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Sechzehntes Kapitel

Ein Blendwerk. Das Glück des Prinzen verschwindet. Für welchen Preis er es wieder erhält

Ganz außer sich vor Wut wollte Tanzai aus dem Zimmer stürzen, als ihn eine sanfte Stimme rief, die er wieder zu erkennen glaubte. Wie groß war sein Erstaunen, als er, sich nach dem Bette umdrehend, Neadarne erblickte, reizender denn je. Meine Prinzessin! rief er und eilte auf sie zu. Halt ein, Undankbarer! sagte Neadarne zu ihm. Mann ohne Herz! Du bist meiner Zuneigung nicht mehr wert. Du wußtest, daß unser Glück von dieser Probe abhing, und hattest nicht die Stärke, sie auszuhalten! Ich war unter jener ungestalten Außenseite verborgen; ich habe Dich unter dem Schutz der Barbacela in Gestalt einer Fee von dem leidigen Schaumlöffel befreit; habe Dir das Gesundheitswasser gegeben, um Dir weniger Schreck für den Gegenstand einzuflößen, der sich Dir zeigen würde. O Unglücklicher, setzte sie hinzu und vergoß einige Tränen, Du hast meine zärtlichen Bemühungen, meine Gütigkeiten verscherzt, wirst auf immer in dem gräßlichen Zustande bleiben, woraus Dich nichts ziehen kann. – O meine Prinzessin! rief Tanzai, wer konnte Dich unter der Gestalt erraten! Jetzt bestrebte er sich von neuem, sie zu umarmen, allein Prinzessin und Zimmer verschwanden vor seinen Augen und er fand sich plötzlich in das Gemach versetzt, worin man ihn bei seiner Ankunft empfangen hatte. Seine Verzweiflung stieg, als er die überlästige Nachteule fand, die in einem Armstuhl saß, auf ihn wartete und indessen die berühmten Vaudeville aus dem Figaro sang, der zu unserer Urälterväter Zeiten so viel Aufsehen in allen Gegenden der Welt machte. Wie? Sobald wieder zurück? sagte sie in munterem Tone zu ihm. Bei Euch vergeht eine Nacht wie eine Minute. Wenn Ihr sie nie länger dauern laßt, so kann man Euch wohl, ohne Anstoß zu verursachen, um die Zeit Zusammenkünfte zugestehen. Ich glaubte Euch vor Mittag nicht wieder zu sehen. – Ihr großen Götter! rief der Prinz kläglich, durch was für Unglücksfälle vergiftet Ihr mein Leben! – Ah! sagte die Nachteule, nun hab ich es heraus. Es ist Euch ein widriger Zufall begegnet, oder besser gesagt, Ihr habt noch Euren alten Zufall. Ein Unglück für Euch; denn was meint Ihr wohl, daß man in der Lage mit Euch anfangen soll?

Wißt Ihr wohl, Ihr unzeitige Schwätzerin, versetzte der Prinz mit Wut, daß ich Euch den Hals umdrehe, wenn Ihr Euch untersteht, noch ein Wort zu sagen? Dann kam er wieder zu sich und fuhr fort: Ich bitte Euch um Verzeihung, Fräulein, wegen dessen, was ich eben gesagt habe; allein die Ereignisse, die sich mit mir zutragen, machen mir den Kopf ganz wüst, setzen mich außer mir selbst. Ich weiß es nicht, wo ich bin, noch ob ich überhaupt noch existiere. Erlaubt mir, Euch mein Unglück zu erzählen ... Ihr habt, fügte er, als er seine Erzählung geendet hatte hinzu, vielen Kredit in diesem Palaste. Ich erkenne meinen Fehler. Könnte ich jene Gelegenheit nicht wieder erlangen, die ich durch meine Unvorsichtigkeit verscherzte? Aber ich bitte Euch, zögert ja nicht zu helfen, mein Leben hängt davon ab.

