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XII. Kapitel.

Urphede. – Malefizhandlungen. – Anzeichen zur peinlichen Frage. – Gotteslästerung. – Zauber- und Hexenwesen. – Majestätsverbrechen und Landesverrat. – Münzfälschung. – Amtsmissbrauch. – Bestialität und Sodomie. – Ehebruch. – Bigamie. – Todschlag. – Mord. – Giftmischerei. – Diebstahl. – Strassenraub. – Brandstiftung und Mordbrennerei. – Ehrenbeleidigungen durch Schriften oder Abbildungen. – Schlussartikel der Theresiana.

Besonders anmutend ist das Bild nicht, das uns, nach vorhergegangener Darstellung die Tortur der Theresiana bietet, trotzdem mit Worten oft der Versuch gemacht wird, die Tat selbst der milderen Anschauung einer neuen Zeit näher zu bringen. So sehr sich dieses Gesetzbuch auch bemüht, die peinliche Frage auf Schritt und Tritt zu regeln und vorzuschreiben, in den Hauptpunkten ist sie doch bemüssigt, ebenso wie alle ihre Vorgängerinnen, die Sache dem billigen Ermessen des Richters anheimzustellen. Im Grunde genommen unterscheidet sie sich kaum zu ihrem Vorteil von der Karolina und anderen Rechtsvorschriften dieser Art, ja manches mutet uns sogar noch grausamer an, vielleicht nur, weil es der Zeit und dem Ausdruck nach unserem heutigen Fühlen und Denken viel näher steht als die um Jahrhunderte älteren Vorgängerinnen.

Auch die Theresiana schreibt (Artikel XLVI) die Urphede vor, die gerichtliche Angelobung, dass der freigesprochene oder mit einer geringeren Strafe oder Verweisung belegte Angeklagte nach seiner Freilassung sich nicht rächen werde, oder in das verwiesene Gebiet nicht zurückkehren werde. In einigem weicht aber auch diese Urphede-Vorschrift von dem früheren Brauch ab: »§ 2. Die Urphede-Abnehmung ist in jenen Fällen, wo es auf eine Verweisung aus oder in einen gewissen Bezirk ankömmt, allzeit notwendig. Dahingegen die Abforderung der Urphede wegen nicht ausübende Rache der vernünftigen Willkür der Blutgerichte anheim gelassen wird, welche nach billigem Ermessen, besonders in Fällen, wo man sich zu einem boshaften und gefährlichen Täter einer Rachgierigkeit gar wohl versehen mag, solche Urphede abnehmen, in geringeren Fällen aber, und wo keine Vermutung einer Rache vorhanden ist, den bestraft oder unbestraft entlassenen Inquisiten mit der Urphedeablegung verschonen können.

§ 3. Bisher ist insgemein üblich gewesen, dass die Urpheden mit einem leiblichen Eid haben bekräftigt werden müssen, und dass leichtfertige Leute, welche die Urphede einmal, auch zweimal boshaft gebrochen, ungeachtet ihres vorherigen Meineides zum zweiten und dritten Mal zur neuen Urphede-Schwörung verhalten werden. Damit aber in Zukunft solche bei erbosten Gemütern gewöhnliche Eidbrechung und andurch erfolgende freventliche Verunehrung des göttlichen Namens vermieden werde, so wollen Wir die eidliche Beteuerung der Urpheden (wenn nicht etwa eine solche von Unseren Obergerichten oder von Uns selbst aus erheblichen Ursachen ausdrücklich anbefohlen wurde) hiermit aufgehoben, dagegen aber bei den ungeschworenen oder gemeinen Urpheden in Betreff deren auf die Urphedebrechung unten im zweiten Teil dieser Gerichtsordnung ausgemessenen Strafen eben die Kraft und Wirkung, als ob sie mit leiblichem Eid bestätigt worden wären, beigelegt haben.«

Wir finden also auch hier dieselbe Halbheit und Zwiespältigkeit, die sich durch das ganze Gesetzbuch äussert. Die Urphede wird aufgehoben, um nicht zu Eidesbrauch zu veranlassen, und anderseits wieder dennoch beibehalten und deren Bruch unter Strafe gestellt. Wie in Indiens Mythologie sehen wir auch hier im ewigen Kampfe Ahura mazda und Anhro mainyus: Ormudz und Ahriman.

»§ 4. Die Form der Urphede wegen angelobter Enthaltung von aller Rache geht wesentlichen Inhalts dahin, dass der Entlassene oder Verurteilte, weder für sich selbst, noch durch andere gegen den Richter, dessen Beisitzer, Beamten, Untertanen, oder deren Grund und Boden etc. zu keiner Zeit dasjenige, was ihm vorgenommen worden, auf eigene Weise, wie die immer erdacht werden möchte, rächen, sondern in allem dem Urteil nachkommen solle und wolle; und kann solche Urphede beiläufig also lauten:

Ich N. N. bekenne hiermit Kraft dieser bündigen (allenfalls aber geschworenen) Urphede, dass, nachdem ich in das Hochgericht N. geliefert, auch wegen der wider mich vorgekommenen Inzichten mit mir peinlich verfahren, sohin durch Urteil und Recht erkannt worden: dass (allhier ist der Inhalt des Urteils zu setzen) also gelobe, verspreche und sage ich zu bei meiner strengsten Verbindung (allenfalls bei meinem körperlichen Eid), dass ich weder an der Grund- noch Halsgerichtsobrigkeit, deren Untertanen, Angehörigen, oder sonst jemand andern, wer der auch sei, auf, keinerlei Weise, noch Weg einige Gewalt, noch Rache, weder durch mich, weder durch andere meinetwegen, der mit mir vorgehabten gerechtlichen Handlungen halber suchen, selbst üben, Ursache geben, noch dazu auf einige Weise Beihilfe tun, sondern alles sowohl bei mir, als bei den Meinigen in ewiges Vergessen stellen, auch dem Urteil in allem nachkommen wolle und solle. Zum Fall aber ich für mich selbst, oder durch jemand andern meinetwegen, obbesagter, gegen mich rechtsmässig vorgenommener Handlungen halber das Geringste sowohl gegen die Grund- als Halsgerichtsobrigkeit tun, rächen, oder auch deshalben bedrohlich sein würde, soll gegen mich, als gegen einen treulosen (oder meineidigen) Urphedebrecher ohne alle Gnade nach Ausweisung der Halsgerichtsordnung verfahren werden. Urkund dessen habe ich diese Urphede mit meinem Handstreich (mit meinem körperlichen Eid) bekräftigt, auch solche mit Handschrift und Petschaft gefertigt dem Halsgericht zugestellt. So beschehen zu N. den N. Tag des N. Monats in dem N. Jahr.«

