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Auf der Schwelle des Hotels Neptun warten zwei Männer mit charakteristischem Gesicht: der eine bleich und blond, mit blauem Auge, sorgfältig gekleidet; der andere von südländischem Aussehen, schlank in seinem grauen Ueberrock.
– Wohin um drei Uhr gehen? Alles ist »chiuso« Chiuso, ital., geschlossen.. Tammuz hat seine Briefe noch nicht zu Ende geschrieben; und man wird uns heute nicht zusammen rufen, sagte der mit den schwarzen Augen.
– Mein lieber Nergal, sagte der andere, wenn du es nicht einmal verstehst, dich zu langweilen, was hat dich denn das Leben gelehrt, dich, der es malt?
– Das Heil der Welt verlangt nicht, daß ich unter dieser Halle Posten stehe: im Hotel bleiben, wenn man in eine Stadt der Denkmäler, ja, der Meisterwerke kommt!
– Wenn wir Erfolg haben, werden wir die Herren der Museen sein. Ich habe eine tolle Lust, gewisse Marmor zu liebkosen! Ja, ich habe meine Lippen, oh, wie verliebt, auf den strahlenden Torso des Hermes in Olympia gedrückt. Der Wächter hat in seiner Sprache so etwas wie »englische Leidenschaft« gestottert: diese Insulaner entehren alles, das Christentum und die Kunst.
– Die Liebkosung der Statuen kann von den Aufsehern weder erlaubt noch verstanden werden, lieber Nebo.
– Nichts kann verstanden werden als das Gleiche durch das Gleiche. Da ist Tammuz mit seinen Briefen.
Ein junger Mann von geschmeidiger und stolzer Schönheit kam auf sie zu, einen Stoß Briefe haltend.
– Verzeihung, Freunde! Gehen wir zuerst zur Post.
Nachdem sie einige Schritte gegangen waren, machte Nergal vor einer Buchhandlung halt, hinter dessen Schaufenster ein Anschlag hing: »Spezialität Gegenstände der Frömmigkeit, gesegnet von Ihren Eminenzen und Seiner Heiligkeit. Garantie.«
– Ich habe den Glauben, sagte Nergal, und ich leide an den Orten, wo er wuchert. Jerusalem, Lourdes und Rom und Compostela Compostela, in Spanien, neben Jerusalem, Rom und Lourdes der berühmteste Wallfahrtsort der katholischen Kirche. Hier sollen die Gebeine des Apostels Jakobus des Aelteren ruhen, der im Jahre 44 in Jerusalem hingerichtet wurde (Apostelgeschichte 12, 2). Daher auch der Name: Compostela aus Jacomo Apostolo. machen mich unfruchtbar: ich kann dort nicht beten. Es ist nicht Stolz, da ich mich dieser angehäuften Frömmigkeit bedienen möchte, um mich zu erheben: es ist eine nervöse Erscheinung, die sehr peinlich ist, denn ich werfe sie mir vor. Ich weiß, ich fühle es, daß es dort Menschen gibt, die Gott näher sind als ich: ich möchte mich ihnen anschließen, aber es ist unmöglich! Dagegen in einem Winkel der Kirche erhebt sich in mir das Gebet: augenblicklich, tief, bebend. Man muß Gott suchen, wo man ihn zu finden weiß: ich finde ihn, wenn ich allein bin, im Schatten der Kirchen.
– Man findet Gott nur in sich, wenn man ihn findet! Die Menschen und die Umgebung hindern uns, ihn zu fühlen: die ihn wirklich liebten, sind ins Kloster gegangen, wo die Eintönigkeit, die Regelmäßigkeit das äußere Leben zu einem Schlafwandeln machen.
– Ist Merodach gekommen? fragte Nebo, Tammuz unterbrechend. Ich möchte wissen, welche Rolle er jedem von uns gibt.
– Werden wir bis zum Konklave bleiben?
– Ich weiß nicht mehr als Sie, meine Herren. Der Führer ist unserer würdig und das bedeutet nicht wenig; denn ich hatte weder die Lust noch die Idee, nach Rom zu kommen.
– Ich auch nicht, sagte Tammuz. Dienst des Ideals!
– Wir werden bald vier sein, sogar fünf; ich kenne von ihnen nur ihre Namen: Samas und Sin.
– Merodach, Pater Alta und Ilou: das sind acht, von denen jeder wohl einen Kardinal wert ist.
