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Was für Sätze nach meinem Tode jährlich sollen erwiesen werden und was ich dafür testamentarisch legire.
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Meine Verwandten werden fast nichts von mir erben, aber sämmtliche kultivirte Völker viel; und ich hätte längst mit diesen Völkern aus der Sache gesprochen, wenn aus dem zeitigen Dekan der theologischen Fakultät ein ordentliches Bedenken wäre herauszutreiben gewesen, in dem es stände, daß die Sache christlich genug wäre. Ich führte dem Dekan allerdings ewige Vernunftgründe vor und sagte: ein getaufter Mensch müsse durchaus hienieden sein ganzes so außerordentlich großes Allodialvermögen weiter Niemand vermachen können als blos Sätzen und Wahrheiten, falls nur die leiblichen Erben die Quarta bekämen. Ich führte dem zeitigen Dekan bloße Autoritäten vor und sagte, sie wären aus England geholt. »Wenn Boyle,« sagt' ich, »in seinem Testament acht jährliche Predigten zu Testamentserben von fünfzig Pfund einsetzen durfte, damit sie (die Predigten, nicht die Pfund) mündlich die Wahrheit des Christenthums darthäten – wenn Warburton in seiner sterbenden Hand demjenigen Prediger Geld hinhielt, der jährlich einmal in die Kapelle Linkolnsinn laufen und da für die nämliche Wahrheit gelassen fechten würde, aber blos mit Weissagungen des alten Bundes – wenn gar ein dritter Engländer (darauf kann hauptsächlich gefußet werden) den Antichrist und die Opposition seiner zwei testamentarischen Vorfahren machen und in dem Todtenbette eine jährliche Widerlegung der nämlichen Beweise bestellen konnte, die jene zwei Christen den übrigen Christen und Londnern legiret hatten – wenn es mir gar nicht möglich ist auf noch viel bessere Autoritäten mich gerade zu besinnen; was kann denn ein guter theologischer Denker oder doch Bedenker von mir noch haben wollen?«
»Vor allen Dingen, sagte der Dekan, einen schmalen Anschlagzettel der närrischen Theses, die Sie nach Ihrem Ableben völlig wollen beweisen lassen, und die Fakultät denkt nachher über den schmalen Zettel nach.«
Und deßwegen ist's eben ein solches Glück, daß man den Zettel in die berühmte »Literatur- und Völkerkunde« Von Archenholz; für welches Journal demnach der Aufsatz ursprünglich bestimmt gewesen. hineinlassen will, denn der Dekan hält sie mit und bezahlt sie voraus und hintennach, aber sehr unordentlich. Dennoch sollen und dürfen auch die übrigen Dekane auf dieser akademischen Erde, die voll Universitäten und selber eine gute ist, über meine testamentarische Kammerzieler zur Wahrheitspflege, ganz ihre eigenen Gedanken haben und für sich behalten.
Beiläufig! Obgleich einige vernünftige deutsche Ortschaften den Nachtwächter zu schwören nöthigen, daß er Nachts nicht einschlafen wolle, so war leider doch kein Mensch in der ganzen Autorenrepublik so vernünftig, um einzusehen und bekannt zu machen, daß es von der äußersten Nothwendigkeit sei, vor den matten Lesern eine elende Eidesverwarnung abzulesen und nachher von ihnen den Eid zu fordern, daß sie am Tage hinter unsern Büchern wachen wollen. Daher und aus Mangel eines Amtseides schlafen sie alle fast wenn sie nur wollen ein, und es ist wenig Gescheidtes in ihren hermetisch zugespündeten Kopf hineinzutreiben, ob wir Autoren gleich unseren öffnen und alles in Bögen heraus und hinüberschießen lassen wollen.
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Die Hälfte der Deservitengelder soll der Superintendent meiner Frau abnöthigen und ihr sagen, dieses Legat hätt' ich, ihr guter aber todter Eheherr, ihm vermacht, damit er in der Investiturrede Die Investitur ist das gewiß nicht unerhebliche Geschäft, daß der Superintendent in den Pfarrhof des neuen Pfarrers hineinfährt und am Sonntag darauf zur Gemeinde in der Kirche sagt: »das ist Euer Pfarrer,« und zum Pfarrer: »das ist Deine Gemeinde.« Damit's nun beide um so eher glauben, investirt er oft, wenn der Pfarrer schon einige Jahre bei der Gemeinde gewesen und fast seine Einweihung und sein Amtsjubiläum zugleich feiern könnte. Hierauf muß der geistliche Archäus und Hierarch eine starke Mahlzeit und Bezahlung einnehmen – Irren übrigens Pfarrer und Gemeinden, die diesen Aktus für so überaus wichtig ausschreien? für den Archäus nämlich, meinen sie. meines Nachfahrers dem Kirchspiele so viel bewiese: »daß nicht der Mann des Amtes wegen, sondern das Amt des Mannes wegen sei.«
An diese Wahrheit werden die weltlichen H. Räthe (die herkömmlichen Mitarbeiter an der Investitur und deren Mahlzeit) einen bloßen Köhlerglauben haben; aber eben deßwegen geht der Superintendent in die Kirche, um ihn in einen ordentlichen Vernunftglauben durch ein Exordium und einen Sekundawechsel von zwei Predigttheilen umzugießen. Das Exordium macht er aus diesem Syllogismus und ich verordne es im letzten Willen: eine Wittwe sitzt ohne Arbeit und Kenntnisse recht gut ein Deserviten- und Gnadenjahr lang im Amte und läßt doch dasselbe vortrefflich verwalten, entweder von andern Leuten oder von der Zeit, dieser Mutter der Wahrheit. »Aber,« fragt der Legat-Superintendent, »konnt' es der verstorbene Mann nicht noch mehr? konnt' er nicht ohne alle Mühe seine Amtsjahre als Deservitenjahre verbringen und durchleben und sich eben deßwegen einen alten Sekretair anschaffen? und leitet uns das nicht auf das heutige Thema mit Gewalt?«
Nun kann der erste Theil nicht geschwind genug hintendrein reiten, weil er den definiren muß, der ein Amt besitzt, ohne auf den zweiten Pars zu warten, der blos den beschreibt, der ein Amt versieht. Der erste Theil muß den Amtsinhaber vorführen, ihn mit den Amtsinsignien, mit dem Amtsapparat und den Amtsklienten umstellen, ihn durch die Amtsstube wie durch ein Puderstübchen jagen und auf dieser Treibjagd ihn hinlänglich mit Revenüen-Goldstaub einpudern, wie man den magnetischen Stab mit Eisenfeile im bloßen Durchfahren umpicht. Vom zweiten Theile wird der Amtsverweser dieses Amtinhabers lebendig gemacht, er schenkt dem Verweser nichts als Papier und Federn in Menge und nagelt und schmiedet seine Brust und seine dienst- und wachhabende, expedirende, referirende, konreferirende, rechnende und revidirende Arme an den Arbeitstisch fest und läßt ihn da sitzen, diesen Substituten sine spe succedendi. Der Redner lehre noch, daß der Verweser allemal und ohne Schaden ein Bürgerlicher sein könne, wenn nur der Inhaber von gutem stiftsfähigem Adel sei und von seinem Posten lebe. Nun könnten beide Redetheile gleich kopulirten Polypen mit Nutzen in dieses Gleichniß zusammen verwachsen, das gar eine Nutzanwendung sein soll: gerade so hängt an Flötenuhren außen ein Flötenspieler eingeschraubt, aus dessen Munde eine kurze poröse Flöte so herunterwächst und dessen Finger auf ihren Löchern so auf- und niedertreten, daß kluge Kinder sich über den pfeifenden Mann und hölzernen Quanz verwundern; allein Uhrmacher aller Art wissen längst wer flöte und daß blos eine elende eingebaute Walze mit ihren Stiften die versteckten Flöten ausspiele. Aber der geistliche Inspektor besinne sich vorher selbst, ob er eines Legats wegen an einem Altare so außerordentlich spaßen dürfe.
