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Übersetzt von Arthur Schurig
Erstdruck in der Revue de Paris, November-Heft 1829. Wiedergedruckt im Bande: Dernières Nouvelles, Paris, Michel Lévy frères, 1873. Bisher in deutscher Übertragung nicht vorhanden. Quelle: Angeblich mittelalterliche Legende; wahrscheinlicher freie Erfindung Mérimées. Datiert: 1829.
Es war einmal ein junger Herr, Don Federigo, ein schöner, stattlicher, höflicher und gutmütiger Mensch, der freilich ein lockeres Leben führte, denn er war dem Spiel, dem Wein und den Weibern ergeben; vor allem dem Spiel. Niemals ging er zur Beichte, und die Kirchen betrat er nur, um Gelegenheit zur Sünde darin zu suchen.
Da geschah es, daß Federigo, nachdem er zwölf Söhne aus gutem Haus im Jeu zugrunde gerichtet hatte (die dann Straßenräuber wurden und im Kampfe mit der Obrigkeit elend umkamen), selber alles verlor, was er gewonnen, samt seinem väterlichen Erbteile bis auf ein kleines Anwesen im Gebirge bei Cava, wohin er sich nun in seiner Armseligkeit zurückzog.
Drei Jahre verbrachte er in der Einsamkeit. Tagsüber war er auf der Jagd, und abends spielte er mit dem Pächter eine Partie L'hombre.
Eines Tages, als er eben von der Jagd, die besonders ergiebig gewesen war, heimgekommen war, klopfte Herr Jesus Christ in Begleitung der zwölf Apostel an seiner Tür und bat um Unterkunft.
Federigo, der sich nie lumpen ließ, war hocherfreut, just an einem Tage, wo ihm Überfluß zuteil geworden, Gäste zu haben. Also bat er die Pilger einzutreten, lud sie verbindlichst zu Obdach und Mahl ein, und entschuldigte sich obendrein tausendmal, daß er sie nicht nach Gebühr bewirten könne, da er ein armer Schlucker sei.
Unser Herr und Heiland, der sich über den Empfang freute, verzieh Federigo in Anbetracht seiner Gastlichkeit die eitle Rede.
Wir werden zufrieden sein mit dem, was Ihr habt, sagte er zu ihm. Nur deckt Euern Tisch so rasch wie Ihr könnt, denn es ist schon spät, und der da (er wies auf den Heiligen Petrus) hat einen Bärenhunger!
Federigo ließ sich das nicht zweimal sagen, und um seinen Gästen etwas mehr als bloß die Jagdbeute vorzusetzen, befahl er dem Pächter, das letzte Zicklein zu ergreifen und es schleunigst an den Bratspieß zu befördern.
Als das Mahl bereit war und die Gesellschaft um den Tisch saß, hatte Federigo nur einen Schmerz, nämlich den, daß er keinen besseren Wein besaß. Verehrtester, sagte er zu Herrn Jesus Christ, ich wollt, mein Wein käme aus ebenso gutem Fasse wie gutem Herzen.
Da kostete der Heiland den Wein.
Was klagt Ihr? sagte er zu Federigo. Euer Wein ist vortrefflich. Der da wird es bestätigen.
Dabei zeigte er mit dem Finger auf den Apostel Petrus.
Der schlürfte ihn voller Behagen, erklärte ihn ebenfalls für ausgezeichnet und forderte den Wirt auf, mit ihm zu trinken.
Federigo, der das Lob für Höflichkeit hielt, trank gleichwohl, und zu seiner großen Verwunderung fand er, daß es köstlichster Wein war, wie er ihn selbst in seinen besten Tagen nicht getrunken hatte. An diesem Wunder erkannte er die Gegenwart des Heilands; und als ob er sich für unwürdig erachtete, in so heiliger Tafelrunde zu sitzen, erhob er sich. Aber Herr Jesus Christ befahl ihm, wieder Platz zu nehmen, was Federigo ohne viel Federlesens tat.
