Julius Lips
Zelte in der Wildnis
Julius Lips

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Zweites Kapitel

Die gute Zeit

Pirre erwachte von einem heftigen Stoß gegen seinen Kopf. Die Zeltleinwand bumste ihm ins Gesicht, dazu kratzte und brummte es, und die ungeduldige Tatze Peters holte ein zweites Mal nach ihm aus. Der Junge griff unter dem Schlitz hindurch nach dem zottigen Hinterbein mit der kalten Ledersohle und den Krallen wie lange Eisennägel. Der Bär quiekte und Pirre ließ ihn los und schlüpfte aus dem Zelt.

Heller und heller wurde der Himmel – es war Tag. Die Indianer gehen mit der Sonne schlafen, und das 26 Licht des Morgens ist ihr Wecker. Bald würden auch die anderen im Zelt auf sein.

Pirre trug noch seinen Anzug von gestern, denn die Nächte im Norden sind zu kalt für dünnere Nachtbekleidung. Seine dicken Hosen waren aus graubraunem Wollstoff, und die karierte Jacke hatte der Vater ihm voriges Jahr bei der Company gekauft. Er benutzte seine Finger als Kamm., und ein paar tiefe Atemzüge in der frischen Morgenluft ersetzten das Zähneputzen. Er verwandte kein Wasser für seine Morgentoilette. Nur der weiße Priester bestand auf solchen unnötigen Waschereien, und es war weder Sonntag, noch wahrscheinlich, daß der Mann im schwarzen Gewand sich hier in der Nähe zeigen würde. Außerdem war es noch viel zu zeitig für die Weißen.

Die Hunde sahen ihn mit weit offenen Augen an, aber sie rührten sich nicht, weil sie noch niemanden am Ofen hörten. Also gab es noch nichts zu essen. So steckten sie ihre Nasen wieder in die warme Kurve der Schenkel und schliefen noch ein bißchen.

Pirre band die Leine vom Baumstamm los und nahm den Bären mit auf seinen Morgenbummel. Instinktiv gingen sie dem Walde zu, der sie anzog wie ein Magnet das Eisen, verloren sich für eine Weile im Gebüsch und gingen dann zum Seeufer, wo Hunderte von winzigen Fischchen im seichten Wasser standen. Ab und zu fuhr ein Hecht mit solcher Wucht hinter seiner Beute her, daß er wie ein silbernes Geschoß über die Oberfläche flog.

Als sie zum Zelt zurückkehrten, waren alle schon auf. Estelle breitete gerade eine neue Schicht Zedernzweige auf den Fußboden, Michael ruhte schon vom Holzhacken aus und die Mutter rührte neben dem brennenden Ofen Mehl, Wasser und Backpulver zum »Banock« an, dem Brot der Indianer, das bei keiner Mahlzeit fehlt. Plötzlich roch es verbrannt, und die Großmutter begann zu schelten. Kein Wunder, Peter hatte sich hinter dem Jungen ins Zelt gedrängt und steuerte geradewegs auf Mutters Teigschüssel zu, wobei 27 er sein Hinterteil am Ofen versengte, der ganz gefährlich hin und her schaukelte. Das brachte den Vater zur Stelle – ein Fußtritt, und schon flog Peter aus dem Zelt heraus und wurde wieder am Baumstumpf angebunden, wo er nun brummend lag und mürrisch seine Tatzen leckte.

Wer nie einen Winter in den Wäldern verbracht hat, wo es nur Fisch und Wild gibt und im besten Falle Bärenfett, der kann sich gar nicht vorstellen, wie gut das Frühstück schmeckte! Sie füllten sich die halbe Tasse mit Zucker und gossen etwas heißen Tee darauf, dann verrührten sie das Ganze zu duftendem Sirup und tauchten den frischgebackenen Banock hinein. Sie sprachen nicht, nur ihre dunklen Blicke begegneten sich über den Tassen.

Im Winter war das Leben so hart, daß alle fest zusammenhalten und als eine Mannschaft miteinander arbeiten mußten. Pirre war so daran gewöhnt, irgendwelche Aufträge zu übernehmen und prompt auszuführen, daß er seinen Augen kaum traute, als er sah, daß weder die Großmutter noch die Eltern irgend etwas von ihm wollten. Auch die Schwestern waren ungewohnt müßig, und die Geschwister fühlten fast eine Art von Schuldbewußtsein in ihrer ungewohnten Faulheit. Im Winter hing die Sicherheit und Gesundheit der ganzen Familie davon ab, daß jeder pünktlich seine Pflicht tat.

