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1. Ein Geck, welcher sich über einen Thorschreiber lustig machen wollte, überreichte diesem statt des Passes einen Speisezettel. Der Thorschreiber nahm ihn und verglich das Signalement mit dem Reisenden: Ochsenmaul, richtig. – Kalbsbrust, richtig. – Froschschenkel, richtig. – Boeuf à la mode (Rindfleisch nach der Mode), vollkommen richtig. – Glückliche Reise!
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2. Ein zu Pferde Reisender langte auf einem Berge an, an dessen Fuß er einen Sumpf oder Bruch bemerkte. Ist es fest im Grunde, fragte er einen Bauer. – Ganz fest, erwiderte dieser. Kaum kam der fremde ins Thal, so sank er bis an den Bauch des Pferdes in den Schlamm. – Schurke, rief er dem Bauer zu, habe ich dich nicht gefragt, ob es im Grunde fest sei! – Ja, im Grunde ist's fest; aber der Herr ist noch lange nicht auf dem Grunde.
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3. Ein Bauer fuhr in die Stadt und sah über einer Apotheke einen gemalten Elephanten und darunter mit goldenen Buchstaben die Worte: Elephanten-Apotheke. Nu, das ist zu arg, murmelte er vor sich hin, wir, in unserm Dorfe, haben gar keine Apotheke und da in der Stadt haben sie gar eine Apotheke für Elephanten.
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4. Ein Bauer sollte aus Göttingen zu einem auf dem Lande wohnenden Kranken einen Arzt holen, hatte aber unglücklicher Weise den Namen vergessen. Er begegnete einem Bürger und fragt diesen nach dem Doctor Lindwurm. Lindwurm? Lindwurm? bekommt er zur Antwort, solchen Mann kenne ich hier nicht; ich weiß nur die Herren Conrad, Langenbeck, Drache ... Ja! Ja! der (nämlich der letztgenannte »Drache«) ist es, ruft der Bauer freudig aus – ich wußte ja doch, daß es so ein Unthier war.
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5. Ein Reisender ritt vor einer Windmühle vorbei und sah den Müller oben zum Luftloche heraussehen. Er ritt an die Mühle heran, stemmte die Hand in die Seite und schien verwundert zu sein. Der Müller, der dies bemerkte, fragte ihn, warum er sich so wundere und warum er dies Gebäude so anstaune? Der Reisende erwiderte, er habe noch nie ein solches Gefängniß gesehen. Was, sagte der Müller, Sie halten meine Mühle für ein Gefängniß? – Ich sehe ja, versetzte der Reisende, den Dieb aus dem Gefängnisse heraussehen. Den Müller brachte diese Aeußerung gewaltig auf; er eilte die Treppe hinunter und wollte dem Reisenden zu Leibe; allein dieser gab seinem Pferde die Sporen und jagte davon.