Der Bruch der Urphede wurde streng bestraft, unter Umständen sogar mit Enthauptung. Bemerkt sei jedoch, dass es die Theresiana angemessen findet, ausdrücklich zu bemerken (§ 9), dass eine solche abgelegte Urphede keinesfalls behindern soll, dass jemand der dartun kann, dass mit ihm unrecht oder widerrechtlich verfahren worden sei, »dagegen seine billigen Beschwerden bei der höheren Behörde einzubringen und die rechtliche Genugtuung anzubegehren befugt verbleibe.« Diese Bestimmung lassen die früheren Halsgerichtsordnungen vermissen. Es ist indess fraglich, ob dieser ein praktischer Wert beizumessen war, ob dieses »Dartun« des Unrechts nicht dahin verstanden sein will, dass der Beschwerdeführer nur dann nicht als Urphedebrecher galt, wenn die höhere Behörde anerkannte, dass ihm ein Unrecht widerfahren sei.

Wir müssen nunmehr den bereits wiederholt erwähnten »Anderten Theil der allgemeinen peinlichen Gerichtsordnung von den halsgerichtsmässigen Verbrechen insonderheit, und deren Straffen seu de delictis in specie, eorumque poenis« in Betracht ziehen, soweit er auf die Anwendung der Tortur sich bezieht. Der erste Artikel, der fortlaufend als fünfundvierzigster bezeichnet ist, zählt die Verbrechen auf, die als Malefizhandlungen zu gelten hatten. In den nachfolgenden Artikeln werden diese Verbrechen näher erörtert und überall auch die Anzeichen angeführt, die zur Vornahme der Tortur berechtigen sollten. Sie lauten:

Gotteslästerung (Art. LVI, § 7). Anzeichen zur peinlichen Frage. Wenn der Gefangene die Gotteslästerung leugnet und neben einem, obschon tadelhaften Zeugen, ansonst noch gemeine oder absonderliche rechtliche Vermutungen vorhanden sind, welche zusammengenommen eine zur Tortur hinlängliche Inzicht ausmachen, besonders wenn man in der Nachforschung bei ihm oder in seiner Wohnung, wo er allein ist, sichtbare Zeichen, als das verletzte Crucifix, durchstochene, zerschnittene, durchschossene, oder anderwegs verunehrte Bilder und Heiligtümer, gotteslästerische, mit des Inquisiten eigener Hand geschriebenen Sachen und dergleichen Funde, soll der Täter bei anhaltenden Leugnen nach vorherigen Beiurteil an, die peinliche Frage gelegt werden. Welcher peinlicher Vorgang aber allemal mit behutsamsten Vorbedacht zu geschehen hat, wie in dem ersten, Teil dieser peinlichen Gerichtsordnung Art. XXXVIII die Richter ohnehin, deutlich angewiesen sind, was sie vor und bei Erkennung der Tortur zu beobachten haben.

§ 8. Die absonderlichen Fragestücke können ungefähr in Folgendem bestehen:

Ob er nicht (nach Ausweisung dessen, was die Angebung oder Nachforschung mit sich bringt) Gott gelästert habe?

Mit was für Worten oder Taten?

Wie oft?

An welchen Orten?

Zu welcher Zeit?

In wessen Gegenwart?

Ob ihn jemand, wer, und wie oft gewarnt oder abgemahnt?

Warum er nach geschehener Warnung und Abmahnung gleichwohl zu lästern fortgefahren?

Ob er gewusst, dass er Gott hierdurch lästere?

Was ihn hierzu bewogen und aus was für Gemütsmeinung er es getan?«

Etwas näher müssen wir uns mit Artikel LVIII beschäftigen, der, »von der Zauberei, Hexerei, Wahrsagerei und dergleichen« handelt, Dinge, die auch sonst etwas eingehender hier behandelt wurden.

»§ 1. Durch die Zauberei, Schwarzkünstlerei, Hexerei und dergleichen wird insgemein ein solches Laster verstanden, da wer mit dem Teufel Umgang und Gemeinschaft zu haben, mit selben ein ausdrückliches, oder heimliches Bündnis einzugehen, und mit solcher bedungener Hilfe des Teufels verschiedene über die menschliche Macht und Kräften sich erstreckende Dinge mit oder ohne fremder Beschädigung hervorzubringen und so geartete Untaten auszuüben sich anmasst.

§ 2. Unter diese Gattung böser Leute werden nach Unterschied allerhand Handlungen und bösen Wirkungen gemeiniglich gezählt; die sogenannten Geisterbeschwörer oder Teufelsbanner, abergläubische Segensprecher, Bockreiter, Wahrsager, Unholde, Trute, und sofort, auch alle, welche wissentlich mit Hilfe und Bewirkung des Teufels was dergleichen, so nach Ordnung und dem Laufe der Natur nicht geschehen würde, zu tun, oder dasjenige, was nach dem gemeinen Naturlauf zu erfolgen hat, zu hindern, und überhaupt was immer für eine Handlung mit gesuchtem teuflischem Beistand zu unternehmen sich erfrechen.

§ 3. Wie weit aber der Wahn von Zauber- und Hexenwesen bei; vorigen Zeiten bis zur Ungebühr angemessen sei, ist nunmehr eine allbekannte Sache. Die Neigung des einfältigen, gemeinen Pöbels zu abergläubischen Dingen hat hierzu den Grund gelegt, die Dummheit und Unwissenheit als eine Mutter der Verwunderung und des Aberglauben hat solchen befördert, woraus dann, ohne das Wahre von dem Falschen zu unterscheiden, bei dem gemeinen Volk die Leichtgläubigkeit entsprungen, alle solche Begebenheiten, die selbes nicht leicht begreifen kann, und doch nur aus natürlichen Zufall, Kunst oder Geschwindigkeit herrühren, ja solche Zufälle, die ganz natürlich sind, als Ungewitter, Viehunfall, Leibeskrankheiten etc. dem Teufel und seinen Werkzeugen, nämlich den Zauberern und Hexen etc. zu schreiben. Diese Begriffe von zahlreichen Zauber- und Hexengeschmeiss wurden von Alter zu Alter fortgepflanzt, ja den Kindern fast in der Wiege mit fürchterlichen Geschichten und Märlein eingeprägt und andurch solcher Wahn allgemein verbreitet und immer mehr und mehr bestärkt. Auch selbst in Abführung dergleichen Prozesse ist von den ersten Rechtsregeln grossenteils abgewichen worden.

