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Foch wollte angeblich am 5. auf Vauchamps angreifen, doch 1. G. D. nagelte ihn auf der Jochesstraße fest? Ist dies glaublich? Foch wußte, daß seine Nachbarn nicht an Vorgehen am 5. denken konnten, er mag eine Marokkanerbrigade zur Erkundung vorgeschickt haben, über die der Gardesturm dahinrollte, und am 6. kam ihm längst der unaufhaltsame deutsche Angriff zuvor. Foch hütete sich, seine feste Stellung zu verlassen, von deren Stärke bei St. Gond und Talou er eine hohe Meinung hatte. Die vorgeschickte Aufklärungsbrigade wurde von Vertus her überrannt und mit fabelhafter Schnelligkeit in die Grundstellung eingebrochen. Die über Montmort anrückenden Hannoveraner waren aber noch nicht zur Stelle, sonst wären sie bei Champaubert in die Marokkaner hineingestoßen.
Daß Bülow am 5. »Front nach Paris schwenken« wollte, ist eine sonderbare Phrase, tatsächlich schwenkten alle seine Marschsäulen südlich ohne jede Biegung westwärts. Bei Champaubert suchten Marokkaner die Gardevorhut anzufallen, ihre Tigersprünge fanden kühllächelnde Ablehnung, die Garde durchschritt den Gondsumpf, ohne nennenswerte Einbuße durch Fochs die Gegend beherrschende Artillerie, sofort fuhr 1. G. Art. auf, der Geschützkampf begann stark. Bei Bannes, wo einst Div. Pacthod unterging, konnte auch Div. Dumas den Gondsumpf verfluchen. 3. G. faßte bei Morains festen Fuß am Morinufer. Am 6. zog auch 2. G. D. herauf und geriet bei Normée mit K. Eydoux aneinander, 3. G. Brig. vorn, schon fiel 2. G. Brig. in die Flanke bei Ecurie, wo 21. D. die aus Talon fliehende Division Dumas entlasten wollte.
Kaum griff deren 77. an, als es auch schon zerstäubt zurückströmte, 20. Rgt. verlor hier allein 1200 Mann, nur 32. hielt zusammen, gestützt auf 135., bei dem Dumas seine Scharen sammelte. Der Sieg war keinen Augenblick zweifelhaft, gleich das erste Kampfstadium am 5. und bis 6. mittags ergab die Aufrollung der ganzen ersten Verteidigungslinie Fochs, der sich hastete, in seine zweite Verteidigungslinie zu kommen. Die 1. Gardebrigade schoß an Dumas vorbei, weitere Teile umreißend, während Eydoux Rechte sich bei Clamanges der 4. G. Brig. entgegenwarf. Mittags hatten die Franzer Grenadiere diesen Stützpunkt, den Eydoux nicht verlieren wollte als Ausfallstor nach Sommesous. Hier währte es noch lange, bis der Widerstand im Somnetal gebrochen. Obwohl der Länge nach von Fochs Batterien bestrichen, durchzog 1. G. D. gleichzeitig die kahle Ebene westlich der Waldschluchte und südlich der Sezanner Hochfläche, ihr Stoß rollte an Eydoux linkem Flügel vorbei.
In glänzendem Gegenstoß zersprengte 4. G. die franz. 41. Brig., während 3. G. den Vormarsch gegen die Allemandhöhen begann, wo Dumas seine fünf geschlagenen Regimenter sammelte. Hier mußte pausiert werden, bis die Gardeartillerie der dortigen Massenbatterie Fochs einen Dämpfer aufsetzte. Schon sangen aber auch Emmichs 10. und 62. Art. ein kräftiges Lied, während 26. Art. noch weiter westlich zugleich gegen Esperets Rechte feuerte. Im herzhaften Anlauf entrissen 74. und 78. Hannoveraner das verschanzte St. Prix, den linken Flügelstützpunkt Fochs, der 42. D. Die Sieger von Charleroi und St. Quentin zeigten sich unüberwindlich, am 7. erstürmte 164. Hameln, bisher im Feldzug ziemlich gespart, das Sumpfdorf Oyes nördlich Schloß Mondemont, wo Humberts Marokkaner Raum geben mußten. Ihre bei Champaubert geworfene Vorhut scheint sich zu Eydoux gewandt zu haben, wenigstens wird ein Zuavenbataillon am Bahnhof von Normée gerühmt, daher wohl Baumgartens Irrtum, daß er die starkformierte Marokkaner Division gegen die Sachsen kämpfen läßt. Der mit Wucht geführte Stoß der 2. G. D. wäre am entschlossenen Widerstand Eydoux zerschellt, wenn nicht rasches Auftreten der sächsischen 32. D. Planitz günstigen Umschwung erzielte.
Diese brauchte indessen dazu einen Generalmarsch von 40 km in brandiger Hitze. Wir bitten dies zu unterstreichen, weil es auf die erschreckende Ungleichmäßigkeit der Marschverhältnisse ein grelles Licht wirft. Es ist niemals empfehlenswert, aus der Marschkolonne heraus gefechtsmäßig zu entwickeln, doch natürlich gibt es Zwangsumstände, wie bei Prag, Kunersdorf, Torgau, Lützen, Craonne-Laon, wo ein Feldherr sein durchschwitztes Heer nach einem Gewaltmarsch in die Schlacht führte oder wo einzelne Umfassungsdivisionen (Friant bei Austerlitz, 38. Brig. bei Mars la Tour) aus der Marschkolonne heraus an den Feind kamen. Das Ergebnis war freilich in fast allen genannten Fällen ungünstig. Doch daß man ohne jede Nötigung, keineswegs aus strategischen Absichten, sondern aus reiner Nachlässigkeit so gegen den Feind marschiert, daß drei Divisionen isoliert auf lange Fronten stoßen und die nächsten 40 km Marsch brauchen, um sie zu unterstützen, ist ein trauriges Unikum.