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6. Drei Witzlinge begegneten einem alten Juden, den sie zur Zielscheibe ihres Witzes machen zu können glaubten. »Guten Morgen, Vater Abraham!« rief der Erste. »Guten Morgen, Vater Isaak!« rief der Zweite. »Guten Morgen, Vater Jacob!« rief der Dritte. »Sie irren sich, meine Herren,« versetzte der Jude lächelnd; »ich bin weder Abraham, noch Isaak, noch Jacob, sondern Saul, der Sohn Kis, welcher ausging, seines Vaters Esel zu suchen, und siehe, hier habe ich sie gefunden.«
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7. Vor längerer Zeit studirte ein Baron von Viereck in Leipzig und behauptete in einer fröhlichen Abendgesellschaft von Studiosen, es könne ihm nicht wohl etwas einfallen, was er nicht auch nach seinem Willen durchzusetzen vermöchte. Er schlug vor, eine Wette einzugehen, daß er in sehr kurzer Zeit von Leipzig nach Berlin fahren und zu einer bestimmten Stunde in dem festgesetzten Hotel eintreffen wolle, – nichts solle ihn an der Ausführung hindern. Lustige Universitätsfreunde gingen eine Wette ein, daß es ihm diesmal nicht glücken solle, unter der Bedingung jedoch, daß an seinem Fuhrwerk kein Leid gethan werde. Die Wette wurde geschlossen und die Abreise für den andern Morgen festgesetzt. In der Nacht fuhren jedoch drei dieser Spaßvögel mit Extrapost dem Herrn von Viereck voraus; sie fuhren einzeln zum Thore hinein und gaben ihre Namen so an, daß sich der Erste Eineck, der Zweite Zweieck, der Dritte Dreieck nannte. – Schon bei der Ankunft des Herrn von Dreieck kostete es Mühe, den Wachtkommandanten zu überreden, daß dies sein rechter Name sei. Kurz darauf kam nun der echte Herr von Viereck mit Pfeilesschnelle an dem Thore angefahren. Der Wachtkommandant trat an die Chaise: »Mein Herr, ich bitte um Ihren Namen.« »Ich bin der Baron von Viereck und logire da und da.« Jetzt brach dem Wachtkommandanten die Geduld. »Sie kommen nicht von dannen, mein Herr, bis ich die Herren Ein-, Zwei- und Dreieck, die ebenfalls heute hereinpassirt sind, sammt Ihnen, Herr von Viereck, für den Frevel bestraft sehe, den Sie an einen Königl. Preußischen Wachtkommandanten begangen.« Herr von Viereck betheuerte seine Unschuld; allein es half nichts. Die Sache wurde erst auf die Hauptwache und von da weiter rapportirt, bis sich die Unschuld des Herrn von Viereck auswies. Dieser kam jedoch durch diesen Streich um zwei Stunden später in dem gewählten Hotel an, wo bereits die lustigen Brüder saßen, auf Vierecks Kosten zechten und ob des gelungenen Streiches herzlich lachten.
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8. Sir Isaak Newton ging eines Tages über die Salisburg, als ein kleiner Schäfer ihm zurief: »Eilen Sie, Herr, sonst werden Sie tüchtig naß.« Newton sah sich am Himmel um, konnte aber weder Wolken, noch Wölkchen entdecken, setzte also, seinen Weg schlenkernd fort, ohne auf die Prophezeiung des Schäferjungen zu achten. Kaum war er aber eine Stunde gegangen, als es plötzlich so zu regnen anfing, daß der große Newton bis auf die Haut naß wurde. Darüber wunderte er sich indeß weniger, als wie der kleine Schäfer das Wetter so genau wissen könne, wie er, trotz seiner Philosophie und Naturkunde nicht vermochte. Durchnäßt, wie er war, kehrte er zu dem Jungen zurück und sagte: »Mein Sohn, ich gebe Dir eine Guinee, wenn Du mir sagen willst, woher Du wußtest, daß es regnen würde.« – »Recht gern, Herr,« antwortete der Bursche, hielt die Hand hin und fuhr fort, als er das versprochene Goldstück erhalten hatte: »Sehen Sie, Herr! wenn mein schwarzer Hammel dem Winde den Rücken zukehrt, so ist es ein sicheres Zeichen, daß es noch vor einer Stunde regnet« – »So muß ich also bei Deinem Hammel bleiben, wenn ich die Witterung vorher wissen will?« »Allerdings.« »So hole Dich und Deinen Hammel der Geier.«
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9. An einen Postillon erging die Frage,
Warum er einen Sporn nur trage?
Der Schwager spricht: Glaubt mir's auf's Wort,
Geht eine Seit' am Pferd', muß auch die andre fort.