Nach dem Mahle, bei dem der Pächter und dessen Frau bedienten, zog sich der Heiland mit seinen Begleitern in das ihm gerichtete Gemach zurück. Federigo aber spielte wie alle Abende mit dem Pächter seine Partie L'hombre, wozu sie sich den Rest des Wunderweines schmecken ließen.
Als andern Tags die heilige Schar im engen Stübchen des Wirtes wieder versammelt war, sagte Herr Jesus Christ zu Federigo:
Wir sind sehr zufrieden mit dem Empfang, den du uns bereitet hast, und möchten dir danken. Sprich drei Bitten aus! Welcher Art sie auch seien, sie sollen dir erfüllt werden, denn mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden wie auch in der Hölle.
Da zog Federigo das Kartenspiel aus der Tasche, das er immer bei sich trug.
Herr Heiland, sagte er, macht, daß ich unbedingt immer gewinne, wenn ich mit diesen Karten spiele!
Es sei! sagte Herr Jesus Christ.
Aber Sankt Peter, der neben Federigo stand, flüsterte ihm zu:
Was fällt dir ein, unseliger Sünder? Du solltest den Herrn und Heiland lieber um dein Seelenheil bitten!
Das macht mir wenig Sorge, meinte Federigo.
Zwei Wünsche stehen dir noch offen, sprach Herr Jesus Christ.
Herr Heiland, hob Federigo an, da Ihr so sehr gütig seid, so macht, daß jedermann, der auf den Orangenbaum vor meiner Tür klettert, ohne meine Erlaubnis nicht wieder herunter kann.
Es sei! sagte Herr Jesus Christ.
Bei seinem zweiten Wunsche bekam Federigo einen festen Rippenstoß vom Apostel Petrus.
Unseliger Sünder, eiferte er, hast du denn gar keine Furcht vor der Hölle, die ob deiner Missetaten deiner harrt? Bitte unseren Herrn und Heiland um ein Plätzchen im Paradiese! Noch ist es Zeit.
Das hat noch lange Weile, meinte Federigo und kehrte dem Apostel die Rückenseite.
Da fragte Herr Jesus Christ: Und dein dritter Wunsch?
Ich wünsche mir, erwiderte Federigo, macht, daß jedermann, der sich auf den Schemel da am Kamin setzt, ohne meine Erlaubnis nicht wieder herunter kann!
Nachdem unser Herr und Heiland ihm auch diesen Wunsch gewährt hatte, brach er mit seinen Jüngern auf.
Kaum war die Schar aus Sehweite, da rief Federigo, um die Kraft seines Kartenspiels zu erproben, seinen Pächter und spielte mit ihm eine Partie L'hombre, ohne groß in die Karten zu schauen. Er gewann im Handumdrehen; ebenso die zweite und die dritte Partie.
Seiner Sache sicher, begab er sich nach der Stadt, stieg im besten Gasthof ab und ließ sich das schönste Zimmer geben. Seine Ankunft ward rasch ruchbar, und seine ehemaligen Sauf- und Spielkumpane kamen in Menge, ihn zu begrüßen.
Wir hielten dich auf immerdar für verloren, rief Don Giuseppe. Es geht die Sage, du seiest Eremit geworden.
Ist Tatsache! erwiderte Federigo.
Zum Kuckuck, was hast du getrieben in den drei Jahren, seit du uns entschwunden bist? fragte man ihn von allen Seiten.
Gebetet habe ich, in dem Herrn geliebte Brüder, antwortete Federigo salbungsvoll. Hier ist mein Brevier!
Er zog sein sorgsam eingewickeltes Kartenspiel aus der Tasche.
Dieser Bescheid erregte allgemeines Gelächter, und jedermann war überzeugt, Federigo habe sein altes Glück in der Fremde wiedergefunden, auf Kosten mindergewandter Spieler; und so brannten sie vor Begehr, ihm abermals alles abzunehmen.
Etliche wollten auf der Stelle den Tisch zum Spiel herrichten; aber Federigo bat sie, sich mit dem Spiel bis zum Abend zu geduldigen. Er führte die Gesellschaft in einen Saal, wo ein von ihm vorbestelltes delikates Mahl dastand, das ihm keiner abschlug.
