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Alle sahen erstaunt auf, als Dr. Kraatz in Graus Lokal eintrat. Er war bisher hier nie aufgetaucht und war auch jetzt ziemlich geniert.
»Hierher!« rief Zelewski. »Wir sind stolz, die Pfahlbautenbewohner begrüßen zu können. Wo aber ist die Göttin des Hauses?«
Er trank ein Glas mit schmerzlicher Gebärde aus, ehe er mit dem Pathos des Schmerzes antwortete: »Mir ist tiefes Leid widerfahren.«
Aber er fand nicht das Echo, das er erwartete.
Leo Fresenius trat ein. Frisch, strahlend, voll jovialer Fröhlichkeit, eine dickgeschwollene Aktenmappe unter dem Arm.
»Gute Kunde, verehrte Zeitgenossen!«
Und alle, außer Kraatz, der grollend vor sich hinsah, wollten wissen, was er erreicht hatte.
– Im Laufe des Sommers und auch in diesen Herbsttagen fanden in allen Stadtteilen diese kleinen, intimen Versammlungen statt, in denen den ahnungslosen, vertrauensseligen Besuchern neben den lyrischen und musikalischen Novitäten die revolutionären, menschheitsbefreienden Privatideen Ibo Kays eingeträufelt wurden wie das Gift in das Ohr des schlafenden Dänenkönigs.
In aller Seelen wurde das Samenkorn von der neuen notwendigen Partei gepflanzt.
Das war der Zweck dieser Versammlungen. Der große Schlag sollte zu Beginn des Winters geführt werden.
Denn man hatte inzwischen Geld genug, um ein großes Lokal mieten und riesige Affichen an Litfaßsäulen, augenfällige Inserate in die Zeitungen setzen zu können. Das würde ziehen. So was zog in Berlin immer.
Fresenius hatte es übernommen, in kaufmännischen und industriellen Büros Zettel und Billetts abzugeben, in Bezirksvereinen und politischen Diskussionsklubs für die bevorstehende Parteigründung zu interessieren, inferiore Politiker persönlich zu bearbeiten, aufzureizen oder mit dem Gedanken vertraut zu machen, – kurz alle Welt auf die Sache hinzuweisen, sie mit der Nase darauf zu stoßen.
Er war nicht müßig.
Er war den ganzen Tag unterwegs. Und auch in den Erholungspausen – in den Lokalen – propagierte und agitierte er. Seine Kenntnis des Berliners und seine ulkigen Redewendungen kamen ihm dabei sehr zu statten.
Wenn er auf einen nichtsahnenden Trinker zuschritt: »Sagen Sie mal, haben Sie soeben Kaviar gegessen?« und auf das Wieso antwortete: »Sie sehen so – ›verstört‹ aus« – dann hatte er damit schon einen Angelhaken in die Seele des Angeredeten geworfen. Auf alle Fälle wurde er dann doch mit Ruhe angehört.
Er genierte sich auch nicht, das Blaue vom Himmel zu versprechen, Posten in der neuen Partei zu verleihen, hohen Verdienst vorzugaukeln, mit den reichen Geldgebern zu renommieren, die im Hintergrunde hockten. Alle Vertrauensseligen fielen auf sein gutmütiges, biedermännliches Gesicht, auf seine ehrlichen Augen hinein. Und oft pumpten sie dem bedeutenden Mann, den man sich für die Zukunft warm halten mußte, bis zur Erschöpfung ihrer Kasse.
Er hatte sich einmal gewünscht, »Baron von Fresenius« zu heißen, um dann »bis zur Erschlaffung, bis zur Unkenntlichkeit« pumpen zu können. Jetzt brauchte er die Metamorphose zum Baron gar nicht mehr. Es ging auch so.
Täglich wurde er seiner Menschenkenntnis froher, soweit sie sich auf die Berliner bezog. »Man muß etwas Neues, Originelles auf den Markt werfen. Darauf fällt der Berliner immer rein. Und es ist ganz egal, ob das Neue eine Kunstrichtung, eine Wandlung im Zirkus- und Varietéwesen oder etwas Religiöses oder Politisches ist, wie jetzt.« Das war die Weisheit, die er mit Löffeln gegessen hatte, und die ihm jetzt so überraschend zugute kam.