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10. Ein Edelmann ward in der Vorstadt einer gewissen großen Stadt vom Pferde geworfen. Ein Mädchen, welches dieses sah, lachte ihn darüber aus. Dies verdroß den Edelmann so, daß er zu ihr sagte: Verwundern Sie sich nicht darüber, mein Kind, das thut mein Pferd allemal, wenn es ein Freudenmädchen sieht. Das Mädchen antwortete hierauf lächelnd: O! mein Herr, so rathe ich Ihnen, nicht in die Stadt zu reiten, denn Sie würden gewiß den Hals brechen.
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11. M..., der große Reisen gemacht hatte, unterhielt davon eine Gesellschaft, zum Verdruß eines Schwätzers, der deshalb nicht zu Worte kommen konnte.
Da Sie so viel gereist sind, so müssen Sie auch sehr viel gesehen und erfahren haben, äußerte endlich der Letztere halb spöttisch: Sie können gewiß auf jede Frage genügend antworten?
»Es kommt auf einen Versuch an.«
Wissen Sie denn, was das Beste in der Welt ist?
»Die Freiheit.«
Das Angenehmste? »Das Verdienst.«
Das Unbekannteste? »Das Glück.«
Das Schlimmste? »Ein schwerer Tod.«
Wer ist am glücklichsten auf dieser Welt?
»Wer redlich, verständig, wohlhabend und dabei gesund ist.«
Wer der Unglücklichste? »Der Greis ohne Vermögen.«
Der Lästigste? »Der Schwätzer.«
Der Gefährlichste? »Der unwissende Arzt.«
Der Beklagenswerteste? »Der Lügner, denn man glaubt ihm auch nicht, wenn er die Wahrheit sagt.«
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12. In einer Dorfschenke wurden unlängst Wunderdinge von dem neuen Vogeldünger erzählt, und ein Hauptvertheidiger desselben meinte, man werde bald davon zur Düngung eines ganzen Feldes den Bedarf in die Westentasche stecken können. »Ja wohl«, rief ein kluger Bauer, »und im Sommer darauf in die andere Westentasche die Erndte.« Dieser Bauernwitz wurde allgemein beklatscht und brachte den Sprecher zum Schweigen.
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13. Ein Amtmann machte eine Reise. Nach einigen Stunden bog sich sein Kutscher von dem Bocke um den Wagen und fragte sodann: Herr Amtmann, was heißt doch gleich verloren auf französisch? – Perdu. – Nu, dann ist unser Koffer perdu.
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14. Der junge Stutzer eines reichen Hauses, der sehr aufgeblasen war, und bei aller Unwissenheit doch stets von Büchern und Klassikern sprach, die er sich in den schönsten Auflagen angeschafft, erhielt, einiger Schurkenstreiche wegen, des Abends eine derbe Portion Prügel. »Da hat er sich wieder,« sagte ein schadenfroher Jude, »eine herrliche Auflage von Klopstock geben lassen.«
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15. Ein Prahler erzählte, er hätte alle Länder der Erde durchreiset, und Manches gehört und gesehen, wovon man sich fast keinen Begriff machen könne. Unter andern erzählte er von einer Kohlart in China, welche so große Blätter habe, daß unter einem derselben 50 bewaffnete Reiter in Schlachtordnung aufmarschiren und exerciren konnten, ohne einander zu hindern. Ein Anderer, welcher dieses anhörte, sagte ganz gelassen, er habe auch gereiset und in einer gewissen Stadt einen Kessel machen sehen, woran 100 Menschen gearbeitet, und 50 andere sich damit beschäftigten, ihn inwendig zu poliren. Wozu sollte aber dieser ungeheure Kessel dienen, fragte der Erstere? Vermuthlich, antwortete der Andere, um Ihren Kohl darin zu kochen.
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16. Herr N. beschwöret hoch und theuer,
Er setze bei dem Weine zu.
Der frommen Frau wird's ungeheuer.
Wie? fragt' sie, Mann, wie konntest Du
Mit einem Eide Dich vermessen?
Ei, ruft er, ich hab' nichts verletzt.
