

Selbst Kühl kann nicht verwischen, daß Kluck den Monsangriff unglaublich ungleich ansetzte, was ohne die starre Unbehilflichkeit der Engländer zu schwerem Rückschlag geführt hätte. Zeitweilige Besorgnis vor Truppenansammlung bei Tournai war freilich nicht ganz unbegründet, da die 84. Terr. D. am 24. bei Valenciennes anlangte. Indessen genügte Marrwitz allein, am 24. und 25. auf Denain abbiegend, die 88. und halbe 82. Terr. D. bei Orchies zu zersprengen. Linsingen fand auf dem Vormarsch bis Cambrai keinen Gegner; die 84. T. D. entschlüpfte ihm bis dahin. Daß bis zum Antransport des 9. R. K., der sich bis zum 25. ungebührlich verzögerte, die Brig. Lepel vom 4. R. K. in Brüssel blieb, war schon etwas viel für bloße Etappendeckung; das 3. K., das aber auch zu langsam durch den Mormalwald ist durch nichts zu rechtfertigen. Bei der Verfolgung setzte sich jetzt das 9. K., zur Abschließung von Maubeuge bestimmt, hinter das 3. K., das aber auch zu langsam durch den Mormalwald marschierte, über Landrecies dem 4. K. folgend, das nur mit Vorhuten noch bei Solesmes das K. Haigh ereilte. Da dies bei Mons nur mäßig litt, müssen diese Rückzugsfatalitäten mörderisch gewesen sein, da es, ohne je ernstlich zur Schlacht zu kommen, fast ebenso viel verlor wie K. Dorian. Die Engländer machen viel Wesens davon, wie meisterlich Haigh der Umklammerung entronnen sei. Er wurde vom Generalleutnant zum »General« befördert (unserem Titel »General der Infanterie« entsprechend), weil er durch Nachtmärsche sich aus »ungewöhnlich schwieriger Lage« rettete. Das gelang nur infolge mangelhafter Verfolgung, die ihn trotzdem, obschon mit ungenügenden Kräften, übel zusetzte. Um nicht nach Maubeuge hineingezwängt zu werden, bog er südwestlich aus, mit welchem Umwandeln der Rückzugslinie er doch nicht hätte entwischen können, wenn Magdeburger und Pommern südlicher standen. Daß Kluck ihm keinen Vorsprung mehr abgewann, war dessen eigene Schuld, nicht Frenchs Geschicklichkeit. Ein Gewaltmarsch von 70 km machte zwar den langen Beinen der Briten alle Ehre, doch der Zustand des Heeres flößte Grauen ein. Tommys unwissende Einbildung hatte sich seit dem Burenkrieg, den man für eine große Leistung ausgab, so gegen die bloody Germans gebrüstet, daß die furchtbare Wirklichkeit ihn mit Betäubung schlug. Den Mantel schweigender Liebe lüftete die Londoner Presse später mit rauher Hand und malte die Zerrüttung recht schauderhaft. Frenchs Bericht vom 7. September vertuschte sogar wenig, erst später erholten sich seine Bulletins mit sportmäßiger Ruhmredigkeit. In Anbetracht der geringen Streitkräfte, die ihm auf der Ferse blieben, hätte er sich mindestens bei St. Quentin noch einmal stellen müssen und die Art, wie er unablässig rückwärts krebste, ohne sich um die französischen Bundesgenossen zu kümmern, entschuldigte er selbst damit, daß sein Heer zum Weiterkämpfen unfähig war. Überraschung sprach mit, da man überall Gespenster, d. h. deutsche Schlachthaufen aus dem Boden anwachsen sah. Es war wahrlich nicht so schlimm, doch man war außer sich vor Staunen, weil man nach den belgischen Depeschen, wo es von Tausenden deutscher Toten nur so rasselte, gemächlich nach Brüssel zu spazieren hoffte. Spukte doch auch später noch bei Unbelehrbaren die Vorstellung, daß Antwerpen unbezwingbar und eine Fallgrube für deutsche Massen sei. So dachte sich French die Lage, Kluck war ihm Hekuba und nun dies traurige Erwachen! Man sagt wohl, Tommy sei ein fighting animal, ein solches beißt aber, bis es umsinkt; doch auf die Kriegsware made in Germany wollte er nicht anbeißen. Deutsche Unteroffiziere betonten später gewichtig die Sporterziehung der Briten: die alte Überschätzung des Physischen im Krieg, das Napoleon nur wie 1:3 des moralischen Faktors berechnete. Die Franzosen wird man wohl als Athleten den Briten nicht ebenbürtig halten, hier aber zeigten sie eine stärkere soldatische Psyche, als dies wie ein Wrak von den Wellen hin und her geschüttelte Veteranenheer, das in Transvaal die hohe Schule des Krieges absolviert zu haben glaubte. Es fühlte kaum anders als die Franzosen nach Waterloo, die gleichen Preußen saßen ihm auf dem Nacken, die damals dem verendenden Britenheer beisprangen. Die »Wiederkehr des Gleichen« wiederholt sich in ewigem Wechsel, spöttisch waltet die Nemesis ihres unbeirrbaren Richteramtes.

Doch den letzten Hauch von Mann und Roß setzte Kluck wahrlich nicht daran, das waidwunde Wild niederzuhetzen. Sein eigenes Buch verhüllte nicht die Mangelhaftigteit seiner Dispositionen. Als er am 26. früh im Auto bei Solesmes eintraf, war kaum noch viel zu hoffen, nach dem 27. bekam er French überhaupt nicht mehr in die Finger. Wohl spielten die Brandenburger bei Mons ein Vionville-Stücklein auf, doch ihr Nachstoßen ermattete sehr früh, selbst ihre Zietenhusaren verfolgten nur mäßig. Das Altonakorps benahm sich so schlaff, daß die 18. D. lange bei Maubeuge zauderte, die 17. wenig vorschritt. Trotzdem fabelte man, es habe sich bei Landrecies »neue Lorbeeren geholt«. Selbstredend war es Armins Vorhut, die dort dem ruhebedürftigen Haigh eine halbnächtliche Überraschung bereitete. Hier waren es die 27 er, die nach 30 km Marsch schon um 10 Uhr des hellen Sommerabends die 4. Brig. Kerr förmlich überfielen. Sie gab sich so sorglos der Ruhe hin, ohne Vorposten auszusetzen und zu schanzen, wie einst die Franzosen bei Beaumont; keine günstige Perle britischen Heerbetriebs. Was man hier von 1000 Toten der Angreifer faselt, löst sich in Wohlgefallen auf, denn wenn dort wirklich so viel Leichen lagen, müssen es britische gewesen sein. Was diese Nacht beim Schlaf gestört und aufgestöbert wurde, bekam auch am 25. keine Ruhe. Die 1. Gardebrigade lief Spießruten bei Solesmes entlang dem Feuer der 93 er, auch sie wurde so gut wie gesprengt. Haigh's Verlust war sicher bedeutend. Denn er verlor im August nicht viel weniger als Dorien, obschon er soviel weniger focht und nur hier ernstlichen Zusammenstoß hatte. Er hielt zwar diese schwachen Vorhuten auf, bis Dorian um 6 Uhr abends an Solesmes vorüberzog, verfolgt vom Dessauer Bataillon bis Beaumont, geriet aber in so fluchtartige Bewegung, daß er seinerseits ins Hintertreffen trat und Dorien am 26. bei Le Cateau vom nun endlich vereinten Armin ereilt wurde. Hier bei Troisilles war die Niederlage vollständig. Die 7. D. fiel besonders mit den 66. Merseburgern auf Fergusson, wo die Yorkshirer am längsten aushielten; bei Hamilton schmolzen die Gordons auf ein Zehntel. Armin verlor am 25. und 26. rund 2600 (700 am 25.) inkl. der 4., 74. und 75. Art., die 93er litten am meisten, der Offiziersmaßstab schwankte auffallend zwischen 1:18 bis 1:64 Gemeine. Dorien muß das Doppelte verloren haben. Die D. Shaw deckte seine Flucht nach Vermand westlich St. Quentin, von wo er in Auflösung weiter zur Somme und Aisne zurückeilte, ohne sich irgendwo zu setzen; auch Haigh hielt sich nicht auf, nach Ribemont vor St. Quentin abbiegend. Seine Nachhut lief bereits, weil er südwestlich abirrte, dem 74. R. Bülows am 27. bei Etreux ins Garn mit Verlust von 1000 Mann (700 Gefangene, 2 Geschütze). Dann machte er sich gleichfalls aus dem Staube und beschwerte sich über das ihm überwiesene Reservekorps Valabreque, das allerdings seine Rechte freiließ, sich aber jetzt bei Ribemont den Verfolgern entgegenstellte. Die Verwirrung und Zersprengung glichen der einstigen »Sporenschlacht« bei Guinegate in Flandern, wo Kaiser Maximilian die Briten und Franzosen vor sich her jagte. Die Reiterei irrte ratlos umher, schleppte sich müde hin, die 15. Husaren sahen sich beinahe durch einen Drahtverhau abgeschnitten. Die Artillerie opferte sich mehrfach, oft ohne Bedeckung; kaum rettete Hauptmann Reynolds die 57. Haubitzbatterie der D. Lonnax. Sordet kreuzte sich mit Trains und erklärte sich für »zu erschöpft«, um am 26. Doriens Flanke zu decken. Von irgendwelcher Großzügigkeit dieses im Selbstgefühl unübertrefflichen Meisters Dorien spürte man weiter nichts, als das er eilig schanzte, um Armin abzuwehren, was aber nichts half. Der Gesamtverlust seit 23. wird auf 15 000 Mann 80 Geschütze angegeben. Übrigens hatten selbst bei Cateau 3 1/3 englische Divisionen Übermacht gegen Armin, da von dem 3. K. nur sein Kommandeur, der zu Armin ritt, sonst kein Wann das Schlachtfeld betrat. Über so saumseliges Verfolgen darf man wohl den Kopf schütteln. General Maurice tadelt Kluck deshalb scharf und noch mehr, weil er überhaupt von French abließ. Somit teilen auch Engländer unsere abfällige Meinung.

French gab Fersengeld bis Compiègne, wo er sich mit dem französischen Generalissimus Joffre besprach und Waffenruhe für sich auf mindestens acht Tage verlangte. Nur die D. Shaw stellte sich bei Seranvillers auf, um die Südwestflanke hinter St. Quentin zu decken. Die Verbindung mit Laurezac preisgebend, kümmerte sich der Brite nicht mehr um die französischen Waffenbrüder, die zu seiner Rettung die Schlacht zwischen St. Quentin und Guise anboten auf die Gefahr hin, ein Sedan zu erleben. Denn wenn Kluck jetzt mit aller Kraft nachsetzte, konnte er über Seranvillers den Rückzug verlegen. Nichts davon geschah. Man sollte denken, der siegreiche Armin sei unverzüglich Dorien gefolgt, doch Kluck wies ihn und Linsingen, sowie der Hälfte des endlich im Gewaltmarsch angelangten 4. Res. K. eine ganz exzentrische Richtung nach Süden an, nur die 7. R. D. blieb den Briten bei Seranvillers an der Klinge.