Wenn es wirklich minorenne Akademien der Wissenschaften giebt, denen gar nichts fehlt, weder Mitglieder, noch Katheder, noch ein Präsident darauf, noch ein beständiger Sekretair darunter – wenn deren Mitglieder ihre Hände, so viel ich mich aus meinen Schuljahren noch erinnere, zu etwas Besserem regen als zum Beklatschen ihrer andern Mitglieder, und wenn es vielmehr darzuthun ist, daß diese Mitglieder mit ihnen sich einander öfter prügeln als loben – wenn also wir Europäer und selbst Mulatten und Mestizen und Kreolen sich von solchen Akademisten mit Recht der erheblichsten Beiträge zur Auflösung wissenschaftlicher Räthsel versehen – wenn sie es aber dennoch bleiben lassen, das Beitragen: – über wen hat sich denn Europa dabei eigentlich zu ärgern? Ganz sicher über den Rektor und Konrektor allein, der besagte Räthsel seinen Primanern und Sekundanern oder, wie ich vorhin mich ausdrückte, Akademisten zu Themen für ihre Schulaktus-Reden machen könnte und es doch nicht thut.
Ich frag' aber diese Akademisten hier in meinem letzten Willen und Kodizill selbst, glauben sie wohl dem deutschen (vom Einladungsprogramm ins Auditorium gerufenen) Publikum durch ihre griechische Prosa und lateinische Poesie besser zu dienen und aufzuhelfen, als wenn sie nach meinem Winke die Lexika zuwürfen und weg, und sich blos mit den Bearbeitungen schwierigerer Aufgaben befingen und steifgerittenen Wissenschaften neue Gelenkschmiere bescheerten? Und sollte denn nicht wenigstens der Konrektor durch meine Lippen von seinem Irrsteig zurückzupfeifen sein, welcher sich einbildet, er habe seinen Akademisten schon schwere Themen vorgeschrieben, wenn er ihnen blos solche aufgebe, als die z. B. sind: »Parallele der alten und neuern Kriegskunst und ihrer Mängel« – »Ergänzungen zum Torso des esprit des loix« – »Kritik jeder andern Kritik der Kantischen Kritik der Vernunft« (bei diesem Thema purzelt fast eine Idee über die andere) – »akkurater Schrittzähler des Fortganges aller heutigen Philosophieen, von der Königsbergischen an bis zur Parisischen etc. etc.« Aber merkt denn der Konrektor nicht, daß er's zu viel schwierigern Redethemen treiben würde, wenn er auf meinen letzten Willen hinhörte, der haben will, daß er gerade die Preisaufgaben, die die majorennen Akademien jährlich den graduirten Schreibefingern Europas vorgeben, auch seiner minorennen Akademie vorgeben soll, damit man überhaupt nur sähe, was über einerlei Thema so verschiedene Gelehrten, als Gymnasiasten und Exgymnasiasten sind, wohl schreiben? Zur Aufmunterung der minorennen Preiswerber, sie mögen nun den Preis oder das Akzessit erzielen, legir' ich eben der Schule alle die Medaillen, die ich mir Zeit meines Lebens aus den Händen majorenner Akademien mit meinem erwachsenen Körper erschrieb.
Das ganze Land kann den größten Vortheil davon ziehen, daß mein Schweizervieh und meine englischen Zuchtschafe noch nicht krepirt sind und nach meinem Tode von der Kammer können fortgetrieben werden, weil ich's verstatte; aber mein letzter Wille will auch, daß dieser große Testamenterbe, die Kammer, jährlich in der letzten Session vor den Kanikularferien dieses Projekt sich referiren lasse: »französische Zucht menschen müssen für noch ersprießlicher für das Land gehalten werden, als ererbte brittische Zucht schafe.« Ich und der Referent werden den Augenblick deutlicher werden.