Hab' ich denn nicht, entsinn' Dich dessen,
Ein Viertel Wasser zugesetzt?
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17. Ein Dienstmädchen, welches bei schlechtem Wetter einen Barometer vom Mechanikus zu ihrem Dienstherrn trug, glitschte im Schmutze aus, und der Barometer fiel in den Koth; sie weinte über dies Unglück; doch ein Vorübergehender tröstete sie mit den Worten: Liebes Mädchen, geben Sie sich zufrieden, das geht nicht anders, bei schlechtem Wetter fallen alle Barometer.
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18. Ein Witzbold sah auf einer Promenade viele Herren mit ungeheuren Pelzkragen auf den Mänteln, und sprach: Kuriose Zeit, alles umgekehrt. Sonst saßen die Affen auf den Bären; jetzt sitzen die Bären auf den Affen.
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19. Ein junger Herr begegnete einem artigen Bauermädchen, welches eine Heerde Esel vor sich her trieb. Wo bist Du her, schönes Kind, fragte der Stutzer? Vom nächsten Dorfe, war die Antwort. Ei, fuhr der Frager fort, denn kennst Du auch ohne Zweifel die Tochter Deines Nachbars N. – Sei so gut, ihr diesen Kuß von mir zu übergeben. Mit diesen Worten wollte er die ländliche Schöne umarmen und küssen. Lassen Sie das nur hübsch bleiben, erwiderte das Mädchen. Gebt den Kuß nur einen meiner Esel, die kommen eher zu Hause, als ich, und werden den Auftrag von einem ihrer Freunde gewiß gern ausrichten.
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20. Ein irländischer Officier vom 40. Regiment klingelte so oft, daß seine Hauswirthin kein Mädchen bekommen konnte, die in dem Hause blieb und das Treppensteigen aushielt. Es wurde daher dem Officier angekündigt, daß er aus dem Hause ziehen müsse. Da er dies aber nicht gern that und die Ursache davon erfuhr, so versprach er, niemals wieder zu klingeln. Nach dieser Übereinkunft ging er in sein Zimmer zurück. Nach ungefähr einer halben Stunde wurde das ganze Haus durch das Abfeuern von ein paar Pistolen in dem Zimmer des Capitains erschreckt. Der Hauseigenthümer, die Bewohner und Mägde rannten die Treppe hinauf nach dem Zimmer desselben, und rissen, in Erwartung eines schrecklichen Vorgangs, die Thür weit auf, Kaffee – sagte der Officier kalt. Als man ihm sein Erstaunen hierüber bezeugte, sagte der Miethsmann: Da ihr nicht haben wollt, daß ich klingele, so muß ich schon auf ein Ersatzmittel denken.
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Ab hier ist im Buch eine falsche Unterkapitel-Nummerierung (von 22 bis 28, Unterkapitelnummer 21 wurde ausgelassen)
22. Ein Mensch, welcher zu Fuß wanderte, und dessen Geldbeutel ziemlich leer war, mußte endlich vor großem Hunger in eine Herberge gehen, um sich zu essen geben lassen. Er ließ sich recht gut traktiren, nachher rief er den Wirth und ließ sich mit ihm in eine Unterredung ein, und that allerlei Fragen. Z. B. wie man hier einen Edelmann strafen würde, der einen Thürhüter getödtet hätte? Der Wirth erwiderte, daß die Strafe verschieden sei, und wenn der eine Frau und Kinder gehabt, würde es ihm mehr kosten, als wenn er nicht verheirathet gewesen. Der Fremde, welcher wußte, daß der Wirth nicht verheirathet war, sagte, daß er einen ledigen Menschen meine, der weder Frau, noch Kinder habe. Der Wirth antwortete, daß er sich in diesem Falle keiner Mordthat erinnern könne; er habe aber einen Menschen, der einen andern mit dem Degen gehauen, zu zehn Thaler Strafe verurtheilen gesehen. »Allein,« sagte der Fremde, »wie viel giebt man für eine Ohrfeige?«
»Einen Thaler,« antwortete der Wirth.
