Katharina II. von Rußland
Erinnerungen der Kaiserin Katharina II.
Katharina II. von Rußland

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Anhang.

Brief Katharinas II. an Poniatowski.

Peter III. hatte den wenigen Geist, den er besaß, völlig verloren. Er stieß alles um, wollte die Garden abschaffen und war im Begriff, sie zu diesem Zweck aufs Land zu führen, denn er rechnete darauf, sie durch holsteinsche Truppen zu ersetzen, die in der Stadt bleiben sollten. Er wollte die Religion wechseln, sich mit Elisabeth Woronzow verheiraten, mich aber verstoßen und einkerkern.

Am Tage, an dem man den Frieden mit dem Könige von Preußen feierte, hatte er, nachdem er mich öffentlich bei Tafel beleidigt, befohlen, mich abends verhaften zu lassen. Aber mein Onkel, der Prinz Georg, ließ diesen Befehl widerrufen. Erst von jenem Tage an lieh ich den Vorschlägen, die man mir seit dem Tode der Kaiserin Elisabeth täglich machte, ein Ohr. Man beabsichtigte, ihn (Peter III.) in seinem Zimmer gefangen zu nehmen und, wie einst die Fürstin Anna und ihre Kinder, einzusperren. Wir begaben uns nach Oranienbaum, wohin uns eine große Anzahl Gardekapitäne folgte.

Der Ausgang der Verschwörung lag in den Händen der drei Brüder Orloff. Osten erinnert sich noch, daß der ältere mir überall hin folgte und tausend Torheiten für mich beging. Seine Leidenschaft für mich war bekannt und er selbst tat alles, um sie an die Oeffentlichkeit zu bringen. Es sind außerordentlich entschlossene Männer, die Orloffs, und bei den gemeinen Soldaten sehr beliebt, da sie in den Garden gedient haben. Ich bin ihnen zum größten Dank verpflichtet und ganz Petersburg ist Zeuge davon.

Die Garden waren auf alles vorbereitet, und schließlich wußten mehr als dreißig Offiziere und 10 000 Mann um das Geheimnis. Unter diesen zeigte sich drei Wochen lang nicht ein einziger Verräter. Es waren drei vollkommen getrennte Parteien, deren Anführer zur Ausführung vereinigt wurden. Das Hauptgeheimnis aber lag in den Händen der drei Brüder (Orloff).

Panin wünschte, daß es (die Abdankung Peters) zugunsten meines Sohnes geschehe, aber sie wollten es nicht zugeben. Während ich in Peterhof war, lebte und zechte Peter III. in Oranienbaum. Man war übereingekommen, daß man im Falle eines Verrats seine Rückkehr von dort nicht abwarten wollte, sondern die Garden versammelte und mich proklamierte. Ihr Eifer für mich tat, was der Verrat bewirkt hätte.

Am 27. verbreitete sich das Gerücht, ich sei verhaftet worden. Die Soldaten empörten sich, aber einer unserer Offiziere beruhigte sie. Da kam ein Soldat zum Kapitän Passik, einem der Parteianführer, und sagte ihm, ich sei ganz sicher verloren. Doch der Offizier versicherte ihn, er habe Nachrichten von mir. Nun ging derselbe Soldat, der für mich fürchtete, zu einem andern Offizier, der nicht mit im Geheimnis war. Entsetzt, zu hören, daß ein Offizier diesen Mann hatte gehen lassen, ohne ihn zu verhaften, begab er sich zum Major. Dieser ließ Passik arretieren und schickte einen Rapport noch während der Nacht nach Oranienbaum. Sofort war das ganze Regiment in Bewegung und der Schrecken verbreitete sich unter unsern Mitverschworenen. Zuerst beschlossen sie, den zweiten der Gebrüder Orloff zu mir zu schicken, um mich nach der Stadt zu bringen, während die beiden andern überall die Nachricht von meiner Ankunft verbreiten sollten. Auch der Hetmann Wolkonski und Panin waren mit ins Vertrauen gezogen.