Wenn ich den Deutschen vor Deutschen oder Franzosen loben müßte, so würd ich folgenden Vorzug den Franzosen sehr entgegenhalten und bei ihm lange verweilen, daß bloß die zum Kaukasischen Völkerstamm gehörige deutsche Nation allen Nationalstolz des Ritters Zimmermann so sauber aus sich weggefegt, daß es ihr leicht wird, schlechtere Nationen zu nützen und ihnen ihre besten Gesetze abzuborgen, es sei, worüber es wolle; und wenn diese Nation noch heute erfährt, daß die französische in den Code noir der Mode ein neues Kleidungsgesetz geschrieben und einregistriret, so läuft oder schreibt sie morgen um dieses Arrêt – ein Ruhm, den selber die Römer nur Einmal verdienten, da sie Leute nach Griechenland abschickten und daraus die Gesetze auf zwölf Tafeln nach Rom heimtragen ließen. Der Deutsche ist im guten Sinne ein Bedienter, der alle abgelegte Kleider nachträgt, die ihm andere Nationen als seine Herren schenken. Wollte Gott, ich hätte den Referenten in meiner Stube und könnt' ihm lebendig eine Komödienprobe vormachen, wie er das Projekt zu referiren habe. Er müßte in meiner Stube auf das obige ganz bauen und noch dazu setzen, er hab' in Schmid's Geschichte der Deutschen blos gelesen, daß sonst die Hofleute sich nach gemalten Mainlein auf Papier wie nach Prototypen getragen und inkrustiret, vom Nabelfokus an durch alle Radien des ellyptischen Leibes – der Referent müßte mir und nachher dem Kammerkollegio betheuern, er habe sogar gesehen, daß jetzige Kleinstädter sich nach den Kartons der Mainlein und Fräulein im Modejournale übersponnen und austapeziret, dessen Leser den Geschmack mehr nach dem darin Gemalten als Gedruckten so gut bildeten – er müßte zur Einschränkung des Satzes noch sagen, die Großstädter thäten's aber nicht, sondern hätten sich stets nach der gerade regierenden pariser Holzpuppe (denn diese Puppen sind unsere weiblichen Kreisdirektoren und die französischen Garanten der modischen deutschen Reichsverfassung) angeschossen und krystallisirt – er müßte sich endlich schwach verbeugen und die in seinem und meinem Kopfe sitzenden Kammerräthe ersuchen, nicht einander zu referiren, sondern aufzuhorchen, was er etwan referire, vorzüglich im Folgenden. »Denkende Sessionen – würd' er sagen, und er wäre im syllogistischen Schuß und durch nichts mehr aufzuhalten – freuen sich sehr über die guten Folgen, die es hat, daß die Natur diesen Nachahmungstrieb in den Deutschen aus keinen geringern Absichten ausspannte und einschraubte, als in den Kindern und Wilden. Denn wenn er (nach Herder) in den beiden letztern die Erziehung und Bildung unendlich erleichtert, so hat die Natur bei den Deutschen mit jenem Triebe diese Absicht nicht nur gehabt, sondern auch erreicht und wir sitzen ja selbst glücklicherweise in den genähten und gewebten Proben der völligen, den so feinen Franzosen abgesehenen Verfeinerung schon da, und an der ganzen Session (meiner nicht zu erwähnen) regt sich kein Taschenknopf und keine Rockfranze, die nicht schon durch oder über Pariser Gassen getragen worden. Aber die Sache kann noch viel weiter getrieben werden – und auf das ist eben der selige Testirer, der milde Stifter des Viehs und des Projekts, so auffallend aus. Wenn er oft sah, wie viel ein einziger Franzose, der nichts um sich hatte als seine französische Kultur, von dieser den Körpern eines ganzen Hofes beibrachte und umhing, so that er vergnügterweise ganz toll und verglich ihn mit einem wirksamen Bettler, der oft ein Dorf um's andere mit Blattern besprengt und ganze Banate im Durchbetteln einimpft, für's bloße Almosen. – Das bracht' ihn aber auf sein Projekt zu reden: »»Wenn nun, sagt' er, kleine Höfe es mit sich und andern redlich meinten und statt der neuesten Puppen und Kleider und Zeichnungen vortheilhafter lieber die essenden und organisirten Figuristen und Eltern selbst, deren Hände jene herheckten, von Paris wegfahren ließen und auf Domainen fütterten, damit das ganze Land seine Originalflügelmänner sähe, nach denen es sich trüge und regte – wenn ich damit blos haben will, daß der Hof (so wie die Korsen von Diderot und Rousseau Gesetze flehten, aber von Niemand bekamen als von französischen Kanonen) hernach die gefütterten Franzosen nöthigen müßte, für den Anzug ihrer Futter- und Speisemeister Mode- Schwabenspiegel in die Welt zu setzen und, wenn man denn sich nach Paris und dessen Vorstädten natürlicherweise gar nicht mehr umsähe – wenn diese paar gesetzgebenden Mächte besonders vernünftig wären und einsähen, daß sie die alten Gesetztafeln des Anzug-Dekalogus von einander schlagen und neue Formen müßten nicht alljährlich, sondern für den Thron jeden Tag, für die Residenzstädte jedes Quartal und für kleine Städte jedes Schaltjahr.....«« Aber warum marter' ich mich so ab? Es ist mir nicht erinnerlich, nur ein Wort von dem Allem gesagt zu haben, was der Referent hier mich predigen läßt und er mag, da ja ich das legirte Zuchtvieh nicht einhebe, selber das Kolon und den Nachsatz gründlich gar ausreferiren und sagen, was ich sagte.
Beiläufig! Es ist vielleicht eben so gut als gäb' ich etliche Groschen her und schickt' es in das Intelligenzblatt der Literaturzeitung, wenn ich's hier mit Wenigem anzeige, daß H. Schneider in Göttingen, bei dem jetzt alle Disputationen in der Welt zu kaufen und anzubringen sind, bei mir eine außerordentliche zu jeder Stunde haben kann und es wäre mir lieb. Sie ist durchaus mit ägyptischer Gelehrsamkeit und pariser Nachrichten so durchschossen, daß fast weiter nichts darin ist – als eben noch eine Vergleichung und ein unerwarteter Beweis, daß der ägyptische Thierdienst hier und da in Europa die größten schismatischen Schritte wage und in kurzem uns alle vergiften werde mit seiner mephitischen Luft. Aber der Himmel gebe uns nur Theologen, die mit einem großen antimephitischen Respirator des Pilatre de Rozier anlangen und ihn uns auf unsere Nasen setzen. Dieses fällt mir in der Disputation am allerstärksten auf, daß der Disputator es sonnenklar darthut, daß vorläufig die feinen und eleganten Herren in Paris, die ganz Europa und selbst ein Theil von Asien für lebendig ansah, maustodt und blose Mumien sind und ebenso gut wie die ägyptischen, in den Wohn- und den Speisezimmern zur Erinnerung an die Vorfahren und an den Tod und zur Erheiterung verbraucht werden. Er schreibt, wer die ägyptischen und parisischen gegeneinander legte und hielte, der röche an beiden die nämliche Einbalsamirung, stieße auf die nämlichen Spezereien im Kopfe, auf den nämlichen Mangel eines wahren Magens und rechten Gedärms, auf die nämlichen zwei Portraits eines Weibes und des Todten selbst Aber nicht an Einem Orte. Denn an der ägyptischen Mumie sitzt das Portrait eines Weibes (der Göttin Isis) auf der Brust; an der parisischen in derselben – und an der erstern steht das Portrait von ihr selbst auf der Leinwand, die über dem Gesicht der Mumie liegt; an der französischen Mumie ist ihr eignes Bild und ihre Silhouette aus allen ihren Taschen hervorzuziehen., und könnte auch entdecken, warum die einen so gut als die andern zu Pfandstücken versetzt würden – aber dieser könnte doch, schreibt der Disputator, einen Punkt völlig überspringen, worauf seine ganze Disputation sich steuere und den er selbst recht klar ersehe: nämlich die ägyptische Mumie sei auf ihrer Bandagen-Schnürbrust und Einwindelung eben so wohl mit den ägyptischen angebeteten Thieren übermalt als die parisische auf ihrem Gilet ganze Gemälde-Ausstellungen aller der hieroglyphischen Thiere, der Schafe, der Affen und so weiter umhabe, von deren Thierdienst und Dulie er vielleicht zum größten Vortheile der Menschheit eben seine Disputation anzustopfen vorhabe. Ich erzähle H. Schneider noch, daß H. Wezel dem Disputator ganz gewiß versprochen, in die Aufschlüsse, die er über die motus vitales und Reden der Müllerischen und Kempelischen Maschinen zu geben versuche, auch die motus vitales und Reden der parisischen Mumien mit hineinzuziehen und an allen miteinander redlich die verdammten Betrügereien d. i. die Menschen aufzudecken, die dahinter stecken, statt des versprochenen Mechanismus. Ich drehe mich aber von H. Schneider wieder zum Leser um.
