Felix Dahn
Die Bataver
Felix Dahn

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XXIII.

»An den Imperator Flavius« und so weiter. Ich sehe, es ist Dillius Vocula, der mutige Legat der zweiundzwanzigsten Legion, der schreibt,«

»Beginne dort, – wo ich den Strich gemacht.«

»In einer großen Versammlung in einem heiligen Hain wurden also Civilis und Brinno zu Heerführern der verbündeten Völkerschaften gekoren. Alsbald überfiel Brinno von der Küste der Friesen her« – »sieh, meine alten Freunde sind auch dabei!« – »in tolldreister Landung während einer Sturmnacht das Winterlager von zwei Kohorten, nahm, plünderte und verbrannte es. Der Schreck ging nun vor Brinnos Namen her: nicht nur unsere Kaufleute und Marketender flohen entsetzt auf allen Straßen, auch Kohortenführer verbrannten selbst vorgeschobene vereinzelte Kastelle, unfähig, sie zu halten. Inzwischen hatte Civilis die Larve abgeworfen: lange Zeit hatte Hordeonius gewähnt, – er verharrte in diesem Glauben bis an sein Ende.« – »Wie? Ist er gefallen?«

»Die Vitellianer haben ihn erschlagen zu Neuß, als er sich für mich erklärte.«

»Nur gegen Vitellius, den Mörder seiner Verwandten, und für dich, o Vespasianus, habe er zu den Waffen gegriffen. Aber jetzt rief er offen zum Kampf gegen Rom. Wilde Scharen von allerlei Völkerschaften zogen ihm über den Rhein zu Hilfe: mit Brinno vereint griff er zuerst die Unsern an am Damm des Drusus bei dem Rhein: die germanischen Tungern in unserem Heer gingen mitten in der Schlacht mit fliegenden Fahnen zu ihm über, die batavischen Ruderknechte auf unserer Rheinflotte fielen plötzlich über die Bemannung an Bord der Schiffe her, mit Rudern und Bootstangen sie niederschlagend, all' unsere vierundzwanzig Segel fielen in die Hände der Bataver. Wenige Tage darauf schlug Civilis Rutilius, den Legaten zweier Standlager, bei Rindern mit leichter Mühe: denn wieder ging mitten im Gefecht ein Geschwader batavischer Reiter zu ihm über und unsere gallischen Hilfsvölker aus Trier warfen die Waffen weg und flohen. Andere Kohorten von Batavern und Kannenefaten in unserem Dienst, denen man den Weg zu Civilis verlegen wollte, schlugen sich bei Bonn durch und alsbald umschlossen die Germanen unsere Hauptfeste am Rhein, Xanten. – Ich zog aus mit den Resten der zweiundzwanziger zum Entsatz: aber ich konnte nicht viel ausrichten bei dem meuterischen Geist meiner Truppen, die lieber sich selbst als die Barbaren bekämpfen, während Civilis allgegenwärtig scheint. Ohne die Belagerung von Xanten aufzuheben, vernichtete er durch eine Streifschar unter einem markomannischen Königssohn vier Kohorten der uns treugesinnten Ubier zu Düren, durch eine zweite unter einem Friesenführer unsere Reiter zu Asburg. Was die Germanen unwiderstehlich macht, das soll, sagen meine geschlagenen Mitfeldherren, eine Jungfrau sein . . .« –

»Ein Weib! eine Jungfrau!« unterbrach sich Cerialis, und seine Augen funkelten.

»Kannst du's nicht lassen!« grollte Vespasian. »Schamloser! Fahre fort!«

»Eine Seherin, Weissagerin, die ihnen Sieg vorverkündet und verheißen hat. Sie soll von wunderbarer Schönheit sein. Vor ihren Augen springen die Germanen jauchzend in unsere Speere. Weleda ist sie genannt. Sie gilt allgemein als die verkörperte, die unbezwingbare Germania selbst.« »Hei!« rief Cerialis, »ich möchte diese Germania in meine Arme pressen, bis sie winselnd um Gnade flehen sollte.«