An dieser Tafelrunde ging es fröhlicher zu als an der apostolischen. Allerdings, obwohl es Malvasier und Lacrimae Christi gab, einer der Zecher kannte eine noch bessere Sorte.
Vor dem Besuche seiner Gäste hatte sich Federigo ein zweites Kartenspiel zugelegt, das dem seinen völlig gleich war, um nötigenfalls in der Lage zu sein, die beiden Spiele auszutauschen, um ab und zu eine Partie zu verlieren und so jeden Verdacht der Mitspieler zu beseitigen. Das eine Spiel trug er in der rechten Hosentasche, das andre in der linken.
Nachdem man getafelt hatte, setzte sich die edle Schar um den grünen Tisch. Zuerst nahm Federigo die gewöhnlichen Karten; auch setzte er die Höhe der Einsätze für den ganzen Abend in vernünftiger Grenze fest.
Um Interesse am Spiel zu finden und sein Glück zu erproben, spielte er die ersten zwei Partien mit allem Eifer. Zu seinem geheimen Ärger verlor er alle beide. Darauf ließ er Wein reichen und benutzte den Augenblick, wo die Gewinner auf ihr bisheriges und künftiges Glück tranken, um die gewöhnlichen Karten mit den gebenedeiten zu vertauschen.
Als die dritte Partie begann, beobachtete Federigo, der natürlich für sich keinerlei Aufmerksamkeit mehr nötig hatte, das Spiel der Andern und bemerkte, daß sie toll mogelten. Diese Entdeckung bereitete ihm große Freude. Fortan durfte er die Beutel seiner Gegenspieler mit gutem Gewissen plündern, und es war ihm klar, daß an seinem ehemaligen Ruin ihre Betrügerei, nicht ihr gutes Spiel oder ihr Glück schuld gewesen war. Jetzt hatte er auch von seinem eigenen, ehedem erfolgreichen Spiel wieder eine bessere Meinung. Die Selbstachtung, die Aussicht auf Rache und die Gewinnsucht sind drei herzergreifende Gefühle. Federigo verspürte sie alle zugleich; doch der Gedanke an sein früheres Glück im Spiel erinnerte ihn an die zwölf jungen Leute aus guter Familie, zu deren Schaden er sich bereichert hatte. Mit der Überzeugung, daß sie die einzigen redlichen Spieler gewesen seien, mit denen er je zu tun gehabt hatte, befiel ihn zum ersten Male die Reue darüber, daß er ihnen ihr Geld abgenommen hatte. Sein bisher freudiges Gesicht ward düster, und mit einem tiefen Seufzer gewann er die dritte Partie.
Ihr folgte noch manch andere. Federigo gewann die meisten, und so war das Ergebnis des Abends, daß er das Festmahl sowie einen vierwöchigen Aufenthalt im Gasthofe bezahlt sah. Mehr lag nicht in seiner Absicht. Seine enttäuschten Genossen versprachen, andern Tags wiederzukommen.
Am nächsten Tage und an den folgenden verstand Federigo derart geschickt zu gewinnen und zu verlieren, daß er sich binnen kurzem ein ansehnliches Vermögen erwarb; niemand ahnte die wahre Ursache. Sodann verließ er den Gasthof und richtete sich einen Palazzo ein, wo er von Zeit zu Zeit prächtige Feste gab. Die schönsten Frauen stritten sich um einen Blick aus seinen Augen; die erlesensten Weine kamen tagtäglich auf seine Tafel. Kurz, Federigos Haus galt als ein Schloß der Freuden.
Nachdem er ein Jahr lang im Verborgenen gespielt hatte, entschloß er sich, seine Rache zu vollenden und die Honoratioren des Landes auf das Trockene zu setzen. In dieser Absicht, und nachdem er sein Gold zum größeren Teil in Edelsteine umgesetzt hatte, lud er sie, acht Tage im voraus, zu einem ganz besonderen Fest ein, für das er die besten Musiker, Tänzer und so weiter geworben hatte.