Natürlich erledigt sich hiermit auch, daß Planitz unmöglich mit mehr als einer Vorhut am 6. abends eingreifen tonnte. Bis dahin stand die Garde allein gegen Eydoux und Dumas, drei Divisionen. Desgleichen schlugen drei hannoversche Regimenter zwei Elitedivisionen in die Flucht. Umsonst tobten Humberts Kabylen sich vor Mondemont aus, die Niedersachsen erwiesen sich seßhaft, ließen sich auf keinen Ortswechsel ein. Wir ziehen in Betracht, daß 42. D. in den Ardennen auf die Hälfte ihres Bestandes schmolz, doch die hannoversche Brigade, vor der sie St. Prix fahren ließ, hatte im August selber reichlich geblutet. Daß 164er am 9. früh nur 65–100 pro Kompagnie, also 900 Gewehre zählten, ist freilich ebenso unwahrscheinlich wie daß sie bei Charleroi mit 79ern die höchsten Verluste hatten (Heydemann). Unsere Verlustliste weiß es anders, auch ihr Verlust seit 6. kann nicht bedeutend gewesen sein. Wir dürfen nicht kritiklos die Angaben der Regimentsgeschichten hinnehmen, die stets geneigt sind – man kennt's ja gleichfalls aus französischen Historiques –, eigenen Verlust zu übertreiben. Daß nachher nur ein Häuflein von 250 Gewehren Mondemont hielt, ist ebenso irreführend wie daß es am 9. abrückte, was der Feind doch bemerkt hätte, der erst am 10. vormittags die Räumung wahrnahm. Offenbar paßt man sich hier Bülows Zeitversicherung an, dabei geschieht manches auf Befehl, wie einst alle Akten über Mars la Tour verbrannt worden und die Offiziere sich das Wort gaben nicht aus der Schule zu plaudern (Hoenig). Dafür hatte sie freilich ihren Siegesstolz seit Charleroi und ging von der Ansicht aus: wo der Deutsche hintritt, darf der Franzose nicht stehen. Gewisse neutrale Historiker, französische Empfindlichkeit schonend, lassen St. Prix erst am 8. verloren gehen, man liest aber von der Karte ab, daß dieser Punkt unhaltbar war, sobald der Gaultwald in deutschem Besitz, was damals eintrat. Auch Prof. Kothe schafft hier wie immer Verwirrung, 20. D. Esperets habe 42. D. unterstützt (während erstere erst letztere später ablöste), mit der naiven Begründung, das 10. franz. K. sei durch Abzug des 9. d. K. entlastet worden, das überhaupt nie dem franz. 10. K. gegenüberstand. Außer dem unmöglichen 77. steuert Bircher noch I/79. und I/92. zu Emmichs Kampflinie bei, über ein paar Bataillone mehr oder weniger wollen wir uns nicht streiten, doch der Gedanke kann einem Ununterrichteten nicht kommen, wie unmöglich gering Emmichs späterer Verlust in der langen Reimsschlacht ausfallen müßte, wenn seine ganze 20. D., die dort am schwersten kämpfte, schon bei St. Prix stritt und litt. Es blieb für uns dabei, daß wesentlich nur Teile Emmichs diese Heldentaten vollbrachten, und wem es wunderbar klingt, daß drei Regimenter zehn französische warfen, bedenke gefälligst, daß die nämlichen Hannoveraner schon bei Charleroi dies Wunderbare wirklich machten. –
Hausen ging in drei Heersäulen vor, alles übrige blieb noch stecken. 23. D. verspätete sich so sehr, d. h. war bei Rethel so zurückgeblieben, daß das Leipziger Korps zwei Tage lang allein kämpfte. Sofort hing sich ihm die 16. D. bei Vitry an und heischte Deckung, so daß General Laffert sich links ziehen mußte, statt sogleich mit 24. D. bei Mailly vorgehen zu dürfen. 32. D. schenkte Hausen sofort an Bülow, was allerdings nötig schien, um den gefährlichsten Gegner Eydoux zu beseitigen. Um 5 Uhr nachmittags baten die Franzer Grenadiere um Entlastung, man entsprach dem zunächst artilleristisch. General d'Elsa ließ die schwere Artillerie 12. K. auffahren, man wurde bald inne, welche Gewalt dieser Waffe innewohnte. 21. franz. D. fing an zu wanken, indessen ist franz. Bericht nicht unbegründet, daß Eydoux Rechte in Richtung Sommesous die Garde überflügelte. Obschon Baumgarten nichts davon weiß, muß die bis Moronvillers vorgeprallte Spitze Eydoux schon früher die sächsische Vorhut bös beschossen haben, denn 12. Pioniere litten auffällig (256). Außer 9. Kav. D. schickte Foch auch Teile 52. D. vor, um den langen Geländestreifen von 20 km zu füllen, der ihn von Langle trennte. Wo die Enden Beider bei Sommesous zusammenstießen, empfand auch später noch die anmarschierende 45. Br. die Sicherheit des feindlichen Fernfeuers. Nichtsdestoweniger erkämpfte der rührige General d'Elsa rasch den Eintritt ins Gebiet südlich Chalons. Husaren und Ulanen maßen sich nicht ohne blutige Berührung erfolgreich mit der numerisch weit überlegenen 9. Kav. D., die auf Coole zurückging, 52. D. zur Reservestellung der 60. D. Baumgarten kommt es nur darauf an, möglichst viel Massen gegen die Sachsen vorzuspiegeln, doch focht zunächst nur Eydouxs Rechte gegen 32. D., deren I/II/102. abends die dort noch sehr schmale Somme (von hier in weitem Bogen über St. Quentin nach Westen laufend) durchwateten. Sie warfen den Feind vom Bahndamm nach Lenharée hinunter. General Planitz ging unerschrocken ans Werk, doch konnte die Garde nur wirksam entlasten, wenn er neue Kräfte heranbrachte. Auch hier also größte Unregelmäßigkeit des Vormarsches. Vorerst rangen am 6. nur Garde und drei Regimenter Emmichs nebst Planitzs Vorhut gegen fünf Divisionen Fochs. Am 7. brach Eydoux aus Lenharée vor, die Elisabether in Normée hatten es schwer, Major Bredow fiel. Daß heute schon 23. R. D. anlangte, ist wieder vordatiert. Bülow legte am 8. sofort darauf Beschlag, mit einer lumpigen Division gab er sich nicht zufrieden, heischte gleich die halbe 3. A. für sich! Dies unbefugte Hineinkommandieren, »Einladen« von Kollegen zu eigner Verfügung, sollte unbedingt untersagt sein, dürfte in keiner guten Hausordnung vorkommen, überhaupt »Selbsttätigkeit« Bülowscher und Kluckscher Art nie zugelassen werden. Doch die O. H. L. hinten in Luxemburg zur Bequemlichkeit des Kaisers ließ die Zügel am Boden schleifen, jedes Gespann ging nach Willkür durch. Wenn man Foch bald überwältigte, hob dies Bülows Angst vor Esperet auf? Jedenfalls sorgte er nur für eigenen Sieg und eigene Sicherheit, beschnitt eigensinnig Hausens wirkliche Aufgabe, zwischen Foch und Langle durchzubrechen, was ohnehin Fochs Stellung unterhöhlt und schlechtweg die Schlacht entschieden hätte.