»Ich mußte bald zurück nach Neuß, nach Köln. Hier trafen endlich die Aufgebote der Gallier ein, die ich längst zu Hilfe gerufen hatte. Schon ihr langes Zögern hatte mich argwöhnisch gemacht; jetzt verheimlichten sie kaum noch den Abfall: sie schlugen neben den Legionen ein eigen Lager auf. Ihre Führer ließen mich insgeheim ausfragen, wie ich von dem gallischen Großreich denke, das Classicus, Tutor und Sabinus errichten wollten. Ich ließ ihnen sagen, noch sei Rom nicht zum Spott von Treverern und Lingonen geworden, noch habe es für sich treue Provinzen, siegreiche Adler und die racheübenden Götter. – Aber ich merke einen verdächtigen Verkehr zwischen vielen meiner Centurionen und dem gallischen Lager. Man sagt, Classicus sei dort eingetroffen und verteile mit vollen Händen das Gold an meine wankenden Wachen. Der Handel gelte meinem Kopf, warnt man. In hellen Haufen wollen sie zu dem gallischen Großreich überlaufen.«

»Hei, die Hunde,« fuhr Cerialis auf. »Welche Schmach! Römische Legionen!«

»Siehst du, es giebt doch auch für dich ein Rom. Lies nur weiter.«

»Ich berufe soeben eine Versammlung des ganzen Heeres: ich werde zu ihnen sprechen und dir den Ausgang melden. Ich werde sie fragen, ob sie, wenn Germanen und Gallier gegen den Tiber ziehen, die Wegführer abgeben wollen? Ob vor dem Treverer her der Legionsadler getragen werden, ob der Bataver ihnen das Losungswort geben soll? Ich werde –«

»Da bricht das Schreiben ab: der Papyrus ist hier zerrissen, und dieser dunkle Fleck ist . . . –«

»Blut! Des tapfern Mannes Blut. Er hielt die Rede. Sie machte nicht viel Eindruck. Er ging in sein Zelt zurück. Hier ward er gleich darauf von Ausreißern der ersten Legion ermordet. So meldet ein treuer Sklave, der den angefangenen Bericht aufraffte und nach Mainz entfloh. Von dort aus schreibt mir nun der Tribun Helvidius, der letzte Führer, der noch übrig war: denn die beiden andern Legaten waren gleichzeitig von ihren eigenen Legionen ergriffen, gefesselt und als Unterpfand der Treue den Galliern ausgeliefert worden.«

»O könnte ich sie zu Tode geißeln lassen, diese Schurken!« rief Cerialis.

»Lies weiter! Was ist dir Rom!«

»Julius Sabinus und Classicus, in der Tracht alter gallischer Fürsten, ritten in die Lager der Legionen ein und nahmen ihnen den Fahneneid ab, nicht für Vitellius, nicht für Vespasian, nicht für Rom, nein für das Großreich Gallien.«

»Und sie haben ihn geschworen, diesen Eid der Schmach?« schrie Cerialis.

