Georg Herwegh
Gedichte eines Lebendigen (Band 1)
Georg Herwegh

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Unsern Künstlern

              Das Leben hat am Ende doch gewonnen,
Und all die überhimmlischen Gestalten,
Verklärten Leiber und verklärten Falten,
Die schattenhaft durchsichtigen Madonnen,

Aus Ätherduft und Veilchenblau gesponnen,
Die nur auf Rosen und auf Lilien wallten,
Sie konnten sich nicht mehr zusammenhalten
Und sind in Andacht gottvollst nun zerronnen.

Doch, liebe Künstler, drum kein Klaggestöhn!
Die Erde mag noch viel des Guten treiben,
Verlasset nur die schroffen, kühlen Höhn;

Sucht wieder Gott der Welt einzuverleiben!
Das Heilige gelingt so selten schön,
Das Schöne nur wird ewig heilig bleiben.


Wie Jakob hab ich oft mit Gott gerungen,
Oft fühlt ich meinen Glauben zweifelnd stocken,
Und oftmals haben eure Kirchenglocken,
Ich leugn es nicht, verdrießlich mir geklungen.

Ich habe gern mein eigen Lied gesungen,
Gesponnen gern von meinem eignen Rocken,
Bin nie nach eines Priesters schmalen Brocken,
Ein hungeriger Zionsheld, gesprungen.

Doch scheint auch ihr mir nicht vom besten Stempel,
Und so verschmerz ich euer pfäffisch Schnauben
Und euere für mich verschloßnen Tempel.

Wär ich wie Schlangen klug und fromm wie Tauben
Würd ich ein Heiliger gar zum Exempel –
Ihr steinigtet mich wohl um meinen Glauben!

 


 


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