Ich befand mich fast ganz allein mit meinen Kammerfrauen in Peterhof, scheinbar von der Welt vergessen. Aber es waren bange Tage für mich, da ich regelmäßig von allem unterrichtet wurde, was man für oder gegen mich anzettelte. Am 28. um sechs Uhr morgens trat plötzlich Alexis Orloff in mein Zimmer, weckte mich und sagte gelassen: »Es ist Zeit, daß Sie aufstehen; alles ist zu Ihrer Proklamation bereit.« Als ich darauf nach verschiedenen Einzelheiten fragte, antwortete er: »Passik ist verhaftet.« Nun zögerte ich nicht mehr. So schnell wie möglich kleidete ich mich an, ohne große Toilette zu machen, und stieg in den Wagen, der Orloff hergebracht hatte. An dem Wagenschlag stand, als Diener verkleidet, ein anderer Offizier, während ein dritter mir einige Werst hinter Peterhof entgegenkam. Fünf Werst vor Petersburg begegnete ich dem ältesten Orloff mit dem Fürsten Bariatinski, dem jüngeren. Dieser trat mir seinen Platz in der Sänfte ab, denn meine Pferde waren erschöpft. So kamen wir in die Kasernen des Ismailoffskischen Regiments. Hier waren nur 12 Mann und ein Tambour anwesend, der sich beeilte Alarm zu schlagen. Nun kamen die übrigen Soldaten herbei, küßten mir die Füße, die Hände, mein Kleid und nannten mich ihren Retter. Zwei von ihnen schleppten einen Popen mit dem Kruzifix herbei, und alle leisteten den Eid. Als dies geschehen, hob man mich wieder in einen Wagen. Der Pope mit dem Kreuz schritt voran. Wir fuhren zum Simeonowskischen Regiment, das uns mit Vivatrufen entgegenkam.

Darauf begaben wir uns nach der Kasanerkirche, wo ich ausstieg. Das Regiment Preobraschenski kam ebenfalls herbei und rief: »Vivat!« – »Wir bitten um Verzeihung,« sagten die Soldaten dieses Regiments, »daß wir die letzten sind, aber unsere Offiziere haben uns zurückgehalten. Um indes unsern Eifer für Sie zu beweisen, haben wir vier verhaftet, denn wir wollen dasselbe, was unsere Kameraden der andern Regimenter wollen.« Dann langte die Garde zu Pferd an. Diese befand sich in einem Freudentaumel, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Sie schrien und weinten vor Freude über die Befreiung des Vaterlandes. Die Garde war vollzählig mit ihren Offizieren an der Spitze.

Da ich wußte, daß mein Onkel, der Prinz Georg, dem Peter III. dieses Regiment geschenkt hatte, von demselben schrecklich gehaßt wurde, schickte ich einen Gardisten zu Fuß zu ihm, um ihn zu bitten, in seinem Hause zu bleiben, aus Furcht, es könnte ihm etwas passieren. Aber schon hatte sein Regiment eine Abteilung abgeschickt, um ihn zu verhaften. Man plünderte sein Haus und mißhandelte ihn.

Ich begab mich ins neue Winterpalais, wo die Synode und der Senat versammelt waren. In Eile entwarf man das Manifest und den Eid. Dann ging ich hinunter und schritt die Reihen der Soldaten ab, von denen mehr als 14 000 – Garden und Landregimenter – versammelt waren. Sowie man meiner ansichtig wurde, ertönten Freudenrufe, die das zahlreich herbeigelaufene Volk wiederholte. Danach begab ich mich in den alten Winterpalast, um die nötigen Maßnahmen zu treffen. Hier beratschlagten und beschlossen wir, daß ich an der Spitze der Truppen nach Peterhof ziehen sollte, wo Peter III. dinierte. Auf dem ganzen Wege hatte man Posten aufgestellt, und jeden Augenblick schickte man mir Nachrichten.

Ich sandte den Admiral Talitschin nach Kronstadt. Da kam der Kanzler Woronzow, um mich wegen meines Weggangs aus Peterhof zu schelten. Meine Antwort war, man solle ihn in die Kirche führen, um mir ebenfalls den Eid zu leisten. Darauf kamen der Fürst Trubetzkoi und der Graf Alexander Schuwaloff, gleichfalls aus Peterhof, um sich der Regimenter zu versichern und mich zu ermorden. Aber auch sie leisteten, ohne daß man Gewalt brauchen mußte, den Eid.