§ 4. Gleichwie Wir nun gerechtest beeifert sind die Ehre Gottes nach all Unsern Kräften aufrecht zu erhalten, und dagegen alles, was zu deren Abbruch gereicht, besonders aber die Unternehmung zauberischer Handlungen auszurotten, so können Wir doch keineswegs gestatten, dass bei Anschuldigung dieses Lasters aus eitlen alten Wahn, blosser Besagung und leeren Argwöhnigkeiten wider Unsere Untertanen etwas Peinliches vorgenommen, sondern Wir wollen, dass gegen Personen, die der Zauberei und Hexerei verdächtig werden, allemal aus rechtserheblichen Inzichten, und überhaupt mit Grund und rechtlichen Beweis verfahren werden soll, und hierinfalls hauptsächlich auf folgenden Unterschied das Augemerk zu halten sei: ob die der beinzichtigten Person zur Last gehende, den Anschein einer Zauberei oder Hexerei und dergleichen auf sich habende Anmassungen, Handlungen und Unternehmungen entweder 1mo. aus einer falschen Vorstellung oder Erdichtung und Betrug, oder 2do. aus einer Melancholie, Verwirrung der Sinne und Wahnwitz, oder aus einer besondereren Krankheit herrühren; oder 3tio. ob eine Gott und ihres Seelenheils vergessene Person solcher Sachen, die auf ein Bündnis mit dem Teufel abzielen, sich zwar ihres Orts ernsthaft, jedoch ohne Erfolg und Wirkung unterzogen habe; oder ob 4to. untrügliche Kennzeichen eines wahren zauberischen, von teuflischer Zutuung, herkommen sollendes Unwesen vorhanden zu sein erachtet werden.

Ersteres kann geschehen, wenn eine gottlose Person aus Gewinn oder anderen gefährlichen Absichten, aus Frevelmut oder sonstiger Bosheit, oder wohl gar aus Verzweiflung sich für einen Wahrsager, Zauberer, Bockreiter, Hex, Unhold und dergleichen selbst ausgiebt, oder sich zauberischer Wissenschaft, Künste und Taten, oder eines mit dem Teufel habenden Bündnisses oder eines zauberischer Weise zugefügten Schadens, so entweder gar nicht geschehen, oder aus natürlicher Ursache entstehen können, sich rühmt, oder aber in der Tat zwar allerhand Schaden, jedoch mit Gift und anderen natürlichen schädlichen Sachen angerichtet hat, in der Hauptsache jedoch ausser der Inquisiten blosser Angabe kein sicherer Grund einer wahren unterlaufenen Zauberei oder Hexerei vorhanden ist.

Wegen des anderen Falls ist gar nichts Seltsames und giebt es die Erfahrung, dass melancholische, sinnverrückte, oder mit ausserordentlichen Krankheiten behaftete Leute sich von allerhand phantastischen Sachen einen lebhaften Eindruck machen, auch das, was nicht ist, von sich glauben und in solcher ihrer Gemütsverirrung allerlei närrische Dinge begehen können.

In betreff des dritten Falls hat gleichsam die Erfahrung genugsam bewiesen, dass gottvergessene Leute, in der bösen Meinung und Anhoffnung, dass ihnen der Teufel Hilfe und Beistand leisten könne, und das Verlangte verschaffen werde, mittelst dessen Berufung und Beschwörung, auch mittelst schriftlich oder mündlich erzeigter Bereitwilligkeit ihm ihren Leib und ihre Seele zu verschreiben, ihres Orts zwar alles tun, was zur Bewerkung einer wahren Zauberei nach der oben im § 1 ein kommenden Beschreibung erforderlich ist, jedoch ungeachtet aller ihrer eifrigen Bestrebungen einer angehofften Hilfeleistung nicht teilhaft geworden sind, somit solch ihr gottloses Unternehmen ohne Wirkung, in dem blossen Versuch der Zauberei sich beschränkt hat. Belangend endlich

den vierten Fall einer wahrhaft anscheinenden Zauberei, Hexerei und dergleichen, da ist weder aus der blossen Aussage eines Inquisiten, der etwa mit dem Teufel einen Bund gemacht zu haben, oder allerlei Dinge von Luftfahrten, Hexentänzen und dergleichen angiebt, weder aus eitlen Argwohn und betrüglichen Vermutungen, weder eins solchen Sachen, die zufällig oder aus eigener Bosheit des Täters natürlich geschehen können, nicht gleich, und und so schlechterdings auf eine ausdrückliche Verbindung mit dem Teufel und auf eine wahre Zauberei und Hexerei der Schluss zu ziehen, sondern vielmehr in zweifelhaften Fällen allemal dafür zu halten, dass dergleichen Bekenntnisse oder so gestaltete Unternehmungen aus Betrug und boshafter Vorstellung, oder gestalteten Dingen nach aus Wahnwitz und Sinnverrückung, oder lediglich aus einer unwirksamen Bestrebung geschehen seien. Dahingegen nur allein in jenen etwa vorkommen mögenden Begebenheiten, wo die erweislich von dem Inquisiten begangene Dinge oder verübten Untaten ganz unbegreiflich und keine natürliche Sache derselben angegeben werden kann, die Vermutung statt haben mag, dass eine solche Untat, welche nach dem Lauf der Natur von einem Menschen für sich selbst nicht hat bewerkstelligt werden können, mit bedungener Zutat und Beistand des Satans aus Verhängnis Gottes geschehen sei, folgsam in Ansehnung der Person, die eine so geartete Untat angerichtet hat, eine wahre Zauberei oder Hexerei darunter stecken müsste, welch letzterer Fall Unsere hierunter § 7 und § 12 vers. 4 einkommende Verordnung zu beobachten ist.«

Die angeführten Stellen gebieten nämlich, dass derlei Prozesse ohne Urteilfällung an das Obergericht und von diesem an die Kaiserin abzugeben sei. Bemerkt wird dazu, dass zufolge der schon früher verordneten grösseren Sorgfalt bei derartigen Prozessen die heilsame Wirkung eingetreten sei, dass unter der Regierung Maria Theresias »kein wahrer Zauberer, Hexenmeister oder Hexe entdeckt werden konnte, sondern derlei Prozesse allemal auf eine boshafte Betrügerei, oder eine Dummheit und Wahnwitzigkeit des Inquisiten, oder auf ein anderes Laster hinausgelaufen seien, und sich mit empfindlicher Bestrafung der Betrügerei oder sonstigen Übeltäters, oder mit Einsperrung des Wahnwitzigen geendet haben.« Überhaupt machen alle diese Bestimmung über Zauberwesen und Hexerei den Eindruck, als glaubte deren Verfasser oder Urheber selbst nicht mehr an diesen Wahn und als scheute er nur aus konfessionellen oder staatspolitischen Gründen solches klipp und klar weg zum Ausdruck zu bringen. Dass die Vorurteile zu jener Zeit selbst in richterlichen Kreisen noch mächtig waren, beweist unter anderem auch nachfolgende Bestimmung.