Ich führe aus Gründen der Naturlehre schon längst so wenig Geld bei mir, daß ich damit weder den Blitz noch die Schmeichelei auf mich locken kann und aus den goldnen Kleidern, die die Professores physices vor Gewittern abzulegen rathen, mausete ich mich auch vor kurzem heraus, da die Gewitter einiger Gläubiger so lange über mir standen und nicht weiter wollten; inzwischen hab' ich doch 1000 Rthlr. Nicht in Händen, aber im Einnahmebuch und der Magister Masius ist sie mir noch schuldig. Er verhieß es nämlich gedruckt vor uns Allen, er wolle dem, der ihm die Gottheit Christi ausstreite, 1000 Rthlr. schenken und noch obendrein an den Papst glauben. Ich nahm deßwegen Postpferde und das griechische Testament, und trat mit dem letztern in seiner Stube zu Leipzig ab, aus der ich nicht eher wegzutreiben war, als bis ich ihm wirklich den besagten Satz – nicht weil dieser, sondern weil sein Kopf schwach ist – völlig ausgeredet hatte und er ganz umlag. Nun überlaß' ich's einem in diesem Falle unparteiischen Publikum mit Vergnügen, auszusprechen, ob ich das Geld mit Recht zu fordern habe. Was übrigens den Papst anlangt, so faß' ich den Magister bei seinem abgedruckten Worte und bestehe durchaus darauf, daß er ordentlich und redlich an ihn glaube und sich mit Chrisam einseifen lasse; und falls er etwa sagen will, es fall' ihm schwer und ich möchte ihm eine andere leichtere Narrheit vorschlagen und er woll' ihr Glauben beimessen wenn ich wollte: so will ich's durchaus nicht, zumal da ich den Papst selber gesehen habe und die Pantoffelleder-Latrie dazu. und verschenke sie ans jus publicum.
Ich weiß nicht, welcher Juristen-Fakultät der Hof seine Wahl und meine 1000 Rthlr. für eine gesunde Deduktion, daß der Erdengötter Göttlichkeit schon im Namen liege, vergönnen werde, und ich kann mich vielleicht mit dem Verdienste der ganzen milden publizistischen Stiftung begnügen; aber ich mahne diese mir ganz unbekannten vortrefflichen Publizisten an, bei jeder Zeile ihrer Deduktion zu bedenken, wie sehr es ihre Pflicht wäre, darin das zu sagen, was die Wahrheit und der Hof diktiret, sogar wenn die drei Foltergrade dafür die Belohnung wären, wie viel mehr jetzt für legirtes Geld und fürstliche Worte.
Da ich es bisher für einen wesentlichen Fehler ansah, daß die Richter der Schriften über akademische Preisfragen ihre eigne Meinung von der Frage ganz versteckt gehalten, statt daß die Preislustigen, wenn sie öffentlich wäre angesagt gewesen, sich nach ihr hätten einzig richten und sie und den Preis zugleich behaupten mögen: so will ich nicht selbst in diesen Fehler fallen, sondern hier ein ganzes Sparrwerk der begehrten Deduktion zusammennageln: die Fakultät braucht's nachher nur gar auszubauen. Ich und der Tisch, worauf ich solche Juristen wie Höpfner, Böhmer und Schmidt durchlief und zusammenhielt, stehen noch im Reichsdorf, wo ich ebendeßwegen der Wahrheit und jenen Juristen gänzlich hätte widerstehen müssen, wenn ich noch hätte zweifeln wollen, daß der Negersklave, wenn er nach Deutschland gekommen, als ein wahrer Sklave im römischen Sinne zu betrachten sei. Noch obendrein stieß zu uns vieren der vorige König in Preußen, der die ganze Wahrheit gar durch eine eigenhändige Resolution Beiträge zur juristischen Literatur in den preußischen Staaten. 6te Sammlung. auf immer bestätigte. Dieser Satz ist aber so fruchtbar an Folgen, daß ich sie, wenn ich den längsten Thron und die breiteste Armee besäße, unfehlbar alle daraus ziehen würde. Denn diese Schwärze, die eben aus dem angebornen Freiheitsbriefe des Negers der ausstreichende lange Dintenklecks und das schwarze Siegel seiner abgestorbenen Freiheit ist – denn nur auf diesen Farbenunterschied vom Europäer weiß ich Jenes Leibeigenschaft zu gründen – kann und muß anatomiret werden. Nun schreibt Camper Campers kleine Schriften, erster Theil., der's gethan, Mekel schieße ein wenig fehl und die Negerschwärze entspringe und liege blos in der schleimigen Netzhaut, die die schwarze Kunst der kochenden Sonne umfärbe; und (nach ihm) tragen wir alle auf dieser Haut die Anlage und oft den Anfang zum Neger herum. Auf Camper hört das Staatsrecht hin und will die Anlage ganz ausbilden; denn der Neger und der Landmann wird so gut wie der Kronprinz schneeweis und folglich frei geboren und es wird erst der Beistand der Kultur erfordert, eh' der erste die ganze und der zweite die halbe Trauer als die Liverei des dritten umbekömmt. Nun ist's ein außerordentliches Glück, daß zufälligerweise für den Hofstaat, für das Staats- und Regimentswesen, für die milden Sachen, für das Bauwesen, für die Interessen der Anlehen der Kammer niemals Geld genug da ist: ein solcher Mangel spornet, mit der Pflicht zugleich vereinet, den Fürsten und die Kammer an, auf die färbende Ausbildung des Landmannes mit Eifer loszuarbeiten und ihn in die Sonne (diese heraldische Koloristin) hinauszutreiben, damit er unter ihrem malenden Strahle so lange ackere und mähe und erndte, bis er brünett oder gelb genug ist. Diese bräunliche Punktirung, welche die Kammer aus recht guten Gründen unter dem Namen und Vorwand von Frohnen und Abgaben