– Ja, wir sind ausgezeichnete Räte, aber die Gabe des Rates genügt nicht, um zu verwirklichen, höchstens sich selbst, was vielleicht alles ist.
In diesem Augenblick ging ein Trupp Seminaristen vorüber, fast militärisch.
– Ich bin hier für das Heil der Kirche, und ich gestehe euch, daß ich weniger Sicherheit fühlen würde, wenn die Stadt dem Papst gehörte: ich habe immer Furcht vor Priestern und Frauen gehabt, ohne mich von den einen noch von den andern fernhalten zu können.
– Es steigen uns wieder Düfte von Rösten in die Nasenlöcher, die beunruhigen: wir fühlen, daß es zwischen dem Scheiterhaufen und uns eine Wahlverwandtschaft gibt. Die großen Gestalten verteidigen die Vergangenheit: wenn aber der Wille Jesu, unseres Herrn, ein Wort von ewiger Geltung hat, so ist es das der Güte. Gottfried von Bouillon blendet uns; aber sein Leibeigener konnte weder einen Vertrag schließen noch sein Testament machen: die Befreier des Grabes Jesu hatten Sklaven.
– Ein Aussätziger war Großmeister des Ordens vom heiligen Lazarus und die Ritter des heiligen Johannes nannten den Armen »Herr«.
– Ein Chronist erzählt ernsthaft, daß hunderttausend Kreuzfahrer umkamen, weil sie die Enthaltsamkeit übertrieben.
– Die Religion war früher Wissenschaft und Kunst; sie ist nur noch Religion, das heißt die Verteilerin der Sakramente. Wir können die Messe hören, unsere Sünden bekennen und das Abendmahl empfangen, ohne daß wir daran denken, wer der Priester ist. Was er uns sagen könnte, wissen wir besser als er: ohne mich vorzubereiten, würde ich eine Andacht im heiligen Kollegium selbst halten. Unsere einzige Furcht ist, hier weder Glaube noch guten Willen noch Geist zu finden.
Sie kamen zum Postgebäude: Tammuz versah seine Briefe mit Marken.
Dann wandten sie sich nach dem Spanischen Platze, vor den Schaufenstern der Buchhandlungen stehen bleibend.
– Die Cenci Stendhal, Die Cenci in dem Novellenband: Die Äbtissin von Castro. (Georg Müller, München.)! rief Tammuz aus: vom Papst zum Tode verurteilt, nachdem ihr die Geschworenen, die sich aus allerlei Leuten zusammensetzten, mildernde Umstände bewilligt hatten. Das Christentum hat nicht den Abscheu vor dem Blut, der dem Buddhismus eigen ist; und in Rom ist es unmöglich, daß der Papst nicht als Kaiser richtet.
– Das lateranische Konzil verbot den Kreuzfahrern, sich der Armbrust zu bedienen, da diese Waffe zu mörderisch sei. Heute beschäftigen die Konzilien sich nicht mit so Geringem, wie es das Leben des Menschen ist.
– Das Konzil von Nabulus Sichem im Alten Testament. dagegen gebot Entmannung, Abschneiden der Nasen und Ausstechen der Augen.
– Jedem Zeugnis christlichen Gefühls will ich eine barbarische Gewissenlosigkeit gegenüberstellen: das erklärt nichts. Die Tugenden einer Zeit stehen im Verhältnis zu ihren Lastern, und die Kultur verallgemeinert: man muß in die Breite und nicht in die Tiefe sehen.
Vertraulich miteinander plaudernd, erreichten sie den Monte Pincio.
Auf die Terrasse gestützt, betrachteten alle drei, mit verschiedenen Gefühlen, die Kuppel von Sankt Peter, die sich am Ende der Stadt erhob: trotz der Entfernung war sie ungeheuer groß und abgesondert von dem heutigen Rom, eine geistige Burg von einem seltsamen Charakter zäher Ausdauer.
Ihre Freundschaft hielten diese drei Männer für heilig, weil sie sich den größten Plänen widmete: auf den Ruf Merodachs nach Rom gekommen, wußten sie nicht, für welche Zeit und für welche Werke.
Kein Schwur verband sie, und sie glaubten nicht an den Erfolg der Unternehmung; aber es handelte sich um ein ideales Abenteuer, und das genügte, damit sie sich zusammen nahmen.