Armin hatte in zwei Tagen 75 km marschiert, Linsingen am 23. auch 53, am 24. noch 47. Doch solche Kraftanstrengung ersetzte nicht den Zeitverlust zu späten Aufbruchs von Brüssel. Die 3. D. holte schon allzu weit aus auf Cambrai, als sie am 26. dort auf ungeahnte Gegner stieß, das frisch hergestellte Res. K. des Generals d'Amade aus Arras. Ihm verdankte French, daß er noch den Kopf aus der Schlinge zog, denn d'Amade warf sich entschlossen entgegen. Wieder war deutscherseits nichts vereint, die 4. D. noch nicht zur Stelle, von der 5. Brig., deren General Wieland getroffen niedersank, nur 9. Stargard (das berühmte Regiment Kolberg der Befreiungskriege); laut Verlustlisten fochten nur 9 Bataillone, allerdings dabei die 2., 36. und 38. Art., deren Stettiner und Swinemünder wohl den Ausschlag gaben. Auch hier großes zahlenmäßiges Übergewicht auf verbündeter, voller Sieg auf deutscher Seite. Nachdem die 6. Brig. bei Verny durchdrang, ließen sich die 84. und 62. D. in die Flucht treiben, scharf verfolgt von Marrwitz' 12. Hus. und 2. Kür. Die Pommern verloren kaum 1100 (inkl. I/2. bei Ramillies), d'Amade's dreifache Übermacht das dreifache. Man darf indessen nicht vergessen, daß es sich um eine eben erst fertig gestellte Formation mit unvollständiger Artillerie und geringer Kavallerie handelte. Die Territorialen der Region Lille und Dünkirchen (81., 82., 84. und 88. D.) nebst den Besatzungen von Lille und Arras musterten angeblich weit über 100 000, ihre Kampffähigkeit war aber auffallend gering. Viele rissen beim ersten Kanonenschuß aus. Angeblich fochten bei Cambrai nur die 84. Ter. D. und eine Brigade der 62. R. D. Selbst wenn letztere ganz dorthin kam, bedurfte es wahrlich nur der Pommerschen Artillerie, sie zu verscheuchen, und vielleicht lassen auch wir uns durch die Aufbauschung dieses Gefechtes im deutschen Bericht täuschen. Der Verlust Linsingens betrug vielleicht nur 500 Mann, alles übrige entfällt auf Nachfolgendes. Bei solcher traurigen Beschaffenheit des Korps d'Amade war es ein Kinderspiel, es am 27. und 28. zwischen Bapaume und Peronne nochmals fortzujagen. Die Territorialen flohen nachher auf Abbeville, Richtung Calais, die 62. D. auf Amiens, die neu auftretende 61. auf Arras. Hätte Kluck nur das 2. K. und Marrwitz zum Abbiegen auf Amiens verwendet, so ließe sich die Sache noch erträglich an, tatsächlich riß er aber drei Korps dorthin herum, selbst das 4. K., das doch selbstredend dem fliehenden Dorien hätte folgen müssen. Teile davon fochten bei Combles, das 4. R. K. sei laut Kuhl ganz auf Albert abmarschiert. Wir vermuten hier eine der vielen amtlichen Unstimmigkeiten. Denn, abgesehen davon, daß eine Verlustliste der 7. R. D. Seranvillers bei St. Quentin nennt, focht dort wirklich D. Shaw als Nachhut und wer als die bei Cateau in zweiter Linie nachrückende 7. R. D. kam in dieser Richtung in Frage? Sollten wir irren – Kuhl schweigt völlig –, so wäre Kluck noch tadelnswerter, der dann jede Berührung mit dem verfolgten French verabsäumt hätte. Die betreffende Verlustdifferenz müßten wir dann auf Westgefechte bis Amiens abwälzen. Jedenfalls zeigte sich Amade, indem er taktische Niederlagen für strategischen Zweck in Kauf nahm, als guter General, Kluck als schlechter, indem er sich völlig von French ablenken ließ, jede Fühlung verlor und sich von seiner Linken (3. und 9. K.) trennte. Er trieb die im Krieg so gefährliche Konjekturpolitik, indem er Lanrezac schon bei Laon annahm, während dieser sich weit nördlich davon zur Schlacht setzte. Treffend bemerkt Hausen, Klucks Verhalten sei »eigenartig und wohl von Sonderinteressen bestimmt«: Diplomatisch ausgedrückt das nämliche, was wir in unserem geliebten groben Deutsch sagen. Während Kluck lustig südwärts auf Montdidier abschwenkte, stand Bülow weit nordöstlich davon im Kampf, seine Linke Front nach Süden, seine Rechte nach Südosten. Mit unbegreiflicher Verkennung der Lage befahl nämlich Joffre dem unglücklichen Lanrezac Offensive, obschon seine linke Flanke von French entblößt, seine rechte den Sachsen gegenüber ungedeckt war. Statt nun alles zur Entscheidung nach St. Quentin heranzubringen, lenkte Kluck das ganze 2. und 4. K. und die 22. R. D. auf Arras ab, begleitet von Marrwitz, vor dessen Anblick die Territorialen bei Lille auseinanderliefen. Indessen sammelte Amade diese zersprengten Scharen und imponierte Kluck derart, daß er durchaus diese großmächtige Flankenbedrohung parieren wollte und bis Amiens billigen Lorbeeren nachlief, statt der Weisung Bülows zu folgen, die ihn nach St. Quentin rief. Er brauchte nicht zu gehorchen, denn auf seine Vorstellung hin hatte die O. H. L. ihn selbständig gemacht und dem Befehlskreis Bülows enthoben. Nie ist eine verhängnisvollere Erlaubnis erteilt worden.

Als Joffre am 25. allgemeine Rückzugsordre ausgab, brauchte er die Wendung: »Die Bewegung wird durch Nachhuten gedeckt.« Neue Schlachten von der Meurthe bis zur Somme belehrten ihn, daß Nachhuten nicht zur Loslösung vom Feind genügten. So mußte Lanrezac sich für French opfern, dessen klägliches Auskneifen keine Mohrenwäsche weißbrennen kann. Es mag den Britenleuen kränken, doch seine Fluchtfähigkeit vor dem Jäger übertraf jede Erwartung. Football- und Golfübung kam den Söhnen Albions gewiß zustatten, als sie so lange Beine machten, daß sie aus dem Gesichtskreis ihrer treuen Bundesgenossen entschwanden. Gewiß mochte anfangs ständiges Ausreißen erforderlich sein, um nicht ereilt zu werden. Das Unglück braver Soldaten verdient Mitleid und wir glauben gern, daß viele schöne Züge von Aufopferung und Pflichtgefühl sich bei Offizieren und Mannschaften zeigten. Doch dies Entrinnen auf Kosten einer Zersetzung der Heermoral als Heldentat feiern, vermag nur britische Überhebung; ihr mit schroffer Wahrheit dienen ist gesund. Nachdem er bei Valenciennes die 4. D. an sich zog, würde French etatmäßig 85 000 Inf., 5000 Säbel und 6000 Art. gezählt haben, was eine Stärke erzielt, selbst wenn wir den Monsverlust abrechnen, mit der er die schwachen ihn einkreisenden Teile abschütteln konnte. Furchtsam sah er den Feind überall, gleichsam durch die Luft fliegen. Später warf er sich in die Brust, er habe seine natürliche Verbindungslinie zur Küste geopfert, um bei den Bundesbrüdern auszuharren. Der reine Blücher! Spaß! Weil er sich westwärts abgesperrt glaubte, machte er aus der Not eine Tugend und nagelte, südwärts rennend, Lanrezac zu seinem Schutz im Osten fest. Ja, man lächelt nicht, wenn der todwunde Iring vorm grimmen Hagen flieht; doch Frenchs schmählicher Rückzug auf glattem Gelände, nicht wie Lanrezacs durch Defileen, macht den gleichen schlechten Eindruck, wie der Wellingtons im August 1809 und November 1812. Hier steckt also ein allgemeines Symptom für britisches Söldnertum, das keine Niederlage verträgt. Bis Mitte September verlor Tommy jede Boxerlust nach so böser Erfahrung. Man muß es den Franzosen hoch anrechnen, daß sie ihren Bundesgenossen, die untreu bei St. Quentin davonrannten, standhaft den Schild vorhielten. Daß aber French so wunderbar entkam, belastet Kluck schwer. Armin und Linsingen hatten trotz aller Verspätung immerhin ihre Korps so weit vorgebracht, daß ihnen Dorien nicht entgehen konnte, jedenfalls nicht Lanrezac, wenn sie querdurch in dessen Rücken stießen, da er bis 31. im Oisetal aushielt. Während allein Bülow die Grundlage deutscher Erfolge im August schuf und Kluck für unbesonnenes unvereintes Losrennen bei Mons eher eine Schlappe verdient hätte, preist die Weltlüge seine Manöver, die ganz vom wahren Ziel abirrten. Französische Kritik spricht vom Scheitern des deutschen strategischen Plans, wobei sie um den heißen Brei herumgeht, daß die Übermacht der Alliierten oft taktische Ausbeutung des strategischen Manövers aufhob. Je tiefer man den Feind nach Frankreich hineinpreßte, desto enger schloß er zusammen, während die Deutschen sich von ihrer Basis entfernten und Kräfte für Etappenbewachung verschwenden mußten. Indessen erwies sich das strategische Übergewicht noch stark genug, um Zurückwerfung der Verbündeten bis östlich Paris zu erzwingen. Daß bei St. Quentin keine taktische Entscheidung fiel, verschuldet nur Kluck, der sich, wie später noch unheilvoller im September, durch angebliche Flankenbedrohung verblüffen ließ, zu deren Abwehr Marrwitz allein genügt hätte. Fünf Inf.-Div. dorthin zu werfen war ganz unangemessen, geradezu unverantwortlich. Man beschönigt es damit, schon sei die neue 6. Armee Maunoury entgegengetreten und zwar in damals ganz unmöglicher Stärke. Als d'Amade sich mit unverhohlener Geringschätzung von Frenchs Seite los und erneut von Arras nach Bapaume aufmachte, hatte er sich nur verstärkt durch etwa die Hälfte der Territorialen, deren Mehrzahl, schlecht ausgerüstet mit ungenügender Artillerie, schon vor den Lanzen der 13. Ul. Reißaus nahm. Das Reservekorps Lamaze wurde erst bei Monatsende von der Orne nach Paris verladen, desgleichen die 14. D. des 7. K. aus Belfort. Klucks treuherzige Verehrer lassen ihn schon jetzt die »13. D.« vernichten, offenbar weil diese im September nicht genannt wird, wie denn auch Bülow bei seinen wirren Angaben das franz. 7. K. vereint wähnt, dessen übrige Teile vorerst alle bei Epinal blieben. Die wahre Komik liegt aber darin, daß die 13. D. überhaupt nicht zum 7. K. gehörte, wie man naiv nach der Nummer annimmt, sondern zum 21. K. in Lothringen! So schreibt professorale Unwissenheit vom Katheder herab Geschichte »zum Ruhm der 1. Armee« und bläst die belanglosen Raufereien bei »Chambray« und »Combles«, unter welchem Sammelnamen allerlei Gefechte bei Bapaume und Amiens zusammengefaßt wurden, zu Großkämpfen auf. Sie kosteten der 4. Bromberger Division 950, der 3. D. inkl. 2. Art. 350 (237 vom III/2.), der 7. und 8. D., 22. R. D. 500, Marrwitz' 4. Naumburger Jägern bei Douai 170. Zu viel für zwecklose Episoden, zu wenig für ernstes Ringen. Das sind doch keine Verluste, um von einer großen Schlacht »in der Ebene von Santerre« gegen sieben Divisionen Maunourys zu fabeln, welchem französischen Kluck eine Pariser Schreiberei hier auch schon ein Kränzlein winden möchte. Dieser General, von der Orne herversetzt, befand sich aber noch hinter der Front, um seine neue Armee anzufertigen. Der immer geschlagene und doch nie loslassende Amade erkannte, daß hier nicht taktische Mißhelligkeit, sondern die strategische Lage zu berücksichtigen war und Kluck weiter verlockt werden mußte, von French abzulassen. Kluck aber rannte wie jeder mittelmäßige Haudegen dem taktischen Spatzen nach und ließ die strategische Taube entwischen. Ein gewisser »neutraler« Historiker ergreift die Gelegenheit, um der Manövrierkunst seines Lieblings Kluck ein Testimonium (eigener Paupertatis) auszustellen. Tatsächlich hatte Kluck gar keinen Flankenangriff zu gewärtigen, da d'Amade nicht mehr auf Arras, sondern auf die südliche Somme bei Bray und Maucourt zurückwich. Die Landsturm-Territorialen gaben sich in Gegend Bapaume noch einige Mühe, wanderten aber dann als Drückeberger nach Noyon oder Paris, wo man sie im September umherirren sah. Bei Amiens stand wohl die 63. Pariser R. Div. der 61. und 62. zur Seite, daraus macht man 3 ½ Korps, die auf 2 ½ durch Klucks Vernichtungsschlacht geschmolzen seien! Kuhl redet von Alpenjägern und Marokkanern, d. h. allen späteren Bestandteilen Maunourys, der unmöglich mit schon zerrütteter Macht die ihm für September zugedachte Rolle spielen konnte. Bei Proyart Tastversuche ohne Nachdruck, Angriff der gegen Noyon verladenen 55. R. D. blieb aus. Zum Überfluß spricht die deutsche Heeresmeldung selbst nur von » schwachen französischen Kräften bei Combles«.