So wurden Kräfte im Fontelangriff verplempert, die man hochnötig zur Umgehung auf Coole brauchte. Hausen hätte sich weiterer Kraftentziehung widersetzen sollen, doch wie gewöhnlich bei derlei Konflikten, schloß er einen Kompromiß, überließ Bülow auch noch 12. R. K. und behielt sich selber nur seine Kerntruppe, 23. D., vor. Diese Zerreißung der 3. A. in drei Gruppen war durch Bülows Nichtvereinigung verursacht, wie denn Baumgarten von 7 Div. Bülows redet statt 8, womit er wohl Ausfallen der Hälfte Emmichs meint. Denn 7. K. und 10. R. K. hält er offenbar für vereint und bereichert uns dabei mit der Entdeckung, Emmich sei von Esternay auf Montmirail zurückgeworfen und Einem habe nachher rechts von den Reiterkorps gefochten, dagegen Hülsen gegen Foch!! Es scheint wirklich schwer, sich von Truppenaufstellung Rechenschaft zu geben, harmoniert dieser Unsinn doch mit dem eines andern »Historikers«, der Mecklenburger bei Gault sieht! Angesichts so haarsträubender Unkenntnis, die natürlich auch alle Klucksagen nachbetet, finden wir auch die Angaben für 3. A. nicht durchaus vertrauenswürdig. Er schweigt von den wichtigen Dingen, z. B. welche Teile zuerst in Vitry eindrangen und wann es aufgegeben wurde. Seine Liebe gilt nur dem 12. K., das 19. läßt ihn kalt, dessen stiefmütterlich behandelte Leistungen wir ins rechte Licht stellen.
Es hatte sich bei Sommepy mit Tschepes Vorhut gekreuzt, der sich dann südöstlicher wandte, zwei Flußläufe (Saulx und Kanal) überwand und Vitry auf der Nordseite anfiel. Die Leipziger 24. D. war am 5. schon über den Suippebach hinaus. 107. und III/133. drückten die Mitte des franz. 17. K. aus der Vitrywaldung weg, worauf am 6. das 134. der 40. D. den Feind aus Vitry hinausstieß. Am 7. entbrannte aber ein furchtbarer Kampf um das rückwärtige Waldgebiet zwischen Sommepuis und Glannes. Während Bülows Linie sich zuerst auf 25 km verengt – neuer Beweis, daß er nur 4 ½ D. im Feuer hatte, da für mehr die Kampffront nicht Raum gab, erweiterte sich die Hausens auf 50 km, die er nicht ausreichend besetzen konnte, selbst wenn er all seine Schlachtkörper vereint zur Stelle gehabt hätte. Es war und blieb also ein Fehler, die Hälfte dicht bei Bülow anzuhäufen, nur 23. D. als Verbindungsglied zur Vitrygruppe, also am schwächsten, wo man am stärksten sein sollte.
23. R. A. trabte schon nachts vor, stellte sich östlich Sommesous bereit. Um am 8. diese R. D. westwärts eindrehen zu können, sammelte Hausen Teile von 100. R. bei Coole, dazu II/134., das erst am 7. von Chalons eintraf: Eine Beweisepisode dafür, daß überall Bataillone fechtender Regimenter noch weit zurück waren, warum also nicht auch ganze Regimenter wie nach unserer Lesung der V. L. 178., 179. und 181? Die Artillerie war vollzähliger, weil die armen Gäule sich vorwärtspeitschen ließen, wenn die Bedienungsmannschaften nicht mehr weiter konnten. Nie trat ein Heer in so ungenügender Verfassung in eine Feldschlacht ein, wie hier das deutsche, ausgepumpt durch stete Kämpfe und Märsche. So hoch stand aber die sittliche Spannkraft, daß grade Truppen, die am meisten litten und marschierten, am erfolgreichsten ihre Pflicht taten. Doch erfordert die Gerechtigkeit zu erwägen, daß die Franzosen sich durch aufreibenden Rückzug und Nachwirkung ständiger Niederlagen nicht in neuer Aufopferung behindern ließen. Nur French traute seinen zu Tode marschierten Leuten nichts zu, weil sie ja im Grunde die Sache weniger anging, noch war Altengland nicht bedroht. Eydoux ließ am 7. den alten Ruf gallischer Tapferkeit nicht zu Schanden werden. Er kränzte das Westufer der Somme mit rastlos rauchenden Feuerschlünden, der von 23. R. Art. versuchte Fernkampf endete natürlich erfolglos bei einem Minus von 4500 Schritt (7500:12 000), bei Planitzs Batterien und drei dort verbliebener Leipziger 19. F. A. desgleichen. Während die Gardegrenadiere jetzt Eydoux Linke fortwährend vor sich hertrieben, sah Planitz sich festgebannt durch Kraftansammlung zur Rechten. Doch kam Eydoux entschlossener Vorstoß vor Sommesous zum Stehen, ohne daß man sich dort beiderseits auf nachdrückliches Gefecht einließ. Bei 3 Batterien 32. Art. (anscheinend erst diese angelangt) fielen alle drei Batteriechefs, auch die der 19. Art. litten sehr. Doch für 8. früh trug Hausen dem Fußvolk auf, die lästigen Geschütze Eydoux mit dem Bajonett zu nehmen, so lange deren genaues Zielen in der Dämmerung ausgeschlossen. Eydoux hatte jetzt auch Teile der 60. D. bei sich, deren 374. sich abendlichen Vorstoß 60. und 80. Inf. anschloß. Doch 103. nebst 13. Jägern warf sich entgegen und schoß die Angreifer zusammen. Am 8. wollte Foch Offensive gegen den sächsischen Wetterwinkel, zog Teile 52. D. auf die Lenharéehöhen und verstärkte bei Coole durch Teile 60. D. Aber noch ehe er Eydoux auf Clamanges losließ, das die Franzer festhielten, stürmten 102., 103. und 177. die ganze 21. D. über den Haufen und durchbrachen die Artillerievorstellung, wobei 22 oder 32 Geschütze erorbert. Es kommt auf die Zahl nicht an, weil man wegen Pferdemangel nur 7 als Trophäen bergen konnte. 52. D. wurde aus Lenharée geworfen, das Waldgebiet südlich der Somme und die Höhenwellen bei Connantry im Flug durchmessen, am dortigen Kirchhof 15., 62., 162. und 316. zersprengt. Linien- und Reserveregimenter rissen einander in die Flucht mit fort. Unstreitig wirkte 4. G. Brig. dabei mit. Baumgarten läßt seine Sachsen immer alles allein tun. Aber Mitwirkung von 23. R. D. an diesem Tage denken wir skeptisch, besonders über Decken von Planitz' linker Flanke durch 100. R., denn nach unserer Lesung der V. L. verlor es Null, war vielleicht nur mit ein paar Kompagnien da, wohl Umstellung mit 103. R., dem einzigen Divisionsteil neben 12. R. Jg., der überhaupt ernstlich litt. Letztere Truppe drang bis Haussimont und Montreux vor, südlich der Straße Coole–Connantry–Champenoise, I/101. R. nahe bis Zum Lager Mailly, in Luftlinie schon weit südlich Vitry–Champenoise–Sezanne. Ein Schrecken ging vor diesem Häuflein her, offenbar wirkte schneidig mitfahrende Artillerie. Die 60. D. floh unter Zurücklassung vieler Gefangener, wie sie auch Eydoux einbüßte.
