Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Von den nichtmechanischen Energien ist die Wärme die verbreitetste und wichtigste. Daß die Wärme eine Energie ist, geht zweifellos daraus hervor, daß aus der Wärme mechanische Arbeit, also eine der bekannten Energieformen erzeugt werden kann und daß umgekehrt mechanische Arbeit sich in Wärme verwandeln kann. Schon vor über hundert Jahren hat der Graf Rumford in den bayrischen Militärwerkstätten diese für jene Zeit höchst unerwartete und für alle Zeiten höchst bemerkenswerte Tatsache festgestellt. Er hatte dadurch, daß er beim Kanonenbohren einen stumpfen Bohrer verwendete, der Reibung ergab, aber keine Arbeit an dem Metall leistete, innerhalb einiger Stunden eine Menge Wasser zum Sieden gebracht, in welcher diese Kanone mit dem stumpfen Bohrer untergebracht war. Er hatte also bewiesen, daß mechanische Arbeit sich in Wärme verwandeln läßt. Später erst hat man die ganze Wichtigkeit dieses Experimentes eingesehen, als die theoretische Klarheit über diesen Punkt von dem deutschen Arzt Julius Robert Mayer erbracht worden ist. Mayer hat außerdem das genaue Zahlenverhältnis zwischen der verbrauchten Arbeit und der erzeugten Wärme auf Grund der damals bekannten physikalischen Daten über die Wärmeentwicklung beim Zusammenpressen der Gase berechnet. Ebenso war Mayer auch der erste, welcher mit voller Klarheit die große Tragweite dieser Beziehung vollständig zu beurteilen gewußt hat, denn er hat die allgemeine Auffassung der Energie als einer Größe begründet, die ebenso wie die Stoffe unerschaffbar und unvernichtbar ist, und nur in verschiedene Formen umgewandelt werden kann.
Im übrigen ist zur Naturgeschichte der Wärmeenergie zu betonen, daß die Wärme die verbreitetste und sozusagen gemeinste aller Energieformen ist, weil sie die besondere Eigenschaft hat, daß sie mit der größten Leichtigkeit aus allen Energiearten entsteht, während sie umgekehrt ihrer Umwandlung in andere Energiearten immer einen gewissen Widerstand entgegensetzt. Außerdem findet, wie bereits erwähnt, diese Umwandlung nur in begrenzter Weise statt. Zum Beispiel bedarf es gar keines besonderen Apparates, um Wärme aus mechanischer Arbeit zu erzielen oder mechanische Arbeit in Wärme zu verwandeln. Wenn man sich etwa an einer Stange oder an einem Seil allzuschnell niederläßt, so merkt man an den Händen alsbald die Umwandlung der Schwereenergie des fallenden Körpers in Wärme an der Handfläche, deren Temperatur sich bald so hoch steigern kann, daß man sich die Hände verbrennt und Blasen an ihnen bekommt.
Während derart also die Umwandlung der mechanischen Arbeit in Wärme ohne weiteres und überall stattfindet, bedarf es zur umgekehrten Umwandlung der Wärme in mechanische Arbeit besonderer Maschinen. Die Dampfmaschinen, die Heißluftmaschinen, die Explosionsmotoren sind solche Apparate, und es ist bekanntlich gar nicht leicht, sie wirksam herzustellen und sie in regelmäßigen Betrieb zu bringen. Dasselbe gilt für die Umwandlung der Wärme in die anderen Energiearten, wie wir uns im späteren werden leicht überzeugen können.
Auch die chemische Energie verwandelt sich auf das leichteste in Wärme. Die Verbrennungsvorgänge sind ja nichts als Beispiele solcher Umwandlungen von chemischer Energie in Wärme. Während es wieder besonderer Apparate und Einrichtungen bedarf, um z. B. die chemische Energie in elektrische umzuwandeln, geht die Umwandlung der chemischen Energie in Wärme überall auf das leichteste und bequemste sozusagen von selbst vor sich; denn man braucht nur chemische Vorgänge durch Zusammenbringen der dazu nötigen Stoffe stattfinden lassen, um die dabei freiwerdende chemische Energie in Gestalt von Wärme zu erhalten. Auf dieser selbsttätigen Entstehung der Wärme aus chemischer Energie beruht eine Methode zu deren Messung, die zu einer ganzen Wissenschaft, der Thermochemie, geführt hat.
