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Die Schrift »Nietzsche contra Wagner« entstand in der ersten Hälfte des Dezember 1888 in Turin. Am 15. Dezember schickte Nietzsche sie mit folgendem Begleitschreiben an den Verleger Naumann: »Hier kommt noch ein schönes Manuskript, etwas Kleines, aber sehr gut Geratenes, auf das ich stolz bin. – Nachdem ich im ›Fall Wagner‹ eine kleine Posse geschrieben habe, kommt hier der Ernst zu Wort: denn wir – Wagner und ich – haben im Grunde eine Tragödie mit einander erlebt. – Es scheint mir, nachdem durch den ›Fall Wagner‹ die Frage nach unserm Verhältnis wachgerufen ist, sehr an der Zeit, hier einmal eine außerordentlich merkwürdige Geschichte zu erzählen« (Neue Rundschau 1907, Bd. II, S. 1386). Am folgenden Tag schreibt er über Inhalt und Zweck der Abhandlung an Peter Gast: »Und nun die Hauptsache. Ich habe gestern ein Manuskript an C. G. Naumann geschickt, welches zunächst, also vor Ecce homo, absolviert werden muß. [–] Das Neue wird Ihnen Vergnügen machen: – auch kommen Sie vor – und wie! – Es heißt
Nietzsche contra Wagner
Aktenstücke
eines Psychologen.
Es ist wesentlich eine Antipoden-Charakteristik, wobei ich eine Reihe Stellen meiner älteren Schriften benutzt und dergestalt zum ›Fall Wagner‹ das sehr ernste Gegenstück gegeben habe. Das hindert nicht, daß die Deutschen darin mit spanischer Bosheit behandelt werden – die Schrift (drei Bogen etwa) ist extrem antideutsch. Am Schluß erscheint etwas, wovon selbst Freund Gast keine Ahnung hat: ein Lied (oder wie Sie's nennen wollen) Zarathustra's, mit dem Titel ›Von der Armut des Reichsten‹ – wissen Sie, eine kleine siebente Seligkeit und noch ein Achtel dazu ... Musik ...« (Br. IV, 431).
In einem Brief an Dr. Fuchs findet sich eine Stelle, die interessante Schlaglichter auf Nietzsches Hochstellung von Carmen zu Beginn der Schrift wirft. Sie lautet: »Zunächst wird ›Nietzsche contra Wagner‹ herauskommen: wenn alles gerät, auch noch französisch. Das Problem unsres Antagonismus ist hier so tief genommen, daß eigentlich auch die Frage Wagner ad acta gelegt ist. Eine Seite ›Musik‹ über Musik in der genannten Schrift ist vielleicht das Merkwürdigste, was ich geschrieben habe ... Das, was ich über Bizet sage, dürfen Sie nicht ernst nehmen; so wie ich bin, kommt Bizet tausend Mal für mich nicht in Betracht. Aber als ironische Antithese gegen Wagner wirkt es sehr stark; es wäre ja eine Geschmacklosigkeit ohne Gleichen gewesen, wenn ich etwa von einem Lobe Beethoven's hätte ausgehen wollen« (Br. I, 539).
Die einzelnen Abschnitte der Abhandlung sind, wie Nietzsche sagt, seinen früheren Schriften entnommen; sie sind aber nicht unverändert übergegangen, sondern teils gekürzt, teils mit Zusätzen versehen worden. Die Fundstellen für die einzelnen Stellen sind folgende:
»Wo ich bewundere«: »Fröhliche Wissenschaft« Aphorismus 87, Taschenausg. VI, S. 146.
»Wo ich Einwände mache«: »Fröhliche Wissenschaft« Aphorismus 368, Taschenausg. VI, S. 347.
»Wagner als Gefahr« 1: »Vermischte Meinungen und Sprüche« Aphorismus 134, Taschenausg. IV, S. 73.
»Wagner als Gefahr« 2: »Der Wanderer und sein Schatten« Aphorismus 165, Taschenausg. IV, S. 280.
»Eine Musik ohne Zukunft«: »Vermischte Meinungen und Sprüche« Aphorismus 171, Taschenausg. IV, S. 90.
»Wir Antipoden«: »Fröhliche Wissenschaft« Aphorismus 370, Taschenausg. VI, S. 350.
»Wohin Wagner gehört«: »Jenseits von Gut und Böse« Aphorismus 254 und 256, Taschenausg. VIII, S. 224 und 228.
»Wagner als Apostel der Keuschheit« 1: »Jenseits von Gut und Böse« Aphorismus 256, Taschenausg. VIII, S. 232.
»Wagner als Apostel der Keuschheit« 2 und 3: »Zur Genealogie der Moral« Abhandlung 3, Abschnitt 2, 3, Taschenausg. VIII, S. 400.
»Wie ich von Wagner loskam« 1 und 2: »Menschliches, Allzumenschliches« Bd. 2, Vorrede, Abschnitt 3 und 4, Taschenausg. IV, S. 6-8.
»Der Psycholog nimmt das Wort« 1, 2 und 3: »Jenseits von Gut und Böse« Aphorismus 269 und 270, Taschenausg. VIII, S. 255.
»Epilog«: »Fröhliche Wissenschaft« Vorrede, Abschnitt 3 und 4, Taschenausg. VI, S. 33.
Korrektur und Druck der Schrift waren bis Ende Dezember fertiggestellt. Aber der Ausbruch der Krankheit verhinderte zunächst die Veröffentlichung. Diese erfolgte erst 1895 in Bd. VIII der Gesamtausgabe durch Dr. Fritz Kögel.