Über die alten Schlachtfelder von Proyart, Hallu und Bretonneux zogen die Deutschen in Amiens ein, zuerst besetzt vom 32. R., später vom 53. L. W., 39. L. W. besetzte Bray, 20. Brandenb. L. W. legte sich vor Arras. Denn bei seiner Extratour tat Kluck des Guten so viel, daß er auch seine zwei Landwehrbrigaden mitnahm, in Eilmärschen von Löwen her abberufen, ersetzt durch zwei L. W. Brigaden Bülows am Südflügel Beselers, die dritte lag vor Maubeuge. Der angenehme Ausflug nach Amiens schuf dem Sieger eine tüchtige Reklame, er bedrohe schon Calais. In Wahrheit entschädigte der schwungvolle Raumgewinn nicht für Frenchs Entwischen. »Völlige Vernichtung der englischen Divisionen, Fall von Paris« nimmt Maurice als sicher an, wenn der Plan »mit Geschick auf dem Schlachtfeld durchgeführt« wird! Der sogenannte Plan erhielt ein Leichenbegängnis erster Güte. Zur unteren Seine vorzustoßen, schloß sich von selber aus, denn jetzt wurde näheres Zusammenziehen zur 2. A. unbedingt nötig. Kluck sah zu spät ein, daß er in leere Luft stieß und sandte die 3., 7. und 8. D. in Richtung Compiegne, wo Oise und Aisne zusammenfließen, das 4. R. K. und die 4. D. setzten sich auf die mittlere Oise nach Senlis am 1. September in Marsch. Marrwitz, bisher ganz im Westen, breitete sich südöstlich aus; es ist aber Fabel, daß deutsche Reitermassen sich dauernd dem Abzug Frenchs vorgelegt hätten. Marrwitz kam ganz auseinander, seine Spitze scheint Hattoncourt südlich Albert erreicht zu haben, denn dort feuerten laut Verlustliste reitende Batterien der 35. Art. Eylau (sonst in Ostpreußen wirkend), 3. Grenadiere z. Pf. Bromberg treffen wir bei Heudicourt a. d. Somme auch tief im Süden, 12. Drag. Gnesen am 29. bei Bretonneux, Pommersche Leibhusaren nebst 9. Ul. und 2. R. Ul. Demmin bei Moislains. Dagegen streiften Halberstädter Kür. und 1. Schwere Reiter längs der Küste bis Ostende, wo deutsche Reisige zum ersten Mal das Kanalmeer schauten, von da nach Peronne, Pasewalker Kür. und Torgauer Hus. machten bei Cambrai mit. Bei dieser Zerfahrenheit eines immer Südwärtsrennens kam nie einheitliche Einwirkung auf Frenchs Rückzugslinie zustande. Marrwitz' Vorhut, Leibhusaren und 9. Ul. streiften später bis La Ferté Milon am Ourcq, 6. Ratiborer Husaren südlicher bis Trocy. Da war aber French schon über alle Berge. Nur Allenbys Nachhut wurde am 1. im Biwak bei Nery von Marrwitz überfallen (hauptsächlich mit 15. Hus. und 9. Ul.), 5. und 20. Husars zersprengt, 5. Dragoner und Gardedragoner in die Pfanne gehauen, fast alle Offiziere und Oberst Anson getötet, ihre reitende Batterie ihnen abgenommen.

Ein anderer kühler Historiker hält Klucks Westgefechte keiner Erwähnung wert, läßt dagegen French am 26. bei St. Quentin statt bei Le Cateau fechten und am 28. zwischen Noyon an der Oise und La Fère nördlich der Aisne aufmarschieren! Das fiel ihm gar nicht ein, zum Aufmarsch fehlten Neigung und Möglichkeit, damals steckte noch ein gut Teil von ihm südlich St. Quentin. Dort kämpfte aber nur noch D. Shaw bis 29. abends gegen 36. R. Bernburg, 66. R. Weißenfels, nebst 26. R., dessen Major Häußler fiel, während sonst nur 80 Mann davon bluteten. Auch die 7. R. D. war also nicht beisammen, laut Klucks Buch immer noch Hälfte 22. R. D. in Brüssel zurückgeblieben. Dieses harmlose Gefecht bei Seranvillers war alles, was Kluck zur Einkreisung bei St. Quentin beitrug. Ohne Shaw wäre Lanrezacs Rücken völlig offen geblieben, der mit Front nach Osten, Norden und Westen schlug. Es bedarf keiner Erörterung, daß er nicht mehr geraden Rückzug auf La Fère behalten konnte, wenn Kluck mit zwei Korps über den Somme-Sambre-Winkel bis zum Kanal Crozat andrang, was zeitlich und räumlich leicht gewesen wäre. Die untrügliche Fama ließ ihren Günstling sogar bei St. Quentin den Sieg entscheiden! Sein Verfahren bleibt vielmehr beklagenswert für die deutsche Sache, diese verpaßte Gelegenheit zu schneller Entscheidung kam nie wieder. Hätte die 9. franz. Armee an der Oise ihren Untergang gefunden, was durchaus im Bereich der Möglichkeit lag, so gab es keine Marneschlacht und ihre Folgen, vielleicht fiel sogar Paris und ein rascher Friede war nahe. Lanrezac verließ sich wohl zu lange darauf, French werde ihm den Rücken decken; am 30. scheint er Umgegend von St. Quentin noch festgehalten zu haben, also wäre sein Abzug bestimmt zu spät erfolgt, wenn bei Seranvillers ein ordentlicher Sturmbock Klucks bis ins Herz seiner Schlachtordnung dröhnte.

Am 28. plänkelten Schleswiger Husaren und hannoversche Dragoner bei Mesnil, östlich St. Quentin, 1. Gardedragoner bei Cornet d'Or. Die westfälische Kolonne 14. D. war noch nicht ordentlich heran, dagegen Hülsen schon im Kampf, bei welchem fortan die »2. G. R. D.« mit 15. R. voraufmarschierte. (Dieser Name taucht diesmal in Bülows Bericht auf, was der Leser wohl für einen der zahlreichen Druckfehler hält, was aber den von uns erörterten Sinn hat.) »St. Quentin–Guise« ist ein Sammelname für andere Kampforte östlich und südlich beider Städte. Das deutsche Publikum bekam durch den Heerbericht ein sehr unklares Bild und hielt St. Quentin für die Hauptschlacht statt »Charleroi«, wie man umgekehrt das Vorhuttreffen bei Neufchâteau als Hauptkampf der 4. A. mit der weit größeren bei Sedan–Mouzon vertauschte. Die Schlacht bei Guise trug bei weitem nicht mehr das stürmische Gepräge wie die an der Sambre. Am 28. rückten 10. R. K. und 14. D. an die Übergangspunkte der Somme und des Crozatkanals, das 10. K. stieß im Oisetal anfangs auf matten Widerstand, die Garde hing noch zurück. Indessen waren 13 franz. Divisionen, so schwer sie erschüttert und gelichtet, nicht gewillt, sich von 7 deutschen sprengen zu lassen. Am 29. unternahmen sie am Westflügel einen heftigen Vorstoß gegen K. Hülsen bei Essigny, wobei 91. R. und 20., 19. R. Art. einigermaßen in Gefahr schwebten. Dagegen ist irrig, daß am Ostflügel die Garde ins Oisetal zurückgeworfen sei, vielmehr erstürmte Emmich bis Abend die Gegend Mont Origny. Neben Hülsen nordwärts entstand bei Mesnil eine Lücke, die einige Kompagnien 13 er und III/158., der 25. Brigade (13. D.), die von Maubeuge unterwegs war, nebst einigen Batterien 22. und 58. Art. stopften. (Bülow sagt in solchen Fällen stets »Brigade«, »Divisionen«, wenn nur wenige Battaillone davon fochten.) Auch am 30. zeigten die Franzosen Tatkraft, standen aber von Vorbrechen über St. Quentin ab, als sie in der Ferne die Spitze der 17. D, (75 er) heranziehen sahen, von der jedoch nur Artillerie das Schlachtfeld betrat. Das 9. K. konnte natürlich nicht eintreffen, wenn das näherstehende 3. K. dies nicht vermochte, von welchem nur die 64 er als Vorhut ein lebhaftes Gefecht bei Belleglise hatten, vornehmlich nur ein Bataillon. Einziehung von 9. und 3. K. auf Kuhls Kartenskizze 4 für 29. ist unbegreiflich, bei Chaulnes südwestlich St. Quentin? Wie kamen dann die 64 er nach nördlich St. Quentin und 17. D. östlich davon? Offenbar waren diese Kräfte damals noch weiter rückwärts gestaffelt, und die Skizze soll nur verschleiern, daß Klucks Linke weit zurück abhing mit peinlicher Lücke zur Hauptmacht bei Noyon. Kuhl schweigt ganz von Eingreifen irgendwelcher Kluckscher Teile bei St. Quentin, obschon Bülow wohl halbironisch depeschierte: »Dank für geleistete Hilfe«. Kuhl weiß auch nur vom 29. als Schlachttag, während am 30. noch heftiger gestritten wurde. Vielleicht soll auch dies Etwas verschleiern, nämlich daß Kluck wegen Stillhalten Lanrezacs am 30. recht wohl in der Lage war, auch jetzt noch ihn an der Aisne flankierend zu überholen, ferner daß Vorhut 3. und 9. K. nicht schon am 29., sondern erst am 30. bei St. Quentin anlangten, was wirklich ein ziemlicher Skandal ist. Lanrezac griff zunächst nach Nordwesten an, immer mit Rücksicht auf Deckung Frenchs, mußte aber der örtlichen Lage nach dies Unternehmen seinem schwächsten Bestandteil, dem Reserve- und Bordeaux-Korps, überlassen und es daher bald abbrechen. Die Algerier schienen ihm ganz entglitten zu sein; das schon so hartgeprüfte 3. K. mußte Hülsen anfallen, während die bei Charleroi minder gelichteten 10. und 1. K. den Höhenrand nach Nord und Ost behaupten sollten. Am 30. entwickelte sich aber das Umgekehrte, indem 14. D. und Hülsen offensiv über die Oise drangen, dagegen 10. und 1. K. zwischen Vervins und Guise vorbrachen und die deutsche Nordfront im Flußtal einigermaßen erschütterten. Kuhl setzt dies auf 5 Uhr nachm. des 29., während es 5 Uhr morgens des 30. stattfand. Bei Richthofen scharmützelten ein wenig die 9. Jäger, deren Major Oelsnitz verwundet und vermißt, auch scheint die Kan. Brigade Neiße attakiert zu haben, deren General Graf Pfeil hier verwundet wurde. Am heftigsten entbrannte der Kampf am Nord- und Ostflügel; schon morgens früh stürmten 1. und 10. K. dicht an die Linie Emmichs heran, wobei 92. Braunschweig der 20. D. am stärksten betroffen, wurden aber nach fünfstündigem Ringen glatt abgewiesen. Ähnlich bei der Garde, wo Prinz Eitel eine Trommel ergriff und vor 1. Garde den Sturmmarsch schlug. Manche Riesen der Leibkompagnie bedeckten mit ihren Leichen den Höhenrand, als 1. und 4. G. die Bergchaussee bei Le Sourd erstiegen. Garden und Hannoveraner gingen erneut zum Angriff über und gewannen die Höhenlinie Courjoumelles-Housset. Hier fiel der Oberst der 74 er, doch hielt sich nur Lanrezacs äußerster rechter Flügel gegen die 2. G. D. Auf seinem linken Flügel lag weniger Druck; doch die Westfalen und 19. R. D. brachen bei Ribemont und Mesnil im Nordosten ein, ihre Artillerie wirkte stark mit Verfolgungsfeuer gegen die schon südwärts abströmenden Marschsäulen. 159. Mühlheim a. d. Ruhr drang bis Maisières am Kanal vor, wo 43. Art. Wesel auffuhr und die Rückzugsstraße nach La Fère bestrich, welches kleine Fortsystem aber selber weittragendes Fernfeuer mit empfindlicher Schärfe entgegensandte. Anscheinend verfolgten auch Gardedukorps und Gardekürassiere, deren summarisch angegebener Verlust sich aber meist auf September bezieht. Lanrezac mußte jetzt an raschen Abmarsch denken und brach die Schlacht auch im Osten ab, die er ja nur aus Rücksicht auf die Briten annahm. Nachdem auch die Gardegrenadiere mit schlagenden Tambours den Höhenrand erstiegen, trabte 4. G. Art. nach und legte kräftiges Verfolgungsfeuer »an der Somme« ein. Auf Außergefahrsetzen seines mürben Heeres bedacht, räumte Lanrezac am 31. La Fère, am 1. Sept auch die Forts bei Laon. Sperrforts Hirson und Givet kapitulierten schon am 31., wodurch die Beute an schwerem Geschütz sich vermehrte. Die Verfolgung brachte sonst nicht viel ein, eine Kompagnie Gardeschützen soll zuerst Soissons erreicht haben. Die in vollem Rückzug über Oise und Aisne befindlichen Alliierten wurden jenseits nur noch am 2. Sept. bei Cotterets eingeholt von den 35 ern und II/12.; die Coldstream- und Grenadierguards der Div. Lomax wurden zurückgeworfen. Indessen dürften Marrwitz' Leibhusaren und Mecklenburger Dragoner noch die englischen Marschsäulen hier und da umschwärmt und belästigt haben. Außerdem zerstreute die 5. Brig., vornehmlich II/III/9., am 2. bei Verberie und Fontaine eine Abteilung der Pariser Garnison, wobei auch etwas Alpenjäger und Provisorische Kavallerie, im Großwald von Compiègne. 1. G. Ul. verjagten die Nachhut des Bordeaux-Korps aus Château Thierry und erblickten hier zuerst die verhängnisvolle Marne. Marrwitz überschritt inzwischen schon südwestlich Noyon die Oise; Bülow hoffte aber von Kluck allzu vertrauensselig »volle Ausbeutung des Erfolges von St. Quentin«. Dieser meldete zwar am 31. das Einschwenken seiner Rechten zur südlichen Oise, vorläufig stand sie aber weit verzettelt. Klucks Verhältnisse kannte Bülow stets nur aus dessen unklaren Rapporten und machte sich daraus falsche Bilder. So glaubt er auch das ganze 2. K. am 3. bei Senlis a. d. Oise; es waren nur die 49er. Marrwitz hing sich keineswegs Frenchs Abzug über Meaux ans südliche Marneufer an, sondern ließ bald locker.