Nebo war Bildhauer, Nergal Romancier, Tammuz Dichter. Hätte man die Jahreszahl hinzugefügt, würde man nur ihre Karikatur gegeben haben. Alle drei gehörten zu diesen Menschen, die das Zepter ebenso halten würden wie das Werkzeug ihrer Kunst, und zwar mit leichter Hand. Sie bekannten die selbe Liebe für die Ueberlieferungen, hegten den gleichen Schrecken vor der Gegenwart; strenge Katholiken und überzeugte Gnostiker, Träumer und doch hellsichtig, besaßen sie die Hauptfähigkeit des Staatsmannes, die Macht des Gewissens. Unfähig, auf die Jagd zu gehen, beim Anblick von Blut, bei einem Aderlasse schwach werdend, wären sie unversöhnliche Doktrinäre gewesen: weder der Dolch noch das Gift hätte ihre Hand zögern lassen, wenn die Handlung vorher die Sakramente ihres hellsichtigen Geistes empfangen hätte.
Seltsam, diese drei Männer, die kamen, um die Geheimnisse eines heiligen Kollegiums zu durchdringen, waren mit größerer Redlichkeit und einem unerschütterlich abstrakten Verlangen weltliche Kardinäle, Mystiker des Staates.
Nebo, einst durch eine Leidenschaft von größter Heftigkeit erschüttert Peladan. Das Weib des Künstlers (deutsch erschienen)., suchte seit Jahren hartnäckig im Ton die geistige Form der Engel.
Nergal, berühmt als Romancier, Schüler von Balzac und d'Aurevilly genannt, arbeitete seit langem an einem Werke »Psychologie«, das geeignet war, die heutigen Handbücher auf diesem Gebiete zum Spott zu machen.
Der komplizierteste der drei war Tammuz, ein Dichter, der in die Liebe selbst verliebt war, ein melancholischer und sanfter Don Juan, der die Tränen trocknete, statt sie hervorzurufen, und in der Welt der Leidenschaft wie ein Alexander auftrat, nur mit einem Willen, der nicht persönlich war.
Die Psychologie einer Epoche drückt sich durch die Ausnahme aus; der Krämer, der Gerichtsdiener, der Kaufmann, das heißt, die Menschen, die ein Gewerbe oder ein Amt verkörpern, bleiben sich darin gleich, durch die verschiedensten Epochen hindurch. Die Wäscherinnen, die Rétif de la Bretonne studiert hat, müssen den heutigen ähnlich sein. Aber der Leser von Voltaire und der von Tolstoi, der Liebhaber von 1830 und der vom Ende des Jahrhunderts sind verschieden; von der »Hochzeit des Figaro« bis zu den Krankenbetten Ibsens, von Lacordaire bis zu dem streitbaren Prior Didon Didon, Les Allemands, 1884., von Antonelli bis Rampolla, von Napoleon III. bis Faure I. haben sich Abgründe ausgehöhlt.
Dieselbe Pariser Klasse, die in Paul de Kock die Sonntagspostwagen belagerte, belagert noch heute die Straßenbahnen: welche Neuerung wäre möglich, um sie von neuem zu beschreiben.
Die Leute der Rennen haben sich nicht verändert: das sind fertige Bilder, die sich nicht wandeln werden. Die Leute zu Pferde, der Jagd setzen sich ohne Unterschied fort. Was die Modernen wirklich unterscheidet, ist der Kopf, und unter den Modernen sind die, welche gut oder schlecht denken, die Einzigen, die des Studiums wert sind.
Der Ehrgeiz, der soviel Raum in den Träumen der jungen Leute Balzacs einnimmt, selbst das Geckentum, sind heute Gährungsstoffe ohne Macht.
Die drei Männer würden gelacht haben, wenn man ihnen von einer Auszeichnung oder einer ehrenvollen Stellung gesprochen hätte: Bürgersinn besaßen sie nicht, sie verachteten ihr Land und ihre Zeit, aber nicht aus Selbstsucht. Als Begeisterte waren sie Ritterund nicht Genießer, aber die Dame ihrer Gedanken war ihren Landsleuten unbekannt. Sie fühlten in sich eine verborgene, noch nicht benutzte Kraft: Vorläufer kaum, da sie sich der nächsten Zivilisation nur halb bewußt waren. Die Renaissance hätte sie Humanisten genannt, die Zeitungen Okkultisten: sie nannten sich nicht, doch der Gehorsam, den sie dem Willen Merodachs leisteten, zeigte den brennenden Wunsch, sich aufzuopfern und sich zu kreuzigen; nach dem wahren Kreuz, nicht nach einem Kreuz, das ein Bonaparte, den sie als gute Christen verabscheuten, Ehre genannt hatte.
