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Der nachstehende Roman – binnen Jahresfrist der zweite von derselben Verfasserin, den ich beim deutschen Publikum einführe – ist wieder durch den gleichen lebensvollen Realismus und dieselbe feine Detailmalerei, lokale wie psychologische ausgezeichnet, welche dem Adam Bede so viele Freunde bei uns verschafft haben. Die Vorliebe für niederländische Malerei, zu der sich die Verf. in Adam Bede bekannte, beruht offenbar auf einer künstlerischen Verwandtschaft: eine engbegrenzte, kleinbürgerliche Welt ist es, in die der Roman uns führt, und die Darstellung ihrer Bedingungen und ihrer Gestalten ist wie ein niederländisches Bild in Worten, von so genauer Beobachtung zeugen die Motive, von so liebevoll eingehendem Verständniß die Ausführung der Zeichnung. Der penetrante Scharfsinn, mit dem die Verf. verstanden hat, sich in die Seelenzustände und den Entwicklungsgang eines Jungen zu versetzen, oder, wenn man will, die schöpferische Phantasie, mit der sie dieselben nachzubilden weiß, darf auf ungetheilte Anerkennung Anspruch machen. Die Heldin, eine Gestalt von der fesselndsten Originalität, lebt in Fleisch und Blut – sie mag als unartige »kleine Meduse« mit verschnittenem Haar unsere lachende Verwunderung erregen oder als junonische Schönheit uns zur Bewunderung hinreißen.
Der Inhalt des Romans ist eine bürgerliche Tragödie, in kleinen Verhältnissen, aber von erschütternder Wirkung. Ein übertriebener Unabhängigkeitssinn, verbunden mit einem mißleiteten Rechtsgefühl, führt zu Unbesonnenheit und zu Fall; aus den beengenden Banden eines zerrütteten Familienlebens ringt eine junge hochbegnadete Menschenseele hinauf zu geistiger Befreiung und erliegt in diesem Ringen – ein Baum mit mächtigem Triebe, dem Luft und Licht fehlt. Der Konflikt ist mit großer Kunst geschildert; schon durch die Kindheit der Heldin weht ein tragischer Zug und aus kleinen Anfängen erwächst der Kampf bald zu leidenschaftlicher Stärke. Der Ausgang, gestehe ich, entspricht der Anlage nicht; für einen solchen sittlichen Konflikt ist ein zufälliges Naturereigniß wohl ein Ende, aber keine Lösung.
Bei der Uebertragung habe ich mich treu an das Original gehalten, wie es das verdient; nur an wenigen Stellen habe ich weggelassen, was mir für den deutschen Leser zu sehr in das Detail des spezifisch Englischen zu gehen schien.
Der Titel des Romans ist im Deutschen ungeschickt, da Floß der Eigenname eines Flusses, nicht etwa unser »das Floß«, noch auch ein Druckfehler für »Fluß« ist. Eine Aenderung des Titels schien aber bei einer Übersetzung nicht thunlich und stand vollends außer Frage, seit in öffentlichen Besprechungen der ursprüngliche Titel beibehalten war.
Berlin, Anfang März 1861.
J. Frese.