   

Am 1. Sept. befand sich, während im Osten die 5. A. viel südlicher voraus als 4. und 3., die 1. A. ungefähr in gleicher Luftlinie südlich bei Cotterets, später Ferté-Milon und Creil. Sie stand immer noch in Lanrezacs Flanke, dessen Abzug von Soissons auf Château Thierry das 9. K. unmittelbar in die Weiche fallen wollte. Dieser kräftige Entschluß des energischen Generals Quast kam aber nicht zur Ausführung, weil R. K. Valabreque »in beängstigendem Zustand« an der Marne auseinanderlief, das 18. K. nach Condéen Brie auswich, dessen nächste Division beim ersten Schuß deutscher Haubitzen das Weite suchte. Die Franzosen kniffen ohne jeden Widerstand südwärts aus zum Morin, gefolgt vom 9. K., das ihrer vorerst nicht mehr habhaft wurde, und Teilen von Marrwitz, die so den übrigen deutschen Heeresteilen weit vorauskamen. Lanrezacs Rechte behielt nur Rückzug südöstlich, über Dormans auf Montmirail abgedrängt. Wie wir heute die Dinge kennen, hätte sofortiges Nachstoßen Bülows zu allgemeiner Auflösung und Flucht bis zur Seine geführt. Er legte indessen am 31. einen Ruhetag ein, teils wegen Erschöpfung der Truppen, teils wegen unnützer Besorgnis vor dem veralteten Fort La Fère. Dies brachte mit sich, daß er erst am 2. sich Marne und Wesle näherte. Die Verfolgung brachte daher keine Früchte, während damals auch Foch und Langle den Sachsen nach Epernay und Chalons entkamen, French unangefochten von Nanteuil bis Coulommiers retirierte, Maunoury von Creil-Senlis bis Paris, Amade bis Rouen. Nach Nordwesten bis Amiens deckte Klucks Landwehr, wovon Kuhl nichts erwähnt. Schon Frenchs erstes Ausweichen auf Noyon und dann auf Compiègne und immer weiter südlich gab Lanrezac dem Eindringen Kluckscher Heerteile preis; French schilderte nicht nur am 29. vor Joffre seinen Zustand als verzweifelt, sondern Held Dorien hielt geradezu für nötig, nach England heimzukehren, worüber General Palat bittere Bemerkungen macht. Die Küstenbasis wurde von Havre nach St. Nazaire westlich verlegt. Erst Kitchener, persönlich nach Paris eilend, bewog French, wenigstens in der Linie südlich des Grand Morin zu verbleiben. Seine Entmutigung ist angesichts der traurigen Demoralisierung seiner Veteranen verständlich, nicht aber, daß er dabei noch prahlte, er wolle nicht zum zweiten Mal auf eigene Kosten die Franzosen »retten« (wo, wann?) und »sofortige kraftvolle Offensive« wünschte, während er ausruhte! »Mein Vertrauen zu den französischen Führer schwindet schnell«; Joffre dachte von ihm das gleiche!

Die St. Quentin-Schlacht kostete Bülow 240 Offiziere, 5600 Mann, meist Hannoveraner. Die von Bülow hervorgehobene »13. D.« verlor nur 200, wovon 13er nur 22, dagegen 159. allein 565; sonst kamen nur noch einige Bataillone 56er und 57er ins Feuer. Die Brandenburger 64er und 7. R. D. verloren rund 1000, so daß die Gesamteinbuße inkl. Reiterei rund 7000 betragen haben mag. Die französische mindestens 12 000, davon 2000 Gefangene nebst viel verlorenem Kriegsgerät. French gab den Verlust Doriens auf rund 300 Offiziere, 9000 Mann an, den Haighs auf 8900, dabei fehlen aber Allenby und Shaw, und da man im September englischerseits plötzlich 35 000 angab, wovon schwerlich mehr als 10 000 auf September entfallen, dürfte sein wahrer Augustverlust 25 000 erreicht haben. Seit 20. heimste Bülow im ganzen 13 000 Gefangene ein. Obwohl Lanrezac, ungerechterweise des Kommandos enthoben und am 3. durch Esperet ersetzt, mit Ehren vom Kampfplatz abtrat, fühlte er sich so geschwächt, daß er alle Verteidigungslinien preisgab, als Bülow noch umständliche Angriffsdispositionen kundgab. Er verlor im August reichlich 50 000 (Verlust am 23. bei Dinant ungerechnet), dazu ebensoviel Belgier und Reserven Lille-Amiens. Diesen 125 000 stand gegenüber ein Verlust von 19 600 Kluck und 20 700 Bülow, Gefecht bei Nery und Verberie inbegriffen. Man ersieht hieraus, welche Armee am strengsten focht. 91. Inf. und 91. R. litten am meisten, beiläufig die Oldenburger 91er durchweg am meisten, während aus höfischer Liebedienerei für den Schwager des Kaisers stets die Braunschweiger 92er hervorgehoben wurden. Bei Kluck hatten nur 93er größeren Verlust. Am meisten litten die Hannoveraner (10 450), vornehmlich Emmich, das eine Garde- (4500) und 4. K. (4300), am wenigsten 2. K. (2650). Richthofen verlor etwa 600, Marrwitz 1200 Reiter, dessen Leibhusaren (121 mit 11 Offizieren), 9. Ul. und besonders 12. Husaren erheblich litten. Veranschlagt man die vielen Versprengten der Territorialen und die Abgesprengten in Maubeuge, die sehr große Beute an Festungs- und Feldgeschütz, sowie den gewaltigen Raumgewinn, so schien das Ergebnis für den deutschen Stoßflügel sehr glänzend. Es hätte aber viel größer ausfallen können, wenn Klucks schwächliche Verfolgung nach Mons und sein Abirren mit 5 Div. nach Süden die Einkreisung bei St. Quentin nicht verunmöglicht hätten. Das klingt unangenehm, ist aber um so wahrer.

Wollte man das Umfassungsmanöver im Westen weiter fortsetzen, so mußte Verstärkung eintreten. Infolgedessen erhielt das 9. R. K. den Befehl, sich über Tournai nach Noyon heranzuziehen, da für Beseler zwei Ers.-Brigaden und die übrigen 7 Bataillone der Ers.-Div. Werder im Anmarsch waren. Außer Ausscheiden von Gallwitz fehlte Bülow für weiteren Vormarsch das 7. R. K. nebst 26. Inf.-Brig. vor Maubeuge, und es war ein Glück, daß diese Festung schlapp verteidigt wurde. Während die Belgier in Namur nach Zersplittern der Panzerkuppeln den Platz nach südwärts verlassen konnten (ihr großer Ausfall geschah nach Südwest; schon deshalb kann nur dort deutscher Verlust eingetreten sein, nicht im Nord- und Nordost bei Gallwitz und Plüskow), war Maubeuge allseitig umstellt und Fournier machte nach einem einzigen mißglückten Ausfall keine Miene, sich durchzuschlagen. Daß der Platz schon am 4. Sept. fiel, wurde hernach sehr wichtig, dies war ein unverhoffter Glücksfall. Kluck behauptet, sein Heer sei trotz der Gewaltmärsche in bestem Zustand geblieben. Garde und Hannoveraner, die bis zur Aisne den weitesten Marsch hatten, ließen aber sicher schon manchen Fußkranken zurück. Es wäre daher wohl besser gewesen, vorerst am mittleren Marnebogen Halt zu machen, die müde gesiegten Truppen rasten und ihre Bestände ergänzen zu lassen. Es ward indessen im Rat der Generalstabshalbgötter anders beschlossen, zumal Klucks und auch Bülows Rapporte optimistisch klangen und die zweifellose Demoralisierung des Gegners noch überschätzten. So sollte weiter zugeschlagen werden, vielleicht nur ein Schlag ins Wasser der Marne.

Bei richtigem Zusammenwirken der 1., 2. und 3. A. hätte die ganze Linke der Verbündeten endgültig zertrümmert und hiermit schon Ende August der Feldzug gewonnen werden können. Was am meisten bezüglich des Mißlingens zum Fatalismus stimmt, ist folgendes. Trotz Joffres Klage, die Franzosen hätten in allen Augustschlachten »nicht die offensiven Eigenschaften gezeigt, die wir erwarteten nach anfänglichen Teilerfolgen« (wo?), schlugen sie sich durchweg mit wenigen Ausnahmen bisher recht gut, dagegen in der kommenden Entscheidungsschlacht vielfach nur mäßig, und die bisher so schlagend bewährte Überlegenheit des deutschen Soldaten trat sogar im September noch mehr hervor. Drollig erinnern Maleterre und Perris, statt allgemeiner Offensive »ohne bestimmtes Ziel« habe man warten sollen, »bis Rußland bereit war«. Ach, es war ja nur zu sehr bereit; schon am 20. gab es bei Gumbinnen Schlacht, schon Ende August erfuhr man bei der 1. A. den Tannenberger Vernichtungssieg, und trotz russischer Verschönungsmanier dürfte Joffre wohl durch eigene Quellen darum gewußt haben. Worauf sollte man warten? »Die offensiven Eigenschaften« der Deutschen hätte man dann erst recht kennen gelernt, wahrscheinlich planvoller gegliedert als bei den überstürzten Begegnungsschlachten. Jedenfalls trat aber auch nie ein Heer unter böseren Verhältnissen und in schlimmere Verfassung zur Entscheidungsschlacht an, als hier die Alliierten in der ersten Septemberwoche. Bei der 5. A. waren R. K. und das Algerische kampfunfähig, alles übrige in übelster Stimmung. Bei der 6. A. will man schon Zersetzung im bisher nicht engagierten K. Lamaze wahrgenommen haben. R. K. Ebener (61., 62. R. D.) zeigte sich noch am 3. »stark erschüttert«, Kavallerie Sordet und French unbrauchbar. Noch am 4. hätte tatkräftiges Handeln den Feind in moralischer Depression gefunden, die dessen Vorwärtsentwicklung ausschloß und Joffres »Anweisung 4« am 2. illusorisch machte, daß man wieder Offensive ergreifen wolle. Übrigens wurde dabei keine Silbe von Flankenangriff aus Paris gesagt, und falls man bis über die Seine wich, wie man vorhatte, wäre Vorbrechen über den Fluß erst recht schwierig geworden, wie Kuhl treffend bemerkt. Doch es kommt immer anders; unüberwindliche Mächte mischen sich ein, der Mensch nennt sie je nachdem Zufall oder Schicksal, und was man dem Augenblicke ausgeschlagen, bringt keine Ewigkeit zurück.