»So gebt mir denn eine,« sagte der fremde Gast, »und dann gebt mir das Uebrige heraus; denn ich habe kein Geld, die Zeche zu bezahlen.«
»Wie?« rief der Wirth, »denkt ihr mich mit solcher Münze zu bezahlen? Ihr müsset Euren Rock hier lassen, denn in diesem Stücke verstehe ich keinen Scherz.
»Reizet mich nicht,« sagte der Fremde, »sonst will ich bald machen, daß Ihr wie ein Hase laufen sollt.«
»Ich?« sagte der Wirth, »ich will sehen, wer mich von der Stelle bringen soll.«
»Ich wette um meine Zeche,« sagte der Fremde, »daß Ihr geschwinder laufen sollt, als Ihr Lust habt.«
»Gut,« antwortete der Wirth, »es sei denn.«
Hierauf rannte der Fremde fort und der Wirth lief hinterdrein, um seine Bezahlung zu haben.
Als der Fremde hundert Schritte gelaufen war, stand er stille. »Nun,« sagte er, »seht Ihr wohl, daß Ihr verloren habt und nicht weiter berechtigt seid, von mir etwas zu fordern.«
Der Wirth mußte ohne Geld umkehren und der Fremde setzte seine Reise ungehindert fort.
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23. Kürzlich kam ein Bauer mit einem Quersack über die Schultern gehängt nach dem Bahnhof, um mit dem Dampfwagen nach Dresden zu fahren. Der Zug war noch nicht angelangt und er mußte etwas warten. Er entledigte sich daher seines, wie es schien, etwas schweren Sackes, legte ihn sanft neben sich zur Erde, und wartete ruhig die Ankunft des Leipziger Wagen-Zuges. Jetzt näherte sich ein Beamter, um das Passagiergut der Ueberfracht wegen zu wiegen, und ergriff auch den Sack des Bauern, legte ihn etwas unsanft auf die Waage, und – siehe – das Passagiergut gab ein Schmerzensgeschrei von sich, welches durch Mark und Bein drang. Der Sack wurde natürlich geöffnet, und – drein steckte – des Bauern 10jähriger Knabe, den er auf diese Weise umsonst mit fort zu bringen glaubte. –
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24. Im Thiergarten zu Berlin schrieben viele Spaziergänger ihre Namen an eine Bildsäule. Ueber einige dieser Namen malte ein anderer Eselsköpfe, und ein Dritter setzte darunter:
Hier schrieben
Narren ihre Namen
Der Nachwelt zum Gedächtniß auf,
Und
Narren, die nach ihnen kamen,
Die setzten ihre
Wappen drauf.
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25. Ein Gaskonier, Officier unter der Garde, wünschte einst von Versailles nach Paris kostenfrei zu reisen. An der Tafel erzählte ein Marquis, er werde heute noch nach Paris fahren. »Vermutlich mit eigner Equipage?« fragte der Gasconier. – »Ja! kann ich Ihnen vielleicht worin gefällig sein?« – »Ich möchte Sie ergebenst bitten, meinen Oberrock mitzunehmen.« – »Sehr gern. Wo soll ich ihn abgeben?« – »Damit will ich Sie nicht belästigen, ich werde ihn anziehen und mit Ihnen fahren.«
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Erste Scene.
26. In der Jugend so dünn wie ein Faden; im sechs und dreißigsten Jahre so dick, daß man seine eigenen Kinder nicht mehr umfassen kann.
Zweite Scene.