Was Ihr von mir verlangt, wird sich schwer ausrichten lassen, versetzte die Eule, indes will ich einen Versuch machen, Euch mit meinem Kredit zu nützen. Wartet ein wenig, ich wills zu vermitteln suchen.

Kaum war sie fort, als Tanzai Betrachtungen anzustellen begann. Wer hätte wohl erraten sollen, sagte er bei sich selbst, daß meine Prinzessin sich mir in so abscheulicher Gestalt zeigen würde? Ach! schon hatte ich die Wirkungen des Gesundheitswassers empfunden, schon erkannte ich mich selbst wieder und war im Begriff, meinen Ruhm wieder herzustellen und von meinen Widerwärtigkeiten mich zu erholen. Wen aber sollte der Anblick der Kukumer nicht erschreckt haben? Unseliger Stand der Könige, ungeachtet ihrer Macht, den Ungerechtigkeiten der Feen unterworfen zu sein! Kann es wohl etwas Seltsameres geben, als was mir begegnet? Mein Schicksal hängt von einem elenden Schaumlöffel ab. Ah, wer wird das glauben, wenn je meine Geschichte niedergeschrieben wird? Oder wenn sie leichtgläubige Leute genug findet, was für Stoff zu Unterhaltungen für die künftigen Jahrhunderte! Ohne die Nachteule, die ihn in seinem Nachdenken störte, wäre er vielleicht noch weiter gegangen. Göttlicher Vogel, sagte er zu ihr, ist meinem Unglück nicht abzuhelfen? Ich zittere, zu erfahren, daß Eure Bemühungen fruchtlos gewesen sind. – Ihr seid glücklicher als Ihr denkt, versetzte sie lächelnd. Man verzeiht Euch das Vergangene; freilich hielt es schwer, es dahin zu bringen. Ihr könnt Euer Heil jetzt noch einmal versuchen, die Schranken stehen geöffnet.

So werde ich denn Neadarne wiedersehen! entgegnete er. Ah! gütige Mächte des Himmels! Freilich Neadarne, sagte die Oberkammerfrau, aber noch immer in der Gestalt der Kukumer. Ihr schaudert, überlegt es Euch recht! Eure erste Weigerung hat Euch schon genug gekostet, hütet Euch vor der zweiten. Hättet Ihr gleich anfänglich Euren Widerwillen überwunden und die vermeintliche Fee in Eure Arme geschlossen, so würdet Ihr nach einer unbedeutenden Pause die Prinzessin an der Stelle von jener erblickt haben. Nunmehr ist aber die Sache schwieriger geworden; Ihr werdet dreizehnmal die schwierige Probe aushalten müssen, bevor die Verwandlung erfolgt.

Was sagt Ihr? rief Tanzai. Dreizehnmal? – Dreizehnmal, versetzte die Eule. Das läßt sich doch wohl begreifen. – Unbesonnene Forderung! entgegnete der Prinz; das wäre alles, was ich tun könnte, wenn die Prinzessin im Spiele wäre. Wenn ich gleich weiß, daß Neadarne vor mir ist, so wird mir nichts desto weniger die Gestalt der Kukumer Abscheu einflößen. Ihr habt mir da einen allerliebsten Dienst geleistet; macht, daß mir wenigstens die Hälfte nachgelassen wird. Das geht nicht, versetzte die Eule. Es ist nichts anderes vorgesehen. Mein Diensteifer kann Euch nicht zweideutig vorkommen, da ich bei dem ganzen Handel nichts gewinne. Dreizehnmal! rief der Prinz abermals. – Ihr erschreckt über etwas, was jede Mannsperson, die im übelsten Kredit steht, mit leichter Mühe verrichten würde. – Nun, antwortete er, wie dem sei, bringt mich an Ort und Stelle, der Himmel mag mir beistehen. Die Eule nahm ihn bei der Hand und führte ihn in das Gemach, wo alle Seligkeiten der Liebe seiner harrten.


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