»§ 6. Wir verbieten aber den Richtern hiermit ernstgemessen und wollen, dass sich in Nachforschung auf dieses Laster von ungewissen und betrüglichen Erkundigungsmitteln (als da ist die Aufsuchung eines Teufelszeichens oder Hexenmals, und derentwegen Besichtigung und Nachsuchung an geheimen Orten, oder Abscherung der Hare am ganzen Leibe, oder Eingebung eines Getränks, oder Beschmierung mit allerhand Salben zur vermeintlichen Auflösung einer vom Teufel verursachten Reckung, oder die Verhinderung, dass der Zauberei Verdächtige keinen grünen Erdboden betreten möge, oder die Erforschung durch das kalte Wasser, und was dergleichen nichtige und teils selbst abergläubische Zaubergegenmittel vormals üblich gewesen sein dürften) allerdings bei widrigen Falls zu befahren habender schärfster Ahndung enthalten werden soll.«

Von den zur Vornahme der Tortur erforderlichen Anzeichen heisst es:

»§ 10. Die Anzeichen zur peinlichen Frage sind nur allein jenen Falls, wo zugleich grosse Beschädigung an Leuten, Vieh oder Feldfrüchten geschehen, oder andere die Todesstrafe nach sich ziehende Missetaten dazustossen, nach der Eigenschaft solcher Verbrechen aus der Tat und deren Umstände zu erheben, und da solcher anderweitiger Misshandlungen halber genügsame Inzichten vorhanden sind, mit dem Inquisiten im Leugnungsfalle gemeiner Ordnung nach zur Tortur vorzuschreiten. Wenn es aber lediglich um das Laster einer anscheinend wahren Zauberei oder Hexerei zu tun wäre, da gestatten Wir, wegen Wichtigkeit der Sache keinerdings, dass die nachgesetzten Gerichte gegen eine der Zauberei oder Hexerei berüchtigten Person (wie beträchtlich immer die diesfälligen Anzeichen sein dürften) für sich selbst eine Tortur verhängen mögen, sondern dieselbe haben allemal nach vollführter Inquisition solchen Vorfall mit allen Umständen und Anzeichen an Uns durch das Obergericht einzuberichten, wie bereits hieroben §7 angeordnet worden.

§ 11. Die besonderen Fragstücke, die einem der Zauberei oder Hexerei Verdächtigen vorzuhalten, sind auf die Beschaffenheit der Tat und der dabei unterlaufenen Umstände schicksam einzurichten, sonderheitlich aber ist derselbe zu befragen:

Erstlich: wenn es aus boshafter Vorstellung geschehen: aus was für Ursache und Absichten er solche Handlungen unternommen? Wer ihm dazu Anleitung und Unterricht gegeben?

Ob er in solchen Unternehmungen Gespäne und Mitgehilfen gehabt und wer dieselben seien?

Was sie für ein Verständnis und Verabredung dieserwegen miteinander getroffen?

Welchergestalt und auf was für Weise, durch was für Gelegenheit, zu welcher Zeit, an was für Orten, wie oft und in wessen Gegenwart solche verstellte Handlungen ausgeübt worden?

Ob andurch ein Schaden entstanden, was für einer? und was sonst die Taten und deren Umstände für notwendige Fragen an die Hand geben mögen.

Nach geschehener Aussage muss das Halsgericht allsogleich aller Orten sich eigentlich erkundigen, ob sich das Angegebene so befände, auch ob die Tat und der Schaden, die Menschen, Vieh etc. eingestandenermassen zugefügt worden sich so verhalte. Denn auf ein blosses Bekenntnis, das sich in der Tat nicht vorfindet, ist nicht zu bauen.

Andertens: wenn wahrscheinlich ist, dass dergleichen Dinge aus Wahnwitz, Leibes- oder Gemütskrankheit geschehen sind, soll man die Fragstücke schicklich dahin einleiten, damit der Grad der Vernunftlosigkeit, Phantasie oder sinneverwirrender Krankheit, und ob zur Zeit der unternommenen Handlungen eine oder keine Bosheit oder Schuld mit unterlaufen sei, sicher ausfindig gemacht werden möge. Zu welchem Ende auch dessen Leibes- und Gemütsbeschaffenheit durch öftere Besuche zu prüfen, und ob keine Verstellung darunter stecke auszuforschen, besonders aber dessen wahrer Zustand durch geschickte Leibärzte zu untersuchen sein wird. Hätte aber

Drittens: der Inquisit gottloser Weise, obschon vergebens versucht, mit dem bösen Geist durch dessen Beschwörung, oder anderwegs Umgang und Gemeinschaft zu bekommen und von ihm Hilfe und Beistand zu seinen Absichten zu erlangen, so ist er hauptsächlich um die Art und Weise welchergestalten die Beschwörung und Berufung des Teufels oder die Verschreibung an denselben, mit was für Worten, Werken, Zeremonien und Ausdrücken geschehen sei, auszufragen, um dadurch den Lasterwillen, auf was für Grad der Bosheit derselbe gestiegen, und ob nicht etwa eine Gotteslästerung mit unterlaufen sei, annehmen zu können. Wenn endlich

Viertens: übernatürliche Dinge zauberischer Weise gewirkt worden zu sein scheinen, so ist durch dienliche Fragstücke nachzuforschen, wie und auf was für Art, mit was für Vorbereitung, mit wessen Beihilfe und Zutun er solche Handlungen zuwege gebracht habe, und welchergestalten das etwa vorgegebene Bündnis mit dem bösen Feind beschaffen sei.«

Die für diese angeblichen Missetaten vorgeschriebenen Strafen waren sehr streng. Es wurde die Todesstrafe vollstreckt, wenn Giftmischerei, Brandstiftung und dergleichen Kapitalverbrechen mit im Spiel waren, somit eigentlich nur diese Verbrechen bestraft, wobei jedoch »wegen der sich boshaft angedichteten Teufelskunst« die Todesstrafe noch in üblicher Weise verschärft werden konnte. In milderen Fällen wurde auf Prügelstrafe, Ausweisung und unter Umständen Überführung in eine Heilanstalt erkannt.