»Du liesest schlecht. Fahre fort.«

»Alle römischen Soldaten, alle vier Legionen in Gallien, die I., IV., XVI. und XXII., haben Gallien geschworen. Sie zwangen auch die gut gesinnten Kölner zum Anschluß, dann Mainz: drei meiner Mittribunen, die sich weigerten, wurden erschlagen; ich kam mit Mühe aus der Stadt, floh den Rhein hinab nach Neuß, wo mich ein Freigelassener meines Vaters in seinem Weinberg versteckte. Ach hier ward mir ein Schauspiel, das mir das Herz in der Brust abdrücken wollte! Auf Befehl ihres neuen Herrschers und Oberfeldherrn Julius Sabinus hatte die sechzehnte Legion ihr festes Lager bei Neuß zu räumen, – die Gallier lösten sie darin ab! – und nach Trier zu marschieren mitten unter die Empörer, also in Wahrheit in die Gefangenschaft. Eine zweite Legion, die vierte, die aus dem Lager zu Bonn einfach weggelaufen war, zum Teil ohne Waffen, und nun ratlos, hilflos, ziellos des Weges kam, erhielt Befehl, sich anzuschließen. – Ich lugte, auf der Erde kauernd unter einem Reisighaufen hinter der Weinbergmauer auf die Legionenstraße hervor; welch trauriger, schmachvoller Anblick! Es war, wie wenn die Legionen durch das Joch geschickt würden. Scham und Entehrung lag auf allen Gesichtern, wie sie nun aus dem Wall, der ihre Erniedrigung bis dahin mitleidig verborgen hatte, hinaus in das Freie, in die Tageshelle ziehen mußten: die Bilder der Kaiser auf den Feldzeichen abgerissen, zerschlagen, die Waffen ungesäubert: auf beiden Seiten der Straße aber standen die Reihen der Gallier mit ihren grellbunten flatternden Fahnen, in blitzenden Waffen. Sabinus in schimmernder Rüstung, eine Zackenkrone auf dem goldblinkenden Helm, von glänzendem Gefolg umgeben – an seiner Seite in einer von Gold und Purpur strotzenden Sänfte ein üppiges Weib – hielt auf einem prachtvollen Rappen – aus dem Cirkus zu Köln hatte er den genommen! – an der Biegung der Straße mir gerade gegenüber und ließ die Scharen an sich vorbeischreiten. Gallische Priester eröffneten und schlossen den Zug: Classicus ritt an der Spitze. Gallische Ritter befehligten die Kohorten und Manipel. Wie Sklaven, die auf den Markt getrieben werden, führte man die Legionen dahin! Und viele Tausende von Galliern der Nachbarschaft, auch sehr viele Weiber und Kinder, die das Unerhörte vernommen, waren von allen Seiten aus den Feldern, von den Städten und Dörfern herangeströmt, das unglaubliche Schauspiel mit anzusehen, wie römische Legionen als Gefangene, – nein, als Ausreißer und Überläufer – von den Galliern hin und her kommandiert wurden! Dieselben Gallier, die vor kurzem noch gezittert hatten bei dem bloßen Namen Römer, in wie maßlose Frechheit übermutigen Spottes ergossen sie sich jetzt! Mit den Fingern deuteten halbwüchsige Knaben auf die entehrten Adler, gellendes Hohngeschrei begleitete den stummen Zug, der einem langen Leichenzuge glich. Aber am schamlosesten gebürdeten sich die Weiber: – nicht etwa Dirnen nur, nein, glänzend gekleidete Frauen des Adels. Sie drängten sich an die Reihen der Manipel, stießen in grellen Stimmen Schimpfwörter hervor, klatschten in die Hände und spuckten aus vor unseren Feldzeichen. Und die gallischen Heerführer! Sie wehrten ihren Landsmänninnen nicht! Sie ließen ihre Pferde vor ihnen tänzeln und nickten lächelnd diesen Damen zu. Hilf, Imperator, räche und rette.«

»O dürfte ich nach Gallien!« knirschte Cerialis, das Schreiben auf den Tisch werfend.

Der Alte hatte das wohl nicht gehört, denn er sagte, von dem Ruhelager aufstehend: »Mucianus wird schwere Arbeit finden. Der Bote, der mit mancher Todesgefahr diese Briefe von Neuß über den Rhein, dann durch Helvetien nach Mailand und Rom brachte – der arme Helvidius ward in seinem Versteck aufgefunden und, da er sich weigerte Gallien zu schwören, von der Menge, von wütenden Weibern zerrissen – der Bote meldete, ganz Gallien ist für uns verloren. Nur Xanten war, als der Bote den Rhein verließ, noch unbezwungen, aber hart bedrängt von Civilis, der zwar seine Germanen nicht mit den Galliern – nach deren Wunsch – vereinigt, wohl aber ein Bündnis mit diesen gegen jeden römischen Angriff abgeschlossen hat. So liegen die Dinge jetzt. Du siehst, die Ehre, ja die Sicherheit verlangt, so rasch wie möglich die verlorenen Lande zurückzugewinnen. Nun sprich, wie viele Legionen braucht Mucianus dazu, wieviel Geld und wieviele Monate?«

Das Gesicht des Feldherrn nahm jetzt einen ganz andern Ausdruck an; er ward ernst, bedächtig: »ich muß die Karten sehen. Die Karten der Legionenstraßen für Gallien, Spanien, Helvetien, Rätien, Noricum, Germanien.« – »Dort liegen sie, in jener Silbervase.«

Cerialis trat zu der hohen schlanken, auf dem Mosaikestrich stehenden Vase, hob den gewölbten Deckel ab, nahm die Kartenrollen heraus und breitete sie auf dem Tisch aus. Nachdem er prüfend hineingeblickt, rief er: »Die Alpenpässe! Selbstverständlich sind sie von den Galliern längst besetzt.« – »Bis jetzt noch nicht: flüchtende Kaufleute aus der Narbonensis fanden sie noch frei.«