Die Armee Hausen. Von Dinant bis Rethel.

Die 3. sächsische Armee (6 Div. und 1 L. W. Div. außer dem ihr unterstellten, aber bald abberufenen K. Plüskow) litt gleichfalls an verspäteter Ausladung und zu langsamem Vormarsch. Man ging aber deshalb viel zu viel mit Hausen ins Gericht; denn erstens hatte man die Ost-Ardennen zu durchqueren, zweitens war ausdrücklich befohlen, die Maas nicht eher zu überschreiten, bis nicht Bülow die Sambre überschritt, drittens ist überhaupt irrig, daß Hausen sich nicht rührte. Vielmehr währte seit dem Reitergefecht bei Dinant das Schießen am Maasufer bis 21. fort, immer mehr Bataillone aller sächsischen Divisionen, sogar Landwehr, sammelten sich dort. Die Kritik setzt hier an falscher Stelle ein; auch Hausens Verteidiger Baumgarten betont nicht, daß vom 19. K. sogar früher, als zu erwarten, I/106., I/181. (Oberst Stefani fiel) und I/II/134. den französischen Gewehren und Geschützen das Ufer streitig machten. 15. und 27. franz. Art. wollen 12 sächsische Geschütze, 51 Protzen demontiert haben; da aber die sächs. Art. damals nur 2 Offiz. 53 Mann verlor, wird es mit solcher Aufbauschung nicht weit her sein. Bei Houx erschienen 101., 133. R., 133. L. W., 12., 13. R. Jäger; III/104. erzwang später bei Haistières den Übergang gegen Choquets 348. Rgt. Auch pflanzten sich nacheinander noch 12., 32., 19., 64., 77. Art. am Ufer auf. Überschäumender Tadel redet also irrig von arger Verspätung Hausens, rechnet mit falschen Daten; beim damaligen Standort der Nachbararmeen wäre Übergang vor 23. unvorsichtig gewesen. Auf die 4. A. konnte man freilich lange warten; die kam erst am 26. auf gleiche Höhe. Am 23. holte indessen Bülow schon zu entscheidendem Schlage aus. Nun, am 23. standen bereit an drei Punkten 27 sächsische Bataillone, wovon 14 vor Dinant. Dort lag jetzt Laurezacs R. D. Bouttegourd; später schickte auch Langle, Chef der 4. franz. A., seine R. D. Choquet ab, um die Lücke zwischen sich und Lanrezac zu schließen. Zusammen 36 Bataillone (die franz. Reservedivisionen zählten 18 Bataillone), so daß die französische Darstellung irreführt, als hätte deutsche Übermacht erfolglos angegriffen. Hausen brachte nicht weniger als 6 Artillerieregimenter vor Dinant heran, so daß man nicht sagen darf, er sei nicht operationsfähig gewesen; freilich befand sich noch der größte Teil seiner Infanterie im Rückstand, was sich indessen durch Verpflegungsschwierigkeiten erklärt; eine vor einer Flußschranke angestaute Masse muß verteilt bleiben. Was man ihm aber wirklich zur Last legen sollte, ist das unglückliche Vergessen des Brückentrains, obschon er doch wahrlich Zeit genug hatte, an Vorbereitung des Übergangs zu denken. Infolgedessen mußte man aus Brettern Notsteige herstellen und konnte sich angesichts der tapferen Verteidigung nur mit wenigen Truppen am jenseitigen Ufer festsetzen. Trotz furchtbarem Feuer von 57 Batterien, deren Geschosse sogar die Ecken der Kalksteinfelsen absprengten, und hingebender Bravour der 23. D. gelang erst am 24. mittags der Übergang; ein sehr braver Gegenstoß Bouttegourds endete mit Vernichtung ganzer Kompagnien. Daß aber Esperet, sobald er den Kanonendonner in seinem Rücken hörte, mit D. Deligny zur Deckung antrat, schob zu raschem Vordringen Hausens einen Riegel vor. Ein Platzregen beiderseitiger Granaten hatte den blühenden Badeort in Asche verwandelt, dazu bedurfte es keiner Brandstiftung; die illuminierende und marseillaisesingende Bevölkerung büßte schrecklich ihren Leichtsinn, sich am Straßenkampf zu beteiligen. Ähnliches geschah in Löwen, Aerschot, Andennes und später Termonde; derlei »Greuel« lassen sich nicht vermeiden, es ist der Krieg ein roh gewaltsam Handwerk.

Die Sachsen verloren seit 15. etwa 2300 Mann, da einige Nebengefechte stattfanden, der Gegner wohl bedeutend mehr. Hausen mußte ablassen, Lanrezacs Rückzug westwärts zu bedrohen, wie Bülow und Moltke wünschten, wobei Mangel an Kavallerie schwer ins Gewicht fiel. Ob die sächsische 8. Kav. D. schon zu Beginn des Feldzugs Hausen abgenommen und nach Lothringen verpflanzt wurde, wo ohnehin schon 2 Kav. D. zu viel waren, um gegen Vogesenpässe anzureiten, klingt unglaublich; Baumgarten unterstreicht es. Jedenfalls befand sie sich bald in Ostpreußen, statt daß man lieber die 7. Kav. D. aus Lothringen hätte abzweigen sollen. Auch diese Maßregel Moltkes stiftete später großen Schaden. Indessen besaß Hausen doch vier Husarenregimenter; auch zog Richthofen nicht vollständig am 15. ab, sondern beließ noch 3. G. Ul. und 4. Drag. an der Maas, die bis Monatsende bei Dinant und Rochefort streiften, siehe Verlustlisten. Hausens Verschulden liegt weder darin, daß er zu spät eintraf – im Gegenteil – oder zu wenig Kräfte an der Maas hatte – er hatte genug – sondern darin, daß er für Übergang nicht seit langer Zeit Vorkehrungen traf. Nachdem er sich schon so lange über das Flußgelände unterrichten konnte, wo blieb die nötigste Sorgsamkeit? Vergleicht man den schweren Pionierverlust der 4. A. bei Überschreiten des Chiers mit dem Nullverlust sächsischer Pioniere, so errät man deren Nichtdasein. Daß Hausen sofort die 4O. D. südwärts nach Fumay sendete, macht seiner Entschlußkraft alle Ehre, doch daß man auch dort nicht übersetzen konnte, weil Brückentrain fehlte, wiederholte den Dinantscherz. Pioniere der 24. Leipziger Division, die jetzt am Westufer entlang rückte, mußten eine Brücke entgegenschlagen.

Nach Einnahme Dinants zauderte Hausen, wohin er vorgehen sollte. Wollte er warten, bis 4. A. die Maas erreichte? Gleichförmigkeit hat nur Sinn, wenn etwas damit zu gewinnen ist. 130 000 Sachsen – damals auch noch 11. K. in Reserve – trugen Wucht genug in sich, um sich allein zwischen Lanrezac und Langle hindurchstürzen zu können. Dabei hatte er einen viel kürzeren Marsch zu seinem nächsten Endziel Rocroi, als irgendein anderes Heer, auch sein späteres Ziel Rethel lag näher. Esperets Nachhut (Mangin und Kavallerie) schüchterte ihn am 24. ein; dieser zog längs der Front der 23. D. bei Rocroi vorbei. Div. Gallet schlug am 25. bei Marienbourg der 23. R. D. ein Schnippchen. »Schönes Gefecht« des Oberst Fenelon (127. Rgt.) dort ist nicht ernst zu nehmen; nur 102. R. verlor dort 50 Mann. Auch mörderischer Überfall im Hohlweg bei Fumay durch 58. Chasseurs von Choquet ist Sage, III/179. litt dort unbeträchtlich. Das 12. R. K., dessen Vorhut bei Houx schon lange sich am Ufer mit Schützen Choquets herumschoß, marschierte nun westlich der Maas auf Givet, dessen Festungsgeschütze auf 16 km Umkreis das Straßennetz beherrschten. Man hätte es durch rasches Heranschaffen der Mörser früher öffnen können, jetzt verplemperte man die ganze 24. R. D. mit Zernieren des kleinen Platzes. Da die Divisionen nie ordentlich in sich aufschlossen, kam man nie vereint an den Feind. Beim Schlußakt blieb 23. D. wieder allein, nur Teile der 32. erreichten den Feind, 24. D. des 19. Leipziger Korps überhaupt nicht mehr, nur 40. Außerdem bat die deutsche 4. A. beständig um Aushilfe bei Sedan, in pedantischer Besorgnis um ihre Flanke, so daß Hausen 3 Bataillone dorthin entsenden mußte. Sein Vordringen südwärts fesselte nur Langles Marokkaner und die D. Dumas nebst der 9. Kav. D., (Choquet zog sich nach Sedan heran) und brachte nicht die gehoffte strategische Folge; die 24. D. machte zweimal unnötige Ausbiegung. 25 stündiger Gewaltmarsch des Leipziger Korps (75 km) brachte nichts ein als fruchtlose Zersprengung von Teilen Choquets bei Haybes und Willerzie. Bei vorheriger Saumseligkeit war jetzt übergroße Eile vonnöten, doch der Zeitverlust war nicht einzubringen, Einwirkung auf Lanrezacs Rückzug unmöglich geworden. Gleich darauf nahm die 4. A. die 3. in Anspruch, so daß sie südöstlich kehrtmachte. Solche Irrfahrten brachten Gerüchte über Hausens Planlosigkeit in Umlauf, doch man muß ihm billigerweise zugute halten, daß ihn Weisungen Moltkes und Forderungen sowohl Bülows als Herzog Albrechts verwirrten, die ihn beide wie ein Anhängsel behandelten, mit dem sie nach Belieben schalten und walten konnten. Dies Kreuz und Quer mußte jeden zur Verzweiflung bringen, der nicht entschlossen ablehnte: Ich tue, was ich will, da ich meine eigene Lage besser übersehe. Daß bei sehr normalem Verlauf der Dinge Lanrezac-French in Gegend Maubeuge eingekeilt werden konnten, mag sein, doch auf so glattes Abspielen von Umwicklungen darf man im Krieg kaum rechnen. Man wußte doch vom 14. her, daß die Dinantfelsstellung außerordentlich verteidigungsfähig, also rasche Sprengung dieser Einfallspforte nicht zu gewärtigen war. Nur wenn Hausen mit mindestens 2 Korps am 24. bei Rocroi stand, konnte Abschneidung Esperets in Frage kommen, Einkesselung aller Verbündeten »bei Maubeuge« scheint damals schon ausgeschlossen; übrigens gehörte dazu auch größere Energie des 3. und 9. K. Umgekehrt läßt sich nicht in Abrede stellen, daß die Lücke zwischen der 3. und 4. A. gefüllt werden mußte, da sich französische Kräfte bei Charleville sammelten und daß es jetzt aussichtsreicher schien, gegen Langles Rückzugslinie zu wirken, der in scharfem Kampf nordwärts verbissen stand. Was soll man dazu sagen, daß Bülow bei so veränderter Sachlage immer noch am 27. Hausen nach Guise verlangte und Moltke ihm am 28. vorschrieb, nach Laon zu marschieren! 4. A. auf Epernay, 5. A. auf Chalons! Lauter phantastische Traumbilder, in keiner Weise der Wirklichkeit angepaßt. Hausen tat Recht, daß er dieser Schwärmerei zuwiderhandelte und die Lage ihm nahelegte, ob nicht etwas gegen Langle zu machen sei. Seine Bahn, die erst nach West, dann nach Ost einen Bogen schlug, lief jetzt Südost, doch um Langle in die Zange zu nehmen, hätten die Leipziger einen vollen Tag früher bei Signey stehen müssen. Sehr zur Unzeit schonte jetzt Hausen seine abgehetzten Truppen, doch es gehört eben unmenschlicher Wille dazu, von Truppen Unmenschliches zu verlangen, um ein großes Ziel zu erreichen. Man wäre vielleicht noch zeitig gekommen, wenn nicht der fähige Langle richtige Übersicht behalten hätte. Er zog vor, eiligst abzubauen und südwestwärts den gleichen Weg zu wählen, auf dem einst Mac Mahon nordwärts ins Verderben zog. Am 28. warf sich die Marokkaner Div. Humbert breitseitig mit Stirn nach Norden entgegen. Wenn früher Esperet kurz entschlossen sein Heil in der Flucht suchte, so hielten die Kabylen solch besonnenen Ausweg nicht für das Beste, sondern opferten sich für ihre französischen Zwingherrn. Sie sahen sich bei Fosse vom 106., 133. und 139. des Leipziger Korps umgarnt, Brigade Blond an Waldabtei Signey vom 102. und 103. der 32. D. des Dresdner Korps. Französische Ausschmückung, 178. sei bei seiner Feuertaufe geflohen, wird höchstens dadurch begründet, daß es fast gar nicht litt. Jedenfalls waren die Afrikaner froh, daß am 29. früh sich Oberst Coas mit einem Bataillon opferte, ihnen geordneten Rückzug offenhielt. Sie meldeten schon am 28. abends 3000 Tote und Verwundete, »viele Offiziere«, während die Sachsen nur etwa 1600 verloren. Hausen bog jetzt ganz südlich um, mit der 23. D. auf Rethel. Nochmals brachten am 30. die Kabylen Opfer, warfen sich in Schützengräben bei Bertincourt, die von den Leibgrenadieren und Freiburger 82ern mit dem Bajonett genommen wurden, schreckliches Gemetzel unter ihnen anrichtend. Ein auf der Bergstraße abziehendes Regiment soll von genau eingestellten Maschinengewehren weggeputzt sein. Doch fiel auch eine Husarenschwadron in Hinterhalt französischer Kürassiere. Bei den Leibgrenadieren bluteten der Oberst, Oberstleutnant Graf Kielmansegge und 600 Mann. Langle war nun schon bei Attigny in Sicherheit, wo er eine Leipziger Vorhut abschüttelte, ohne daß die südlich Tourteron lagernden Rheinländer irgendwie sich rührten, Schlachterschöpfung vorschützend. In diesen Schlußkämpfen litten das Schützenregiment 108 und die 32. und 48. Art. erheblich, doch betrug Hausens Gesamtverlust im August nur 6500. Er zog am 1. September in Rethel ein und wollte dort ausruhen; da platzte Funkspruch Moltkes herein, der ihn nach Reims vorwärtstrieb. Seine strategische Stellung war immer noch verheißungsvoll, doch Gehirnlähmung schafft zunächst Beinlähmung; wie der blinde Polyphem hatte er herumgetastet, ohne irgendwo den Feind ernstlich zu packen. Viele Reibungen entschuldigen ihn, man braucht ihn aber deshalb noch nicht in den Himmel zu heben wie sein Lobredner Baumgarten. Dessen Schilderung ist unvollständig und für Französisches ganz unzuverlässig. Auch er glaubt die Marokkaner bei Charleroi, versetzt nach Signey das Kolonialkorps und gar Marinefüsiliere, die nie dort waren, läßt bei Givet die 7. Div. fliehen, die natürlich bei Longwy focht, weiß nichts vom 18. und 19. Korps bei Charleroi, alles wie bei Stegemann, dessen stete Ahnungslosigkeit das 3. und 1. K. bei Charleroi im Standort vertauscht. »2. K.« bei Charleroi? Nur Brig. Mangin falsches Gerücht auf falsches Hinhören. – Der Verlust von Bouttegourd, Choquet, Humbert, Dumas in diesen Kämpfen ist unbekannt, dürfte aber 10B 000 betragen haben. Sie kamen mit einem blauen Auge davon.

