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Wie das Feuer in die Welt kam

Früher kannte man in allen Dörfern das Feuer nicht. Es saß in der Scham eines alten großen Weibes, das tief hinten im Bergwalde lebte. Wenn sie sich Speisen im Topfe kochen wollte, setzte sie sich mit gespreizten Beinen auf den Boden und erwärmte mit dem Feuer aus ihrer Scham das Essen; wenn es gar war, aß sie. Die Leute in den Dörfern aber aßen die Taros roh, die Fische legten sie an der Sonne zum Dörren hin, und verzehrten sie dann, ebenso machten sie es mit den Schweinen und Hunden; das Blut tranken sie.

Eines Tages gingen zwei Jünglinge, zwei Freunde aus Bilibili, in den Wald von Jam und kamen an das Feld des alten Weibes. Dort standen herrliche Taros, und sie sprachen: »Den Taro wollen wir stehlen.« Der erste nahm seinen Spaten und stach ihn in die Erde, um die Taros auszugraben. Kaum hatte er es getan, als ihm die Hand plötzlich gelähmt wurde. – – – Die Alte hatte aus einem Verstecke die beiden kommen sehen und wohl gemerkt was sie beabsichtigten. – – – Als der zweite es versuchte, wurden seine Hände ebenso starr ausgestreckt und gelähmt. Und beide konnten sich nicht von der Stelle rühren. Wie dies geschehen war, kam das alte Weib und sagte: »Was macht ihr denn hier?« Die beiden Jungen zitterten und bebten an allen Gliedern und dachten: »O weh! nun wird sie uns wohl erschlagen und auffressen.« Sie sprachen zur Alten: »Du willst uns wohl erschlagen und auffressen?« Doch das alte Weib antwortete: »Ich werde euch nicht erschlagen und auffressen.« Denn es waren zwei jugendschöne, starke, kräftige Jünglinge, und die Alte mochte sie gern leiden und hatte sie liebgewonnen. Sie holte Taros, pflückte Bananen, schnitt Zuckerrohr und schleppte allerlei andere Eßbarkeiten herbei, ging darauf auf die Jünglinge zu, besprach ihre Hände, und die Lähmung war verschwunden. Sie sagte zu ihnen: »Bindet die Bananen, den Taro und das Zuckerrohr an ein Tragholz, nehmt es über die Schultern, und dann kommt mit mir nach meiner Hütte.«

Sie gingen in das Dorf des alten Weibes und blieben bei ihr. Die Alte schälte die Taros und kochte sie in einem großen tönernen Topf. Die beiden Jünglinge dachten: »Wir essen doch den Taro roh, was für einen Taro mag sie denn da haben, daß sie es so treibt?« Wie sie noch so dachten, kam die Alte, spreizte die Beine auseinander, tat die Taros in das Wasser; das Feuer aus ihrer Scham erwärmte den Topf und die Taros. Hell loderten die Flammen, und heißer, weißer Dampf stieg empor. So etwas hatten die Jünglinge noch nicht gesehen. Als die Taros eine Weile gekocht waren, nahm die Alte einen Pfeil, stach in die Taros, hob sie heraus und füllte damit eine große Schüssel. Die setzte sie vor die beiden hin und forderte sie auf, sich daran gütlich zu tun. Alles was die beiden jedoch genaßen, mußten sie wieder erbrechen. Allein der Geruch des Dampfes zwang sie zum Erbrechen. Eben, weil sie Schweine, Fische und Taros roh gegessen hatten, mußten sie jetzt die Speisen erbrechen. Weil sie aber Hunger hatten und schließlich nichts anderes da war, aßen sie die Taros. Sie dachten: »Vielleicht werden wir bald sterben.« Die Alte hatte alles wohl bemerkt und sagte: »Bei euch zu Hause gibt es kein Feuer. Ihr habt die Speisen roh gegessen und nun erbrecht ihr sie. Weil euch der Geruch des Dampfes von den Speisen in die Nase steigt, müßt ihr erbrechen. Doch, eßt nur ohne Angst, ihr werdet daran nicht sterben.« Da aßen sie alles auf. Und sie blieben lange Zeit bei der Alten, die sie liebgewonnen hatte; Monat auf Monat verging.