»Unmöglich! Es wäre der Gipfel gallischen Leichtsinns! Aber auch mit der Feinde Fehler darf man rechnen. Mucianus – der Beneidenswerte! – muß sein Glück versuchen. Kann er über die Alpen eindringen, muß er in – nun, er ist langsam! – sagen wir: in sechs Monaten fertig sein mit Galliern und Germanen: – ich brauchte nur vier Monate dazu.« – »Meinst du?« – »Du zweifelst? Ganz gewiß!« – »Schlage auch einzelne tüchtige Unterfeldherren vor: der Kriegsschauplatz ist gar ausgedehnt: Mucian allein kann nicht zugleich gegen die Bataver am germanischen Meer und die Treverer an der Mosel kämpfen; zwei, vielleicht drei Unterführer wird er brauchen; du kennst die tüchtigen Männer der Legionen des Abendlandes besser als Mucian und ich, die wir jahrelang im Morgenland befehligt haben.«

»Ich kenne wohl tüchtige. Aber ob sie dir gefallen werden . . .« – »Weshalb nicht?« – »Weil sie zum Teil Vitellianer gewesen sind und dich ohne Zweifel hingerichtet haben würden . . .« – »Hätten sie gesiegt. Aber ich habe sie besiegt und – begnadigt; nicht, auf daß ihre Kräfte unverwertet bleiben – sonst hätte ich sie ebensogut haben töten können! – sondern damit sie dieselben wie bisher dem Staate weihen! Daß sie mich haßten und jetzt, weil sie mir Dank schulden, erst recht hassen werden, verschlägt nichts, sind sie gut zu brauchen. Nenne die Namen!« – »Nun, Gallus Annius.« – »Der? Er hat sich bei Vitellius ausgebeten, das Vordertreffen gegen mein Heer zu befehligen. Gut. Nun mag er zur Strafe das Vordertreffen gegen Civilis führen.« – »Dann Sextilius Felix.« – »Ein tapfrer Mann! Zwar, ich fand einen Brief von ihm in des Vitellius geheimen Papieren, in dem er sich erbot, die spanischen Kohorten gegen mich zu gewinnen. Er soll sie mir gegen die Gallier führen.« – »Mummius Lupercus.« Da runzelte Vespasian die hohe Stirn: »Nein! Der Lüstling! Mit jedem Laster befleckt.«

Cerialis zuckte die Achseln: »Er ist kein Hippolyt, das ist wahr. Aber er versteht den Krieg. Und was schwer wiegt: er kennt die Gegend dort am Rhein so genau wie keiner von den Lebenden, nachdem wir Vocula verloren. Er war ja lange Zeit Lagerpräfekt von Mainz. Was schadet es dir, werden einige Gallierinnen und Bataverinnen schreien? Du hörst es nicht bis hierher.«

»Er kennt den Rhein: 's ist wahr. Es sei. Und welche – welche Geldmittel schätzest du, erfordert dieser Krieg? Aber hierbei, bitte, erwäge, daß vier Verschwender seit Nero mir vorhergingen.« – »Ich sollte meinen, der Krieg müsse sich selber bezahlen. Die Provinzialen –« – »Nein,« sprach Vespasian voll Hoheit. »Erpressungen, ähnlich den deinen in Afrika, haben Gallier und Bataver zum Aufstand getrieben. Nichts davon!«

»Nun mit fünfundzwanzig Millionen Sesterzen muß Mucianus auskommen. Ich – die Wollust dieses Sieges wär' es wert! – ich würde mit zwanzig Millionen reichen. Was fehlte, legte ich aus eigenen Mitteln zu.« – »Also zwanzig Millionen?« – »Nein: fünfundzwanzig wird Mucianus brauchen.« – »Du wirfst nur so um dich mit den Millionen! Und wie viel Legionen braucht Mucian?« – »Laß sehen! – Zwar kehren die Abgefallenen hoffentlich zurück, erschauen sie die Adler der Rachelegionen sich gegenüber blinken: – allein sie sind – für die nächste Zeit – ein zweifelhafter Gewinn: sie kommen noch als Feinde in Betracht. Laß mich nachdenken! – Spanien ist dir treu, nicht? Du kannst die Provinz von Truppen entblößen? Gut: die dort stehenden beiden, die VI. und die X. – Ebenso ist Britannien verlässig: also die XIV. von dort. Sind drei. In Italien stehen zur Zeit sechs Legionen –: wenn Mucianus diese neun erhält, muß er fertig werden, obwohl er nur Mucianus ist und nicht Cerialis. Ich – bei Mars dem Rächer! – ich würde mich anheischig machen, vier Legionen in Italien zu lassen, nur die beiden trefflichsten von diesen, die II. und die XXI., würde ich mir ausbitten und mit diesen fünfen das Land von den Pyrenäen bis zum Rhein zurückgewinnen.« – »Aber dann in viel längerer Zeit?« – »Nein! Sind die Alpenpässe – wenn auch nur der Adula und der Poeninus – frei, in vier Monaten.« – »Mit nur fünf Legionen?« – »Mit fünf Legionen. Meinen Kopf zum Pfand!«