Die Anzeichen zur Vornahme der Tortur bei dem »Laster der beleidigten weltlichen Majestät und Landesverräterei (LXI 6) waren

»Erstens: eigenhändige Urkunden und Briefschaften, woraus die bösen Anschläge abzunehmen.

Andertens: jählings Anwerbung einer Mannschaft oder unternommene Zusammenrottung eines Volkes.

Drittens: Von dem Feind angenommene Geschenke und Verheissungen.

Viertens: wenn mehrere aus den oben § 4 und 5 angeführten, oder sonstige Inzichten zusammentreffen und man sich zu der Person des Inquisiten solcher Untat wohl versehen kann.« Bemerkt sei hier, dass die erwähnten Paragraphe die Anzeichen zur Nachforschung und zur gefänglichen Einziehung anführen. »Wobei überhaupt anzumerken: dass, obschon die wesentlichen Stücke des Kriminal-Verfahrens niemals ausser Acht zu lassen, jedoch in diesem so abscheulichen Laster, an dessen Entdeckung dem gesamten Staat zur Abwendung allgemeinen Unheils und Zerrüttung äusserst gelegen ist, zur Anwendung der Tortur keine so gar triftige und unzweifeliche nächste Anzeichen erforderlich seien, und Wir demnach in diesem Laster die nötig befindende Verhängung der scharfen Frage entgegen Personen, die des Hochverrats gar sehr verdächtig sind, der vernünftigen Willkür Unserer Obergerichte überlassen haben wollen; wo jedoch in solchem ausgenommenen Fall nach der oben Art. XXI § 4 gemachten Anordnung das geschöpfte Beiurteil Uns vorher zur höchsten Einsicht und Beaugnehmung zu überreichen ist.« Die vorzulegenden Fragen entsprechen den Fällen von Majestätsbeleidigung und Hochverrat und brauchen hier wohl nicht näher angeführt zu werden.

Die Anzeichen zur peinlichen Frage bei Münzfälschung und dergleichen (LXIII § 4) sind:

»Erstlich, wegen der falschen Münzung:

Wenn in des Verdächtigen Zimmer, Haus, Vorhaus, oder unter seiner Fahrnis falsche Münzen oder Werkzeug oder andere zum Münzen gehörige Sachen, als Münzplatten, oder ungeprägtes Blech, welche der falsch gemünzten Materie gleich sind, gefunden werden.

Wenn der Verdächtigte solche falsche Münzen erweislich ausgegeben und seinen Geber nicht benennen könnte.

Wenn derjenige, der falsches Geld ausgegeben von seiner Hantierung ein Münzer wäre; Umsomehr, wenn ein solcher, der wissentlich falsches Geld ausgegeben, ausser seiner gewöhnlichen Hantierung, somit aus vermutlich böser Absicht, die Wissenschaft zu münzen sich beigelegt hätte.

Andertens, wegen der Münzverfälschung und -Verringerung:

Wenn beschnittenes Geld, oder Abschnittlein, oder abgefeiltes Gold und Silber in beträchtlicher Menge, oder ein zu solchem Ende eigens gewidmetes Werkzeug bei dem Inquisiten angetroffen werden;

Wenn wer solche gefälschte Gelder öfters und in namhaften Betrag ausgegeben, ohne dass er wegen deren rechtmäsigen Überkommen sich gehörig ausweisen könnte.

Drittens wegen der Ausgebung falschen, oder verfälscht guten Geldes:

Wenn der Inquisit, wie hieroben § 2 vers. 3 gemeldet worden, wegen der vorhin gehabten und zur Zeit nicht mehr habenden falschen oder beschnittenen Münzen beschwert ist, und er, wie selbe endlicher Weise von ihm weggekommen nicht darzutun vermag, dagegen aber derlei Münzen, unwissend, von wem, unter die Leute gebracht worden.

Um solcher Ursache halber kann der so schwer Beinzichtigte, jedoch nur in jenen Fällen, wo auf das gar bös geartete Verbrechen nach Unserem Gesetz die Todesstrafe ausgemessen ist, auf sein Leugnen an die scharfe Frage geworfen werden.«

Bei mehreren der nachfolgend angeführten Verbrechen, wie Bestechung von Amtspersonen, Verrat von Amtsgeheimnissen, Treulosigkeit von Anwälten etc., ist die Vornahme der Tortur überhaupt nicht vorgesehen. Erst Artikel LXXII, »von denen die allerhand Falsch begehen«, kommt die Anwendung der peinlichen Frage wieder in Betracht, sofern die Tat so arg ist, dass sie unter Umständen die Todesstrafe nach sich zöge. Bei den meisten der hierzu gehörigen Fälle, wie Verfälschung von Waren, Gewicht und Mass, Siegel und Urkunden, Verrückung von Grenzzeichen und dgl. ist diese Strenge somit von vornherein ausgeschlossen. Die Vornahme der Tortur finden wir jedoch wieder Artikel LXXIV angeordnet, der » von Unkeuschheit wider die Natur« handelt:

§ 4. Anzeichen zu der peinlichen Frage sind ungefähr, wenn der Verdächtigte

Erstlich: an Ort und Ende, so zu der Tat bequem, gesehen, auch (wie im nächst vorhergehenden § gemeldet worden) hierzu bereitet gefunden, oder

Andertens: von dem Knaben oder der missbrauchten Person solches über ihn mit glaublichen Umständen wäre ausgesagt worden, oder

Drittens, wegen solcher begangenen Lastertat sonst ein ziemlicher Beweis vorhanden wäre, und der Täter nichtsdestoweniger im Leugnen stünde, seine Unschuld aber nicht genugsam ausweisen könnte.«

Die vorzulegenden Fragen entsprechen der Beschuldigung und als Bestrafung ist in Fällen der Bestialität die Verbrennung des Schuldigen sowie des von ihm missbrauchten Viehs vorgeschrieben, während Knabenschändung oder sonstige Sodomie mit Enthauptung des Täters und nachfolgender Verbrennung seines Leichnams gebüsst werden sollte. Alle andern widernatürlichen Unkeuschheiten sollten, je nach den Umständen, schärfer oder gelinder bestraft werden. Bei der Blutschande (LXXV) wird als Anzeichen zur peinlichen Frage angeführt: »Wofern ein oder beide Verhaftete die Tat leugnen und über die gemeinen Anzeichen, welche sie nicht zur Genüge von sich abgekehrt und verantwortet hätten, noch andere zur Vornehmung der peinlichen Frage in fleischlichen Sünden genügsame Vermutungen beikämen, soll der Richter zur Erfahrung der gründlichen Wahrheit bewandten Umständen nach zur Tortur vorschreiten.«

Der Artikel LXXVI handelt von der Notzucht, auf die Todesstrafe durch Enthauptung gesetzt war.

