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Zur Sankt-Heinrich-Messe in Bamberg war Eppele mit dem getreuen Pankraz geritten, hatte hinter Forchheim eine Bande fahrendes Volk getroffen und dem Bandenführer, einem Schwarzkünstler übertragenen Alters und von recht wenig Witz, für hundert Gulden die obrigkeitlichen Erlaubnisse zur Sankt-Heinrichs-Messe abgekauft zusamt einem Talar des Schwarzkünstlers und einer entsprechenden Liverei für Pankraz. Im »Eckenbüttner« schlug Eppele die Herberge auf und verwunderte auf dem Sankt-Heinrichs-Markt das Bamberger Volk durch erstaunliche Stücklein, die jeden Abend vorher mit Pankraz ausführlich in der Herberge geübt wurden. Groß und Klein lief dem Schwarzkünstler Pikoresto zu, als welcher Eppele nach wenigen Tagen in der Bischofsstadt überall bekannt war.
Lebte da zur selben Zeit in der guten und frommen Stadt Bamberg auch ein vornehmer und gelehrter Mann, Cyprianus seines Namens, der sich höherer Magie befliß und den Stein der Weißen suchte, welcher bekanntlich alles gemeine Metall bei der Berührung in Gold verwandeln sollte. Dieser Herr Cyprianus war Gast bei allen Possen, die Eppele vollführte, und saß bald jeden Abend in der Herberge zum »Eckenbüttner«, wo der Zauberer Pikoresto gnädig die Bekanntschaft Cyprians annahm, der darüber völlig von Sinnen geriet und den von Haar, Bart und Augen ganz schwarzen Eppele für einen Ausbund aller geheimen Wissenschaft erklärte. Eppele sparte auch nicht an dunkel und hochtrabend klingenden Worten, benannte ein von ihm selbst gebrautes Elixier, das alles menschliche Leben bis in die Ewigkeit verlängere, und erbot sich, in der nächsten Nacht Herrn Cyprianus die Kunst zu lehren, wie einer sich unsichtbar machen könnte. Das von Eppele geforderte Entgelt von 200 Gulden erschien Herrn Cyprianus ein Mausdreck angesichts einer so vorteilhaften Kunst und Gabe, und er beeilte sich darum, sein Einverständnis unter vielen Dankesworten kundzutun.
Drei Kerzen aus schwarzem und viere aus weißem Wachs flackerten in Eppeles Stube und machten den günstigsten Eindruck auf Herrn Cyprianus, der pünktlich um die zehnte Abendstunde bei dem Hexenmeister eintrat. Eppele hatte den hinter Forchheim gekauften Talar übergestreift und trug dazu eine hohe, spitzige Mütze voll seltsamer Striche und Zeichen. Er schwang erst eine ganze Weile beschwörend die Arme über Cyprianus und verwirrte ihn durch einen Schwall dunkler Redensarten, bevor er aus der Stube ging und gleich wieder mit einem armlangen Haselstab zurückkehrte, dessen eines Ende er Herrn Cyprianus in die Hand gab und dessen anderes er selbst zwischen den Fingern behielt. Eppele gebot alsdann Herrn Cyprianus, den Stab dreimal in der Hand zu drehen, dabei aber um nichts in der Welt an einen schwarzen Bock zu denken, und nach jeder Drehung die Worte laut für sich zu sprechen: »Nebukadnezar, hilf mir!« welchen Hokuspokus der Herr Cyprianus, vor Furcht und Wonne schauernd, ausführte mit dem Erfolg, daß Eppele das bis jetzt gehaltene Ende des Haselstabs losließ und Herrn Cyprianus erklärte, das Werk wäre gelungen und Herr Cyprianus unsichtbar.
In diesem Augenblick betrat der Diener des Zauberers die Stube, ein Bild unterm Arm, und fragte seinen Herrn, an welcher Stelle der Wand dieses Bild befestigt werden sollte. Stumm deutete Eppele auf die Stelle, wo Herr Cyprianus stand, und Pankraz schritt auf diese Stelle hin, setzte einen starken Nagel auf Herrn Cyprians Stirn und holte mit dem Hammer zum Schlage aus. Pankraz schleuderte den Hammer erschrocken ins Eck, da nun Herr Cyprian seinen Haselstab fallen ließ und, bei Gott und Teufel von seiner Unsichtbarkeit überzeugt, mit lauten Dankes- und Lobeserhebungen die Magie des Meisters Pikoresto pries. Der Schelm Pankraz gehabte sich höchst verwundert und strich schmunzelnd die zehn Goldgulden ein, welche Cyprian für ihn noch zu den ausbedungenen 200 Goldgulden legte. Den zauberkräftigen Haselstab verbarg Herr Cyprianus unter seinem Mantel und sprach mit Eppele vor dem Abschied noch dies und das, dabei auch klagend, wie feindselig ihm der Bischof gesonnen sei wegen seines Glaubens an die Magie. Eppele entrüstete sich stark über den Bischof und riet Herrn Cyprianus, diesem Verächter der schwarzen Kunst doch einen Denkzettel zu geben. Dank seinem Haselstab könnte er überall hin und doch nirgends gesehen und gefaßt werden, wenn er dem Bischof etwa eine kräftige Maulschelle verabfolge.
Der Bamberger Bischof, nicht ahnend, daß der Gegenstand seiner Sorgen in der eigenen Stadt Possen riß, hatte für den übernächsten Tag das Kapitel zur Sitzung bestellt. Die hochwürdigen Herren saßen um den Beratungstisch und erhitzten sich, ob es besser wäre, den Ritter von Gailing ernstlich zu befehden, oder ihn durch ein Lehen für die Ruhe und Sicherheit des Stiftes Bamberg zu ködern. So tief waren sie in den Gegensatz der Ansichten versenkt, daß es keinem auffiel, wie ein Mann das Zimmer betrat und schnellen Schrittes bis vor den Hochsitz des Bischofs ging. Herr Cyprianus war ob dieses Nichtachtens erheblich in seinem Mute bestärkt, hielt seinen Haselstab vor sich hin und schrie dem höchlich überraschten Bischof die Worte ins Gesicht: »Nebukadnezar, hilf mir!« Zugleich holte Herr Cyprianus aus und hieb dem Bischof eine gewaschene Maulschelle, heulte dann aber Reu und Leid, als er im Herumdrehen von kräftigen Fäusten gefaßt war und die Maulschelle in zehnfacher Vergütung zurückempfing.
Beim Verhör gestand Herr Cyprianus alles und bat hoch und heilig, ihn nicht allein, sondern zusammen mit dem schamlosen Betrüger zu strafen. Die bischöflichen Reiter schonten ihre Gäule auch nicht, kamen aber erst vor die Herberge zum »Eckenbüttner«, als Eppele und Pankraz schon über die Regnitzbrücke und die untere Königsgasse entlang sprengten und schnell im großen Hauptmoorwald verschwanden.