Nachdem unsere Kuriere abgefertigt und alle Vorsichtsmaßregeln getroffen waren, zog ich gegen 10 Uhr abends die Uniform der Garden an, und man proklamierte mich mit unbeschreiblichem Enthusiasmus zum Obersten. Ich bestieg ein Pferd und ließ nur wenige Soldaten von jedem Regiment zum Schutze für meinen Sohn zurück, der in Petersburg blieb.

So zog ich an der Spitze der Truppen nach Peterhof. Wir marschierten die ganze Nacht. Am kleinen Kloster angelangt, brachte mir der Vizekanzler Galitzin einen sehr ergebenen Brief Peters III. Aber ich vergaß zu erwähnen, daß, als ich die Stadt verließ, drei von Peterhof abgeschickte Soldaten, die im Volke ein Manifest verbreiten sollten, mir dieses gaben und sagten: »Da sieh, womit uns Peter III. beauftragt hat; wir geben es Dir und sind sehr froh, die Gelegenheit zu haben, uns unsern Brüdern anzuschließen.« Nach diesem ersten Briefe Peters III. kam ein zweiter an, den der General Michael Ismailoff brachte. Ismailoff warf sich mir zu Füßen und sagte: »Halten Sie mich für einen Ehrenmann?« – »Ja,« antwortete ich. – »Gut,« sagte er, »es ist ein Glück, mit vernünftigen Menschen zusammenzusein. Der Kaiser will verzichten! Ich werde ihn nach seiner Abdankung frei zu Ihnen führen und dadurch mein Vaterland vor dem Bürgerkriege bewahren.« – Ich beauftragte ihn ohne Mühe mit diesem Befehl, und er ging, ihn auszuführen.

Peter III. verzichtete in Oranienbaum in voller Freiheit, umgeben von 1500 Holsteinern, auf die Krone und kam mit Elisabeth Woronzow, Gudowitz und Michael Ismailoff nach Peterhof, wo ich ihm zum Schutze seiner Person fünf Offiziere und einige Soldaten gab. Es war am 29. Juni, am Peterstage mittags. Während man für alle das Mittagsmahl bereitete, bildeten sich die Soldaten mit einem Male ein, der Feldmarschall Trubetzkoi habe Peter III. hergebracht und versuchte nun zwischen uns beiden Frieden zu stiften. Sie hielten alle, die ihren Weg kreuzten, an, unter andern auch den Hetmann, die Orloffs und viele andere, damit sie mir sagen sollten, schon drei Stunden wären vergangen, seit sie mich nicht gesehen; sie stürben vor Angst, daß der alte Schurke Trubetzkoi mich hintergehe, indem er einen Scheinfrieden zwischen meinem Gemahl und mir herbeiführe. Dann wären ich und sie alle verloren. – »Aber,« fügten sie hinzu, »wir zerreißen ihn in Stücke!« das waren ihre eigenen Ausdrücke.

Ich ging daher zu Trubetzkoi, um ihm zu sagen: »Ich bitte Sie, nehmen Sie einen Wagen, während ich zu Fuß die Truppen mustere,« worauf ich ihm erzählte, was sich zugetragen. Er begab sich in großer Angst nach der Stadt, während ich mit einstimmigen Beifallsrufen empfangen wurde. Nun schickte ich den Exkaiser in Begleitung von vier Offizieren und einer Abteilung gemäßigter, vernünftiger Leute unter dem Kommando Alexis Orloffs nach einem siebenundzwanzig Werst von Peterhof entfernt gelegenen, aber sehr angenehmen Ort, Ropscha genannt, während man für ihn in Schlüsselburg bequeme und anständige Zimmer bereitete. Hier hatte er Zeit, seine Pferde zum Wechseln vorauszuschicken. Aber Gott verfügte anders: Die Furcht hatte bei ihm einen Durchfall bewirkt, der drei Tage anhielt; erst am vierten ließ die Kolik nach. An diesem Tage trank er ungeheuer viel, denn er hatte alles was er wollte, nur keine Freiheit. Uebrigens hatte er mich um seine Maitresse, seinen Hund, seinen Neger und seine Violine gebeten. Da ich aber eine Vermehrung der so schon gärenden Stimmung im Volke befürchtete, schickte ich ihm nur die drei letztgenannten Gegenstände. Die Kolik ergriff ihn von neuem und stieg ihm ins Gehirn. Dieser Zustand währte zwei Tage, worauf große Schwäche folgte. Trotz der sofortigen ärztlichen Hilfe gab er alsbald den Geist auf, nachdem er nach einem evangelischen Geistlichen verlangt hatte.