Die Großmutter saß nachdenklich auf ihrem Pelzbündel, die »Sommerpfeife« im Mund, eine der zahllosen Zigaretten, die sie in langer Kette zu rauchen gewohnt war, so lange man sich am Johannissee aufhielt. Ihre schwarzen Augen zeigten den wohlbekannten tiefversunkenen »Geschichtenblick«, ohne jede Beachtung der Außenwelt sah sie tief in sich hinein, in eine uralte Welt, die niemand ganz verstehen kann, der weniger als achtzig Jahre auf dieser Erde gelebt hat.

Die Mutter und Estelle vergnügten sich damit, immer wieder den Mehlsack in die Hand zu nehmen, den Eimer voll Zucker, die Blechdose voll Tee, das Senfglas und 28 das Eierkörbchen, und suchten für alle diese Dinge immer neue Plätze, wo alles noch besser zur Geltung kam. Michael trieb Nägel in eine offene Holzkiste und hing die paar Töpfe, Pfannen und Becher daran auf.

Mit brennender Pfeife, die Hände in den Taschen, schlenderte der Vater langsam zum Hudson-Bay-Company-Haus hin, und sobald Vitaline sah, daß er hinter den Bäumen verschwunden war, schlich auch sie davon. Sie machte ein paar schüchterne Schritte in der Richtung, wo voriges Jahr die Familie eines gewissen jungen Mannes ihr Lager aufgeschlagen hatte, und sah zu ihrem Entzücken, daß heute ein Zelt dort stand, wo es gestern noch leer gewesen war, und daß zarter blauer Rauch gerade von einem frischangelegten Feuer aufstieg.

Nun kriegte auch Pirre Lust, sich einmal näher auf der Reservation umzusehen. Was wohl sein Freund »P'tithomme« machte, von der Kakwa-Familie?

Michael weigerte sich erst, ihn zu begleiten. Er hantierte lieber mit den Sachen im Zelt wie die Mutter und die Schwestern und legte sich zwischendurch gern ein wenig hin, um auf dem Pelzlager mit offenen Augen etwas zu träumen. Aber Pirre konnte das durchaus nicht leiden. Er bat ihn so lange, mitzukommen, bis der große Bruder endlich einwilligte, denn er sah ein, daß Pirre sich in der Gesellschaft eines wirklichen Jägers zeigen wollte, wenn Michael auch nicht gerade zu den stärksten gehörte. Er hustete oft und war nicht halb so munter wie die anderen Minnegouches. Aber er hatte dafür verschiedene andere Eigenschaften, die Pirre heimlich bewunderte. Er war voller Mitgefühl für alle Schmerzen des Leibes und der Seele, und seine für gewöhnlich etwas traurigen Augen konnten treu und brüderlich aufleuchten, wenn Pirre sich in irgendeiner Klemme befand oder wenn er einen Kummer hatte, den er sonst niemandem anvertrauen mochte. Bei solchen Gelegenheiten verstand Michael alles fast ohne Worte, und er konnte Hunger oder Bitternis mit den seltsamen Geschichten verscheuchen, die er mit seiner langsamen, 29 rauhen Stimme erzählte. Seine Geschichten waren wie Träume, und seine Träume waren wie Geschichten.

Sie waren fast gleich groß, als sie so zusammen weggingen, obwohl Michael vier Jahre älter war als Pirre. Sie sprachen über das Angelwetter und über den Auftrag, den Vitaline ihnen für Monsieur Clair aufgetragen hatte, den Besitzer der Pelzfarm, der der Sohn eines weißen Mannes und einer Indianerin war. Michael nickte und hörte Pirres Plaudereien mit dem Ernst zu, den er gleichermaßen für Menschen wie für Tiere hatte. Groß war die natürliche Höflichkeit seines Herzens und seine Ehrerbietung für alles Lebendige.

