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Simplicii seltsame Grillen und Luftgebäu, auch wie er seinen Schatz verwahrt
Diejenigen, die wissen was das Geld gilt, und dahero solches für ihren Gott halten, haben dessen nicht geringe Ursach; denn ist jemand in der Welt, der dessen Kräfte und beinahe göttlichen Tugenden erfahren hat, so bin ichs: Ich weiß, wie einem zumut ist, der dessen einen ziemlichen Vorrat hat, so hab ich auch nicht nur einmal erfahren, wie derjenige gesinnet sei, der keinen einzigen Heller vermag. ja ich dürfte mich vermessen zu erweisen, daß es alle Tugend und Wirkungen viel kräftiger hat und vermag als alle Edelgestein, denn es vertreibt alle Melancholei wie der Demant; es macht Lust und Beliebung zu den Studiis wie der Smaragd, darum werden gemeiniglich mehr reicher als armer Leut Kinder Studenten; es nimmt hinweg Furchtsamkeit, macht den Menschen fröhlich und glückselig wie der Rubin; es ist dem Schlaf oft hinderlich wie die Granaten, hingegen hat es auch eine große Kraft, die Ruhe und den Schlaf zu befördern wie der Hyacinth; es stärket das Herz und machet den Menschen freudig, sittsam, frisch und mild, wie der Saphir und Amethyst; es vertreibst böse Träum, machet fröhlich, schärfet den Verstand, und so man mit jemand zankt, macht es daß man siegt, wie der Sardus, vornehmlich wenn man alsdann den Richter brav damit schmiert; es löscht aus die geilen und unkeuschen Begierden, sonderlich weil man schöne Weiber ums Geld kriegen kann. In Summa, es ist nicht auszusprechen, was das liebe Geld vermag, wie ich denn hiebevor in meinem ›Schwarz und Weiß‹ etwas davon geschrieben, wenn mans nur recht zu brauchen und anzulegen weiß.
Was das meinige anbelangt, das ich damals beides mit Rauben und Findung dieses Schatzes zuwegen gebracht, so hatte dasselbe ein seltsame Natur an sich, denn erstlich machte es mich hoffärtiger als ich zuvor war, so gar, daß mich auch im Herzen darin verdroß, daß ich nur Simplicius heißen sollte; es hindert' mir den Schlaf wie der Amethyst, denn ich lag manche Nacht und spekulierte, wie ich solches anlegen und noch mehr dazu bekommen möchte. Es machte mich zu einem perfekten Rechenmeister, denn ich überschlug, was mein ungemünztes Silber und Gold wert sein möchte, summierte solches zu demjenigen, das ich hin und wieder verborgen und noch bei mir im Säckel hatte, und befand ohne die Edelgestein ein namhaftes Fazit! Es gab mir auch seine eigene angeborne Schalkheit und böse Natur zu versuchen, indem es mir das Sprichwort (wo viel ist, begehrt man immer mehr) rechtschaffen auslegte, und mich so geizig machte, daß mir jedermann hätte feind werden mögen. Ich bekam von ihm wohl närrische Anschläg und seltsame Grillen ins Hirn und folgte doch keinem einzigen Einfall, den ich kriegte: Einmal kam mirs in Sinn, ich sollte den Krieg quittieren, mich irgends hinsetzen und mit einem schmutzigen Maul zum Fenster naussehen; aber geschwind reute michs wieder, vornehmlich da ich bedachte, was für ein freies Leben ich führte und was für Hoffnung ich hatte, ein großer Hans zu werden; da gedachte ich dann: Hui Simplici, laß dich adeln und wirb dem Kaiser ein eigene Kompagnie Dragoner aus deinem Säckel, so bist du schon ein ausgemachter junger Herr, der mit der Zeit noch hoch steigen kann. Sobald ich aber zu Gemüt führte, daß meine Hoheit durch ein einzig unglücklich Treffen fallen oder sonst durch einen Friedenschluß samt dem Krieg in Bälde ein End nehmen könnte, ließ ich mir diesen Anschlag auch nicht mehr belieben. Alsdann fing ich an, mir mein vollkommen männlich Alter zu wünschen, denn wenn ich solches hätte, sagte ich zu mir selber, so nähmest du ein schöne junge reiche Frau, alsdann kauftest du irgends einen adeligen Sitz und führtest ein geruhiges Leben; ich wollte mich auf die Viehzucht legen und mein ehrlich Auskommen reichlich haben können, da ich aber wußte, daß ich noch viel zu jung hierzu war, mußte ich diesen Anschlag auch fahren lassen. Solcher und dergleichen Einfäll hatte ich viel, bis ich endlich resolvierte, meine besten Sachen irgendhin in einer wohlverwahrten Stadt einem begüterten Mann in Verwahrung zu geben und zu verharren, was das Glück ferner mit mir machen würde. Damals hatte ich meinen Jupiter noch bei mir, denn ich konnte seiner nicht los werden; derselbe redte zu Zeiten sehr subtil und tat etliche Wochen gar klug sein, hatte mich auch über alle Maßen lieb, weil ich ihm viel Guts tat, und demnach er mich immer in tiefen Gedanken gehen sah, sagte er zu mir: »Liebster Sohn, schenket Euer Schindgeld, Gold und Silber weg.