Aber es kam auch der guten Sache zugute. Damit beschwichtigte er die seltenen Anwandlungen seines Gewissens.
Nur einmal trat er ins Fettnäpfchen.
Das war, als er sich im sozialdemokratischen Verein seines Bezirks als Mitglied anmeldete und am ersten Zahlabend seine Erkenntnis von der Notwendigkeit der »Versöhnungspartei« produzierte. Von den einen wurde er für einen Spitzel gehalten, von den anderen für einen Missionar. Das Ende vom Liede war, daß der Kassierer auf einstimmigen Beschluß der Versammelten ihm das eingezahlte Geld zurückgab, das Mitgliedsbuch einforderte und ihm die Türe wies.
Noch auf der Straße hörte er das »F. K.« Er wußte als Berliner sehr gut, daß das keine Schmeichelei war, sondern »Fauler Kopp« hieß; aber er fand zum erstenmal keine witzige Entgegnung.
Er kam sich damals etwas als Märtyrer vor, und da er durchaus keine Anlage zu diesem heiligen Beruf hatte, beschloß er, fortan nur bei neutraleren Elementen Versuche anzustellen.
Er schmückte dies letzte Erlebnis jetzt bei der Wiedergabe seiner Agitationsreisen mit viel Phantasie aus und bemerkte so nebenbei, daß man ihm wohl eine Beleidigungsklage an den Hals hängen werde, weil er den Roten allzuderb die Wahrheit gesagt habe.
Auf Zelewskis Antrag wurde beschlossen, diese Klage auf gemeinschaftliche Kosten durchzufechten.
Jetzt endlich konnte Ferdinand Kraatz sich wieder bemerkbar machen.
Erst zog er die Augenbrauen hoch, legte dann das Gesicht in Falten, so daß die Nase wie verlängert aussah, und sagte endlich: »Eine Bombe ist eingeschlagen! Euer Maler, der Melcher, hat an meine Frau – an meine Frau! – einen Eilbrief geschickt, als ich weg war, und sie ins Museum bestellt. Natürlich gab mir meine Frau den Brief.«
Darauf räusperte er sich und blickte sich um.
Alle waren still.
Pronitz war wie vom elektrischen Schlag getroffen. Fresenius zwinkerte dem Lyriker zu. Amanda klappte die Augen nieder.
Zelewski faßte sich zuerst. »Natürlich ist er in unseren Augen gerichtet.« Und dann nach einer kurzen Weile: »Darf man den Brief vielleicht lesen?« Jetzt hatten seine Augen unverkennbare Ähnlichkeit mit denen seines Haustieres Vespasian.
»Aber ja! Wir sind ja unter uns.« Er hatte erst das berlinische »entre nanu« anwenden wollen. Es paßte aber wohl doch nicht zur Situation.
Alle steckten die Köpfe zusammen und lasen. Man hörte nur abgebrochene Worte: »– – verzeihen Sie das Ungewöhnliche – – mit dem Ungewöhnlichen der Situation – Ihre Schwester, die Madonna des – – warte wie weiland Ritter Toggenburg –«
»Wie Ritter Toggenburg? Haha! Da ist Ihre Frau wohl stolz darauf?« Amanda lachte sehr laut. Aber ihr Lachen schien etwas gezwungen. Fresenius glaubte etwas wie Neid darin zu erkennen.
