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Erinnerung

In jener Nacht berannte mich ein Traum,
und selbst der grelle Tag verdrängte ihn mir kaum:
In glühnden Farben tanzen Bilderreigen,
das größte Fest mir immerdar zu zeigen.

Die Schützengräben. Alles sturmbereit:
Ein jeder hat sich weh dem Tod geweiht,
ein jeder schaut, starr äugend, aufs Gelände,
bebt auf in Qual und Wut, verkrampft die Hände.

Von fliegenden Geschossen rauscht ein Dach,
in eins gestoßen sind nun Schuß und Krach,
wie Trommeln wirbeln, dumpfe Donner hämmern:
Breitmäulig jagt der Tod, ein Löwe unter Lämmern.

Da – fern, am Hügel sehn wir Flämmchen gehn?
Entsetzen packt, die eben sie gesehn,
und wirft sie nieder auf des Grabens Sohle;
schon rauschts heran, ein grauseres Gejohle:

Des Feindes Artillerie: Zwei Höllenfürsten spein
sich Feuerfluten ins Gesicht hinein,
Giftgeifertropfen klopfen auf die Erde:
Ein Mensch fliegt auf, es flucht die Qualgebärde.

Mich haben Satansklauen in ein Bild gezwängt:
Christus, schmerztaumelnd geht, wo Judas hängt,
und schreit zum Vater: »Sieh, wie sich die Menschen hassen,
mich willst du nicht noch einmal kreuzigen lassen?«

Er nimmt den Strick. Gott schweigt. Die Schlinge hängt am Ast.
Noch einmal Christus schreit. – Dann schwankt die Last
des Dulderleibes, der umsonst geblutet,
in Schlachtfeldmitten, wo die Hölle glutet.

Als hätten tausend glühende Zangen mich gepackt,
zerreißt mein Leib. Ich seh die Seele nackt
aus meinem schmerzerstarrten Körper fliegen,
um sich um Christus, unsern Herrn, zu schmiegen.

Hurra! Hurra! Hurra! Die Kameraden schrein.
– Zum Sturm? – In diesen Höllenpfuhl hinein? –
Es tanzt und singt und schreit in allen Gräben,
Knieende seh die Hände ich zum Himmel heben.

Nun hör ich auch, daß kein Geschütz mehr brüllt,
und fühl, wie sich mein Herz mit Jubel füllt,
zwei Worte aus dem wirren Wahnsinnsliede,
zwei Worte hör ich: »Waffenstillstand« – »Friede«.

Da aus den fernen Gräben stürmt das Heer
der Feinde: Sang und Jauchzen mehr!
Wir eilen hin in brennendem Verlangen,
umarmend küssen wir uns Mund und Wangen.

Aus Waffen und Tornistern, Schanzen, loht
ein Scheiterhaufen auf zum Himmelrot.
Wir sehn die Flammen und den Rauch hinziehen
mit unserem Beten. Alle auf den Knieen,

und hingesunken ist, was uns getrennt,
der ein' den andern Freund und Bruder nennt –
Mich löst kein Kampf mehr aus des Traumes Schlingen,
ich hör das Friedenslied die Kugeln singen.


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