Als Künstler verzichteten sie lieber auf den Ruhm, als daß sie ihn zum Preise eines entehrenden Durcheinanders und beschmutzender Zugeständnisse erkauften. In Frankreich achtet man nicht einmal die Arbeit, die Summe der Produktion, noch die Höhe der Kultur: immer findet sich ein Journalist, der eine Beleidigung, ein Straßenjunge, der einen Stein auf den Mann schleudert, der kein Beamter ist. Der Haß, den die Kollegen gegen einander hegen, übertrifft jede Vorstellung: die Bedingung des Friedens ist, den Kollegen als krankhaften Feind, als hysterischen Gegner zu fliehen. Die Vereinsamung ist der Beweis für die Persönlichkeit, und die, welche den Dom von Sankt Peter betrachteten, waren Einsame: jeder lebte ein sehr verborgenes Dasein, in dem die Frau mehr Platz einnahm als der Mann. Aber sie unterschieden sich auch von der Allgemeinheit durch einen festeren Willen und eine wirkliche Selbstbeherrschung.
– Quanta bellezza, sagte eine Stimme.
Sie sahen in ihrer Mitte einen bejahrten Priester, dessen Soutane geflickt war, aber dessen Gesicht eine stoische Heiterkeit ausdrückte. Mit erhobener Hand zeigte er das Panorama.
– Sie sind Franzosen und Touristen …
Die drei Freunde wurden plötzlich vorsichtig und antworteten nicht.
– Sie fragen sich, warum ich Sie anspreche.
Mit der Gebärde eines Schauspielers zog er eine Tabakdose aus Buchsbaum aus seiner Tasche, öffnete sie und schüttelte sie, um zu zeigen, daß sie leer war.
Nergal faßte nach seiner Geldtasche, aber der Priester hielt ihn zurück.
– Nein, Herr, keine Almosen! Ich habe eine kleine Rente, ich habe ein Dach und ich esse, aber ich schnupfe: das ist die menschliche Schwäche. Deshalb muß ich etwas erwerben, von dem ich meine traurige Schwäche befriedige. Wenn ich gut aussehende Leute sehe, erbiete ich mich, ihnen zu erklären, oh, nicht Denkmäler: ich bin cicerone degli pupazzi apostolici!
Nur ein Italiener kann solche Formeln gut aussprechen.
– Setzen Sie sich hier auf diese Bank: je nachdem die Kutschen vorbeifahren, werde ich Ihnen die Namen und die Geschichten sagen.
Die neugierig gemachten Freunde willigten ein.
– Wer ist dieser Offizier, der sein Pferd tummelt? fragte Tammuz, als sie saßen.
– Das ist der Hauptmann Pecci, der Neffe Seiner Heiligkeit.
– Der Neffe des Papstes Hauptmann im Heere Humberts, rief Nebo.
– Ja, Signor, und da ist die Nichte Seiner Eminenz Castrucci in weiß: schöner Kopf, schlechte Seele. Jene ist eine erotische Schwärmerin und ihr Begleiter ein Engländer: sie kam vor vier Jahren her, um sich scheiden zu lassen, und ist geblieben.
Der alte Priester nannte, mit kurzen Angaben, die Leute im offenen Wagen. Da die Fahrstraße am Pincio fast kreisrund ist, kamen nach einigen Minuten dieselben Gesichter, durch Enthüllungen erhellt, wieder an den drei aufmerksamen Künstlern vorbei.
Das dauerte eine gute Stunde. Dann wurden die Wagen seltener.
– Sie, mein lieber Abbé, sagte Tammuz, sind mindestens ebenso interessant, wette ich, wie jene Puppen. Sprechen Sie doch von sich!