»Gut,« sprach Vespasianus, sich hoch aufrichtend. »Es gilt. Glück auf den Weg!«

»Was heißt das?« stammelte der Überraschte. »Was will das sagen?« – »Das will sagen: nicht Mucianus, du, Cerialis, gehst nach Gallien.« – »Mein gnädiger Kaiser,« jubelte der Feldherr. »Welche Güte! Wie dir danken?« Und er eilte auf ihn zu, seine Hand zu fassen.

Aber streng wies ihn Vespasianus zurück mit gebieterischer Armbewegung. »Halt! – Laß das! Du hast mir zwar für Gnade zu danken: aber für ganz andere. Davon nachher. – Höre: du unterwirfst mit fünf Legionen mit den drei von dir selbst gewählten Unterfeldherren in vier Monaten von deinem Aufbruch an jenes Land. Du hast es selbst für möglich, für leicht erklärt. Übernimmst du das?« – »Um jeden Preis? Mit jedem Mittel?« – Vespasianus nickte stumm. – »Dann übernehm ich's.«

»Verstehe wohl: du lieferst mir – binnen jener Frist – den Bataver Civilis in meine Hand – tot oder lebend.« – »Tot oder lebend!« rief Cerialis. – »Ebenso – tot oder lebend – einen zweiten Feind.« – »Julius Sabinus? In einem Vogelkäfig bring' ich dir den Cäsar Galliens.« – »An diesem Theaterhelden liegt mir nichts. Nein! Der Feind ist eine Feindin: man muß den Germanen das Götzenbild ihrer Freiheit nehmen. Du lieferst in meine Hand in derselben Frist – tot oder lebend – die Jungfrau Weleda.« – »Ich bringe Weleda nach Rom!« Er warf die üppigen Lippen auf. »Die Jungfrau Weleda, hörst du? Ich werde über Germanien triumphieren und in dem Zuge soll die jungfräuliche Germania in goldenen Ketten vor meinem Wagen gehen. Man führt kein entwürdigt Weib im Triumph auf. Verstehst du?«

Cerialis nickte verdrießlich: »Es sei! Aber nach dem Triumph bitte ich mir diese Gefangene als Feldherrnbeute aus! – Das heißt,« schloß er mit häßlichem Grinsen, »falls sie es wert ist, dieses Wunderweib. Was verstand Vocula von Weibern? Ich bin wählerisch. – Aber höre, wie hast du mich, du großer Sparer, überlistet! Ich hatte alles auf Mucian gemünzt und nun . . . : wirklich nur zwanzig Millionen?« Er wollte den Kaiser anlachen: – aber das Lachen verging ihm, als er die harte Strenge in diesem Antlitz sah.

»Zum Abschied noch eins. Du setztest deinen Kopf zum Pfande. Du weißt gar nicht, wie wahr du dabei sprachst. Lies, bevor du gehst – morgen brichst du auf nach Gallien – noch diese Urkunde.« Er drückte an eine Platte des Marmorgetäfels: diese glitt in die Wand zurück und zeigte ein geheimes Fach; er nahm eine Rolle aus demselben, entfaltete sie und reichte sie dem Staunenden hin; der durchflog sie eilenden Auges: da fuhr er zusammen und die Rolle entfiel seinen Händen: »Mein Todesurteil!« stammelte er.

»In aller Form Rechtens,« nickte der Kaiser, die Urkunde von dem Tisch wieder an sich nehmend. »Der Senat, vor dem du jener Morde angeklagt warst, sah dich als überführt an.« – »Wie? Ohne Gehör?« – »Ich übernahm es, dein Geständnis beizubringen. Du hast gestanden. Ich wußte das voraus. Drum hab' ich es – im Voraus – unterschrieben. Geh nun nach Gallien und kämpfe um dein Leben. Siegst du, – genau so wie du versprochen hast, – lösest du, – in allem! – dein Wort, zerreiße ich dein Urteil und begnadige dich. Wo nicht, laß ich's vollstrecken. Einstweilen bleibt es in Verwahrung hier.« Er legte es wieder in das Geheimfach.

»Nun eile, Petillius Cerialis, und siege! Das rat' ich dir.«

 


 


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