Damit war die ominöse Lücke zwischen Foch und Langle aufgerissen, weiteres Vordringen mußte auch die Linke des 17. K. südlich der Römerstraße aufrollen. Die Schlacht war strategisch gewonnen. Keine noch so weit gedehnte Schlachtfront hält so starkem Zentrumsdurchbruch stand. Leider ist »23. R. D.« hier wieder nur ein leerer Begriff, höchstens ihre Hälfte war am entscheidenden Punkt zur Hand, und fast ganz südwestlich am Mauriennebach. Infolgedessen konnte die überraschte 9. Kav. D. sich wieder südöstlicher aufhalten.
Nm diese Zeit hatten die Gardegrenadiere die 22. D. südlich Normée die Champenoise-Chaufsee hinabgejagt. Dumas wurde von 1. G. D. durch die Waldung westlich Normée auf Allemant zurückgerissen, Fochs Artillerie fuhr teilweise ab. Bülow hatte 2. G. D. dem kommandierenden General des R. K., Kirchbach, unterstellt, der auf Vereinbarung den Oberbefehl der ganzen Gruppe übernahm, entzog sie ihm aber jetzt; sie schwenkte am 9. (nicht 8.) gegen Champenoise ein, wohin 1. G. D. schon am 8. durchbrach. Hausen tadelte Kirchbach milde: » Kleine Schwenkung westlich schadet nicht«, weil dieser sich durchweg Bülows Ansichten unterwarf, als sei er nicht Hausens Untergebener. Statt auf Camp de Mailly loszumarschieren, wußte er nichts besseres zu tun, als bloß zu eigener Flankendeckung einige Bataillone und Batterien dorthin abzuzweigen. Er hätte die endlich aus 26 km Entfernung eintreffende 24. R. D. unverzüglich südöstlich in Marsch setzen sollen, statt dessen verplemperte er auch sie für Bülows maßlose Ansprüche. Auch hier bedeutet der Begriff Division, amtlich und halbamtlich stets oberflächlich angewendet, nur Teile. Immerhin irrt Unkunde, nur Hausen sei mit einer ganzen »Division« rückständig gewesen, während dies bei 1., 2. und 4. A. erst recht zutrifft.
Während Fochs Rechte (4 Div.) ganz durch die Waldschluchten südwärts geschleudert, konnte Ankunft der bei Troyes ausgeladenen 18. D. sein Zentrum nicht schützen. Rückwärts, rückwärts, Don Rodrigo! Foch würdigte die Gefahr, versetzte sein Hauptquartier rückwärts ins Aubetal und rief 42. D. vom linken Flügel her nach Champenoise, zu deren Ablösung sich Esperets 20. D. dorthin zurückbiegen mußte. Fochs Weichen bei St. Prix und Mandemont hatte schon die 19. franz. D. verhindert, aus ihrem Einbruch bei Charleville in der Nacht zum 8. Früchte zu ziehen. 73., 74. und 78. Emmichs hämmerten lustig weiter nordwestlich Champenoise. Humberts Marokkaner berannten umsonst unter mühsamer Deckung der Allemanthöhen Schloß Mondemont, von II/164. am 9. früh in Besitz genommen, vom schwerverwundeten Hauptmann Purgold gegen drei Angriffe von Afrikanern und 77. Inf. gehalten. Die Franzosen machen daraus eine deutsche Brigade, schweren Kampf am 8. (Erinnerungsfeier) und »glänzenden Erfolg« der Marokkaner als Wiedereroberer, die »endgültig« alles deutsche Vordringen aufhielten. So ließ sich General Dubois des 9. K. vernehmen, obschon er am besten wußte, daß er grade Champenoise verlor, den wahren Ankerpunkt von Fochs Linie. Nichtsdestoweniger fabelte nicht nur Poincaré von »diesem historischen Hügel als Schlüssel zum Marnesieg«, sondern Foch bestätigte die Fabel, daß die Schlacht sich um diese Achse drehte, als ob er dann die 42. D. von dort weggerufen hätte! Freilich war Mondemonts Verlust der Schlußstrich unter Bülows Siegessumme, doch tolle Übertreibung, daß dies die »bewegteste und dramatischste Episode der Schlacht« gewesen sei. So phantasiert selbst der nüchterne Foch sich ein Schlachtbild zurecht, wie es ihm paßt; der Franzose kann Übertreiben oder Erfinden nicht lassen. Andererseits wissen wir aber aus den Napoleonischen Kriegen, daß die Meinung, französische Kriegshistorie lüge gradezu, selten zutrifft, die deutsche Darstellung läßt sich daher vielleicht doch damit insofern zusammenreimen, als nach anderer Angabe das Schloß schon am 7. abends in deutscher Hand war und wirklich am 8. zurückerobert wurde, worauf es dann wieder unbestritten die deutsche Fahne trug. Die Franzosen lügen also nicht ganz, verschweigen aber das Wesentlichste. Emmich konnte Mandemont erst sichern durch gleichzeitige Wegnahme des Mont d'Aout. Dies geschah jetzt durch neuen Vorstoß der Niedersachsen. Bisher zu kurz gekommen, wollten die Hameler es diesmal durch besondere Tatkraft wettmachen. Jede auch nur vorübergehende Eroberung des Schlosses am 9. und 10. durch die Kabylen ist ebenso Schwindel wie die »3000« Leichen im Schloßhof, dann waren es sicher nicht deutsche Leichen!