– Ich, sagte der Alte, ich bin ein Mann des Berufs, aber in der Tiefe. Mein Vater war Tischler in Siena. Zuerst war ich Chorknabe, dann Vorsänger. Als ich meine Stimme verlor, bin ich Meßner geworden. Der Kardinal Comiciani nahm mich als Diener. Er war arm, da er Barmherzigkeit übte, und konnte mich nicht bezahlen. Er erbot sich, ich war damals vierzig Jahre alt, und er schuldete mir zwölf Jahre Lohn, mich zum Priester zu machen. Aber ich mußte ihm weiter dienen, während ich die Kurse des Seminars hörte. Es dauerte lange, weil es unregelmäßig geschah, wie Sie begreifen. Endlich Priester geworden, hatte ich meine Messen, einen Franken jede Messe: ich konnte Seiner Eminenz helfen.
– Und als Priester sind Sie der Diener des Kardinals geblieben?
– Er war alt und er brauchte mich: er beschäftigte sich mit Dingen, die sich nicht sagen lassen. Und dann, es war ein Mann: wundervoll! Wenn er gewollt hätte … Man fürchtete ihn im Heiligen Kollegium. Pius IX. liebte ihn nicht. Er sagte zu ihm: »Comiciani, du bist ein Christ in deiner Mildtätigkeit, du denkst an keine Intrige, und doch beunruhigst du mich! Erkläre mir diesen Eindruck!« Er ist plötzlich über seinen Büchern gestorben. Ich hatte Befehle, alles zu vernichten, bis auf ein Buch, das ich verbergen sollte, um es dem zu übergeben, der einen gewissen Satz so versteht, daß er ihn beenden kann. Was habe ich für Mühe gehabt, das Ende dieses Satzes zu behalten!
– Und Sie haben wirklich alles verbrannt?
– Beim Leib Christi, er hat mir mit Verdammnis gedroht! Und vorher wäre er mir nachts erschienen, um mich zu schelten. Oh, er war der Mann dazu, um zu spuken … Und dann der Wille der Toten!
– Sie vergessen, daß Ihre Tabakdose leer ist, sagte Nebo. Führen Sie uns zu einem Tabakladen.
– Das ist wahr, Signori! Es machte mir Freude, zu Ihnen zu sprechen: Seine Eminenz hatte etwas in den Augen, das dem gleicht, was in Ihren Augen leuchtet … Ich glaube übrigens, daß meine Sprache Runzeln gehabt hat und daß ich viel Verleumdungen ausgesprochen habe, aber die Eindrücke täuschen nicht; auch spiele ich keine Rolle in Rom. Ich lebe von meinen Messen, zu einem Franken: das Kloster der Barnabiter gibt sie mir.
Als sie an den Tabakladen kamen, trat Tammuz allein ein, um bald mit einer Blechbüchse zurückzukommen.
– Hier, mio padre, ich habe alles genommen, was es im Laden gab.
– Beim Leib Christi, sagte der Greis, das ist kein Spaß!
Er hob den Deckel und tauchte seine Hand ungläubig hinein. Als er sich überzeugt hatte, bildeten sich zwei Tränen in seinen Augen und rollten über seine Wangen.
– Das reicht für ein Jahr, und länger … Ach, Sie sind gut … Seine Eminenz hat Sie geschickt … Wie soll ich Ihnen danken … Sagen Sie mir Ihre Namen … Nein, Sie sind die Freunde Comicianis. Das ist gewiß! Wenn Sie Gaëtano Fredi, Vicolo San Petronio quarto piano, brauchen können, erinnern Sie sich: er wird sich erinnern.
Und er sah die Unbekannten fortgehen, indem er mit der Gebärde eines Verliebten oder Geizigen den Glück bringenden Vorrat an seine Brust drückte.
– Es gibt keinen Zufall, sagte Nergal: Gaëtano Fredi, Priester und Diener des Magiers Comiciani, war gezwungen, sich als Helfer unseres Werkes einzustellen! Und noch mehr, das geheimnisvolle Buch wird unser sein: wenn wir die weissagende Formel nicht erraten, so wird Merodach, oder vielmehr Ilou, der aus dem Morgenlande kommt, sie entziffern.
Im Hotel fanden Sie ein Telegramm:
Empfanget gelehrten Professor der Dynamik: Ankommt morgen Frühzug. Abends Ilou. Ich bald.
– Beim Leib Christi, wie unser Fredi sagt, wir spielen das große Spiel des Stranges, denn die Dynamik des Merodach ist keine spekulative Wissenschaft.
– Ich glaube, sagte Nebo, daß wir spannende Stunden erleben werden.
– Glaubst du an einen Erfolg? fragte Tammuz.
– Nein, ich glaube an ein Gedicht der Tat, das schön zu erleben ist.