»Was für ein jämmerlicher Bursche ist dieser Doktor,« dachte Pronitz. »Er hat nicht mal verdient, von Isolde betrogen zu werden. Denn in dem Betrogensein findet er ja noch immer Interessantes für sich. Und betrogen ist er natürlich, wenn er es auch nicht wahrhaben will.«
Jetzt fiel ihm auch auf, daß sich jener gar nicht an ihn wandte. Lag das nur daran, daß er Martins intimster Freund war? Oder – –
Der Lyriker sagte: »Es ist empörend.«
»Da seht ihr,« explodierte Zelewski. »Was das mit diesen – sogenannten Künstlern auf sich hat. Immer moderne Schlagworte, womit sie gediegenen Kennern imponieren wollen! Beardsley und Utamaro und dieser Cima da Conegliano, von dem ich gar nichts kenne. Nichts Gediegenes dahinter. Neulich fragte ich ihn mal nach Anzengruber. Meinst du, er hatte auch nur eine blasse Ahnung? Ich zählte ihm die Stücke auf. Er kannte nur die ›Kreuzelschreiber‹. Das einzige, wo ganz von weitem ein Haut-goût-Geruch weht. Charakteristisch, was? Und der sollte unsere neuen, die Menschheit reinigenden Ideen kapiert haben und sie künstlerisch verwerten? Lächerlich! Aber ich habe es ja immer gesagt: Plakate für Fabriken zeichnen – das kann er. Aber sonst ist er nicht so viel wert!«
»Er kann auch noch einiges andere,« bemerkte Pronitz trocken.
Zelewski warf ihm einen wütenden Blick zu und griff zu seinem Seidel.
»Du mußt dich nicht aufregen, Zacharias. Das schadet dir immer so sehr!« Seine Frau strich ihm begütigend über die Hand.
»Es ist toll,« sagte Fresenius.
»Eine Gemeinheit ist's,« entschied Zelewski. »Ganz einfach eine Gemeinheit.«
Kraatz nickte ingrimmig. »Es war alles Berechnung bei ihm. Die ganze Zeit unseres Verkehrs hindurch. Den ganzen Sommer hindurch. Berechnung. Jetzt, wo die Blätter fallen, stirbt für mich auch der Glaube an die Freundschaft. Das ist nun vorbei!«
Er schlug mit der Faust auf den Tisch.
Der Wirt kam herbei und flehte: »Aber meine Herren, meine Herren!«
Zelewski beachtete ihn nicht. »So etwas dir, seinem besten Freunde, anzutun, bei dem er immer gastfrei aufgenommen wurde und so viel Flaschen geleert hat –«
»Ja, nicht wahr?«
»Darauf trinken wir noch eins, nicht Krätzchen?«
»Jawohl!« schrie der Doktor begeistert. »Noch zwei, Ober!«
Der Wirt hatte schon eingeschenkt und brachte das Bier. Dieser schreiende Herr stieg allmählich in seiner Achtung.
»Was macht der Roman?« fragte Pronitz jetzt, um abzulenken.
Er hatte von einem Übersetzungsbüro einen englischen Roman zum Übersetzen bekommen und auf Zelewskis Bitte mit ihm Arbeit und Verdienst geteilt. Zweimal hatte er ihm schon das Geld für das Papier gegeben. Zelewski hatte sich anfangs wütend über die Arbeit gestürzt, dann sich aber mit demselben Elan wieder davon entfernt. Von seinen zweihundert Seiten hatte er erst sieben übersetzt. Und die Arbeit war bald fällig.
»Die gute Hälfte ist drin,« log er.
»Ich bin mit meinem Teil fertig. Wenn du willst, nehme ich dir was ab.«
»Ja. Ich bringe es dir morgen.«
»Zacharias klagt jetzt immer so über seine Augen.« Amanda verteidigte ihren Mann. »Er darf überhaupt jetzt, wo es zum Winter geht, nicht so viel lesen und schreiben.«
»Ja, dann freilich –«
Schämte Zelewski sich gar nicht? Ließ er seine Faulheit ruhig von seiner Frau verteidigen?
Ramdohr kam an und lächelte.
Er machte vor jedem eine Verbeugung, vor Zelewski zwei. Und lächelte.
»Hm, Hm,« machte Kraatz, noch ehe er sich gesetzt. »Wissen Sie schon von Melcher?«
»Was denn, wenn ich fragen darf?«
»Lesen Sie!«
Ramdohr las, machte dann aber ein gänzlich verständnisloses Gesicht. »Das schrieb Herr Melcher –«
»– an meine Frau!«
»So, so.«
»Ist das nicht eine Gemeinheit, mir, seinem besten Freunde, so was anzutun –«
»Nun ja –«
»– bei dem er unzählige Flaschen geleert,« ergänzte Zelewski.
