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6. Welchen Preis soll das Geld erzielen?

Daß man aus Geldpapier Papiergeld machen kann, d. h. daß man für Geldpapier einen höheren Preis erzielen kann, als für ein gleich großes Stück Ausschußpapier, haben wir gezeigt und zwar mit all den Ausführlichkeiten, die die Wichtigkeit der Sache verlangt.

Nun fragt es sich, wie hoch der Preis des Papiergeldes über den Preis des Geldpapieres getrieben, wie das Tauschverhältnis zwischen Geld und Waren gestaltet werden soll.

Dies ist in der Tat eine sehr wichtige Frage, überhaupt die einzige Frage, die die Warenerzeuger erregt. Mag den Warenerzeugern der Geldstoff gleichgültig, auf alle Fälle nur Ballast sein, bei der Frage: wieviel Geld verlangst du für deine Kuh, oder was bietest du mir für meine Werkzeuge – ist die Aufmerksamkeit aller auf das höchste gespannt. Hängt doch von der Antwort auf diese Frage der Erfolg des ganzen, langen Erzeugungsvorganges ab.

Ändert sich das Tauschverhältnis zwischen Waren und Geld, so erhält jeder beim Verkauf seiner Erzeugnisse mehr oder weniger an Geld, und beim Verkauf des Geldes entsprechend mehr oder weniger an Ware. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, wäre eine Preisänderung des Geldes eine ziemlich gleichgültige Sache.

Aber nicht alle geben das Geld, das sie eingenommen haben, gleich wieder für Waren aus. Und für diese ist es durchaus nicht gleichgültig, ob sich die Preise in der Zeit zwischen Verkauf und Kauf verändert haben. Und noch weniger gleichgültig sind die Preise für alle Schuldner und Gläubiger; ja, für diese ist die Frage: wieviel werde ich von meinen Erzeugnissen für die Auftreibung von Zins und Tilgungsbeträgen meiner Schulden verkaufen müssen (bzw. wieviel Ware erhalte ich für die eingehenden Zinsen und Tilgungssummen meiner Guthaben), eine Lebensfrage. Auch werden wir später sehen, daß die Frage nach den Preisen, vom rein kaufmännischen Standpunkt betrachtet, die Entscheidung über Leben und Tod des Warenaustausches und demzufolge auch der Arbeitsteilung, der Grundlage unserer Wirtschaft, enthält.

Hier wollen wir aber zur Beleuchtung der Wichtigkeit der Preise nur die Verhältnisse zwischen Gläubiger und Schuldner betrachten.

Das »Haben« der Schuldner (Pfandbriefschuldner, Obligationenschuldner, Wechselschuldner, Pächter, Mieter, Inhaber von Lebensversicherungsurkunden, Steuerzahler usw. usw.) besteht in der Regel aus Waren, Maschinen, Grundstücken, Vieh, während das »Soll« ausnahmslos in einer bestimmten Summe Geldes besteht. Und das Geld für dieses »Soll« kann der Schuldner nur dadurch auftreiben, daß er Teile seines Habens, in der Regel seine Arbeitserzeugnisse, gegen Geld verkauft.

Verschiebt sich nun das Tauschverhältnis der Waren zum Geld, so verschiebt sich auch das Verhältnis vom Soll zum Haben. Braucht ein Gutsbesitzer z.B. bei einem Preis von 250 Mark für 1000 kg Weizen (Preis nach Einführung der Getreidezölle) den vierten Teil seiner Ernte für Zins und Tilgungsbeträge der Bodenschuld (bzw. für Pacht), für seine Steuern, Versicherungsbeträge usw., so wird er diesem Zwecke ein Drittel seiner Ernte opfern müssen, falls die Zölle abgeschafft würden, und dieses Mehr kann unter Umständen den gesamten Betriebsüberschuß verschlingen, den Zusammenbruch des Schuldners herbeiführen.

Und umgekehrt natürlich, falls die Preise steigen. Umgekehrt auch verhalten sich die Sachen für den Gläubiger. Dieser gewinnt unvermittelt alles, was der Schuldner verliert; er verliert, was sein Schuldner durch Preisänderungen gewinnt.

Bei der gewaltigen Entwicklung des heutigen Leihwesens (es handelt sich in Deutschland vielleicht um 3–400 Milliarden Mark, deren Zins und Tilgungsbeträge regelmäßig nur durch den Verkauf von Arbeitserzeugnissen aufgebracht werden), genügt eine nur geringe Änderung der Preise, um eine Volksklasse zugunsten der anderen um Milliarden und Abermilliarden zu belasten.

Ein Rückgang der Warenpreise von durchschnittlich 1%, also ein Pfifferling für unsere gepriesene Goldwährung, bedeutet für die deutschen Schuldner mehr, als was die fünf Milliarden Kriegsentschädigung von 1871 für die französischen Bürger bedeuteten.

Muß der Steuerzahler für die Verzinsung und Tilgung der Reichs-, Staats- und Gemeindeschulden 100 Mark jährlich an direkten und indirekten Steuern aufbringen, so hängt es ganz davon ab, wie sich das Tauschverhältnis zwischen Geld und Arbeitserzeugnis gestaltet, ob er diesen Schulden jährlich 10–20 oder 50 Tage opfern muß.

Sollen wir nun darauf hinwirken, daß die Preise steigen, um die Gläubiger zugunsten der Schuldner zu plündern, oder sollen wir die Preise herabsetzen, um die Rentner zu bereichern? Kurz, sollen wir den Gläubigern oder Schuldnern diese Frage zur Entscheidung vorlegen, soll das Geld von Spitzbuben verwaltet werden? Antwort: wir wollen niemand betrügen, und das, was nur dem Einzelnen nützt, darf in der Verwaltung des Geldes nicht berücksichtigt werden. Das Gold soll volkswirtschaftlich, nicht privatwirtschaftlich verwaltet werden.

Das Geld soll über Ort und Zeit hinweg ewig denselben Preis erzielen, den es heute hat. Was man in Waren dafür bezahlt hat, das hat jeder für das Geld morgen, in einem oder zehn Jahren, zu fordern. So zahlt der Schuldner zurück, was er erhalten, und der Gläubiger erhält, was er gegeben: keinen Pfennig mehr noch weniger.

Auch dieses versteht sich von selbst, braucht nicht begründet zu werden.


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