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Daß der ehrliche Mann, an den dies Briefchen gerichtet ist, nicht Vinnius, sondern Vinius geheißen habe, wollen wir dem Bentley gern glauben, ohne mit ihm darüber zu hadern, ob sein Grund, »man kenne zwar eine römische Familie Vinia, aber keine Vinnia«, Stich hält; denn dieser Vinius wenigstens scheint kein Mann von Familie gewesen zu sein. Er nannte sich eigentlich C. Vinius Fronto, sagt der alte Scholiast des Cruquius; weil aber sein Vater den Beinamen Asina (Eselin) führte, so erbte dieser Name mit der Veränderung in Asella auf den Sohn fort. Was seine Herkunft und Kondition betrifft, so zweifle ich keinen Augenblick, daß Torrentius mit der Spitze einer Nadel darauf getroffen hat, wenn er vermutet, daß Vinius oder Vinnius Eselin weder mehr noch weniger als ein ehrlicher Sabinischer Bauer aus Horazens Nachbarschaft gewesen, welchem er seine Briefe nach Rom mitzugeben pflegte, und den er diesesmal mit dem besondern Auftrag abschickte, dem August ein Exemplar seiner sämtlichen Werke zu überbringen.
Der ganze Brief dreht sich um ein scherzhaftes Wortspiel mit dem Namen Asella, wozu die tölpelhaft-naive, treuherzige und kurzsinnige Sabinische Plumpheit des guten Vinius den Stoff, und sein Übername nur die Einkleidung gegeben zu haben scheint. Es ist eine Instruktion, wie sich Asella bei diesem Geschäfte zu benehmen habe; aber, mit einer possierlichen Ernsthaftigkeit, und mit einer gutherzigen Miene ihn vor Fehlern zu warnen, gerade so verfaßt, wie Horaz sie hätte machen müssen, wenn er einen wirklichen Esel, der vor seinen Mitbrüdern nur die Gabe der Sprache und zwei Arme statt der Vorderbeine voraus gehabt hätte, nach Rom hätte abordnen wollen. Ich kenne nichts Drollichters in dieser Art, in der es so leicht ist zu verunglücken, und worin es nur Leuten, die ihres Witzes völlig sicher sind, in einem Augenblick von Laune gelingen kann. Aber ich erinnere mich dessen, was Cicero den Cäsar irgendwo sagen läßt: ego omni de re facetius puto posse ab homine non inurbano, quam de ipsis facetiis, disputari. Da es also gefährlicher ist, über einen guten Scherz zu dissertieren, als selbst gut zu scherzen: so sei es dem Leser überlassen, wie viel oder wenig Geschmack er dieser Horazischen Fazezie abgewinnen könne.