Die Garde aber ging unaufhaltsam auf Champenoise vor, das franz. 9. K. beiseite schiebend. Die 18. D. will Foch ursprünglich in Richtung Sommesous haben, ein absichtlich irreführender Ausdruck, da er höchstens Normée sagen durfte. Auf halbem Wege dorthin hatte sich schon ein Vorderregiment am 8. abends der Garde entgegengestellt, damals entspann sich noch ein zähes Gefecht mit Dumas längs der Landstraße, wo 1. G. D. sich aus Norden Champenoise näherte. Sollte man für möglich halten, daß deutsche Täuschungsversuche zu amtlichen Zwecken den Ort schon am 8. fallen lassen, während dessen Einnahme ausdrücklich auf 10 ½ Uhr vormittags angesetzt wird, d. h. natürlich am 9. Auch Planitz kam am 8. abends nicht sehr weit vor, hielt nur die Höhen nördlich Euvy. Grund genug für Bülow, um frische Verstärkung zu heischen. Hausen gewährte ihm, daß 24. R. D. neben 2. G. D. auf Gourgazon vorgehe. Nur 23. R. D. bestimmte er zu fortgefochtenem Südstoß, wenig genug von ihr war da, dafür aber bei ihr die schwere 1. und 3. Fußart. des R. K. teilweise eingetroffen. Sie besetzte Höhen südlich Mailly, zog am 9. früh eine Mörserbatterie auf eine südöstliche, um weiter nach Trouan Bresche zu schießen, bis wohin man die französische Reitermasse vertrieb, weit südöstlich. Die übrigen R. Batl. kamen bis Herbisse südlich der Salonemulde, in welche 12. R. Jg. Trümmerreste der Div. Choquet hineinjagten. Diese befand sich in heller Feldflucht und ließ alle Hügelgehölze leer, sonst wäre unglaublich, was alles die 23. R. D. seit der Morgenfrühe leistete. Angeblich nahm Eydoux in verzweifeltem Gegenstoß die Höhen nördlich Euvy zurück, doch die Vorhut 24. R. D. nahm in raschem Anlauf Dorf und Höhen wieder. Das ganze R. K. staffelte sich ganz westlich statt östlich, wenn es nach Hausens Sinn gegangen wäre. Bülow befahl aber allgemeine Schwenkung nach Westen, um seine »bedrohte« Rechte zu entlasten. Wie dachte er sich das, wenn angeblich Montmirail schon in Esperets Hände gefallen wäre?
Jawohl, deshalb muß er natürlich auch am Ostflügel vordatieren und Ereignisse des 9. auf den 8. verlegen. Man begriffe nichts mehr, wenn man ihm Glauben schenkte. Er betrieb doch offenbar noch ganz offensive Maßregeln, oder ließ sie wenigstens zu. 24. R. D. (was von ihr da war) lehnte ihre Rechte an einen Windmühlenhügel südöstlich Euvy und ging vom Fleck aus, am Gurgazon vorbei, gegen südöstliche Höhen, um ihre Artillerie dort aufzupflanzen. Planitz stürmte das Südgelände des Mauriennebaches bis Samoin. Die Garde schwenkte nach Wegnahme von Champenoise durch I/2. und 1. Alexander als Spitze beider Divisionen ganz westlich auf Connantre und nahm auch diesen Ort. Sieh da, das kann doch nur am 10. geschehen sein, denn Champenoise war erst in der Nacht zum 10. endgültig in Händen der Garde. Nach atemraubend raschem Quermarsch von 24 km, den Foch mit Recht rühmt, ersetzte nämlich der später bei Ypern berühmt gewordene General Grosseti mittags die abgekämpfte 18. D. mit der 42. und griff angeblich die Garde sogleich an. Sie konnte nicht aus Champenoise herauskommen, das sie erst nach zweimaliger starker Bemühung der 1. und 2. G. Art. hatte der 18. D. entreißen können. Grosseti tat sein Möglichstes, doch mußte unter schwersten Verlusten von seinem Beginnen absehen. Als er auf Counantre abging, hatte seine Division keinen Stabsoffizier mehr.
Es ist echtfranzösische Legende, daß die 42. D. den Tag rettete und »Niederlage in Sieg (!) verwandelte«. Laut Civrieux wäre überhaupt Legende, daß sie »sich im richtigen Augenblick auf die Flanke der deutschen Massen stürzte«, wie der gallische Galimathias lautet. Vielmehr sei sie völlig erschöpft bei Pleurs ins Biwak gegangen, ohne kämpfen zu können. Indessen scheint sicher, daß sie irgendwo einen opfervollen Sturm wagte, und wo konnte dies anders sein, als bei Champenoise, da doch ihr berühmter Abmarsch dorthin feststeht? Poincaré gab zu: »Noch ein Druck und die Bresche klaffte«, das 9. K. im Maraissumpf, im Rücken gefaßt, entscharte sich auf Linthes. Cannonge beteuert, daß sich »selten ein Heer in so kritischer Lage befand«, Civrieux kann nicht umhin beizupflichten, daß der Feind nahe daran war, Foch nach Westen auf Esperet zu drängen und bis zur Aube durchzustoßen. Fochs völlige Niederlage wird nicht bestritten, seine Schlachthaufen strömten in wilder Flucht von Mont d'Aout herab, seine Batterien mußten sich dreiseitigem Schrapnellfeuer in beschleunigter Gangart entziehen. Es ereignete sich aber jetzt das Eigentümliche, daß eine Reservedivision, die sich bei Sedan wenig rühmlich betrug und von der schon Teile neben Eydoux geschlagen waren, jede Aktivtruppe ausstach durch hingebende Aufopferung. 52. D., wieder gesammelt, wurde von Foch vom rechten, wie 42. vom linken Flügel, gegen Champenoise vorgezogen, wo er trotz so arger Niederlage seiner Rechten die Gefahr für noch dringender hielt, denn hier war seine Linie mitten durchsägt. Unter Blasen aller Hörner mit lautem Feldgeschrei und Marseillaisengesang warfen sich die braven Reservemänner abends auf die brennende Stadt.
Die Bravour war so groß, daß dem 4. G. noch das bei Charleroi so schwer gelichtete Leibbataillon I/1. Hilfe bringen und die schwere G. Fußart. den Ort in Schutt und Asche schießen mußte. Westlich wirkte 78. mit und östlich beteiligten sich auch Planitz' 13. Jäger herzhaft an diesem Ringen. (Deshalb verlegten wohl einige naive Schriften »die Sachsen« nach Champenoise. Stegemann stellt das ganze 12. K. nach dieser Richtung, auch Birchers Einteilung der sächsischen Schlachtreihe ist unangemessen voll Unstimmigkeiten). Zweimal wogte der Ortskampf unter Flammen und Ruinen hin und her, dann verschlang die Nacht mit wohltätigem Dunkel die Trümmer der abflutenden braven Division. Man konnte nicht tapferer sein, doch Fochs Niederlage war so vollständig, wie sie nur sein konnte. Dreimalige wütende Stürme der Kabylen, unterstützt durch zwei Chasseurbataillone Dumas, fochten die heldenmütige Besatzung von Mondemont nicht an, obschon 6. Batterie der 49. Art. auf 500 Schritt die Seitengräben im Park beschoß und man zuletzt das schöne Schloß in Asche legte. Erstürmung um 7 Uhr abends ist glatt erfunden, dagegen ominös, daß erst spät abends Räumungsbefehl kam, während man natürlich diesen vorgeschobenen Posten am frühsten geräumt hätte, wenn Bülow schon am 9. allgemeinen Rückzug beschloß. Um diese Zeit sahen die deutschen Sieger noch am Mont d'Aout die französischen Haufen in wilder Flucht sich abwälzen, ihre Artillerie fuhr im Galopp ab, um nicht genommen zu werden, während Batterien des Art. Rgt. Scharnhorst noch unverzagt bei Oyes die Mandemontgegend bestrichen.