Die 4. Armee. Von Neufchâteau bis Raucourt.

Die 4. franz. A. Langle und 3. Ruffey begannen am 20. und 21. ihren staffelförmigen Vormarsch über Semois und Chiers. Nach geographischer Lage südwestlich Diedenhofen, nordöstlich Montmedy, zunächst zum Entsatz der bereits umstellten kleinen Grenzfestung Longwy. Die deutsche 4. A. Herzog Albrecht v. Württemberg und 5. A. Deutscher Kronprinz schienen damals noch ziemlich entfernt. Das 6. schlesische K. gehörte zur 4. A., trat aber bald dauernd unter des Kronprinzen Befehlskreis, an dessen Longwyschlacht es teilnahm. In dieser Richtung brachten sich Kolonial- und 2. K. als Rechte Langles vor und fielen für dessen Kampf gegen Albrecht aus. Ebenso nahm dessen neugebildete Linke bei Mezieres-Charleville, zwei aus Lothringen geschickte Divisionen, nicht daran teil, nur anfangs die 17. D. Dumas. Was Langle dem rheinischen und hessischen Doppelkorps (8. K., 8. R. K., 18. K. und 18. R. K.) entgegenstellte, waren das 12. und 17. und das irrig als Heerreserve bezeichnete und angeblich erst im September fechtende 11. K. (Da es sich besonders hervortat, ersehe man daraus, was von fingerfertig rasch hingeklecksten Schilderungen zu halten ist, die nicht mal wissen, welche Truppen im Feuer standen.) Alle 22 Korps Frankreichs nebst 18 R. D. befanden sich schon am 15. im Vormarsch. General Carey de Langle hatte außerdem eine Reservedivision auf seinem linken Flügel, die andere (Choquet) marschierte als Bindeglied nach Dinant, eine Zeitlang durch die D. Dumas ersetzt, nach derem Anlangen später zu Langle zurückgerufen. Dieser verfügte also im ganzen über 14 Divisionen, von denen 8 den 8 schwächer formierten Albrechts gegenübertraten (rund 125 französische Bat. gegen 100 deutsche). Nach einigen Vorpostenscharmützeln zur Deckung des Aufmarsches, wobei die 7. und 8. Jäger z. Pf. (Trier) schon seit dem 7. weit vorn plänkelten und die 25. und 68. Inf. (Aachen, Koblenz) nebst der 44. und 59. Art. (Trier, Köln) an der Spitze marschierten, gab es bei Villon ein scharfes Geschützduell. Dem rheinischen R. K. Egloffstein gingen das 28. und 69. R. vorauf, die am 10. auf Feinde stießen, links davon am 14. die Spitze der Frankfurter Division I/88., noch weiter links marschierte 21. R. D. auf Neufchâteau, wo sie am 22. ihr Hauptquartier aufschlagen durfte. Seit dem 18. schlug sich die beiderseitige Reiterei bei Gedinne herum. Die 4. franz. Kav. D., später verstärkt durch die 9., vermochte nicht den Deckungsschleier der 3. deutschen K. D. zu durchstoßen. Die Dragoner von Hofgeismar, die Darmstädter Leibdragoner, die Kasseler Husaren (Oberst schwerverwundet) litten nicht unerheblich, der Gegner ward aber in die Flucht geschlagen; am 21. schon weiter südlich in lebhaftem Gefecht der Jamoigne-Wald von den 6. Jägern (Oels) behauptet. An diesem Tage führte General Eydoux sein 11. K. gegen das rheinische R. K., während Langle das 17. K. auf Neufchâteau ansetzte und gleichzeitig dazu die 2. Kolonialdivision heranholte. I/87. lag schon auf der Chaussee Bouillon-Neufchâteau in Schützenlinien bei Troyons, als die Franzosen vorrückten. Die Kolonialtruppen erhielten aus dem Großwald von Neufchâteau so heftiges Feuer, daß sie ihr Vorgehen einstellten. Eydoux' Rechte wurde von dem 25. und 28. R. abgeschlagen, seine Linke bei Paliseul stockte vor der Vorderlinie der 16. Inf. D. hinterm Bahndamm von Borchenesse. Die seit dem 20. weiter im Westen verlängernde D. Dumas tastete bei Bievre vor, ihr 135. bekam mit den 68ern zu tun. Am 22. war Eydoux' Mißerfolg entschieden, er gesteht großen Verlust zu, während deutscherseits das hier genannte 160. Inf. und 69. R., dessen hohen Verlust ein »Tagebuch« meldet, nach den Listen irgendwie litten. Es ist unwahrscheinlich, daß ihre chronologisch viel späteren Listen sich mit darauf beziehen. Das Gefecht bei Bievre verlief besonders ungünstig. General Dumas gesteht, er habe nur zwei rheinische Batterien gegen sich gehabt und sie am Semoyufer umsonst bekämpft, feindliches Fußvolk habe er fast gar nicht gesehen. Nichtsdestoweniger verlor sein 135. den Obersten, die Hälfte der Offiziere und ein Drittel der Mannschaft. Die Deutschen lagen also vorzüglich gedeckt und schossen noch besser. Diese ziemlich unbedeutenden Angelegenheiten rückt ein gewisser neutraler Historiker, der immer den Rheinländern ein Lob zuschanzt, in den Vordergrund. Allein, die Kampfschwere am 22. lag nur bei den Hessen. Dies war ein Schlachttag auf der ganzen Ardennenfront, bisher war Herzog Albrecht in der Vorhand neben dem noch nicht ganz aufmarschierten Kronprinzen, jetzt aber scholl dessen Kanonade gewaltig aus Osten herüber. Das 17. franz. K. verstrickte sich in förmlichen Hinterhalt. Die Hessen kamen in der Frühe so rasch aus dem Ourtetal herauf, daß sie beidseitig Neufchâteau den Feind über den Haufen warfen, ehe er zur Besinnung kam. Man spricht aber ihrem Reservekorps Verdienste zu, die wesentlich ihrem Aktivkorps zukommen, das sich überwältigend auf die Südfranzosen stürzte. Deren Linke, Div. Alby, wollte Eydoux bei Maissin helfen, wurde aber von den Hessendarmstädtern scharf geworfen, wobei allerdings 118. Worms einen schweren Stand bekam. Die Rechte, Div. Villemajone, durch den Herbaumontwald auf Ochamps heranziehend, wurde förmlich überfallen, ihre sorglos in Marschkolonne herantrollende Artillerie von Frankfurter und Mainzer Batterien vernichtet und teilweise erobert. Nachdem 88. Rgt. die Division durch Schnellfeuer erschütterte, führte Prinz Friedrich seine 81er vor, II/III machten viel Gefangene bei Luchy, I eroberte eine Batterie im Feuer, wobei aber zwei Kompagniechefs fielen und der Bataillonsführer v. Nostitz verwundet wurde. Die Toulouser wehrten sich anfangs in ihrer Not brav genug; Artilleriegeneral Scherbening mußte mit der 27. Art. und 3. Fußart. die standhaften Batterien, soweit sie zum Abprotzen kamen, bis zum letzten Mann und letztem Roß zusammenschießen. (Es war eine seltsame Fügung, daß im September diese so unsanft zerpflückte Artillerie sich eine glänzende Revanche holte.) Die 65. Brig. floh aus Bertrix, die 16. löste sich auf, 3 Obersten und 4 Majore dieser 33. D. waren getötet. Doch das dahinter nachfolgende 12. K. Roques suchte mit seiner linken Division die fliehenden Regimenter 11 und 25 herauszuhauen, bei denen allein 49 Offiziere gefallen waren. Seine Rechte erschien bei St. Medard, sah sich aber ans Waldefilee festgenagelt. Die 42. Brig. Frankfurt war hier am frühesten zur Stelle. Weiter östlich rannten die Vorhut des 2. K. Gérard und Kolonialbrigade Gouillet ins Verderben. Gegen Langles Anordnung hatten die Korps seiner Rechten am 21. zwecklos zu weit Vorhuten ausgeschickt, während ihr Gros noch bei Florainville steckte. Die 3. Chasseurs d'Afrique taten nicht ihre Aufklärungspflicht. Jetzt meldeten Gérards 25. Dragoner an die Kav. Brig. des 17. K. (9. und 21. Ch.), ihr Vorhutbataillon I/87. sei aufgerieben, der Kommandant und alle Hauptleute tot. Man ließ sich niederknallen, blind in die Waldung verirrt. Durch Marsch von 50 km sehr erschöpft, drangen schon am 21. abends das 21. und 23. Kol. Rgt. über die Querstraße Florainville-Tintigny in den Ostteil des Großwalds ein und wiederholten morgens den Versuch. Das 23. Kol. prallte vernichtet über die Bachbrücke bei Bevanne zurück, Oberst Naple fiel als Held. Die 21. R. D. Kassel ging nun auch gegen Roques' Rechte vor, doch scheinen nur das 80. R. Lahnstein (Verlust 400) und R. Art. Fritzlar ernstlich ins Feuer gekommen zu sein. Am 23. griff Roques nochmals an, doch die Mainzer Brigade genügte mit Hilfe der 61. und 63. Art., ihn bei Ochamps-Maissin zu fesseln. Nachdem am Walddefilee südöstlich Neufchâteau das III/87. und III/88. (früher Vorhutbataillon) etwas zurückgedrängt, schlug sich das ganze 87. mit Erfolg doch mit namhaftem Verlust. Sein Oberst v. Kirstein, ein Major, fünf Hauptleute bluteten. Die Hessen übertreiben sehr, daß sie vierfache Übermacht gegen sich hatten, das nach Bouillon abgedrängte 17. K. focht am 23. kaum mehr mit, doch ist es noch lächerlicher, von deutscher Übermacht zu reden. Die Franzosen verdecken ihr Mißgeschick oft mit hochtönender Tröstung, deshalb folgert Hanotaux aus einer farblosen Tagebuchbemerkung, diese Schlacht »rege zu Betrachtungen an«: »also war der Erfolg teuer erkauft«. Er weiß es genau, schätzt den deutschen Verlust aus freier Hand auf 1300 Tote, 3000 Verwundete, was schon sicher nicht »ein Drittel mehr« als der französische Verlust wäre, den man nach den vorliegenden Daten ruhig auf 4000 schätzen kann. Gewiß litten einzelne hessische Teile bedeutend, so die Wormser: 3 Majore, 3 Hauptleute, 20 Leutnants, 830 Mann; ein kurhessisches Bataillon bei Ochamps: 9 Offiziere, 410 Mann; das 87. Regt. 520 mit viel Offizieren. Die übrigen Regimenter litten aber so wenig, daß obige Angabe den Fingerzeig gibt, daß offenbar der Verlust vom 24. mitgerechnet ist. Hier geriet nämlich das Reservekorps bei Tremblois nordöstlich Carignan mit Roques aneinander, ohne ihn aufs Haupt schlagen zu können. Die 25. R. Art. wirkte kräftig, doch konnte man Roques' Linke bei Matron und am »Lindenhügel« nicht verdrängen; er zog trotzig und ungebrochen auf Carignan am 25. ab, nur weil seine linke Flanke entblößt. Denn sein Kollege Pollien meldete, daß er sein 17. K. nicht im Feuer halten könne, dem die Frankfurter Division nachdrängte. Die Darmstädter Division machte eine Rechtsschwenkung gegen Eydoux' Nachhut, dem sie 6 Geschütze abnahm. Dessen Abzug wollte Dumas bei Gedinne gegen die Rheinländer decken, sein 90. konnte aber Houdremont nicht halten, Brigade Moussy wich schon aus ihren Posten, als die 60. R. D. anrückte. Ihr 225. und 235. unterstützten Eydoux' dortige Nachhut (62. und 116.) beim unvermeidlichen Rückzug auf Bouillon. Dumas wich auf Mezieres. Dort riß Panik bei der 52. R. D. ein, deren 291. und 347. die sich geltend machende Annäherung Hausens spürten. Ein Nachtmarsch der verspätet anlangenden Marokkaner riß Dumas aus bedenklicher Lage, auch sie wurden aber zeitweilig in Unordnung gebracht durch wildes Zurückfluten des Kav. K. Espée, das weder deutsche Säbel noch deutsche Granaten ertragen konnte.