Ich befürchtete, die Offiziere hätten ihn vergiftet, so sehr haßte man ihn, und ließ ihn daher öffnen. Aber man fand nicht die geringste Spur von Gift in seinem Körper. Er hatte einen sehr gesunden Magen, allein eine Entzündung in den Därmen. Ein Schlag hatte seinem Leben ein Ende gemacht. Sein Herz war winzig klein und gebrochen. –

Nach seiner Abreise von Peterhof riet man mir, geradewegs nach Petersburg zu gehen. Da ich indes voraussah, daß sich die Truppen dagegen widersetzen würden, ließ ich das Gerücht von meiner Rückkehr nach der Stadt unter dem Vorwande verbreiten, ich wolle wissen, um welche Zeit sie bereit wären, sich auf den Weg zu machen. Und sie setzten nach einem dreitägigen ermüdenden Marsch die zehnte Stunde am Abend fest, »das heißt,« fügten sie hinzu, »nur wenn sie mit uns kommt.«

So reiste ich also mit ihnen ab, aber auf der Hälfte des Wegs ruhte ich ein wenig im Landhause Kurakins aus, wo ich mich völlig angekleidet aufs Bett warf. Ich schlief bis einhalb drei Uhr morgens, worauf es weiter nach Katharinenhof ging. Von neuem bestieg ich mein Pferd; ein Husarenregiment marschierte vor mir, dann folgte meine Eskorte, die Garde zu Pferd. Unmittelbar hinter mir kam mein ganzer Hof, die Garden der Anciennität nach und drei Landregimenter. Unter großer Begeisterung hielt ich meinen Einzug in die Stadt und den Sommerpalast, wo mich der Hof, die Synode, mein Sohn und alle, die mir nahe standen, erwarteten. Ich ging zur Messe. Dann sang man das Te Deum und beglückwünschte mich, die ich seit Freitag früh sechs Uhr kaum getrunken, gegessen noch geschlafen hatte. Ich war daher sehr froh, mich am Sonntag abend niederlegen zu können.

Doch kaum war ich gegen Mitternacht eingeschlafen, als der Kapitän Passik in mein Zimmer trat und mich weckte: »Unsere Leute sind entsetzlich betrunken,« sagte er, »ein betrunkener Husar ist durch die Reihen gegangen und hat geschrien: ›Zu den Waffen! 3000 Preußen kommen und wollen uns unsere Mutter entführen!‹ Darauf haben alle zu den Waffen gegriffen und sind nun hier, um sich Ihres Wohlbefindens zu versichern. Sie sagen, sie hätten Sie seit drei Stunden nicht gesehen, würden aber ruhig nach Hause zurückkehren, wenn sie Sie in guter Gesundheit wüßten; die Soldaten gehorchen weder ihren Offizieren noch Orloff.«

So mußte ich denn abermals aufstehen. Um aber nicht meine Leibgarde in Schrecken zu jagen, ging ich zuerst zu dieser und teilte ihr den Grund meines Ausganges zu so später Stunde mit. Darauf setzte ich mich in Begleitung zweier Offiziere in meinen Wagen und begab mich zu den Truppen, um ihnen zu sagen, daß ich mich vollkommen wohl befände; sie sollten sich nur schlafen legen und auch mir ein wenig Ruhe gönnen, denn ich hätte drei Nächte nicht geschlafen. Auch wünschte ich, daß sie in Zukunft ihren Offizieren gehorchten. Sie antworteten mir, man hätte sie mit diesen verfluchten Preußen erschreckt, und sie wollten alle für mich sterben. – »Gut,« sagte ich, »ich danke euch; aber geht jetzt zur Ruhe.« – Darauf wünschten sie mir Gute Nacht und alles Gute für mein Wohlbefinden und gingen dann, zahm wie die Lämmer, in die Kasernen, immer die Blicke auf meinen Wagen gerichtet. Am nächsten Tag ließen sie sich entschuldigen und bedauerten es sehr, mich aus dem Schlafe gerissen zu haben.