Als es ihm schon sehr schlecht ging, drahtete Foch an Joffre: »Lage vorzüglich«. Jetzt aber war seine Lage verzweifelt. Sein Hauptquartier Pleurs hatte er mit Arcis sur Aube vertauscht. Flüchtlinge von 11. K. und 60. D. füllten das Aubetal. Die fortwährende Umgehung durch 23. R. D. beschleunigte die Flucht über Höhen und Wälder, die Garde stieß 9. K., 42. und 52. D. vor sich her aus Connantre. Hätten doch Bülow und Kluck Fochs sanguinische gallische Ader besessen! Wohl hat es etwas Komisches, daß die französische Fama ihn, den am ärgsten Geschlagenen, als Helden des Tages pries. Und er täuschte sich nicht, der bon Dieu de France werde das Kind schon schaukeln. Denn da geschah das Wunderbare. »Mit dumpfem Staunen und bitterem Schmerz« hörten die Sieger den Rückzugsbefehl, den sie anfangs auslachen wollten, bei den Besiegten kam es »allen unerwartet«.
Nachdem man 10 km in der Tiefe verlor, stellenweise noch mehr, sah man mit unaussprechlichem Staunen rückgängige deutsche Bewegung zunächst bei Mondemont. Dort imponierte 164. so, daß Poincaré in Festrede es für »Garde« hält, es klingt so besser. Ohnmächtig in der Umgegend verschnaufend, fand man am 10. vorm. die Schloßruine geräumt, ein Generalstäbler sah von der Höhe bei Linthes durchs Fernglas, wie jenseits die Hannoveraner in bester Ordnung abrückten. Warum? Allgemeine Verblüffung! »Zu unserer größten Überraschung waren die Deutschen nicht mehr da«, das ist gesprochen am 10. und ebenso überzeugend, wie Maunourys offizielle Angabe für Klucks Abzug am 10. Also sind alle deutschen Angaben, die beide Vorfälle auf 9. vordatieren, nachweislich falsch. Woraus denn aber weiter folgt, daß auch alle französischen Angaben über Einnahme Montmirails am 8., Château Thierrys am 9. und Vauchamps am 9. erstunken und erlogen sind. Bei solcher Bewandtnis hätte Bülow mindestens eine Nachhut opfern müssen, behielt aber völlig freien Abzug. Es ist nicht ohne symptomatischen Wert, daß auch französische Berichterstatter so nebelhafte Vorstellungen von Truppenverteilung in den eigenen Reihen haben wie deutsche Autoren sowohl von deutschen wie von französischen Standorten. (Wie Stegemann bei Charleroi beständig 3. und 1. franz. K. verwechselt, so hier 11. und 9.). Eine französische Fabel läßt nämlich auch 42. D. ihren Bretagner Bauernstolz zusammennehmen und Mondemont stürmen. Die Deutschen »wichen aus dem Schloßpark«. Spaß! Wenn sie von zwei Elitedivisionen berannt wurden, wozu noch 5 Bataillone Dumas (77. Inf., 16. und 19. Ch.) gestoßen sein sollen! Nur können leider die Bretagner nicht gleichzeitig an zwei Punkten gefochten haben, denn sie waren vor Champenoise, wie Foch selbst bezeugt. Die südlich St. Prix an ihre Stelle tretende 19., 20. und 51. D. Esperets hingen kümmerlich zurück, ihr angeblich glücklicher Flankenstoß verlief im Sande. Wie sinnlos Bülow die Dinge verwirrt: Hülsen sei auf Le Theult zurückgewichen; dieser Ort liegt aber noch südlich des Petit Morin! Es ist völlig klar, daß der Rückzug Emmichs und Hülsens, für den Bülow allein verantwortlich, durch keinen höheren Befehl dazu ermächtigt, erst am 10. nachmittags wirklich im Gange war.
Der Gegner konnte vor Erschöpfung nicht verfolgen. Man erzählt phantastisch, daß die Verteidiger von Mondemont sich nicht ergeben wollten und nichts den »Bajonetten« entrann! Nein, wenn Leichen über Leichen die Umgegend bedeckten, so sah man dreist Franzosen für Deutsche an! Bajonette blitzten hier überhaupt nicht, nur Schüsse. Bei dem von Bülow zurechtgepinselten Bild berührt er natürlich nie die Frage, warum sein teils überstürzter, teils verlangsamter Vormarsch seine Kräfte zersplitterte. Empören aber muß es, daß er den Sieg seiner Linken absichtlich verkleinert. Am 8. »war entscheidender Erfolg noch nicht erzielt«, den Angriff am 9. »mit aller Kraft« will er nur angeordnet haben, um gleichzeitig den Rückzug einzuleiten. Auch hier lauter Widersprüche. Die Sage von Rückwärtsstaffelung 7. K. gewinnt bei ihm die sonderbare Aufklärung, »14. D.« sei in einer Lücke zwischen Garde und Emmich »eingesetzt« worden. Täuschender Ausdruck, soll heißen »eingeschoben«, denn niemand hörte je von Einsatz dieser Division in die Feuerlinie. Bei passiver Lückenfüllung handelt es sich einfach um die Jochesgruppe von 4 Bataillonen, die höchstens auf dem Rückzug mitwirkte. Wäre 14. D. vorhanden gewesen, so wäre frevelhaft, daß sie nicht sogleich der 25. Brig. bei Montmirail zu Hilfe kam, was den allgemeinen Stand der Dinge sehr verändert hätte. Dann hatte also Bülow, was er angeblich entbehrte, eine ausreichende Reserve für seine Rechte? Eben nicht. Doch das Einzige, was seinen hassenswerten Rückzug halbwegs entschuldigt, darf er ja nicht verraten: das Fehlen ganzer Divisionen. Darin taten es ihm freilich die andern Armeechefs gleich, die alle außer dem Kronprinzen an gleichen Gebrechen litten. Eher als daß sie die bruchstückartige Verwendung ihrer Kräfte durch schlechte Marschberechnung eingestehen, versündigen sie sich an den unvergleichlichen Truppen. Hätten wirklich 7., 10. K. und 10. R. K. vollzählig zwischen Montmirail und Mandemont gekämpft, so wären sie spielend mit Fochs linkem Flügel fertig geworden, das wirklich eingetretene Ereignis wäre umgekehrt für sie wenig ehrenvoll, die gleichen Truppen, die unter viel ungünstigeren Umständen gegen noch ungeschlagene große Übermacht bei Charleroi so Großes vermochten. So wird aus ruhmvollem Heldenkampf gegen erdrückende Übermacht durch solch offiziöse Geschichtsklitterung eine keineswegs hervorragende Leistung. Den Franzosen kann es ja recht sein, wenn deutsche Generäle gewissenlos aus selbstischen Gründen ihnen in die Hände arbeiten, die Wahrheit zu entstellen. Was der unparteiische Forscher dabei empfindet, läßt sich mit parlamentarischen Ausdrücken nicht vertreten. Was wirklich am 9. vorfiel, sah nur erfreulich aus. Was sich Foch als seinen Sturmflügel dachte, die Linke, lag schlaff am Boden, Esperet mußte sein 1. K. dorthin eindrehen, konnte also um so weniger nach Vauchamps vorrücken, als sein 1. K. damals noch Hülsens Bataillone in der Flanke gehabt hätte. Überhaupt waren Emmich und besonders Garde bis Connantre so weit vorgeprallt, wie es sehr unvernünftig gewesen wäre, wollte man dann gleich Rückzug antreten, der sich dann so doppelt verlängerte, ein sträfliches Unterfangen, wenn Esperet schon in Vauchamps und Château Thierry gestanden hätte! Daß schon »im Laufe des 8.