versteckt, ist im Grunde eben erst die wahre physische Huldigung, und anders (als durch diese Oelmalerei) wird der Bauer nicht zum treuen Landeskinde umgefärbt. Allein zum Neger ist er dennoch niemals einzuschwärzen; sonst arbeitete er in keiner Monarchie mehr, sondern unter dem Despotismus, und es sind, die braunen Hände und den Kopf ausgenommen, die übrigen Glieder wegen der Kleider (daher eifrige Royalisten sie ihm oft ausziehen wollen) ungemein weiß und frei. Dieß ist genug, um ihn vom Negersklaven abzutrennen und ihn in die Klasse der Christensklaven zu erheben, deren Schicksal im Orient neuerer Zeiten so sehr gepriesen wird, wiewohl ich aus recht guten Erfahrungen behaupten wollte, daß auch unseren Landleuten kein schlechteres Schicksal unter dem weichen kameralistischen Scepter zum Loose falle, und ich will nicht einmal verfechten, oft ein noch besseres. Uebrigens legt es uns meine publizistische Farbentheorie so gut wie die graue Erfahrung vor Augen, daß mithin die höheren Stände immer freier werden müssen, je kalkweißer und je weniger in der Sonne und Arbeit sie sind; und den höchsten ordentlichen Grad von Freiheit müssen die Albinos genießen, die weder in den Vorzimmern noch in den westindischen Inseln Zucker machen, sondern blos essen; wahrhaftig in ihrer weißlichten Netzhaut stecken sie darin wie der römische Freigelassene im weißen Freiheitskleide, und die Academie des Inscriptions sollte über diese Aehnlichkeit etwas schreiben lassen.
Veit Ludwig von Seckendorff, der wegen seines Aufenthaltes im Sarge mit allen neuern publizistischen Theorien (meine gar nicht eingerechnet) gänzlich unbekannt verbleiben muß, war mithin ordentlich gezwungen, in seinem »teutschen Fürstenstaat« auf folgende so ungemein wichtige Maxime gar nicht zu verfallen: daß die Thätigkeit der Staatsbedienten in dem Verhältnisse länger und heftiger werden müsse, in welchem sie vom Fürsten abliegen – der unterste, der Landmann z. B., kann sich nicht schnell und heftig genug herumschleudern, der Kanzleidirektor wälzet sich schon träger als der Kanzlist, der Günstling kriecht und der Fürst steht gar fest. So rollen in einer richtigen Uhr die vom Zeiger entlegentsten Räder am schnellsten herum, die näheren drehen sich träger und der Zeiger selbst drückt sich unsichtbar weiter. Ich will aber setzen, der rechtschaffene Seckendorff (dessen menschenfreundliche Rathgebungen man seinen noch so finstern Zeiten zu gute halten sollte) hätte dennoch diese zweite Maxime gewußt, was würd' er daraus gefolgert haben?.....
Natürlicherweise eine zweite, die eben so wichtig ist, aber weit unnöthiger, wie man hoffen will. Denn die gute Natur stellte es nicht dem bloßen Zufall frei, sondern ziehet schon selbst durch ein dunkles Gefühl den fähigen Renteibedienten, die kleinen Hebungsbedienten und den Generalkontroleur und den Domainenverwalter und den viel bewilligenden Landstand dazu hin: daß sie die brünetten Unterthanen verhältnißmäßig mehr als die blonden mit ordinairen und Extrasteuern, Frohnen etc. zu befrachten suchen – und vielleicht ist's das nämliche dunkle Gefühl, weßwegen auch die Insekten ihren Stachel viel häufiger in schwarzes als in weißes Rindvieh schieben. Vielleicht wissen nämlich die Insekten aus Instinkt, was die Naturforscher aus Erfahrung wissen, daß in allen schwarzen Thieren sich mehr Kraft und Leben und folglich Erduldungsvermögen aufhalte als in den weißen. Vom außereuropäischen Neger erwies es Camper, daß die Natur aus ihm einen Kondensator von Muskelkräften geformt; aber was der braune Neger in Europa zu tragen vermöge, das kann ein und der andere Finanzbediente auf verschiedene Arten wissen, und Kollegien mit Augen können an der männlichen braunen Farbe die heraldische Tinktur nicht verkennen, die eben die Subjekte andeutet, welche man als gebogne Stuhlbeine Fürstenstühlen oder als Wappenhalter Thronen unterstellen kann. Und man sollte nur erst recht dahinter zu kommen suchen, was ein gewisser Kammerdirektor haben wollte, dem ich sonst das Haar aufwickelte und der sagte: ein Steuernachlaß Daher trifft man in allen gut eingerichteten Staaten an, daß man eine Steuer noch fort zu fordern sucht, wenn auch ihr Anlaß längst weggefallen; und die Steuern, die die Errichtung ganz neuer Anstalten (Wege, Laternen etc.) bestritten haben, müssen auch zur bloßen Unterhaltung derselben fortdauern. schwäche den Unterthan (und selbst die Kammer) zehnmal mehr als eine Steuererhöhung und das Maaß seiner Kraft könne nie kleiner oder größer sein als das seiner Last. Und in der That sehen wir schon an den Rüben, daß sie stärker und dicker werden, es sei, daß man ihnen das Kraut bis aus einen halben Fuß absichele, oder daß man im Herbst eine drückende Walze auf sie rolle. Der Unterthan trug als ein zweiter Milo das wachsende Kalb der Abgaben und Lasten; aber eben mit dem Kalbe nahmen seine Kräfte zu und als das Thier zum Ochsen ausgestreckt in seinen zähen Armen herunterhieng, konnt er's doch noch halten, so außerordentlich hatte man ihn gestärkt; und es ist hinlängliche Hoffnung da, daß auch nicht in Zukunft diese stärkende Befrachtung nachlasse.