Plötzlich erblickten sie, als sie auf der schmalen Straße entlang gingen, ganz nahe am See ein geflicktes, verregnetes Zelt, und sofort begannen sie zu laufen, um schneller dort zu sein. Es war das einzige Naskapizelt, das nicht aus gekaufter Leinwand gemacht war, sondern aus echter Birkenrinde, wie in den alten Zeiten.

»Er ist da!« sagte Michael mit einem warmen Unterton in seiner Stimme. Und wirklich, da lag auf einem alten Bärenfell Saiko in der Morgensonne, Saiko, der große Jäger und Geschichtenerzähler mit den verkrüppelten Beinen, der sich nur auf allen vieren vorwärtsbewegen konnte und dennoch mehr Wild erlegte, als jeder andere Mann des ganzen Stammes.

Er erkannte die Minnegouche-Jungens und winkte ihnen zu. Ein Lächeln erhellte sein häßliches altes Gesicht mit der viel zu hohen Stirn.

»Seht, seht«, sagte er in der Indianersprache, »Pirre und Michael. Die Minnegouches sind also da. Als wir uns das letztemal sahen, war es ein bißchen kälter.«

Er war ihr Nachbar in der Wildnis. Aber die Jagdgründe waren so riesengroß, daß man schon Glück haben mußte, um Saiko während des ganzen Winters ein- oder zweimal zu Gesicht zu bekommen.

»Ich habe einen lebendigen Bären mitgebracht«, sagte Pirre, »und Vitaline hat einen Nerz in der Falle gefangen.« Saiko nickte freundlich. 30

Michael freute sich so, den alten Mann wiederzusehen, daß er sich neben ihn kauerte. Liebevoll und bewundernd musterte er den verwachsenen alten Körper, der eine so tapfere Seele barg. Saikos Hautfarbe war fast schwarz, gelb waren seine Zähne, und sein Kopf glich einer riesigen Kokosnuß. Jemand, der ihn nicht kannte und ihn zum ersten Male sah, hätte sich bei seinem Anblick fürchten müssen – aber da jeder ihn kannte, liebten ihn alle. Er war der Held unzähliger Abenteuer und die Zuflucht aller Bedrängten. Der ganze Stamm war stolz auf ihn, den größten Jäger. Er war ein einsamer alter Mann. Seine Frau und Kinder, seine Schwestern und Brüder waren alle in den Wäldern Hungers gestorben. Er allein war übriggeblieben, um von ihnen zu erzählen und die Geschichten der Geister und wilden Tiere aus den uralten Zeiten zu bewahren.

Er hatte eine Vorliebe für Michael Minnegouche, vielleicht, weil der junge Mann selbst nicht allzu kräftig war und weil er trotzdem eine innere Fröhlichkeit besaß, die Saiko »den Frieden der Geister« nannte. Für einen Indianer ist ein Mensch entweder gesund oder krank – dazwischen gibt es gar nichts, und niemand machte viel Unterschied zwischen Michaels ewigem Husten und seinem blassen Gesicht und dem verkrüppelten Körper Saikos, obwohl beide Leiden ganz verschiedene Ursachen hatten. Michaels Lungen waren wohl nicht ganz in Ordnung. Saikos Zustand hingegen war auf ein Ereignis zurückzuführen, das so seltsam war, daß man es in den Wäldern wie eine Sage erzählte. Vor vielen Jahren hatte er einmal ein Dampfbad allein im Wald auf seinem verschneiten Jagdgrund genommen, so wie die Indianer es oft zu tun pflegen. Als er schwitzend und nackt in seinem Zelt saß, war plötzlich ein Wirbelsturm gekommen, der das Zelt mit einem einzigen furchtbaren Stoß fortriß und den hilflosen Alten in seiner Blöße der eisigen Luft aussetzte. Wie Saiko dieses Abenteuer überstand, kann heute noch niemand verstehen. Aber er tat es, wenn er auch seitdem ein Krüppel war. Saiko 31 selber pflegte, wenn er diese Geschichte erzählte, einige dankbare Bemerkungen über gewisse geheimnisvolle Schutzgeister, Mistapéos genannt, einzuflechten, die ihm in seiner höchsten Not zu Hilfe gekommen wären, um das Leben eines alten Jägers zu retten.