Um das Verhalten eines jeden Offiziers einzeln zu beschreiben, würde man ein ganzes Buch brauchen. Die Orloffs glänzten besonders durch ihre Kunst, die Gemüter zu leiten, ferner durch kluge Kühnheit, große Geistesgegenwart und tausend große und kleine Einzelheiten, sowie durch den Respekt, den sie durch ein solches Benehmen allen einzuflößen wußten. Sie besitzen alle drei sehr viel gesunden Menschenverstand, edlen Mut, sind Patrioten bis zum Enthusiasmus und Ehrenmänner vom Scheitel bis zur Sohle. Sie sind mir leidenschaftlich ergeben und leben, wie selten Brüder, in vollkommener Eintracht miteinander. Im ganzen sind es fünf Brüder, aber nur drei haben teilgenommen.

Kapitän Passik zeichnete sich hauptsächlich dadurch aus, daß er 12 Stunden in seiner Haft ausharrte, obgleich ihm die Soldaten Türen und Fenster öffneten. Aber er wollte sein Regiment nicht vor meiner Ankunft in Verwirrung bringen, obwohl er jeden Augenblick gewärtig sein mußte, nach Oranienbaum gebracht, und dort verhört zu werden. Glücklicherweise traf ein solcher Befehl Peters III. erst ein, als ich schon meinen Einzug in die Stadt gehalten hatte.

Die Fürstin Daschkoff, obgleich sie sich gern alle Ehren und Verdienste um diese Thronrevolution aneignen möchte, stand in sehr schlechtem Geruch wegen ihrer Verwandtschaft, und ihre neunzehn Jahre imponierten keinem Menschen. Sie behauptet, alles wäre durch ihre Hand gegangen, um zu mir zu gelangen, während ich doch schon seit einem halben Jahre mit allen Anführern in Briefwechsel stand, ehe sie nur einen einzigen ihrer Namen kannte. Gewiß, sie besitzt viel Geist, aber er ist durch ihre unglaubliche Prahlerei und ihr angeborenes zänkisches Wesen verdorben. Sie ist von allen Chefs gehaßt und die Freundin aller derjenigen, die sie von dem, was sie wissen, bis ins kleinste unterrichten. Iwan Schuwaloff, der niedrigste und verworfenste aller Menschen, hat allerdings, wie man sagt, an Voltaire geschrieben, daß ein neunzehnjähriges Weib die Regierung des russischen Reichs gestürzt hätte: reißen Sie doch diesen großen Dichter aus seinem Irrtum! Fünf Monate bevor sie nur das geringste wußte, war man gezwungen, vor der Fürstin Daschkoff die Namen der Vermittler, deren ich mich bediente, zu verschweigen, und erst in den letzten vier Wochen sagte man ihr so wenig wie möglich.

Die Charakterfestigkeit des Fürsten Bariatinski, der einem geliebten Bruder, der Adjutant beim ehemaligen Kaiser war, das Geheimnis verschwieg, nicht weil er zu fürchten hatte, sein Vertrauen werde mißbraucht, sondern weil er es für unnütz fand, verdient großes Lob.

In der Garde zu Pferd haben ein zweiundzwanzigjähriger Offizier, namens Chitron, und ein siebzehnjähriger Unteroffizier, namens Potemkin, alles mit Mut und Geschick geleitet.

Da haben sie also ungefähr die ganze Geschichte. Alles geschah, ich gestehe es Ihnen, unter meiner persönlichen Leitung. Zuletzt aber dämpfte ich das Ganze ein wenig, weil der Aufbruch aufs Land die Ausführung verhinderte und alles seit mehr als vierzehn Tagen reif war.

Als der einstige Kaiser den Tumult in der Stadt vernahm, wurde er durch seine Damen verhindert, dem Rate des alten Feldmarschalls Münnich zu folgen, der ihm riet, nach Kronstadt zu gehen, oder sich mit einer geringen Anzahl seines Gefolges zur Armee zu begeben. Und als er endlich doch auf einer Galeere nach Kronstadt ging, gehörte die Stadt, dank des guten Benehmens des Admirals Talitschin, uns. Er ließ den General Sievers, der für den Kaiser war, entwaffnen. Als Peter anlangte, drohte ihm ein Hafenoffizier aus eigenem Antriebe, auf seine Galeere mit Kanonen schießen zu wollen. Schließlich aber hat Gott alles nach seinem Willen zu Ende geführt. Alles grenzt schon mehr ans Wunderbare, denn so viele glückliche Zufälle können nur durch den Willen des Allmächtigen stattfinden.



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