« 24. R. D. eingriff, ist ein laienhafter Einfall. Truppen, die in unaufhörlichem Gewaltmarsch von Givet herkeuchten und noch unmittelbar vorher 26 km zurücklegten, kann man nicht sofort einsetzen. Bülow selbst sagt ja, daß er erst am 9. »mit aller Kraft« vorging. Natürlich war diese Division noch weniger vollzählig als 23. R. D., die schon allein zwei Bataillone in Reims zurückließ, aus V. L. und Gang der Handlung geht hervor, daß sie erst auf dem Rückzug genügend Kräfte beisammen hatte. Hier kommen nun wieder Selbstwidersprüche. Also am 9. nachmittags stand der Rückzugsentschluß fest, aber die Garde begann schon um 1, Emmich und »14. D.« um 2 Uhr nachmittag den Abmarsch? Wenn ein Entschluß sich nachmittags verdichtet, kann er nicht schon nach Mittag in Ausführung sein! Jeder, der eine Ahnung von Truppenbewegungen hat, und gar unter Loslösung vom Feinde, wird lachen. Erstens ist die Vordatierung nachweislich erdichtet, denn Mondemont, welches verrammelte und verschartete Bollwerk man wohl schwerlich mehr zu verteidigen brauchte, weil der Feind abgezogen wäre, wurde erst am 10. vorm. geräumt. Zweitens stimmt die Vordatierung nicht mal zu Fochs eigener Angabe, daß er in der Nacht zum 11. in Champenoise einzog, wo man noch am andern Morgen Nachzügler der Garde aufgriff. Es ist blanker Unsinn, daß die gar nicht bedrohte Garde früher abzog als Emmich. Natürlich war überhaupt kein Rückzug geboten, längs der schrägen Linie Mondemont–Montepreux, gleichsam ein strategisches Leuthen, wobei Versagen eines Flügels nur günstig wirkt. Es war gleichgültig, ob die taktisch ungebrochene Rechte bis zur nördlichen Marne wich, da hatte man die genügende Hakenflanke, besonders wenn Kluck am 9. und 10. siegte. Bei dieser Lage war kein Vordringen Esperets gefährlich. Wäre Napoleon bei Wagram ein Bülow gewesen, so hätte er nach wirklicher taktischer Aufrollung seiner Linken die Schlacht verloren, statt sie zu gewinnen. Er bildete ruhig eine Hakenflanke, ließ die Österreicher nachrennen, und vollendete seinen Erfolg an entscheidender Stelle. Hier zeigt sich so recht der Unterschied des genialen vom subalternem Kopf. Letzterem fehlt natürlich auch das Selbstgefühl des Genialen, er weiß innerlich, daß er unter allen Generalstressen nur Hans Schnok der Schreiner ist, kein böser Leu fürwahr. Was versteht er denn von Kriegskunst als Manöverspäße? Man muß lächeln, wenn man die strategische Weisheit hört, womit Bülow Moltke belehrte: die Armee werde sonst aufgerollt. Ein paar Pedantenbegriffe sind der Vorrat solches mittelmäßigen Gehirns. Selbst wenn Kluck eine Niederlage drohte, wovon er weit entfernt war, so lassen sich deutsche Truppen nicht ohne weiteres »aufrollen«. Traurig genug, daß deutsche Generäle so wenig vom Wert ihrer Mannschaften wissen, da ihr Kastendünkel sich nie mit den »Gemeinen« gemein macht. Erheiternd aber berührt, daß solche Mittelmäßige wie Bülow und Kluck bei allen naiven Laien gläubiges Gehör und Lobredner finden, weil die Offiziere natürlich nicht Wort haben wollen, welche Esel Vorgesetzte sind, da sie doch selber ähnliche »Vorgesetzte« werden möchten.
Nie war ein Sieg taktisch vollständiger und strategisch entscheidender, als der Bülows, d. h. seiner herrlichen Truppen und der ebenbürtigen Sachsen. Foch war gänzlich erledigt. (Wieder Unkenntnis Baumgartens, daß Foch die 42. D. noch als frische Reserve hatte; sie war am 6. und 7. bei St. Prix völlig geschlagen und brannte nun bei Champenoise zur Schlacke aus.) Dies leugnet Bülow nicht einmal, denn plötzlich gibt er zu, der »Feind war überall geworfen«; es sei der »überall« siegreichen 2. A. (auch bei Montmirail?) schwer angekommen, zurückgehen zu müssen. (Kein Muß lag vor.) Wie entspricht es aber der geflissentlichen Vordatierung, daß Hausen erst am 10. abends Depesche erhielt: »Feind marschiert gegen Front und vor allem Rechte 2. A.«, der unmutig antwortete: »Bitte rechte Flanke 3. A. nicht entblößen«. Bis dahin war also Hausens Flanke noch nicht entblößt. Vorher benachrichtigte Bülow: »1. A. geht zurück,« ohne Motivierung mit Zusatz: »Rückzugsbefehl an Kirchbach ergangen.« Dazu hatte Bülow nach militärischer Etikette kein Recht; er gebärdet« sich, als sei er schon Feldmarschall. Hausen durfte sich diesen Dank für kameradschaftliche Gutmütigkeit verbitten, Bülow stellte sich an, als gehöre Kirchbach zu seinem eigenen Befehlskreis. Dieser empfindliche Über- und Eingriff in Hausens Rechte stellte ihn vor geschaffene Lage, ohne sich um Hausens eigene Entschlüsse zu kümmern. Kirchbach meldete zugleich, er trete ½ 5Uhr nachm. den Rückzug an mit »linkem Flügel«. Dort war allerdings das weite Vorschieben der 23. R. D. auf Sieg, nicht Abbrechen berechnet. Unwillig über Bülows Preisgabe solcher Erfolge, ging sie erst bei Nacht zurück; dagegen marschierte gerade Kirchbachs rechter Flügel früher ab, Planitz bis angeblich nördlich Normée, 24. R. D. gar bis Tracon weit nordwestlich Clamanges. So behauptet Tagebuch der 3. A., auch 23. R. D. sei nachher weit nördlich über Vatry zurückgegangen. Allein, 12. R. Jäger blieben bei Sommesous, ist es denkbar, daß die Sachsen so schnell und weit davonrannten und zwar auf Bülows Geheiß, der dann seine Garde in der Flanke entblößt hätte? Man bemesse die Entfernungen mit dem Zirkel: so schneller Abzug marschmüder und im Kampf verbissener Truppen übersteigt menschliche Leistungsfähigkeit.