Ich bin gänzlich der Meinung, wenn der Unterthan die Freiheit des Aequilibriums oder die des systema optimi hätte (weiter haben die Metaphysiker selber keine): so müßt' er nothwendig im Stande sein, Verträge mit dem Fürsten zu machen und letzterer wäre wirklich – so wenig es mit aller gesunden Vernunft der größten Publizisten und Hofleute zu bestehen scheint – zu deren Haltung verpflichtet; aber eben mit einem Staats- Determinismus, den man voraussetzen muß, harmoniret sein Vertrags-Unvermögen schön und das römische Recht fragt dann selbst, wie will ein bloßes Ding, das wohl keine Person ist, mit der größten, längsten und breitesten Person im Lande etwas pacisciren und wie wäre das nur zu machen? – Uebrigens müßt' es mich sehr befremden, wenn man sich einbildete, ich bauete blos darauf und auf nichts anders dieses so erhebliche Majestätsrecht des Regenten, sich über seine Verträge mit Unterthanen die nützlichsten und häufigsten Dispensationen und Suspensionen zu bewilligen: man traue mir doch zu, daß ich die opera omnia des H. Herkommen, die noch nicht einmal alle gedruckt sind und welche die Sache ganz und gar zum Vortheil des Fürsten entscheiden, meistens und mit dem größten Scharfsinn gelesen. Dieser ungemeine Publizist behauptet aber in prästabilirter Harmonie mit andern kleinern ganz deutlich, daß, da ein Landesfolger das alte Recht hat, auf die Verträge, Privilegien und Conzessionen seines Vorfahrers nur dann zurückzusehen, wenn sie mit seinem Willen harmoniren, sonst aber niemals, daß ihm noch weit mehr das Recht zustehen müsse, seine eignen zu brechen, deren Nutzniesung – die ja eben in nichts anderem als im Halten oder Brechen bestehe – ihm als Eigenthümer offenbar anklebe. Da überhaupt der König nach einer richtigen Fiktion nicht stirbt und mithin Vor- und Nachfahrer in Einen einschmelzen: so kann der Nachfahrer unmöglich seine eigenen Verträge mehr als die seines Antezessors, mit dem er ja dieselbe Person ausmacht, zu halten brauchen und ich frage hier alte Universitäten und ihre Prorectores. – Physiologisch gedacht kann überhaupt gar keinem Menschen eine Verbindlichkeit, sein Wort zu halten, obliegen. Denn alle 3 Jahre schießet (nach Bernoulli) an dem verwitternden Körper eines Fürsten ein neuer an und Hume treibts bei der Seele eben so weit und weiter, wenn er sie für einen ab- und zurinnenden Fluß von Erscheinungen erklärt. So sehr also der Fürst im Augenblicke des Versprechens an dessen Haltung geknüpfet ist, so unmöglich ists, daß ers im zweiten Augenblick darauf noch sein könne, wo er sein eigner Nachfahrer ist und wo in der That vom versprechenden Wesen nichts mehr da ist, als dessen bloßer Posthums und Successor. Daraus kann nun, da glücklicherweise niemals in einen und denselben Augenblick zugleich Versprechen und Halten hineingehet, zuletzt die angenehme Folge herausgebracht werden, daß der wandelbare Mensch gar niemals etwas zu halten verbunden sein könne, er mag nun die Kuppel oder der Sägespan eines Thrones sein. Und damit stimmet auch an Höfen sogar der Eckenbeschläge des Thrones, nämlich der Hofleute Betragen hinreichend überein.
Diese magnetische In- und Deklination von den Nothwahrheiten feierlich ratifizirter Verträge kann sich nicht blos auf Unterthanen einschränken, sondern sie muß auch, sobald obige Schlüsse nicht gänzlich hinken, von Fürsten gegen Fürsten gelten dürfen. Und in der That nichts anders sagt uns die Erfahrung selbst, und ich hatte deßwegen einmal, da ich noch im Kabinette arbeitete (früh Morgens mit dem Flederwisch, nicht mit der Feder) ein fliegendes Blatt unter der letztern, worin ich das Traktaten-Exordium au nom de la Sainte Trinité oder in nomine sanctissimae et individuae Trinitatis für die vernichtende Chiffre der Gesandten ausgeben wollte; es wurde aber nichts daraus – als ein Manuscript. Ich wollte freilich der Welt darin eröffnen, der ganze Nutzen einer Staatskanzlei und einer Zettelbank laufe ja eben bloß darauf hinaus, daß beide solche Papiere zu liefern vermögen, die das ganz repräsentiren und ersetzen, was anders gar nicht zu haben wäre; ich wollte die große Welt in einen Winkel zu mir hinpfeifen und ihr rathen, sie solle es nicht leiden, daß zuweilen der mächtigste Fürst sich mit dem Wachs und Siegellack auf seinen Verträgen die Hände und Flügel verklebte und aneinanderpichte: aber die Welt wußt' alles schon seit Jahr und Tag und lachte mich von weitem in meinem närrischen Winkel aus.
Folglich sind nicht die Unterthanen, sondern die Fürsten Götter, wie zu erweisen war – aber hoffentlich nicht von mir selbst, sondern eben erst vom sozinianischen Gelde des papistischen Magister Masius und von der juristischen Fakultät, und man schlage doch nur mein Testament nach.