Während nach eigener französischer Schilderung sich so Schmähliches am linken Flügel ereignete, erwies sich sonst die alte Tradition, der französische Soldat sei nur zum Siegen brauchbar und ertrage kein Mißgeschick, auch hier wieder als falsch. Die Franzosen hatten sich bisher teilweise nicht gut, teilweise brav, aber sehr ungeschickt geschlagen. Man baute deutscherseits darauf die Hoffnung, die kommende neue Schlacht bei Sedan werde so glücklich enden wie einst die alte, doch im Kriege kommt alles anders. War es Erinnerung an einstige Demütigung der Väter auf diesem historischen Schlachtfeld oder was immer, ein neuer Geist schien über Langles Scharen gekommen. Ihm und ihnen kann man Achtung nicht versagen, im Vertrauen auf jetzige starke Stellung hinter der Maas zeigten sie keine Spur von Entmutigung. Der mit schwerer Artillerie versehene Roques schlug sich sogar noch zähe nördlich des Flusses. Langles Absicht, einen Gegenangriff zu »akzentuieren«, scheiterte freilich, denn Pollien wich kopflos hinter den Chiers, um sich zu »reorganisieren«, und zog, als 15. rheinische R. Art. bei St. Hubert in seine linke Flanke wirkte, allmählich zur Maas ab. Links davon reihte sich Eydoux bis Donchery an.

Bei Tremblois-Matron verloren 80. R. Wetzlar und 116. R. Gießen je 700 Mann. Überträgt man diesen Verlust aufs Ganze, so verloren bisher die Hessen allerdings 4300, die Rheinländer und die 3. K. D. höchstens 1000. Nur die rheinische Artillerie sowie 25. Pioniere beim Brückenschlag über den Chiers hatten verhältnismäßig nennenswerten Verlust. Am 25. wurde das Gefecht Polliens nördlich Carignan wieder sehr ungünstig, er schickte zwar die 20. nebst 17. Art. zu Hilfe nach Matron, wo Roques' 17. Brig. das mit Linden bestandene Hochfeld, viermal gewonnen und verloren, mit vielen Leichen ihrer ehrenhaften Streiter bedeckte. Auf mühsamem Waldmarsch »von Granaten überschüttet«, hörte Roques rechts seitwärts das Schlachtgetöse beim Kolonialkorps von Tag zu Tag ermatten. Nichtsdestoweniger setzte er sich noch einmal nördlich der Maas, ehe er bei Meuzon aufs andere Ufer ging. Langles Verlust seit 20. kann nicht unter 10 000 betragen haben, auch ging sicher viel Geschütz verloren. Um so mehr Ehre für ihn, daß er sich davon nicht anfechten ließ und ruhige Fassung bewahrte.

Die Hessen trugen bisher allein die Hauptlast, jetzt kam die Reihe an die Rheinländer. Die 2. Komp. ihrer 8. Pioniere gesellte sich den 11. und 21. hessischen bei, die sich mit an die Spitze setzten, um den Strom bei Mouzon zu überbrücken. Doch man war noch nicht bei Mouzon, Schritt für Schritt machte Roques dem sich nähernden Andrang der Hessen die Umgegend streitig. Am 25. vermehrte sich die erhebliche Schwächung der französischen Reihen, an diesem Tage aber, wo die Hauptarbeit der Nachbararmee des Kronprinzen schon vorüber war, begann sie für die Rheinländer, als wollten sie die Opfer der Hessen mit einem Sprunge einholen. Schon warfen sich 65. und III/69. R., von Matron abschwenkend nordwestlich auf La Chapelle-Givonne und trieben Polliens Nachhut durch den historisch berühmten Garennewald übers Plateau von Sedan zurück. Doch dessen Batterien kränzten die Ufer bei Bazailles und diesmal endete der Geschützkampf anders als einst an dieser Stelle, wo umgekehrt deutsche Batterien am jetzigen Standort der französischen feuerten. Ein Major und ein Hauptmann der 15. R. A. brachen im Feuer zusammen, ihre 3. Batterie wurde arg zusammengeschossen. Als später die Artillerie des Aktivkorps auf dem kahlen Bergrücken von Floing auffuhr, wirkten Eydoux' Batterien scharf aus der Maasschleife nordwestlich Sedan. Zwar ritt eine Patrouille keck in die verlassene Festung ein, die Sperrforts bei Flize und Mezieres bereiteten wenig Hemmung, wohl aber schleuderte das große Grenzfort Les Avelles weittragende Geschosse in die rechte Flanke der Rheinländer bei Sapogne und beim Durchschreiten des Plateaus und Talkessels auf Remilly erhielt das Reservekorps empfindliche Geschützsalven. Dagegen bewies man gleichen Mangel an Fürsorge wie einst, man brachte es fertig, die Übergänge bei Donchery-Frenoies-Trocy fast unversehrt zu lassen, was 8. Pioniere sich zunutze machten, während 30. P. Brückenschlag über die Maasschleife bei Vigne aux Bois vollzogen. Dort entwickelte sich 68. Inf. nach kurzem Gefecht bei Floing. Doch behauptete Langle's Artillerie die Oberhand. Nicht die 16. R. A., die mit 6 Batterien nach Bazailles antwortete, »litt sehr«, wohl aber die aktive Trierer und doppelt so sehr die Koblenzer. Am 26. machte Eydoux längs der Maas Halt und hielt sich mit fester Entschlossenheit den Feind vom Leibe. Bei der 28. Inf. fiel Oberst v. Oppen, Sedan-Straßenkampf, doch siegten bei Donchery die 28., I/29. und III/25. über Eydoux' 21. D., die 22. schlug zwar anfangs 17. R. Kreuznach mit großem Verlust ab, doch wich bei Remilly vor 28., 69. und 65. R. Was von der 60. R. D. Choquet hier war (Teile davon noch den Sachsen gegenüber), gab vor der 16. D. bei Sapogne nach. Trotz des besten Willens schienen die Franzosen schon ausgepumpt. Doch Pollien schickte jetzt die 34. D. zum Gegenstoß auf Egloffstein bei Noyers, nicht ohne lokalen Erfolg, 16. R. D. mußte von den Noyershöhen wieder weichen. Am 27. zog Langle das Kolonialkorps, das seiner Leitung entschlüpfte und wo Verbindung mit Ruffey schon sich lockerte, nach Sommauthe näher heran. Vor allem lag ihm aber daran, den Druck auf seine Linke abzuschütteln, wo er in Besorgnis vor den Sachsen schwebte. Doch sicherten jetzt 17. und 52. D. mit Front nach Nordwest. Nicht am 24., wo ein gewisser Historiker mit gewohnter Oberflächlichkeit eine Kunstpause einlegt – Langles »Erholung« bestand da darin, daß er bei Carignan eingedrückt wurde, sondern am 27. trat ein wirklicher Einschnitt der Kämpfe ein. Denn jetzt erfolgte sein bisher unterbundener großer Gegenstoß. Zu diesem Behuf zog er fast das ganze 17. K. nach Noyers, es schlug sich jetzt glänzend. 68. R. wurde derart geworfen, daß es am 28. das Gefecht einstellte. Auch am 28. schwoll der Kampf mächtig an, bei der 28. R. geriet ein Oberstleutnant in Gefangenschaft, bei 29. R. sanken 29 Offiziere, es ging am 29. erschöpft aus dem Feuer; 65. R. am Givonnebach hatte es nicht besser, ihm sanken 27 Offiziere, diese drei Regimenter ließen 2200 Mann auf der Strecke. Auch das Aktivkorps hatte keinen guten Tag, die 22. D. gewann gegen Halbinsel Iges Boden, wo indessen II/III/29. und I/25. den Waffenbrüdern nur wenig beizuspringen brauchten, die sich auf der Westseite behaupteten, 65. warf das französische 65. Am Innenflügel verloren 17. R. und 28. Inf. zusammen 1600 mit 38 Offizieren, bei Vadelincourt an der Maasschleife bluteten bei 68. der Oberst, vier Hauptleute, elf Leutnants. Um sich aus der Einklemmung am Flusse Luft zu machen, suchte man die 21. D. Nantes ins Marféeholz hineinzudrücken, doch bravouröser Ansturm des 137., dessen Oberst Myrolles dabei fiel, stieß die 68er zurück, die dabei angeblich eine Fahne und 65 Gefangene verloren. Sehr heftig wurde auch das Gefecht der 69er am Waldhang und der Farm Chaumont, welche das 108. Quimper behauptete. Die bretonischen Schlachthaufen hielten fest, ein Bataillon 69er schmolz angeblich auf 100 Mann (wohl Übertreibung), 14 Batterien Eydoux' übergossen das Angriffsfeld der 16. D., die nicht vorwärts konnte. Die 15. D. auf der Westflanke hatte es leichter, die zum Vorsturm aufmarschierte 52. D. machte vor rheinischen Feuerschlünden Halt, hier floh auch eine als Reserve hierher verpflanzte Brigade der 33. D. vor Kanonade, unangenehm von der bretonischen Festigkeit abstechend. Doch Polliens andere Brigaden trieben die 18. R. D. über die Noyershöhe abwärts, die viermal den Besitzer wechselte, und 22. D. Brest drang vor. Auf der äußersten Westflanke bei Pont Mangis litten 161. und III/160. fast gar nicht, Egloffstein hatte 30. R. dorthin abgeben müssen, weil Herzog Albrecht fortwährend Umgehung von Les Avelles her befürchtete, weshalb er von Hausen eine Hilfsabteilung nach Sapogre entlieh. 202., 203. sowie 64. und 93. Nantes drangen zwar bis Pont Mangis, das Gefecht blieb aber so unbedeutend, daß 30. R. nur eine Handvoll Leute verlor.