Den Abschluß bildete ein kräftiges Jeu. Wer kein Geld hatte, pumpte sich welches beim Juden; jedermann brachte mit, was er besaß. Es ging alles verloren. In der Nacht machte sich Federigo mit seinem Gold und seinen Diamanten auf und davon.
Von Stund an, im Vertrauen auf seine geheime Macht, verschwor sich Federigo, nur noch mit Gaunern und Betrügern zu spielen. Er besuchte alle Städte der Erde, spielte überall und gewann stets. An jedem Orte genoß er das Erlesenste, was die Gegend zu bieten vermochte. Etwas nur vergiftete ihm jegliche Freude. Er konnte jene zwölf Opfer nicht vergessen. Deshalb kam er eines schönen Tages auf den Gedanken, sie zu erlösen oder mit ihnen zu verderben.
Einen Stock in der Hand, einen Rucksack auf dem Rücken, nur begleitet von einem Windspiel namens Marchesella, machte er sich also auf den Weg zur Hölle.
Er kam nach Sizilien, erstieg den Ätna und kletterte in den Krater hinab bis in die tiefste Tiefe. Um zu Pluto zu gelangen, muß man über einen weiten Hof, den Cerberus bewacht. Federigo überschritt ihn unbehelligt, denn der Höllenhund fand Vergnügen daran, mit Marchesella zu schäkern.
So kam Federigo vor Plutos Tor, an das er klopfte.
Wer da? fragte der König der Unterwelt.
Federigo der Spieler!
Zum Teufel, was willst du hier?
Pluto, erwiderte Federigo, wenn du den Weltmeister im L'hombre für würdig erachtest, eine Partie mit dir zu spielen, so mache ich dir folgenden Vorschlag. Wir spielen so viele Partien, wie du willst. Verliere ich auch nur eine, so soll meine Seele dir regelrecht verfallen sein. Habe ich aber Glück, so soll ich das Recht haben, mir für jede gewonnene Partie einen deiner Untertanen auszusuchen und der Hölle zu entführen.
Einverstanden! sagte Pluto. Hast du Karten zur Hand?
Hier! erwiderte Federigo und zog das Wunderspiel aus seiner Tasche.
Sie begannen.
Federigo gewann die erste Partie und bat sich die Seele des Stefan Paganini aus, eine der zwölf, die er erlösen wollte. Sie ward ihm allsogleich ausgeliefert, und sowie er sie hatte, steckte er sie in seinen Rucksack. Sodann gewann er die zweite, dritte bis zur zwölften Partie. Jedesmal ließ er sich eine der besagten Seelen reichen, die er in seinen Rucksack tat.
Wie das Dutzend voll war, fragte Federigo: Wir spielen doch weiter?
Meinetwegen, erwiderte Pluto, insgeheim ärgerlich, daß er immerzu verlor. Aber erst wollen wir ein wenig ausgehen. Es kommt mir vor, als stänke es hier drinnen mordsmäßig.
Das war nichts als ein Vorwand, um Federigo loszuwerden. Kaum war er samt seinem Rucksack und seinen zwölf Seelen draußen, da rief Pluto dem Torwart, so laut er konnte, zu: Macht das Tor zu!
Federigo gelangte abermals unbehelligt über den Hof der Unterwelt, weil Cerberus sich wiederum mit Marchesella vergnügte. Und so erreichte er glücklich den Gipfel des Ätna. Nachdem er das Windspiel gerufen, stieg er hinab gen Messina, tausendmal mehr erfreut über seine seelische Errungenschaft als je über irgendwelchen irdischen Erfolg. In Messina schiffte er sich nach dem Festland ein und kehrte zurück in sein kleines Anwesen. Etliche Monate nach der Heimkehr bekam Marchesella einen Wurf kleiner Ungeheuer, darunter zwei- und dreiköpfige. Alle wurden ins Wasser geworfen.