In ihrem Heimatdorf sprachen die Väter und Mütter: »Unsere Söhne sind in der Ferne verloren gegangen,« und bereiteten die Totenfeier. Aber die beiden Jungen bekamen Heimweh, und eines Tages sagten sie zu der Alten: »Höre, wir möchten nach Hause.« – »Ei, ei,« antwortete die Alte, »ihr wollt nach Hause?« und sie setzte hinzu: »Übermorgen könnt ihr gehen, drei Tage lang möchte ich mich noch mit euch freuen.« Nach drei Tagen legten die Jünglinge im Männerhause all' ihren Schmuck an, und das alte Weib sprach zu den beiden: »Wenn ich schlafe, kommt und zupft mir ein Haar aus meiner Scham. Tut es in eine Büchse, dann wird es warm bleiben und nicht erlöschen.« Als sie sich fertig geschmückt hatten, erhoben sie sich, holten eine Büchse, und da die Alte gerade schlief, zupften sie ihr drei Haare aus der Scham. Das Feuer flackerte hell auf und verbrannte dem einen Jüngling die Hand. Er schrie laut auf und rief: »O, Großmütterchen, das Feuer verbrennt mir die Hand.« Von dem Lärm erwachte die Alte; sie stand auf, blies das Feuer aus und besprach die Hand des Jungen, so daß keine Wunde zurückblieb. Dann zupfte sie sich selber drei Härchen aus, die nur eine kurze Flamme gaben, legte sie in die Büchse und drückte sie ihnen in die Hand. Mit dem Feuer und vielen reichen Schätzen an Bananen und Taros beladen zogen die Jünglinge ab. Sie gingen fort. Unterwegs wurden sie hungrig. Wie sie es bei der Alten gesehen hatten, sammelten sie Reisig, zerkleinerten und schütteten es auf einen Haufen. Dann holten sie ein dürres Kokosblatt und schoben es in die Büchse. Es wurde warm, und wie es glühte, bliesen sie die Flamme an. Als das Feuer brannte, brieten sie die Taros und Bananen und aßen sie. Da fühlten sie sich neu gekräftigt und zogen ihres Weges. Sie gingen weiter, gingen weiter bis nach ihrem Dorf. Dort fragten sie ihre Väter und Mütter: »Woher kommt ihr denn? Wir dachten, ihr wäret tot.« Sie aber antworteten: »Wir waren im Walde spazieren gegangen.« – »Wirklich?« Dann setzten sie ihnen Speisen vor, damit sie äßen. Doch die Jungen mochten die rohen Speisen nicht mehr. Sie holten sich daher frische Taros, machten an einem verborgenen Orte Feuer an, rösteten die Taros und verzehrten sie. Am nächsten Morgen erstachen sie ein Schwein, schlugen Hunde tot, holten Taros und Bananen und schütteten sie zu einem Haufen auf. Dann sagten sie zu ihren Müttern: »Kommt und schält Taros!«, sagten zu ihren Vätern: »Kommt und zerlegt die Hunde und Schweine!« Sie holten selber etliche Töpfe, setzten sie auf Baumstämme, richteten sie aus, daß sie festlagen, holten Reisig, zerkleinerten es, legten es in die Sonne zum Trocknen, suchten trockene Kokosblätter, schoben Reisig unter, schoben die Kokosblätter noch tiefer, um nun die Taros und das Schweinefleisch zu kochen. Dazu gossen sie Wasser, pflückten breite Blätter und deckten damit die Töpfe zu. Die Väter schüttelten die Köpfe zu ihrem Tun und sprachen: »Wozu machen sie das?«

Der eine Jüngling sagte zum andern: »Geh' und hole die Büchse.« Der holte die Büchse. Dann stellten sie sich an das eine Ende der Baumstämme, rissen ein dürres Kokosblatt als Zunder heraus und schoben es in die Büchse. Da wurde der Zunder warm; als er glühte, schoben sie ihn tief unter die Baumstämme, bis das Reisig brannte, die Flamme loderte und emporstieg. Die Umstehenden erstaunten: »Woher haben sie nur das Feuer bekommen?« sprachen sie. Die Jünglinge antworteten: »Wir sahen es im Walde liegen, da nahmen wir es mit.« Den rechten Ursprung verschwiegen sie; sie schämten sich der alten Frau. Die Speisen wurden gar, der Dampf stieg empor, und gegen Abend hoben sie die Speisen ab, schütteten sie aus und gaben sie den Leuten zu essen. »Ei,« sagten die, »das ist schön, das schmeckt gut. Früher haben wir es dumm gemacht, als wir Taro, Schwein, Fisch und Hund roh aßen. Dies ist aber eine feine Kunst; so wollen wir es in Zukunft immer machen und dann essen.«

Von allen Seiten kamen die Nachbarn herbei und kauften sich Feuer, nahmen es mit und entfernten sich. Sie gingen in ihre Dörfer und aßen fortan keine ungekochten Speisen mehr.

So verschaffte die spät erwachte Liebe der Alten uns das Feuer.

»Engadema hema!« sprach Ngomu, »also ist es fertig!«

*

Fertig war unsere Unterhaltung; denn schon hatte der Trompeter das Signal zum Essen geblasen. Und welcher Eingeborene läßt sich zurückhalten wenn es irgendwo etwas zu essen gibt? – – –

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Drei polynesische Geschichten


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