Notarius und Zeugen mußten ein wenig erschrecken, da ich mich im Bette auf einmal halb aufrecht setzte und meinen Blick in die Luft hinnagelte als säh' ich Geister einer andern Welt; aber etwas anderes sind ja auch jene Wahrheiten nicht, die blos in anderen Welten, aber nicht in unserer hausen dürfen und durch deren Anstarrung der Notarius so scheu gemacht wurde, der noch nebenher das hiesige Schulmeisteramt versieht. Ich wollte aber diese sauern Geister (den public spirit sah' ich auch mit darunter) wie alte Zauberinnen den Mond auf diese Erde und gerade vor die Thronen hin herniederbannen und befahl dem Notarius, er solle eintunken und schreiben, ich legirte jedem Menschen einen bessern Strick, einen aus Spinnenseide nämlich, der eh' er damit gehenkt würde, in der Valediktionsrede, die er mit der größten Censurfreiheit vor dem zuschauenden Auditorio halten dürfe, Wahrheiten vorbrächte, deren Eigner gewöhnlich nachher todtgeschlagen werden; ich wollte solche Galgen-Sprecher an ihrem Ehrgeiz glücklich lenken und durch die Rede befeuern, blos von ihnen und ihrem hohen Katheder versehe die tiefer stehende Welt sich des besten jus publicum; ja ich nannte dem Notarius und den künftigen Galgen-Akzessisten und Strick-Enrolirten einige hübsche rousseauische Sätze über die Freiheit eines Volkes vor und sah den Notarius dabei an – aber der hatte bisher blos mich angesehen und seine schöne Niederschreibzeit, den befiederten Arm unnütz in die Luft haltend, mit nichts verbracht, als mit Erschrecken, über Rousseaus gefährliche Sätze nämlich. Einige Zeugen brachten mir höflich bei, ich würd' es etwa auf meinem harten Krankenbett vergessen haben, daß in neueren Zeiten des Beccaria oder Hommels wegen, wenig oder gar nichts mehr an den Galgen gestrickt würde.
Ich versetzte mit erlaubtem Hochmuth: Testirer die sich in ihrem harten Bette halb in die Höhe setzen, um mit einer Federzange den reifen Staar aus den Augen der Völker herauszuholen, vergessen wenig und desorganisiren alle Organe und ihre eigenen; die Rede, Herr Notar, ist hier blos von der Rede oder von mehren, und das Hängen wird sich nachher schon einfinden; einem Manne, der einmal den menschenfreundlichen Muth besitzt, meine der halben Welt legirten Wahrheiten als Testamentexekutor richtig einzuhändigen, wird es nachher gewiß niemals an einem eben so guten und seiner werthen Regenten gebrechen, der ihn gleich darauf an den Galgen bringen läßt, damit er daran als ein hängendes Siegel der Wahrheit lange auf- und niederschwimme, und ich will's wenigstens hoffen. Denn es wird doch Einen Thomas von Aquino dann noch geben, der eine solche Albertus-Magnus-Statue, weil sie spricht (und zwar aus muthmaßlicher Eingebung des bösen und Gemeingeistes) in Trümmer schlägt und umhackt; und ich werd' es doch nicht (ich wünsche etwas besseres) als zu vortheilhaft von den Großen gedacht zurückzunehmen genöthigt sein, wenn ich bisher völlig glaubte und überall sagte, daß sie einen frei redenden Mann vielleicht allemal hoch genug schätzen und achten würden, um einen solchen, wenn er aufträte, in wenig Tagen – damit er sein elektrisches Licht und Feuer besser beisammen behielte – in der Stille auf einem guten Isolirschemel (Isolatorium) – ein Gefängniß oder Blutgerüst wird ein guter solcher Schemel sein – hinaufzusetzen. Aber Gottlob! Wahrheit, besonders statistische und publizistische, ist regierenden Häuptern und regierenden Lungen und Mägen und Händen noch nicht so verächtlich und gleichgültig geworden, daß sie nicht dieselbe, wie ein guter Gärtner Gewächse, mit Schnee und schlechter Erde belegen, versetzen, in Schatten rücken und von heurigen Knospen säubern sollten – welches blos die einzigen rechten Mittel sind, beider dießjährige Fruchttragung zu verschieben und deren Früchte einem künftigen Frühjahr (der Nachwelt) aufzusparen. Und wurd' ich denn nicht selbst im Karlsbade, wie ein Hirsch, bei der Ankunft angeblasen (es sollte blos bedeuten, ich und der Hirsch seien jagdbar), und hatt' ich nicht auf ausdrücklichen Befehl eines böhmischen Edelmannes, der einen rechtmäßigen Stolz auf seinen Stolz hatte und neben und auf welchen ich im Brunnenrausche einige republikanische Scholien in Rücksicht seiner Sklaven fahren lassen, gleich darauf das bekannte Glück, blos deßwegen von seinem außerordentlich schönen Bedienten außerordentlich ausgeprügelt zu werden? Und betrachtet man, daß er nichts war, als ein böhmischer Edelmann, that er bei der Sache nicht genug?