§ 4. Die Anzeichen zur peinlichen Frage ergeben sich, da

Erstlich der Beschuldigte entweder die Tat oder den begangenen Notzwang leugnet, die Genötigte aber beständig auf ihrer Aussage bliebe und genügsame Anzeichen an Händen zu geben hätte, oder da

Andertens, ein unverleumdeter Zeuge, der die Genötigte um Hilfe hätte schreien hören, wider den Verhafteten vorhanden wäre, und er das Widerspiel rechtmässiger Weise nicht dartun könnte, sondern stets im Leugnen verharret.«

Da auch der Ehebruch unter erschwerenden Umständen mit dem Tode bestraft werden konnte, (LXXVII § 6), so war auch hierbei die Tortur zulässig:

»§ 5. Die Anzeihung zur peinlichen Frage ergiebt sich, wenn ferner entgegen die verhafteten Personen entweder aus deren Bekenntnis oder anderen redlichen Vermutungen hervorkäme, dass

Erstlich, sie zwar im Werk ergriffen worden, nicht destoweniger in Abrede der wirklichen Vollziehung ständen.

Andertens, da das Weib in Abwesenheit des Mannes, oder in dessen grosser Schwachheit und Krankheit schwanger geworden und doch den Ehebruch nicht bekennen wollte, noch genügsame Ursachen ihrer ehelichen Schwängerung geben könnte,

Drittens, wenn man Buhlbriefe aufgefangen, aus welchen das Bekenntnis des Ehebruchs erhellt, die Verdächtigen aber solchen verneinten.

Auf alle diese und dergleichen Anzeichen, und fast eine jede in Sonderheit, wofern selbe rechtlich dargetan wird, die Gefangenen aber ihre Unschuld nicht genugsam erweisen können, soll der Richter in Fällen, wo es auf eine Todesstrafe ankommt, fortan mit der peinlichen Frage vorgehen.«

»Erschwerende Umstände sind:

Erstlich, wegen Ungewissheit der Empfängnis, wenn der Ehebruch von einem Eheweib mit einer ledigen Mannsperson, und umso mehr

Andertens, wenn derselbe in doppelter Ehe von zwei verheirateten Personen geschieht;

Drittens, wenn der Täter über geschehenen Verbot und Bestrafung zum zweiten mal oder wohl gar über öftere fruchtlose Bestrafung neuerdings hierin betreten; oder

Viertens, von einen fast alten Mann oder einen, der den Leuten zur Obrigkeit und guten Beispiel vorgesetzt ist, begangen würde; oder

Fünftens, nebst dem Ehebruch noch ein anderes Laster, als bösliches Verlassen des Ehegattens mit unterliefe.«

Bei dem Verbrechen der zweifachen Ehe, auf das die Strafe der Enthauptung gesetzt war, wenn es bösartig oder betrügerisch begangen wurde, eine Strafe, die jedoch bei erschwerenden Umständen noch verschärft werden konnte, galten als Anzeichen zur peinlichen Frage (LXXVIII § 4):

»Erstlich, wenn aus des Verhafteten gütiger Aussage eine Unwahrheit,

Andertens, wankendes Gemüt oder sonst unstandhafte leere Ausflüchte erschienen; oder da er

Drittens, vorgäbe, es wäre ihm nicht bewusst gewesen, dass sein voriger Ehegenoss noch am Leben sei. Welchen Falls ihm nicht stracks zu glauben, sondern, wenn er dieses sein Vorgeben nicht klärlich dartut, noch anderwegs seine Unschuld, wie rechtens ist, beweisen würde, soll der Richter, wenn er aus obgesetzten wider den Täter sich vorfindenden Vermutungen denselben genugsam beschwert zu sein erachtet, auf vorhergehendes Beiurteil mit ihm peinlich verfahren.«

Bei gewaltsamer Entführung von Weibspersonen (LXXIX) konnte zur Tortur geschritten werden, wenn die Entführte oder ein glaubwürdiger Zeuge auf ihn aussagten und er den Verdacht nicht abwenden konnte und im Leugnen verharrte. Ähnlich verhielt es sich auch bei Kuppelei (LXXX), auf die allerdings nur unter erschwerenden Umständen Todesstrafe stand. Bei » Todschlag, Verwundungen und andere tötlichen Handlungen« LXXXIII) heisst es:

§ 7. Die Anzeichen zur peinlichen Frage entstehen sodann, da aus den eingezogenen Erkundigungen alle erstbemeldete, oder hieraus die vornehmsten Wahrzeichen hervorkämen und noch andere gemeine Anzeichen dazustossten, als

Da einer bei vorgegangenen Raufhandel und hierauf erfolgten Todschlag mit dem Entleibten gezankt;

Sein Gewehr oder Messer genommen und auf den Entleibten gestochen, gehauen, oder sonst mit gefährlichen Streichen zugeschlagen hätte.