Aber heute schien die Sonne, und bei Saiko saßen die Minnegouche-Jungens, Saiko hob seine schwarze verschrumpfte Hand und begann mit singender Stimme ein Abenteuer aus dem vergangenen Winter zu berichten:

»Es war so eine ganz kalte Nacht. Der Himmel sah violett aus . . .« Sofort änderte sich die Landschaft. Der See schien verschwunden und es wurde dunkel. Wer Saiko zuhörte, fand sich in eine andere Welt versetzt und mußte ihm folgen, wohin er wollte.

Aber Pirre widerstand der Verzauberung. Leise erhob er sich und lief davon, und weder Michael noch Saiko schienen sein Fortgehen auch nur zu bemerken.

Die ganze Reservation, das ganze winzige Indianerdorf bestand eigentlich nur aus einer langgestreckten Straße mit ein paar Häuschen am Rande, die die Indianer »mistuck mitschuap« oder »hölzerne Zelte« nannten. Es waren ganz einfache leere Unterschlupfe, in denen sich kaum ein Möbelstück befand. Am Ende der Straße wohnten ein paar protestantische Indianer, die Englisch sprachen. Die weiße Welt hatte nicht versäumt, den Indianern zwei verschiedene Sorten Christentum anzubieten, und es wurde ihnen nicht leicht gemacht, den »richtigen« weißen Gott herauszufinden, den sowohl die französischen Katholiken wie die englischen Protestanten für sich allein beanspruchten. Aber wenn die Indianer unter sich waren, sprachen sie sowieso nur Montagnais-Naskapi, und sie fühlten sich durch ihr gefährliches Winterleben auf den Jagdgründen, an dem kein Weißer teilhatte, so geeinigt, daß solche Unterschiede wirklich nicht viel ausmachten. Die »weiße« Religion, die die Sommermonate so interessant machte, wurde im Winter zusammen mit den anderen 32 Luxussachen weggeräumt und beiseite gelegt, bis man sie dann im nächsten Jahre wieder hervorholte.

Einer der wenigen Indianer, die in einem »hölzernen Zelt« wohnten, war der alte Kakwa – ein Name, der »Stachelschwein« bedeutet. Er war bei der Company angestellt. Sein Sohn, P'tithomme, war zu Pirres Freude zu Hause, und so konnten sie ein wenig zusammen herumbummeln. Zuerst suchten sie Monsieur Clair auf, den Besitzer der Nerzfarm, mit dem Pirre wegen Vitalines Nerz aber auch wegen Peter, dem Bär, verhandeln wollte.

Monsieur Clair, der von einer indianischen Mutter und einem weißen Vater abstammte, betrachtete sich als eine Art Konkurrenz der Company, obwohl die Art seiner Geschäfte etwas anders war. Er handelte nicht mit Pelzen in größerem Stil, sondern kaufte vor allem wilde Tiere für die zoologischen Gärten des weißen Mannes. Die Nerzfarm hinter seinem Hause war groß und fachmännisch angelegt.

Pirre und P'tithomme öffneten das Gittertor und musterten die zahlreichen Käfige, aus denen die kostbaren kleinen Pelzträger hervorlugten. Manche versteckten sich hinter den Ästen und Strunken, die die natürliche Umgebung nachahmten, andere fraßen rohe Fische und Fleischstücke. Ein paar sprangen unruhig herum oder standen kampfbereit hinter ihren Käfigtüren. Alle waren wild geblieben, und niemandem ist es je gelungen, einen Nerz zu zähmen. Ihre schnellen funkelnden Augen zitterten vor Verlangen, die Käfige zu verlassen. Sie haßten die Gefangenschaft und betrachteten alle Menschen als ihre Feinde. Ihr schrilles Pfeifen glich dem der Nachtvögel und klang, als ob sie ihre Wärter verfluchen wollten. Die Sonne spielte auf ihren prächtigen Pelzen in allen Farben des Regenbogens.

»Komm«, sagte Pirre zu P'tithomme, und sie gingen Monsieur Clair suchen. Er saß im Wohnzimmer seines Hauses, das fast so prächtig wie das des Priesters war, nur viel interessanter. Handgewobene Teppiche und Bärenfelle bedeckten den Fußboden, und über dem 33 Kamin hingen Geweihe und ausgestopfte Fische. Diese Sehenswürdigkeiten waren für die weißen Touristen und Sonntagsjäger bestimmt, die sich zuweilen hieher verirrten und während des Winters unter der Führung der seßhaften Indianer den Außenrand der Wälder durchstreiften, den sie für die »echte Wildnis« hielten.