Selbstredend verwickelt sich Bülow in neue Widersprüche wie jeder, der die Unwahrheit sagt. Französische Berichte wissen absolut nichts von deutschem Abzug am 9. nachm.; Champenoises Räumung bemerkte man sehr spät, Bülow schweigt von Rückzugsgefechten am 9. und 10., als habe der Feind ihn ganz aus den Klauen gelassen und überhaupt nicht zu folgen gewagt. Er beansprucht wohl ein Lob für diesen prächtigen Rückzug, ein Echo von Klucks klassischem Selbstlob: »Die Armee war gerettet«. Ja freilich, die 2. A. war davor gerettet, einen entscheidenden Sieg davongetragen zu haben! Es heißt aber Foch und Esperet viel zumuten, daß sie überhaupt nicht nach Nordosten verfolgt hätten, das ist auch unwahr. Allerdings waren Fochs Linke und Mitte derart entkräftet, daß sie liegen blieben. Wie man unumwunden zugibt, stand Foch am 10. früh noch zwischen Salon und Connantry, überall überschritten die Deutschen den Mauriennebach; ein Gegenstoß von 18. und 42. D. um 4 Uhr nachm. ging spurlos vorüber. Der leidlich zuverlässige Dauzet erklärt, daß die Wegnahme der Hochfläche zwischen Aube und Morin einer Zerspaltung der ganzen Schlachtordnung Joffres gleichkam. Wir sehen keinen Anlaß, dies französische Urteil fallen zu lassen. Kothe zweifelt, ob die Sachsen wirklich bis Salon 5 km südlich Connantry vordrangen. Nun, die Zerrüttung auf Fochs rechtem Flügel, wo alles drüber und drunter ging, gestattete ein paar Bataillonen der 23. R. D. ein fast kampfloses Marschieren fast in Fochs Rücken. Man mag sich denken, mit welchen Gefühlen die Deutschen angesichts ihres völligen Sieges zurückwanderten. Kirchbach machte es aber nicht so schlimm, wie man ihm zuschiebt, das zeigen die Standorte. Nach 3 Uhr nachm. lag seine Nachhut in Connantry, man ging also nur bis Euvy zurück, Planitz' Nachhut unter General Wilhelm blieb in Lenharée, 2. G. D. zog in gleichem ruhigen Tempo ab, das zeigt Befehl an General Plettenberg von 10 Uhr nachts: »Linker Flügel Gardekorps« solle am 11. abgehen in Richtung Marne. Das ist ein dehnbarer Begriff; jedenfalls stand die 4. G. Brig. noch am 12. südlich der Marne bei Avice. Foch machte sich am 11. früh auf und sandte einige gesammelte Teile von 18., 22. und 60. D. von Connantry vor. Sie ereilten Kirchbachs Nachhut (107. R. und 13. R. J.) nördlich Ecurie und bei Pierre Morains (133. R.), also noch am Petit Morin, und sollen sieben wütende Stürme ausgeführt haben. Das Nachtgefecht endete sehr zugunsten Kirchbachs. Vier erst jetzt bei Tracon angelangte R. Bataillone stürmten herbei, der Feind wurde überrannt, um 11 Uhr nachts von Clamanges nordwärts abgerückt, nachdem glatte Loslösung ermöglicht war. Kirchbach hatte abends gemeldet, er werde durch eine Kolonne von Bergères her umgangen; es war aber leerer Alarm. Hülsens Nachhut und 73er hielten noch am 10. Champaubert, hatten wohl erst am 11. Gefecht bei Vauchamps. Esperets Nachdrängen ist also leeres Hirngespinst. Am 12. zeigte sich wieder sein Vortrab, doch Regiment Augusta schlug ihn bei Avice ab. Den V. L. entnehmen wir, daß Planitz' 103. noch am 13. bei Chalons stand. Man beherrschte noch ganz das Marnetal. Emmichs Stabsquartier war in Epernay, wo er wahrscheinlich seine fehlenden Bataillone vorfand. Vermutlich vereinte Einem an der Marne die anmarschierende 14. Division.
Es hat keinen Zweck, auseinanderzusetzen, wie wir die hier sehr zerhackten verwickelten V. L. lesen, wenn wir glauben, daß von 39 Batl. Kirchbach und Planitz 17 erst am 14. und 16. ernstlich in die Gefahrzone traten. Planitz verlor 2600 (125 Art., 280 Jäger), 23. R. D. 670 (70 Art., 175 Jäger), 24. R. D. 930 (350 von III/104. R.). Bei Emmich liefert 78. Rgt. genaue Daten: 3. bis 6. am Morin, 9. Champenoise, 74. Rgt. anscheinend nur bis 8. (beide wohl je 600), 73. Montmirail und Vauchamps (415), 164. (670–10.) 10. P. (70), 10., 26. und 62. Art. etwa 200 (62. verlor bis 24. allein 15 Off.). Damit ist unsere Tabelle erschöpft; wir verschmähen die Sicherheit, mit der Bircher andere Teile anführt. 79. kam so wenig wie 79. R. über Reims hinaus; 77. verlor im ganzen Monat so wenig, daß es unmöglich am Morin mitgefochten haben kann; 91. und 92. waren wohl auch bei Beine, chronologisch kann sich ihre V. L. nur auf die spätere Reimser Schlacht beziehen. Wir wollen aber Bircher den Gefallen tun, 200 für etwaige Vorhutsbataillone zu rechnen, und schon das tut weh, weil es den V. L. widerspricht. Summa: 2800. – Die Garde, bei der Rückzug und Reimser Gefechte unterschieden werden müssen, verlor bis 12. rund 3500 (1. Div. 1675, 2. Div. 1850), am meisten Elisabeth und Augusta, I/III/1. und der Hauptteil Alexander blieben in Reserve. Summa der 2. A. inkl. 9. K. und Marrwitz 12 800, bloß Kampf gegen Foch von 2. und 3. A. 10 700. Fochs Verlust inkl. Gefangenen schätzen wir auf reichlich 20 000. »2. A. stellt langsam fortschreitenden Angriff ein,« das nennt Bülow langsames Fortschreiten, wenn die Garde bei Connantry und Kirchbach bei Salon stand!