Allein der arme kaiserliche öffentliche Notarius, der noch immer nichts niedergeschrieben, faßte alle diese gefährlichen Erfahrungen und fiskalischen Sätze so in seiner Seele zusammen und ließ sie in einen solchen heißen Fokus konvergiren, daß ihn und sein Notariatspetschaft der bloße Schrecken zum Fenster hinausgoß und warf; da die Zeugen nach- und hinaussehen, saß nichts mehr von ihm unten auf dem Miste da, als seine Abdrucks-Paste. Nun muß alles andere und selbst das Testiren ausgesetzt werden, damit nur das Publikum sogleich abgespeiset und befriedigt wird, das (merk' ich) darauf beharren will, ich soll ihm ein gewisses Zwischengericht und hors d'oeuvre dieses Aufsatzes nicht nehmen, daß ich betitle: » der Notar auf dem Mist nebst den erheblichen Folgen.« Das Zwischengericht kann freilich zu nichts dienen; aber hier bring' ichs, weil man so sehr darnach fängt. Der Notarius wurde von seinem Schrecken ohne Mühe aufs Fenster hinausgesetzt, wo er hätte stehen bleiben können, wenn er sich blos hätte umsehen wollen. Aber er that einen langen Schritt in die nackte Luft und schickte ihn mit der Ueberfracht seines obern Körpers beladen vor seinen Schwerpunkt voraus; dadurch gewann er ohne Zeitverlust den Vortheil, daß er selbst als die Zunge der Waage über den Fensterstock hinausschlug und so dem niedrigen Poussierstuhle unter ihm (es wird damit der Dunghaufen gemeint) leicht begegnen konnte. Das erste, das dieser geschickte fallende Artist nach seiner Ankunft da thun konnte und mußte, war, daß er sein Gesicht als einen Prägstock und als eine plastische Form ansah und damit sein Bild in vertiefter Arbeit matt in den Dünger formte; auf letzterem lagen seine Finger als arbeitende Poussiergriffel und kopierten sich selbst, und mit seinem Notariatpetschaft kontrasignirte er aus Zufall den ganzen Vorfall. Dieser Notarius hatte wie ein Pfalzgraf sonach leicht einen zweiten kreirt; aber er ließ den Connotarius und das ganze Naturspiel liegen und dachte im Heimgehen an andere Sachen. Aber ich hingegen – indem dieser zweite äußerliche Mensch von ihm noch immer ausgestreckt auf dem anatomischen Theater lag und mit Maßen roch – sah dabei oft zum Fenster hinaus und sagte zu den Leuten, die vorbeigingen, herunter: »da der hiesige Notar nicht mit seinem Petschaft meinen letzten aber freien Willen untersiegeln wollen: so hab' ich mit seinem eignen Leibe gesiegelt und hier unten liegt der ganze Abdruck.«
Außer der Existenz des Teufels steht keine auf dünnern Füßen als eines Autors, d. i. Buches seine, und das Publikum hält seine Schriften für eben so viele Beleidigungen, die es wie ein Christ gänzlich zu vergessen habe. Aber uns ärgert diese Amnestie ganz besonders. Es wäre Autoren lieb, wenn es könnte an die Kirchthüre angeschlagen, von der Kanzel, vom Chore abgelesen, von dem Nachtwächter ausgerufen und vom Stummeninstitute und von der Heroldkanzlei bekannt gemacht werden, daß sie einige Druckbögen neuerlich geschrieben. Ich suche die Hauptursache darin, daß sie insgesammt kein solches seltsames Testament gemacht wie ich. Denn in diesem will und verordne ich, daß sämmtliche 300 Buchhändler auf den Leipziger Messen gerade ehe sie den gewöhnlichen Schmauß zu essen beginnen (es kann dafür das Tischgebet wegbleiben), in einer Rede, von der einer nach dem andern einige Perioden hält, Ich kann nicht anders als vermuthen, daß ich diese närrische Klausul aus dem Dresdener Konsistorium geborgt, vor dem allemal die ganze Kongregation von Kandidaten an einer und derselben Probepredigt herumpredigt – ein paar machen sich an den Eingang dieser Gesamtpredigt, ein dritter bringt's zum ersten Theil, sein Nachfahrer zum zweiten und so fort bis endlich der letzte redende Mitbelehnte sich und die Nutzanwendung hinten anschließet. Abwesenden und Gegenwärtigen so viel mit wahrem Scharfsinn beweisen, daß ein Buch von mir » Auswahl aus des Teufels Papieren 1789« wirklich und offenbar existire; sie sollen alle in dieser halb lächerlichen Kasualrede auf völlige Läugner dieser Existenz hinlänglich schimpfen und solche mir verhaßte Nonkonformisten und Separatisten ohne Scheu fragen, ob sie denn gar völlig des Teufels und besessen wären, um trotz dem Zuruf ihrer fünf Sinne, doch verstockterweise nicht an das Dasein eines Buches zu glauben, das man eben existirend unter der Gesellschaft herumbiete. Und deswegen soll noch heute ein Exemplar davon nach Leipzig geschafft werden. Für eine so außerordentliche Gefälligkeit ist's nicht zuviel, wenn ich der beweisenden Korporation in meinem letzten Willen das Rezept aller giftigen Spezies zu einem Mäusegift nachlasse, an dem jeder Raubfisch von Nachdrucker unfehlbar verrecket. Ich weiß so gut wie ein Buchhändler, wie mißtrauisch man gegen solche Spezies zu sein habe und ich hätt' es voraussagen wollen, daß kein einziger Nachdrucker am Spießglase der bisherigen Verbalinjurien und Bücherprivilegien abstehen und platzen würde, wie ja bekanntermaßen Spießglas das Schwein viel fetter macht; allein man schütte ihm ein einziges Pfefferkorn vor, das keinem Menschen schadet, so wird es das Schwein hinrichten – und so weiß ich alle Novitäten (wie sonst Briefe) auf eine solche Weise zu vergiften, daß der Nachdrucker, wenn er sie nur kollazionirt, schon in drei Tertien ausfunkelt und umsinkt und eingegraben werden muß. Dem Buchhändler aber ist eine solche Novität vielmehr ganz gesund. Außer den Nachdruckern sterben auch die Mäuse an diesem Gifte hin, die den Zahn der Zeit oder der Rezensenten in ihre Kinnlade eingesetzt haben, um damit Buchhändler und Autoren aufzufressen.
Was die Rezensionen des Buches anlangt, so gereicht es zu meinem Vergnügen, wenn ich eine gewisse in meiner Familie allbekannte Anekdote hier ausbringen darf, daß ein paar Rezensenten (Hoppedizel schrieb sich einer), die ich bei meinem Geburtsfeste mit hatte und denen ich eine kleine Mandeltorte vorsetzte, auf der mein ganzer Name (J. P. F. Hasus) mit Typen von Mandeln in erhabener Schrift herumgesäet zu lesen und zu essen war, sich ein besonderes Verdienst daraus machten, mir und andern zu versichern, ich hätte mir allerdings schon einen Namen gemacht und einen beliebten dazu, von dem höchstens noch zu wünschen wäre, (hier hatten sie bis ins us fortgebissen) er wäre noch viel länger.
Unter dem Testiren hielt ich bei den Zeugen zu wiederholtenmalen an, mit mir (wie Zeugen pflegen) verschiedene Worte zu wechseln, damit sie selber sähen, ob der Testirer noch seiner Sinne mächtig wäre oder nicht. Da sie nun nach allem Reden nichts bei mir verspüren konnten, als reine Vernunft und praktische, und da auch der Leser, wie man erwartet, in diesem Aufsatze auf nichts anderes stoßen kann: so wird sich hoffentlich mein letzter Wille von einem fürstlichen letzten (oder auch guten) Willen dadurch unterscheiden, daß man ihn befolgt, obgleich meine ganze Familie dabei aus Geiz den Teufel im Leibe haben wird.
J. P. F. Hasus.
Wäre der Notarius nicht davon gelaufen, so hätt' er noch dazu setzen können: wenn dieses Testament nicht gelten kann als ein zierliches Testament, so soll es doch gelten als ein Kodizill, Fideikommiß, donatio mortis causa, oder auf eine Art, wie es nur immer gelten kann und will.
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