Und auch die elektrische Energie verwandelt sich viel leichter in Wärme, als Wärme in elektrische Energie. Wir wissen, daß jeder elektrische Strom, der durch irgendeinen Leiter geht, in diesem Leiter entsprechend dem Widerstand Wärme erzeugt, wodurch eine entsprechende Menge der elektrischen Energie verbraucht wird, was in den meisten Fällen einen Verlust bedeutet. Man nennt diese Eigenschaft den Widerstand des Leiters; es ist dies eine Eigenschaft, die der Reibung bei mechanischen Maschinen vergleichbar ist, denn auch durch die Reibung wird die Arbeit in Wärme verwandelt. Die verschiedenen Leiter der Elektrizität unterscheiden sich voneinander nur um den Betrag von Wärme, den sie dem elektrischen Strome entnehmen, nicht aber durch die Tatsache selbst; denn einen widerstandfreien Leiter, der einen Strom ohne Wärmeentwicklung leiten könnte, gibt es nicht.
Die umgekehrte Umwandlung der Wärme in elektrische Energie ist dagegen keine ganz leichte Sache. Es gibt dazu besondere Einrichtungen, die darauf beruhen, daß an den Berührungsstellen verschiedener Metalle durch Erwärmung elektrische Spannungen entstehen, welche sich dann in den elektrischen Strom überführen lassen. Aber diese Umwandlung ist mit den bisherigen Mitteln noch so überaus unvollkommen, d. h. es geht so wenig Wärme in elektrische Energie über, daß die Apparate dazu, die Thermoketten, gegenwärtig noch durchaus keine technische Rolle spielen, obwohl es technisch wünschenswert wäre, wenn man die Wärme direkt in elektrische Energie verwandeln könnte.
In gleicher Weise werden wir bei allen anderen Energiearten, von denen später die Rede sein wird, diese außerordentlich leichte Umwandlung in Wärme beobachten können und ebenso die Schwierigkeit aufweisen müssen, welche für die umgekehrte Umwandlung der Wärme in andere Energiearten immer und überall bestehen.
Was nun den besonderen Gesamtcharakter oder die Arteigenschaften der Wärme betrifft, so sind sie wohlbekannt. Man muß die Wärmemenge sorgfältig unterscheiden von der Temperatur. Beide verhalten sich wesentlich verschieden. Während die Wärme von der Beschaffenheit einer Energiemenge ist und als solche die Eigenschaft einer Größe hat, die man teilen und zusammensetzen kann, ist die Temperatur von wesentlich anderer Beschaffenheit. Die Temperatur kann bei der kleinsten wie bei der größten Wärmemenge gleich sein, fügt man zwei Körper von gleicher Temperatur zusammen, so bleibt diese unverändert, während zwei gleiche Wärmemengen zusammen die doppelte Wärmemenge ergeben. Andererseits kann eine und dieselbe Wärmemenge verschiedenartige Temperaturen haben. Die Temperatur erweist sich dadurch als eine besondere Eigenschaft der Wärme, die einer jeden gegebenen Wärmemenge anhaftet und von deren Wert dann das Verhalten oder die besondere Beschaffenheit dieser Wärme abhängt. Denken wir uns einen Raum, in welchem die Temperatur überall vollkommen gleichförmig ist, dann kann in diesem Raum eine beliebig große Wärmemenge sein, ohne daß in Bezug auf die Wärme irgend etwas geschieht. Denn Gleichheit der Temperatur bedeutet nichts anderes, als daß die Wärme zwischen den betreffenden Orten ruht oder nicht wandert, während Ungleichheit der Temperatur das entgegengesetzte bedeutet. Ist nämlich die Temperatur verschieden an verschiedenen Stellen des Raumes, so wissen