»Herr Pirre Minnegouche«, sagte Monsieur Clair schmeichlerisch und übersah P'tithomme, der, wie er wußte, nichts zu verkaufen hatte. »Nun, hast du mir einen Bären mitgebracht?«

»Selbstverständlich«, antwortete Pirre, »wie versprochen. Und Vitaline hat den Nerz.«

»Ein gesundes Männchen?«

»Ein großes, junges, gesundes Männchen«, sagte Pirre nachdrücklich und fügte sogleich hinzu: »Wie viele Piaster bekomme ich für den Bären?«

Piaster war das auf der Reservation gebrauchte Wort für Dollars. Die Franzosen benutzten es noch von der Zeit der alten Handelskompanien her.

»Erst muß ich ihn sehen. Weißt du, es ist nicht leicht, einen Käufer dafür zu finden.«

Die beiden Jungen bewegten sich nicht von der Tür weg, ein solches feines Zimmer war ihnen unheimlich. Sie wurden auch nicht zum Näherkommen aufgefordert, denn für Monsieur Clair, der sehr stolz auf seinen weißen Vater war, waren alle Indianer »Farbige«. Trotzdem sprach er mit ihnen im Indianerdialekt und scheute sich nicht, stundenlange Besuche in den Zelten zu machen, wenn er ein gutes Geschäft witterte.

»Vielleicht komme ich einmal abends bei euch vorbei«, sagte er auch gleich. Er brauchte nicht zu fragen, wo die Minnegouches ihr Zelt aufgeschlagen hatten. Es stand so sicher an dem alten Platze wie sein eigenes hölzernes Haus.

»Wie war die Jagd? Hat dein Vater viel mitgebracht?« fragte er mit einem schnellen Blick. Er wußte, daß Vater Minnegouche ein besonders guter Biberjäger war, und Biberpelze sind die begehrtesten. 34

»Es ging«, sagte Pirre in gleichgültigem Ton. Er wußte ganz genau, daß hier nicht der Ort war, um mit einer großen Pelzbeute zu prahlen. »Schützt die Pelze!« war der Grundsatz, der über dem Leben der Indianer stand. Sie hatten die Pelze gegen den diebischen Vielfraß geschützt, die Wolverine der Jagdgründe, gegen Wasser und Unfälle, gegen die »wilden« weißen Händler am Saum der Wälder, und sie beschützten sie auch vor einem Manne wie Monsieur Clair. Nur Mr. Angus von der Company, der alte Vertraute, war berechtigt, genauere Auskünfte über die Pelze zu erhalten. Und der fragte nicht.

»Du hältst dich wohl für recht klug?« fragte auch Monsieur Clair, der seine Gedanken erraten hatte, sogleich. Erst jetzt schien er die Anwesenheit von P'tithomme zu bemerken.

»Wie geht es der Mutter?«

P'tithomme grinste und sagte nichts.

»Ihr habt wohl einen ordentlichen Haufen Mokassins zu Hause?«

P'tithomme grinste wieder, aber diesmal nickte er nicht einmal. Die Mokassins der Kakwa-Familie wurden für die Company gemacht, und Monsieur Clair wußte das nur zu gut.

»Geht nur«, sagte er mit Würde, »vielleicht werdet ihr von mir hören.«

»Der Bär ist ganz zahm«, glaubte Pirre noch bemerken zu sollen, »es ist ein spaßiger Bursche.« Aber Monsieur Clair schien uninteressiert.

Als sie wieder auf der Straße waren, sagte Pirre:

»Das habe ich fein eingefädelt, denkst du nicht?«

»Ob er wirklich kommt?« überlegte P'tithomme.

»Der zahlt mir eine Menge Piaster für Peter –«

»Da kannst du allerhand Pepramint kaufen!«

Indianerjungen haben ihre eigenen Geschäftsmethoden. Langsam und vorsichtig verhandeln sie mit dem weißen Mann, so wie man ein Wild beschleicht, aber von dem Wert des Geldes haben sie nicht die geringste Ahnung. 35

 


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