Da befahl Langle trotz günstigem Stand der Dinge am 29. schweren Herzens den unvermeidlichen Rückzug. Denn während nach Norden sein Himmel sich klärte, ballten sich im Osten Wetterwolken. Er vergaß zu lange, daß die Hessen dort zusehends seine Schlachtordnung aus den Angeln hoben und beachtete zu wenig das Abbröckeln seiner ihm abhanden gekommenen Rechten, wo er das schon bei Dieulet belästigte Kolonialkorps bis La Besace zurücknehmen mußte. Auch hätte er seinen zweitägigen Erfolg bitter gebüßt, wenn die Leipziger schon näher gewesen und die fahnentreuen Kabylen bei Signey nicht festgeblieben wären. Jetzt drohte Umfassung auf beiden Flügeln, Eydoux lief Gefahr der Abschneidung, als die Hessen in Polliens Flanke drückten und ihre 10,5- und 15,3-cm-Geschütze schon von Raucourt herüberdröhnten. Die Franzosen zogen in ungebrochener Haltung ab, man verfolgte kaum. Die 68. und 69. waren froh, endlich die Marféehöhe zu besitzen, Oberst Graf Lippe-Bisterfeld führte umsonst die 7. Husaren vor, 8. Kür. Deutz scheinen sich etwas mehr angestrengt zu haben. Vom Reservekorps verfolgten nur etwas das 28. R. Neuß, 2. schwere Reiter und 5. R. Ul. des Grafen Magnis. Egloffstein focht härter als Tschepe, dessen Aktivkorps sparsam haushielt und 8 Bataillone weniger verwendete. Wollte man etwa Eydoux zu weiterem Ausgreifen nordwärts verlocken, damit Umfassung durch die Sachsen wirksamer werde? Aus den Befehlen des Oberkommandos geht nichts derartiges hervor, wohl aber aus Korrespondenz mit Hausen bängliche Ängstlichkeit, daß Langle ihn bei Pont Mangis zu umfassen strebe. Statt so ungerechtfertigter Befürchtung konnte Langle von Glück sagen, daß die sächsische Umarmung ihn nicht erdrückte. Seine Lage war strategisch schon lange unhaltbar, er harrte entschieden zu lange aus, durch taktischen Erfolg geblendet. Doch handelte er jetzt mit einsichtiger Entschlossenheit, indem er sofort südwestlich abmarschierte. Es kam ihm aber dabei sehr zu statten, daß die Rheinländer zu spät und zaghaft nachfolgten, während Roques durch standhafte Abwehr der Hessen das Heer rettete.

Dieser verdient weit mehr Lob als der gepriesene Eydoux, dessen Angriffsstellung bei Boulson er sogar noch mit einigen Bataillonen verstärken mußte. Wie sollte er da nach Norden und Osten den übermächtigen Hessen begegnen! Am 25. wandte sich die 50. Brig. von Eydoux' Nachhut ablassend, gegen Pollien 116. (nicht »117.«) und überhaupt die Darmstädter Division setzte sich so in Bereitschaft, daß das 17. K. in Unordnung über die Maasbrücken zurückstürzte. Roques' 100. Rgt. schirmte seine rechte Flanke gegen das nur mäßig verfolgende Reservekorps, westlich davon drängte 80. Inf. Wiesbaden vor, Major Kayserlink fiel. Die Franzosen reden von gescheitertem Angriff einer Brigade, die von Kanonade hingemäht sei, doch folgt gleich der hinkende Bote, daß auch die Linke des 12. K. »einen Augenblick erschüttert war«. Indessen faßte es sich bald und die Wiesbadener müssen wohl zurückgeworfen sein, denn ihr III. Bat. Höchst erreichte erst am 28. Mouzon. Die Hessen mußten sich darauf gefaßt machen, daß sie, wie früher den Waldboden, jetzt die Maasufer mit ihrem Blute färben mußten. Am 26. sahen sich die Darmstädter bei Heraucourt-Autrecourt nördlich Mouzon in blutigen Kampf verwickelt, 116. büßte seit 24. schon 23 Offiziere ein, darunter den Major des II. Bataillons, das rechte Flügelbataillon der Frankfurter Division ließ bei Autrecourt 9 Offiziere 210 Mann auf dem Platze, seitwärts beim Nachstoßen auf Meuzon ihr linkes Flügelbataillon II/88. alle Offiziere. Am 27. wich Roques langsam über den Fluß, seine Linke fügte aber noch dem 115. Darmstädter Leibregiment furchtbare Verluste zu. Bei Mouzon gingen das Reservekorps und Teile der Frankfurter Division in Masse über, 80. und 88. hatten bereits 1300 mit 26 Offizieren verloren. Im Vergleich zur alten Beaumontschlacht kehrte sich die Lage so um, daß diesmal die Deutschen aus Norden statt Südosten kamen. Historische Punkte jener alten Schlacht fielen auch diesmal in der Kampfzone auf. Roques' Artillerie feuerte bei La Thibaudie, verstärkt durch herbeigerufene Kolonialbatterien, und richtete große Verheerung unter den aus Mouzon Vorbrechenden an, geleitet durch unterirdisches Telephon eines in Mouzon versteckten und erst spät entdeckten Artillerieoffiziers. Das 87. R. machte südlich Mouzon Halt, 88. R. gibt mit seiner Verlustliste ein Rätsel auf, denn es verlor bei 26 Offizieren (zwei Bataillonschefs) unverhältnismäßig wenig Mannschaft. Westlich Yoncq erhielt die 25. R. Art. Infanteriefeuer, Roques' 47. und 48. Brig. warfen bei Villemontry das 116. R. wieder von den Yoncqhöhen herunter. Erst nach schwerer Beschießung durch Mainzer Fuß- und 63. Feldartillerie gelang es der Frankfurter Division, den Feind von dort in wildem Handgemenge nach Beaumont hinabzutreiben »unter schwerem Verlust beider Parteien«. Roques hielt sich bei Harnoterie, die Schlacht nahm abends einen bedeutenden Umfang an und dehnte sich westlich bis Raucourt aus. Hier schlugen II/III/115. den Verlustrekord (23, 1000), auch III/116. verlor 420. Auch östlich hinter Beaumont war der Verlust stellenweise so groß, daß I/81. Frankfurt den Major, 14 Offiziere und 400 Mann verlor, III/87. den Major, 3 Hauptleute, 7 Leutnants, dagegen 80. nur 80 Mann, ein Beweis, daß 80., 88. und Reservekorps ermattet abließen. Erst als sich der Feuerkreis um sie verlängerte, gaben die braven Regimenter von Angouleme und Perigord den Widerstand auf, doch hielt Roques am 29. und 30. noch eine standhafte Nachhut bei Oches fest. Der hessische Verlust verminderte sich jetzt so, daß I/115. hier nur 100, III/115. noch 170 einbüßte, unterstützt von 61. Art. Das Reservekorps brachte jetzt auch das ihm beigeordnete 168. Inf. vor, doch blieben am 31. nur noch sein II/80., III/115. u. III/118. R. an der Klinge mit sehr mäßigem Verlust, 27. Art. mußte nochmals lästige feindliche Tirailleure ausräuchern. Die Hanauer Ulanen sprengten im Maastal vor, es wurde aber wenig Beute gemacht. Die Schlacht kostete den Hessen 7200 (115. allein 1300, 116. auch 940), den Rheinländern 8000. Langles Verlust dürfte an Toten und Verwundeten ungefähr das Gleiche betragen haben. Im Grunde entschied auch hier das Vorgehen des Kronprinzen, denn ohne sein Vorschnellen bis Dieulet wäre Roques erst später zurückgegangen. Da schlesische Artillerie schon vom Dieuletwald südlich Beaumont hinüberfeuerte, schlossen schon beide deutsche Heere aneinander und Langle wich schleunigst aus, um sich dem Kneifen dieser Scheren zu entziehen. Da er sich aber auch an Hausen vorbeischlängeln mußte, begreift man kaum sein Entkommen. Französische Historiker haben es leicht, alles Wunderbare auf Eigenschaften ihres Nationalnaturells zu schieben, doch gerade auf Rückzügen pflegen Franzosen nicht zu glänzen. Langle gewann einen ganzen Tagesvorsprung nur dadurch, daß bei den Hessen Erschöpfung, bei den Rheinländern Klein- und Mißmut herrschte, Herzog Albrecht sich nichts Großes mehr zutraute und auf weiteres Übermaß von Arbeit verzichtete. Wahrheitsforschung sieht die Dinge anders als die Fama, die einseitig und meist falsch hell oder schwarz färbt. Sowohl die Art, wie der Heeresbericht über die Sedanschlacht weghuschte und immer nur einen großen Sieg bei Neufchâteau betonte, als das tadelnswert matte Nachmarschieren der 4. A. verrät genügend, daß man ihr damals keinen wirklichen Sieg einreden konnte. Man empfindet eben die eigenen Wunden, ohne die des Gegners zu bedenken. Die Schlacht kostete bedeutend mehr als die bei Charleroi, ohne im geringsten ein ähnlich schönes Ergebnis zu bringen. Nur die Befürchtung, von Hausen aufgerollt zu werden, bewog Langle, sich nicht mehr bei Reims zu setzen. Anderseits war die Lage nicht danach angetan, daß seine Truppen sich »siegesbewußt« fühlten. Wohl ging er taktisch unbesiegt vom Schauplatz seiner Taten ab, doch seine losgelöste Rechte holte sich durch den Kronprinzen eine schreckliche Niederlage und mußte erst wieder zu ihm abgedreht werden, ohne rasches Ausbiegen nach Südwesten wäre sie weiter ins Garn gelaufen. Es gelang Langle an Hausen vorüberzuschlüpfen, doch das Kartenbild sieht unschön genug aus, wie er bei Vouziers knapp vorbeikam. Er zeigte zu lange nach Norden die Zähne, ohne Hausens Mißgeschick wäre es mit ihm aus gewesen, doch Glück muß der Mensch haben. Die deutsche Heerführung hatte kein Glück, es floh von ihr an der Oise wie an der Maas, nur die taktische Überlegenheit der unübertrefflichen Truppen erzwang Erfolge, die bei der 3. und H. A. obendrein ausblieben. Freilich machten sich äußerlich die Dinge immer noch gut, der von zwei Seiten durch 14 Divisionen angepackte Langle verfügte zwar über die gleiche Divisionszahl, seine Rechte war aber derart geschwächt, daß er vorerst nicht mehr das Feld hielt, sondern unaufhaltsam durch die Champagne bis Vitry und zum Marnekanal retirierte. Die 4. A. marschierte zu träge, um ihn noch am Ornain zu erreichen. Das Ansetzen der Hessen bei Mouzon war gewiß sehr richtig gedacht, doch wenn man bedenkt, daß am 27. ihre 52 Bataillone (6 L. W. überzählig) schon südlich der Maas kaum 30 französische Bataillone umkreisten und dennoch Roques nichts Entscheidendes anzuhaben vermochten, so muß es an der Führung gefehlt haben. Im ganzen bot diese Schlacht doch eine gewisse Revanche für die weiland Ereignisse bei Sedan-Beaumont und insofern durfte Langle darauf stolz sein.


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