wir, daß unweigerlich und notwendig ein ganz bestimmtes Ereignis eintritt, es wandert immer die Wärme von dem Gebiet der höheren Temperatur zu dem Gebiet niederer Temperatur und zwar so lange, bis die Temperaturunterschiede ausgeglichen sind. Je mehr Wärme aus einem Raum herausgeht, um so niedriger wird seine Temperatur. Je mehr Wärme in den Raum hineingeht, um so höher wird sie. wir sehen also, daß die Temperatur sich der Wärme gegenüber ungefähr so verhält, wie sich der Druck bei einem Gase verhält, das man in einen bestimmten Raum, in ein bestimmtes Volumen hineinpreßt. Je mehr Gas man in diesen Raum hineinbringt, um so höher wird der Druck, je weniger darin ist, um so niedriger ist er. Ebenso ist es mit der Wärme. Je mehr Wärme in dem Raum ist, um so höher die Temperatur, je weniger Wärme in diesem Raum (oder in diesem Körper) ist, um so niedriger ist sie.
In diesen Erscheinungen haben wir eine wesentliche Eigenschaft der Energie im allgemeinen zu erkennen, welche wir in übereinstimmender Weise wie bei der Wärme, aber vielleicht nicht immer so deutlich ausgesprochen bei allen anderen Energiearten wiederfinden. Es gibt von jeder Energieart eine Eigenschaft von meßbarer Beschaffenheit, von der es abhängt, ob diese Energieart in dem gegebenen Raume in Ruhe ist oder nicht, wenn diese Eigenschaft, die wir allgemein die Intensität der betreffenden Energieart nennen, überall im gegebenen Raum gleich beschaffen ist, dann ist die entsprechende Energieart in Ruhe und es geschieht in bezug auf diese Energieart in dem Raume gar nichts. Ist die Temperatur gleich in einem Raume, so geschieht bezüglich der Wärme nichts. Ist der Druck gleich in einem Gase, so bewegt sich das Gas nicht. Ist beispielsweise der Druck in einem bestimmten Gebiet der Erdoberfläche in der Luft gleich groß, so findet keine Bewegung der Luft, kein Wind oder Sturm statt. Ist die elektrische Spannung in einem mit elektrischer Energie erfüllten Raum überall gleich groß, so findet keine Bewegung der elektrischen Energie (oder keine Bewegung der Elektrizität) statt. In Bezug auf die elektrische Energie herrscht also in einem solchen Raume Ruhe.
So hat jede Energieart ihren Intensitätsfaktor, wie man diesen Wert oder diese Beschaffenheit allgemein nennt, und Ruhe oder Gleichgewicht bedeutet Gleichheit des Intensitätsfaktors in dem betreffenden Raume. Alles Geschehen setzt das Vorhandensein von Verschiedenheiten in der Intensität der Energie in dem betrachteten Raume voraus und das Geschehen selbst besteht jedesmal darin, daß die Energien dieses Raumes sich in solchem Sinne ändern, daß diese vorhandenen Unterschiede der Intensitäten sich ausgleichen, bis sie an allen Stellen gleich groß geworden sind.
Das sind die einfachsten Verhältnisse, welche wir in bezug auf diese Dinge beobachten können. Neben ihnen bestehen noch verwickeltere, die darauf beruhen, daß verschiedene Energiearten aneinander gekoppelt oder miteinander so verbunden werden können, so daß man die eine nicht ändern kann, ohne die andere mit zu ändern. Dann sind auch die verschiedenen Intensitäten der gekoppelten Energiearten in bestimmter Weise miteinander verbunden und aneinander gekoppelt und die Verhältnisse werden bedeutend verwickelter, wir brauchen uns indessen mit ihnen an dieser Stelle noch nicht eingehender zu beschäftigen.