Sonderlich wenn man auch des Verdächtigen Gewehr, Messer oder Kleider zur Zeit der geschehenen Entleibung blutig gesehen und solches Gewehr mit der Wunde zutrifft. Oder wenn er des Entleibten Habe genommen, verkauft, hinweggeben oder noch bei sich hätte und solchen Verdacht mit glaublichen Beweisen nicht ablehnen könnte.«

Für die Anklage wegen Kindesmord genügten die entsprechende Verdachte zur Anwendung der Tortur. Bei Waffen- und Meuchelmord kamen als Anzeichen zur Verhaftung und Tortur auch in Betracht (XC § 6): »Erstlich, wenn die verdächtige Person in Brauch hat bei nächtlicher Weile auszugehen, in Hohlwegen, Graben, Busch oder Wälder sich aufzuhalten. Andertens, wenn wer in einsamen und zum Morden gelegenen Orten zu wohnen pflegt. Drittens, wenn Reisende, oder vielmehr herumschweifende Personen allenthalben in den Wirtshäusern liegen, zehren, und keine redliche Ursache solcher ihrer Zehrung wissend wäre, oder von ihnen angezeigt werden könnte. Viertens, wenn einer mit Räubern, Mördern und andern dergleichen Personen Kundschaft und Gemeinschaft hätte. Fünftens, wenn einer betreten würde, welcher geraubte Sachen, so dem Entleibten gehören, bei sich hätte, oder dieselben verkaufte, einem andern übergeben, oder andergestalt verdächtigerweise damit gehandelt hätte und seinen Verkäufer oder Gewährsmann nicht anzeigen wollte.«

Von einer bestellten Mordthat (XCI) heisst es:

»§ 4. Da nun der Beinzichtigte die Missetat leugnet, und doch aus der Nachforschung oder sonst hervorkäme, dass derselbe an dem Ort wo die Tat geschehen mit unzulässigen und verbotenen Waffen, als mit geladenen Pistolen, Terzerolen, ausgezogenen Degen, oder einem anderen Verletzungs- oder Mordgewehr, mit welchem die Wunde in Besichtigung des toten Körpers gleichförmig erkannt wurde, wäre gesehen und betreten worden; oder so viel dem Besteller betrifft, wenn er den Bestellten stets bei sich gehabt und ihn unterhalten oder wirklich Geld gegeben, dessen aber keine andere standhafte Ursache anzuzeigen wusste, so soll nach Gestalt der Sachen gegen einen solchen stark beschwerten Menschen die peinliche Frage vornehmen.«

Bei Giftmischerei (XCII) galt als Verdacht, gegen den die Tortur angewandt werden konnte, wenn der Verdächtigte mit dem Verschiedenen in Zwist gelebt, Gift gekauft oder sonst damit umgegangen wäre, ohne glaubhaft darzutun, dass er dieses Gift zu anderen Dingen benötigt hatte, oder gebrauchen wollte; auch wenn er überhaupt geleugnet hat im Besitz von Gift gewesen zu sein und dessen doch überführt wird.

Bei Diebstahl galten (XCIV § 8) als Anzeichen zur peinlichen Frage:

»Erstlich, wenn der Verdächtigte die ihm zur Last gehende Inzicht, wie rechtens ist, von sich nicht ablehnen könnte, und er überdies wegen der bei ihm vorgefundenen Sachen seinen Geber nicht anzeigen wollte oder könnte, item, wenn derselbe schon einmal wegen Diebstahl wäre abgestraft, oder bei ihm verdächtige Diebsschlüssel, Dietrich, Wurfleiter, Brecheisen, wirklich wären gefunden worden. Ingleichen

Andertens, wenn ein grosser Diebstahl geschehen und der Verdächtigte nach der Tat mit seinen Ausgaben reichlicher sich erzeiget, als er sonst ausser des Diebstahls im Vermögen gehabt, er auch hierüber nicht andere glaubwürdige Ursachen anzeigen könnte, woher das verdächtige Gut komme, anbei eine solche Person wäre, zu der man sich der Missetat versehen könnte, der Betrag des Diebstahls aber so hoch sich beliefe, dass er derentwegen, wenn es auf ihn erwiesen würde, am Leben zu strafen wäre; bei welcherlei schweren Inzichten der Verdächtigte auf sein beharrendes Leugnen nach vernünftigem richterlichem Ermessen über vorgehendes Beiurteil gar wohl an die Tortur geworfen werden kann.«

Bemerkt sei hier, dass schon ein Diebstahl von mehr als 25 Gulden: Werts als schwerer Diebstal galt, der mit dem Strang bestraft wurde, oft sogar noch mit Verschärfungen. Auch wiederholter Diebstal von geringeren Werten wurde mit derselben Strenge bestraft. Noch schärfer wurde Kirchendiebstahl bestraft, von dessen Anzeichen zur Vornahme der Tortur bemerkt wird,

»XCV § 4. Mit der peinlichen Frage sodann gestalteten Sachen nach gegen den leugnenden Inquisiten verfahren werden, wenn er den Verdacht wie rechtens ist, nicht ablehnen könnte, auch über die vorige Vermutung argwöhnisches Brechzeug bei demselben gefunden wird, oder ihn jemand wirklich die Kirchentür, Sakristei, Tabernakel oder Sakramentshäusel etc. hätte aufbrechen sehen, oder aber sonst solche Missetat durch einen unverleumdeten Zeugen auf ihn bewiesen würde.«

Der nächstfolgende Artikel behandelt den Strassenraub, hier besagt § 3: »Die Anzeichen zur peinlichen Frage entstehen sodann, wenn sich bei einem oder mehreren verdächtiges geraubtes Gut, auf welches der Beraubte zeigen könnte, befände, oder wenn der Beraubte bei seinem Eide auf die Gefangenen, oder aber ein Räuber in der peinlichen Frage wider einen andern aussagte, die Beschuldigten hingegen den Geber und Gewährsmann des bei ihnen gefundenen Guts halber nicht zu nennen wüssten, oder in der Gegenstellung wankend und unwahrhaft sich erzeigten; welchen falls nach vernünftiger Erwägung gesammter Umstände zur Tortur vorgeschritten werden kann.« Auch bei Veruntreuung im Amt scheint die Tortur angewandt worden zu sein, obgleich dies nicht ausdrücklich bemerkt wird. Es lässt sich solches umso eher annehmen, als auf derlei Veruntreuungen über den Betrag von 150 Gulden Todesstrafe gesetzt war.