« Ich sagte: »Warum mein lieber Jove?« »Darum«, antwortet' er, »damit Ihr Euch Freunde dadurch machet und Eurer unnützen Sorgen los werdet.« Ich sagte, daß ich lieber gern mehr hätte. Darauf sagte er: »So sehet, wo Ihr mehr bekommt; aber auf solche Weis werdet Ihr Euch Euer Lebtag weder Ruhe noch Freunde schaffen, laßt die alten Schabhäls geizig sein, Ihr aber haltet Euch, wie es einem jungen braven Kerl zustehet, Ihr sollt noch viel eher Mangel an guten Freunden als Geld erfahren.« Ich dachte der Sach nach und befand zwar, daß Jupiter wohl von der Sach redte, der Geiz aber hatte mich schon dergestalt eingenommen, daß ich gar nit gedachte etwas hinzuschenken, doch verehrte ich zuletzt dem Kommandanten ein paar silberne und übergoldte Duplet, meinem Hauptmann aber ein paar silberne Salzfässer, damit ich aber nichts anders ausrichtete, als daß ich ihnen nur das Maul auch nach dem übrigen wässerig machte, weil es rare Antiquitäten waren; meinem getreuesten Kameraden Springinsfeld schenkte ich zwölf Reichstaler, der riet mit dagegen, ich sollte mein Reichtum von mir tun oder gewärtig sein, daß ich dadurch in Unglück käme, denn die Offizier sähen nicht gern, daß ein gemeiner Soldat mehr Geld hätte als sie; so hätte er auch wohl ehemals gesehen, daß ein Kamerad den andern ums Gelds halber heimlich ermordet; bisher hätte ich wohl heimlich halten können, was ich an Beuten erschnappt, denn jedermann glaubte, ich hätte alles wieder an Kleider, Pferd und Gewehr gehängt, nunmehr aber würde ich niemand kein Ding mehr verkleiben oder weis machen können, daß ich kein übrig Geld hätte, denn jeder machte den gefundenen Schatz jetzt größer als er an sich selbst sei, und ich ohnedas nicht mehr wie hiebevor spendiere; er müsse oft hören, was unter der Bursch für ein Gemurmel gehe, sollte er an meiner Statt sein, so ließe er den Krieg Krieg sein, setzte sich irgend hin in Sicherheit und ließ den lieben Gott walten. Ich antwortet: »Hör Bruder, wie kann ich die Hoffnung, die ich zu einem Fähnlein habe, so leichtlich in Wind schlagen?« »Ja ja«, sagte Springinsfeld, »hol mich dieser und jener, wenn du ein Fähnlein bekommst, die anderen, so auch darauf hoffen, sollten dir ehe tausendmal den Hals brechen helfen, wenn sie sehen, daß eins ledig und du bekommen solltest, lehre mich nur keine Karpfen kennen, denn mein Vater ist ein Fischer gewesen. Halt mirs zugut Bruder, denn ich habe länger zugesehen, wie es im Krieg hergehet, als du; siehest du nicht, wie mancher Feldweibel bei seinem kurzen Gewehr grau wird, der vor vielen eine Kompagnie zu haben meritierte, vermeinest du, sie seien nicht auch Kerl, die etwas haben hoffen dürfen? zudem so gebühret ihnen von Rechts wegen mehr als dir solche Beförderung, wie du selber erkennest.« Ich mußte schweigen, weil Springinsfeld aus einem teutschen aufrichtigen Herzen mir die Wahrheit so getreulich sagte und nicht heuchelte, jedoch biß ich die Zähne heimlich übereinander, denn ich bildete mir damals trefflich viel ein.
Doch erwog ich diese und meines Jupiters Reden sehr fleißig und bedachte, daß ich keinen einzigen angebornen Freund hätte, der sich meiner in Nöten annehmen oder meinen Tod, er geschehe heimlich oder öffentlich, rächen würde; auch konnte ich mir leicht einbilden, wie die Sach an sich selbsten war, dennoch aber ließ weder mein Ehr- noch Geldgeiz zu, viel weniger die Hoffnung groß zu werden, den Krieg zu quittiern und mir Ruhe zu schaffen, sondern ich verblieb bei meinem ersten Vorsatz, und indem sich eben eine Gelegenheit auf Köln präsentierte, (indem ich neben hundert Dragonern etliche Kaufleut und Güterwagen von Münster dorthin konvoyiern helfen mußte), packte ich meinen gefundenen Schatz zusammen, nahm ihn mit und gab ihn einem von den vornehmsten Kaufleuten daselbst gegen Aushändigung einer spezifizierten Handschrift aufzuheben, das waren vierundsiebenzig Mark ungemünzt fein Silber, fünfzehen Mark Gold, achtzig Joachimstaler und in einem verpetschierten Kästlein unterschiedliche Ringe und Kleinodien, so mit Gold und Edelgesteinen achthalb Pfund in allem gewogen, samt 893 antikischen gemünzten Goldstück, deren jedes anderthalbe Goldgulden schwer war. Meinen Jupiter bracht ich auch dahin, weil ers begehrte und in Köln ansehenliche Verwandte hatte, gegen dieselben rühmte er die Guttaten, die er von mir empfangen, und machte, daß sie mir viel Ehr erwiesen. Mir aber riet er noch allezeit, ich sollte mein Geld besser anlegen und mir Freunde dafür kaufen, die mir mehr als das Gold in der Kisten nutzen würden.