Nach Verlauf von dreißig Jahren – Federigo war nunmehr siebzig alt – erschien eines Tages der Tod vor ihm und forderte ihn auf, mit sich abzurechnen, denn sein letztes Stündlein sei gekommen.
Ich bin bereit, erwiderte der Todkranke. Doch ehe ich von hinnen muß, o Tod, reiche mir bitte eine Frucht von dem Baume vor meiner Tür! Noch dies eine kleine Vergnügen, und ich will gelassen sterben.
Wenn du weiter nichts willst, erwiderte der Tod, so willfahre ich dir gern.
Er kletterte auf den Orangenbaum, um ihm eine Orange zu pflücken; aber wie er wieder hinab wollte, konnte er nicht. Federigo ließ ihn nicht herunter.
Federigo, rief der Tod, du hast mir einen Streich gespielt. Jetzt bin ich in deiner Gewalt. Gib mir die Freiheit wieder; ich will dir zehn weitere Lebensjahre bewilligen.
Zehn? sagte Federigo. Bißchen wenig! Wenn du herunter willst, darfst du nicht so knickrig sein!
Ich will dir zwanzig gewähren.
Das ist wohl nicht dein Ernst?
Also dreißig!
Dreimal mehr!
Ein volles Jahrhundert?
Nicht mehr und nicht weniger!
Federigo, du bist ein Tor!
Ich liebe das Leben!
Abgemacht! sagte der Tod. Ein Säkulum!
Nunmehr durfte er vom Baume herab.
Sowie der Tod weg war, erhob sich Federigo kreuzgesund und begann ein neues Leben mit der Kraft eines Jünglings und der Erfahrung eines Greises. Von diesem zweiten Erdengange weiß man nur so viel, daß Federigo fortfuhr, allen seinen Leidenschaften zu frönen, unter Bevorzugung seiner leiblichen Bedürfnisse. Gelegentlich tat er kleine gute Werke; im allgemeinen aber kümmerte er sich genau so wenig um sein Seelenheil wie in seinem ersten Dasein. Als die hundert Jahre herum waren, klopfte der Tod abermals an Federigos Tür. Wiederum fand er ihn im Bette liegend.
Bist du bereit? fragte der Tod.
Ich habe gerade nach meinem Beichtvater geschickt. Setze dich dort ans Fenster, bis er kommt! Sowie ich die Absolution habe, wandle ich mit dir empor zur Ewigkeit.
Der Tod, ein gutmütiger Gesell, setzte sich auf den Schemel am Kamin und wartete eine geschlagene Stunde, ohne daß der Priester erschien. Als ihm die Sache langweilig ward, sagte er zu seinem Gastfreunde:
Alter, eigentlich hättest du genügend Zeit gehabt, alles Irdische zu ordnen. Genau vor hundert Jahren haben wir den Termin verabredet.
Weiß der Teufel, erwiderte der Alte, verschmitzt lächelnd, die Zeit ist mir im Fluge vergangen.
Nun aber hast du nur noch eine einzige Minute zu leben! sagte der Tod, empört ob solcher Gottlosigkeit.
Denkst du? fragte Federigo seufzend, indem er vergebliche Anstrengungen machte, sich aufzurichten. Soweit ich Euch kenne, werdet Ihr es nicht übers Herz bringen, mir einen Aufschub von ein paar Jährchen abzuschlagen.
Ein paar Jährchen? wiederholte der Tod. Du Schelm!
Er wollte vom Schemel aufstehen, aber es gelang ihm nicht.
Diesmal bin ich wirklich bescheiden, beteuerte Federigo. Da man vom Alter nicht viel hat, will ich mich für meinen dritten Lebenslauf mit vierzig Jahren begnügen.
Der Tod merkte, daß er, durch eine übernatürliche Kraft festgehalten, vom Schemel ebensowenig herunter konnte wie dereinst vom Orangenbaume; aber er war dermaßen voll Ingrimm, daß er sich auf nichts einlassen wollte.
Ich werde dich schon kriegen! dachte Federigo.