Endlich begann Ramdohr seine Meinung zu äußern: »Eigentlich finde ich es gar nicht so schlimm. Unter freien Menschen! Ein faux-pas. Gewiß. Ganz Ihrer Meinung. Aber im Museum –« Er lächelte.
Diesmal wurde ihm sein Lächeln zum Verhängnis.
»Was??? Sie grinsen über diese Frivolität? Sie verteidigen ihn wohl noch gar? Sie sind wohl einer von diesen – diesen sogenannten Freunden?? Mir, seinem besten Freunde, so was anzutun, wo er soviel Flaschen geleert hat und freundlich-gastfreundlich – ja.«
Zelewski zog seine Stirne kraus. »Nehmen Sie mir's nicht übel, Herr Ramdohr – aber Sie sind mir ein Rebus. Haben Sie vielleicht mal Ciceros Rede gegen Verres gelesen? Nein? Ach so, richtig! Sie waren auf einer Realschule. Sie können nicht lateinisch. Nun, wenn Sie mich mal besuchen, zeige ich Ihnen die Stelle –«
»Ach ja, besuchen Sie uns doch mal!« Amanda sah ihn beschwörend an. »Zacharias freut sich dann immer so sehr!«
Ramdohr errötete. Er dachte an Vespasian, den Igel. Er hütete sich jetzt aber, etwas zu sagen, und setzte sich in einen entfernten Winkel.
Kraatz sah mit Mißbehagen, daß die Unterhaltung auf ein anderes Gebiet überzugehen drohte und rief laut: »Wenn er hier wäre, – ich wüßte nicht, was ich täte. Ich – – –«
Zelewski dachte einen niederträchtigen Gedanken, der ungefähr so aussah: »Ich weiß es: du würdest die Hände in den Hosentaschen ballen.« Laut sagte er aber: »Ganz meine Meinung! Und darauf trinken wir noch eins, wie?«
Der Wirt kam schon mit gefüllten Gläsern.
»Wo steckt denn die Else?« fragte Pronitz.
»In den Posen, Herr Doktor! Sie muß morgen um sieben in der Schule sein.«
Dr. Kraatz beherrschte wieder die Situation: »Ein Mann wie ich, Herrschaften, der durch die Wahl seiner Frau bewiesen hat, daß er keine Vorurteile kennt – einem solchen Mann muß das passieren! Wissen Sie, was diese Tage in mir gemordet haben? Den Glauben an die Freundschaft haben sie gemordet.«
Pronitz warf gelangweilt hin: »Das haben Sie schon mal gesagt.«
Kraatz war sprachlos.
Zelewski rückte ihm näher. »Ich verstehe dich so gut!«
Beide schüttelten sich die Hände.
»Zacharias, du bist immer derjenige gewesen, der – du bist der Ehrenmann gewesen, auf Deutsch. Der Gefühlspatrizier im Gegensatz zu den Gefühlsplebejern, die mich nicht begreifen!«
Sie umarmten sich.
Amanda strahlte: ihr Mann hatte wieder einen Freund.
»Vielleicht gehört er zu jenen Naturen, die die Liebe nur in Verbindung mit dem Verbrechen beglückt: die z. B. nur verheiratete Frauen verfolgen?« schlug der Lyriker vor.
Es wurde eine Lage gebracht und noch eine. Zelewski benützte einen unbemerkten Augenblick, um den Doktor um zwanzig Mark anzuborgen. »Ich habe sie mir gestern von Melcher geborgt – und will sie ihm zurückschicken. Unfrankiert, wenn's geht. Von dem Menschen behalte ich nichts. Du verstehst mich?«
Der neue Freund verstand und bewunderte sein Feingefühl.
