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Der Kandelgießer Heinrich Schütz hatte vom Nürnberger Rat schon zweimal die Vermahnung erhalten, besser seines ehrsamen Handwerks zu warten und sich der Narretei in seiner Werkstatt zu enthalten, womit die Versuche des grüblerischen Meisters gemeint waren, ein neues Kriegsgerät zu schaffen. Seit vier Jahren baute Heinrich Schütz bereits an zwei Donnerbüchsen und hatte es nun doch soweit gebracht, daß er dem hohen Rat das neue Gerät vorführen durfte. Die ehrbaren Herren schreckten nicht klein auf bei dem mächtigen Knall der Donnerbüchsen und schauten bedenklich die unförmlichen Rohre auf starkem Eisen an, die auf einem Radgestell befestigt und von vier Paar schweren Rossen gezogen waren. Guckten auch mit einiger Scheu in das Säckchen, das ein schwarzkörniges Mehl enthielt, von einem teufelskundigen Mönch zusammengemischt und besprachen sich über das Gerät, wobei die Meinung herauskam, es möchten zwei solche Donnerbüchsen schon gut sein, dem Gailinger auf Drameysl einzuheizen.
Eppele weilte mit seiner Schar drunten im Würzburgischen und lag gegen den Grafen von Rieneck zu Feld, der den Fritz von Gottendorf, einen vom Bund der Dreizehn, hart bedrängte. War darum fast bestürzt, als eines Abends der Jäcklein abgehetzt und zerschunden ansprengte und dem Ritter von Gailing böse Kundschaft tat. Die Nürnberger wären mit einer Macht von zweiundsiebzig Knechten angerückt und müßten bald vor Drameysl liegen. Sogleich gab Eppele den Seinen Befehl zum Ausbruch und raste den Abend und die ganze Nacht schnurstracks gegen Drameysl.
Nur sieben Knechte lagen in der Burg Drameysl, geführt von dem Junker Fritz von Streitberg, der bei Eppele seine ritterliche Ausbildung genoß. Die Nürnberger hatten im Wiesenttal ihre beiden Donnerbüchsen ausgepflanzt und schossen unter der sachkundigen Anleitung des Meisters Heinrich Schütz schon den zweiten Tag nach Drameysl, dessen einer Turm bereits eingestürzt war und dessen östliche Mauer ein klaffendes Loch zeigte, groß genug, um einen hochbeladenen Heuwagen einfahren zu können. Die edle Frau Kunigunde von Gailing, noch geschwächt von kurz überstandener Krankheit, irrte verzweifelt durch die Gemächer und vernahm zu Tode erschreckt das dumpfe Rollen und poltern der Beschießung. Junker Fritz von Streitberg, ein hochgewachsener Blondkopf mit unerschrockenen Augen, tröstete die edle Dame und versicherte, daß kein Nürnbergischer Burg Drameysl betreten und Hand an sie legen würde, es wäre denn über des Junkers von Streitberg Leiche. Indes richteten die Nürnberger ihren Haufen zum Sturm und waren schon den halben Hang herauf, da geschah in ihrem Rücken ein wildes Geschrei und ein wütendes Hauen und Stechen. Eppele war mit seiner Schar im Augenblick höchster Not erschienen und hieb von den Nürnbergern in die Pfanne, was nicht schnellstes Fersengeld gab und in die Wälder entwich.
Bei seinem Einzug in Drameysl fand Eppele sein Weib Kunigunde in hohem Fieber, saß zwei Tage und Nächte an ihrem Sterbebett und drückte am dritten Morgen der treuen Gefährtin die Augen zu, in denen er bis zuletzt Vertrauen und Liebe gelesen hatte. Nach dem prunkvollen Begräbnis in der Drameysler Kapelle fand Eppele die Burg einsam und unwohnlich, beschaute kopfschüttelnd und nachdenklich den durch die Beschießung angerichteten Schaden und ritt mit Fritz von Streitberg zum Wolf von Wurmstein, der krank darniederlag und seiner Schwester das letzte Geleit nicht hatte geben können. Auf dem Wege nach Schloß Wurmstein vernahm Eppele jenes Lied, das gleich nach ihrer schmählichen Niederlage den Nürnbergern zu Spott in Franken gesungen wurde:
Der Eppele zieht zu vierzehnt aus
und wagt mit jedem Feind sein' Strauß.
Ihr zieht zu zweiundsiebzig aus
und fanget weder Ratz noch Maus.