Bei Brandstiftung und Mordbrennerei richtete sich der Verdacht der Täterschaft, wie bei den meisten Verbrechen hauptsächlich gegen Landstreicher, Zigeuner und dergleichen Leuten. »XCIX, § 3. Anzeichen zur peinlichen Frage entstehen sodann, wenn bei einem solchergestalt verdächtigen Menschen Pulver, Pech, Zündstrick, Feuerschwamm und andere dergleichen zum Brand dienliche Sachen gefunden, oder wenn er überwiesen wurde, dass er kurz vor dem Brande entweder mit Worten oder mit schriftlicher Befehdung bedrohlich gewesen, oder mit ungewöhnlichen, verdächtigen Feuerwerken, womit man heimlich zu brennen pflegt, umgegangen, und der Verdächtige mit keinem glaubwürdigen Schein dartun könnte, dass er solche Dinge zulässiger Weise geübt, weder sonst seine Unschuld an Tag geben könnte.«

Merkwürdig ist, dass bei » Unbilden, Schmachhändeln, Verleumdungen, auch ehrenantastlichen Berührungen«, Dinge also, die wir heutzutage zumeist als Ehrenbeleidigungen gelten lassen und bestrafen, ebenso wie bei » Schmachkarten und Schandbriefen« die Tortur angewandt werden konnte. Die hieraufgesetzten Strafen konnten diese Verfügung nicht rechtfertigen, die nur sozusagen durch einen legislatorischen Kniff hier zulässig wurden. Im Artikel C, der von den erstgenannten Beleidigungen handelt, heisst es nämlich: »Die Anzeichen und Fragstücke entspringen hauptsächlich aus den verschiedenen Umständen und kommen grossenteils mit jenen überein, welche Wir im nachstehenden Artikel über Schmachkarten anführen werden.« Damit ist die Möglichkeit der Torturanwendung angedeutet, aber nicht ausgesprochen. In dem erwähnten »nachstehenden Artikel« wird auch nur von »Anzeichen zur Nachforschung und Gefängnis« gesprochen, nebenbei aber bemerkt: »§ 5. Da nun die beinzichtigte Person keinen Geber anzuzeigen wüsste, und nebenbei ein untadelhafter Zeuge oder andere zur Tortur genügsame Inzichten vorhanden, die Schmachkarte auch also beschaffen wäre, dass dadurch hohe Personen angegriffen, oder daraus ein grosses Unheil in der Gemeinde oder einem ganzen Lande entstanden, und überhaupt, wenn die Tat so übel geartet wäre, dass man im Erweisungsfalle gegen den Ehrenschänder zur Todesstrafe vorschreiten könnte, so ist gegen solchen leugnenden Täter die peinliche Frage vorzunehmen.« Von der Bestrafung heisst es, dass »ein solcher boshafter Ehrenschänder, so dergleichen Schmachschriften verfasst oder wissentlich verbreitet, wenn er der Tat geständig oder überwiesen ist,« soll nach den Umständen seines Verbrechens auf den Pranger gestellt, öffentlich ausgepeitscht, und nebst dessen Ehrloserklärung aller Erblanden auf ewig verwiesen, oder wenn er Inländer wäre, nebst der Ehrloserklärung auf mehrere Jahre zu einer Festungs-, Zuchthaus- oder anderen öffentlichen Arbeit, oder bewandten Umständen nach zu einer empfindlichen Geldstrafe verurteilt, auch jenen Falls, wenn der Schandbrief oder das Schandzeichen zur Schmach und Unehre Unserer Minister, Räte, oder Unserer Landesstellen und Ämter, oder wohl gar zur Verkleinerung Unserer Landesfürstlichen Hoheit gereicht, oder sonst die Tat mit gar bösen Umständen beschwert wäre, mit dem Schwert hingerichtet, anbei allemal vorläufig der Schandbrief oder die Schmachkarte durch den Scharfrichter öffentlich verbrannt, jenen Falls hingegen, da der Täter flüchtig wäre und über geschehene Ediktal-Fürforderung ungehorsam ausbliebe, inmittelst, bis er betreten und das gefällte Urteil an ihm vollzogen werden könne, dessen Namen an den Galgen geschlagen werden.« Durch Einschmuggelung des an anderer Stelle bereits behandelten Majestätsverbrechens und der hierauf gesetzten Todesstrafe, war es daher möglich, jeden Pasquillanten oder Karrikaturisten auf die Folter zu spannen. Und als Pasquille oder Schmähschrift galt damals, gilt heute noch den Machthabern nur zu oft jede nicht sehr schmeichelhafte oder sonst nicht genehme Veröffentlichung. Es ist dies in wenigen Paragraphen das energischste Pressgesetz, das man sich denken kann. Auch darf man nicht glauben, dass die Wahrheit der in dem »Pasquill« angegriffenen Tatsache vor Bestrafung schützte, es galt nur als »mildernder Umstand«, »wenn das Laster, welches einer durch ein Pasquill oder Schmachkarte ausgebreitet hat, sich in Wahrheit also befunden hat, in welchen Fällen die Strafe etwas zu lindern ist.« Es passt nur noch zu gut dazu, dass der letzte Paragraph dieses Artikels zum Schlusse noch bestimmt, dass der Denunziant des Täters oder der Mitschuldigen aus deren Vermögen eine »ziemliche Belohnung« erhalten sollte.

Der Schlussartikel (CIV) der Theresiana lautet: »In dieser allgemeinen peinlichen Gerichtsordnung sind die mehrsten Verbrechen, so sich gemeiniglich ereignen, teils durch hierortige Ausführung und teils durch ausdrückliche Berufung auf Unsere schon bestehenden anderweitigen Satzungen und Ordnungen abgehandelt worden. Wenn aber gleichwohl eine böse Tat, welche ihrer Bosheit nach gar wohl mit halsgerichtlicher Ahndung und Bestrafung angesehen zu werden verdient, in diese Gerichtsordnung aber entweder gar nicht, oder nicht klar genug ausgedrückt wäre, vorkommen sollte, so ordnen Wir hiermit, dass hierbei alle Umstände der unterlaufenen Gefährde, des bedächtlichen Vorsatzes, des entstandenen gemeinen Ärgernisses und des etwa andurch verursachten öffentlichen oder sonderheitlichen Schadens wohl erwogen, und bei Befund eines unterwaltenden schweren Verbrechens ein solcher Malefizfall von jeder Blutgerichtsobrigkeit nach Ähnlichkeit der in dieser Gerichtsordnung einkommenden Grundsätze für selbigesmal zwar entschieden, jedoch eine solche Begebenheit als ein ausgenommener Malefizfall angesehen, somit das abgefasste Urteil vor dessen Kundmachung an das Obergericht zur höheren Erkenntnis abgegeben, und jenen Falls, da etwa wegen besorgender öfterer Wiederholung einer solchen Misshandlung eine allgemeine Strafausmessung für alle unsere Erblanden nötig zu sein erachtet würde, der Vorfall von dem Obergericht nach Hof angezeigt werden soll.«

Und damit können wir auch Abschied nehmen von der Constitutio Criminalis Theresiana, die uns vom Standpunkt unserer Zeit seltsam anmuten muss, aber immerhin einen gesetzgeberischen Fortschritt für ihre Zeit bedeutete, ein Fortschritt, der allerdings nicht ausreichend genug war, um diesem Gesetze eine längere Lebensdauer zu geben.


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