Er ließ drei Bündel Reißig ins Feuer werfen. Im Nu schlugen die Flammen derart aus dem Kamin, daß der Tod kapitulieren mußte.
Gnade! rief er, indem er sich seine verbrannten Knochen rieb. Ich verspreche dir vierzig Jahre bei tadelloser Gesundheit.
Nach dieser Zusage hob Federigo den Zauber auf, und der halbgeschmorte Tod machte, daß er hinauskam.
Als auch diese Frist abgelaufen war, stellte sich der Tod zum dritten Male ein, um seinen Mann abzuholen, der, einen Rucksack auf dem Buckel, marschfertig dasaß.
Diesmal ist deine Uhr abgelaufen, rief ihm der Tod gleich an der Tür grob entgegen. Kein Verweilen mehr! Doch was soll der Rucksack?
Darin stecken die Seelen von zwölf Spielern aus meiner Frühzeit; ich habe sie gelegentlich aus der Hölle gerettet.
Meinetwegen kannst du die mitschleppen, meinte der Tod.
Er ergriff Federigo beim Schopfe, trug ihn in die Luft empor und flog gen Mittag. Im Krater des Ätna versank er mit seiner Beute. Endlich klopfte er am Höllentor dreimal laut an.
Wer da? rief Pluto.
Federigo der Spieler! erwiderte der Tod.
Dem mache ich nicht auf! schrie Pluto, indem er sich an die zwölf Partien erinnerte, die ihm Federigo abgenommen hatte. Der Schuft macht mir meine ganze Unterwelt abspenstig.
Da Pluto nicht öffnete, schaffte der Tod seinen Gefangenen an das Tor des Fegefeuers. Doch der wachthabende Engel verwehrte ihm den Eintritt, da Federigo etliche Todsünden auf dem Kerbholz habe. Also blieb dem Tod zu seinem Leidwesen nichts anders übrig als sich samt Federigo auf den Weg zu den himmlischen Gefilden zu begeben.
Wer da? fragte Petrus den Ankömmling, den der Tod an der Pforte des Paradieses abgeladen hatte. Einer, der Euch ehedem gastlich aufgenommen! erwiderte Federigo. Erinnert Ihr Euch an das Abendmahl, das ich Euch vorgesetzt?
Du wagst dich hier einzustellen? rief der Himmelspförtner. Mit deinem Sündenregister? Weißt du nicht, daß Leuten wie dir der Himmel auf immerdar verschlossen ist? Du, der du nicht einmal würdig des Fegefeuers bist, du begehrst einen Platz im Paradiese?
Heiliger Herr Petrus, sagte Federigo, habe ich Euch auch so übel aufgenommen, als Ihr mit dem Herrn Heiland vor nunmehr hundertundachtzig Jahren meine Gastfreundschaft erheischtet?
Das ist alles schön und gut, meinte der Apostel, halb grob, halb gerührt. Aber ich kann es nicht so ohne weiteres auf mich nehmen, Euch einzulassen. Ich will Herrn Jesus Christ Eure Ankunft mitteilen. Warten wir ab, was er sagt!
Wie der Herr und Heiland es erfuhr, kam er persönlich ans Himmelstor. Er fand Federigo an der Schwelle knieend, um ihn wohlgeordnet seine zwölf Seelen, sechs auf jeder Seite.
Die zwölf Höllenkandidaten mögen hereinkommen! sagte er, von Mitleid ergriffen. Du aber nicht, Federigo!
Herr Heiland, warum und wieso? fragte Federigo unverzagt. Als ich die hohe Ehre hatte, Euch in meinem Hause zu empfangen, wart Ihr da nicht auch von zwölf Weggesellen begleitet, die ich alle aufgenommen habe, so gut ich konnte, und Euch dazu?
Der Mensch ist unwiderstehlich, seufzte Herr Jesus Christ. Tretet ein, da Ihr nun einmal da seid! Aber brüstet Euch nicht ob der Gnade, die ich Euch vergönne. Auf daß es Euch keiner Euresgleichen nachmacht!