»Sag mal, hast du eigentlich schon an's Gericht gedacht, Ferdinand?«
Er schien schon daran gedacht zu haben. »Es geht nicht. Das wäre ja bloß Reklame. Das könnte ihm so passen.«
»Nein. Deswegen natürlich nicht. Vielleicht aber wegen etwas anderem? Könnte man ihm nicht was andrehen? Vielleicht 'ne kleine Majestätsbeleidigung? Er war doch immer so frei in seinen Äußerungen.«
Ehe der Vorschlag diskutiert werden konnte, kam, von allen begrüßt, Ibo Kay mit Tacke und Schönbeck.
»Wissen Sie schon das Neueste?«
»Ja, das Zentrum hat –«
Ibo Kay besuchte seit dem Beginn der Session tagtäglich den Reichstag. Er hatte sich selber schon prophezeit, er werde, unzufrieden mit den Halbheiten der Politik, sich ins politische Meer stürzen, da, wo es am tiefsten ist – –
Mit überlegenen Lächeln wehrte Kraatz ab und reichte mit großer Geste den Brief. »Lesen Sie! Martin Melcher hat den Frieden meines Hauses gestört. Des Hauses, wo er soviel Flaschen geleert, wo er – wo –« Die Gedanken flossen heute schwerer noch als sonst. Die Sekundärbahn geriet langsam auf das tote Geleise.
– Die Sitzung dauerte weit über die Polizeistunde hinaus und wurde auf drohende Aufforderung des Wirts in das hintere Zimmer verlegt.
Gegen drei Uhr wurde beschlossen, Melcher aus dem Kreise auszuschließen, ihn zu boykotten und ihm dies schriftlich mitzuteilen.
Zur gleichen Zeit verabschiedete sich Pronitz von Ibo Kay, den er bis an sein Haus begleitet hatte.
Ein feiner Nebel war heraufgezogen und umschleierte die Bäume, deren schwarze, entlaubte Äste noch schwärzer und trostloser aussahen. Das Licht der Laternen war verschwommen, als glitte es durch eine kompakte, schleimige, gallertartige Masse. Die Häuser nahmen ungeheure Dimensionen an und stießen an den Himmel.
»Schade!« sagte Ibo Kay. »Nun ist man wieder um eine Illusion ärmer.«
»Wegen Melcher?«
»Nein, wegen der anderen Philister über uns, Jens Peter!«
»Ja, es war bißchen sehr deutlich.«
»Ist ›Versöhnungspartei‹ nicht der reine Unsinn? Und was habe ich nicht darauf gebaut. Narrheit! Bomben müßte man nehmen und dazwischen werfen. Man sieht es ja Tag um Tag deutlicher: dieser junge Bau, den wir Gesellschaft nennen, ist von dem jahrhundertealten Schmutz durchsetzt. Es nützt kein Lüften mehr, keine Desinfektion. Das Ungeziefer sitzt in den Fugen der Dielen, in dem zerbröckelnden Mörtel der Mauern. Da hilft nur eins: abbrennen!«
»Und mitverbrennen?«
»Was läge daran? Aber es ist doch so viel zu tun, so entsetzlich viel. Darum müssen wir noch aushalten. Wir alle.«
Seine dunklen Augen brannten in dem blassen Gesicht.
»Wir alle haben die Pflicht, noch weiter zu kämpfen. Das Ziel kann vielleicht doch erreicht werden.«
Pronitz hatte nur halb hingehört.
In seinem Gehirn stand nur ein Bild. Es war nicht das Bild Regines. Das war ausgelöscht. Es war das Bild Isoldes, die Martin Melcher küßte. Und dazwischen schoben sich Lucys Züge.
Dies wenigstens war ihm erspart geblieben–… Dies letzte–… Sie war ihm treu. Er brauchte nicht vor sich selber zu erröten.
Und während er, den Mantelkragen zum Schutz gegen den stärker eindringenden Nebel hochgeklappt, raschen Schrittes seiner Wohnung zustrebte, sagte er es sich immer wieder und wieder: Gott sei Dank, daß ich sie noch habe – wie froh kann ich eigentlich doch sein – wie froh!