Mann. »Bist du denn heraus, Frau?«
Frau (in der Droschke). »Nun gedulde dich man, ich muß mich erst zusammen nehmen (dann ärgerlich): No, wirst du denn mich nicht raußer helfen? Kannst mir denn nicht en Tritt geben?«
Mann. »Nein, Frau, so kommst du nicht heraus. Du wirst müssen von der andern Seite raus. Warum bist du denn auch so dick?«
Die Frau versuchts auf verschiedene Weisen herauszukommen, auf keine will's gelingen. »Was das Fuhrwerk enge ist, wie soll man denn da raußer kommen!«
Ein Schusterjunge, der vorüber ging, blieb mit offenem Munde stehen und sah den Anstrengungen zu. »Madameken, soll eck'n Hebeboom holen?«
»Junge, kujenire die Leute nich.«
»Oder wenn se zu enge ist, kann se auch mein Meister uf den Leisten schlagen.«
»Ereifere dich man nicht, denn gehts vollends gar nich. Laß de Agnes erst heraus, dann wird Platz, no Geduld man, liebe Seele, du könntest das ganze Fuhrwerk ja zerbrechen und das wär' erst ene schöne Geschichte. Ich sage dir, laß die Agnes erst heraußer, daß Mädchen darf mir nicht sitzen bleiben. – So! – nun wird's gehen!«
»Ne, daß ist keine Möglichkeit nich, ich sitze wie eine Maus in der Falle.«
»I, so nehmen se doch de Frau auseinander, dann geht's ja gleich oder legen se se ene Nacht in Essig, der zieht zusammen.«
»Verfluchter Junge, willste deiner Wege gehen! Na, Kutscher, es ist aber auch wahr, das soll eine zweisitzige Kutsche sein?«
Kutscher. »Vor die Frau hätten se müssen einen Vierspänner annehmen.«
»Ja wahrhaftig, denn nach Charlottenburg hätten uns vier sone Russen nicht hingebracht, da zieht ne span'sche Fliege vorn Wagen noch eben so gut und frißt kein Heu.«
Kutscher. »Globen Sie das ja nich, Ihre Frau bringen ein Mandel spanische Fliegen nicht vom Flecke, die kann de Dresdner Eisenbahn zu Grunde richten.«
Frau. »No sag man, Mann, ob Du mich willst diese Nacht hier im Affenkasten sitzen lassen.«
Mann. »Ruhig, Frau, wer kann vor Deine Korpulenz. Drücke man unsern Hochzeitskuchen nicht entzwei. Gib mal die Hände heraus, nun drücke die Augen zu – nu en Ansatz – nu dränge nur recht, Kutscher schiebe hinten nach – No nu, – no nu kommt's ja! noch ein Bisken. Siehst Du, nu kommst Du ja schon raußer.«
Die Frau kam etwas unsanft auf den Boden und verzog das Gesicht. Die Umstehenden erhoben ein Gelächter. Der Gemahl fühlte einen nicht sanften Backenstreich.
Mann. »Nu, was schlägst Du denn, dank doch Gott, daß Du erlöst bist, was kann ich denn davor, daß Dich die Droschke nicht paßt.«
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27. Wodurch ist die Benennung Locomotive bei den Eisenbahnen entstanden?
(Von insolventen Kaufleuten, da sie keine Motive haben, in Loco zu bleiben, so suchen sie rasch fortzukommen.)
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28. Ein Poet, welcher von Cöln nach Aachen fuhr, machte die Entdeckung, daß die Eisenbahn in mancher Beziehung das Abbild unseres Lebens sei. Eilt nicht, so dachte er, unser Leben mit gleicher Schnelligkeit zum Ziele, wie dieser Wagenzug, und zwar im Dienst für den schnöden Erwerb, hinter der Locomotive des Eigennutzes? Ist unser Leben nicht in dasselbe eiserne Geleise gebannt, wie diese Locomotive? Sie stürmt daher mit riesiger Kraft, als wollte sie Berge über den Haufen rennen, und dennoch verläßt sie ihren vorgezeichneten Schienenweg nicht, und ein Fingerdruck ihres Führers lähmt ihre Kraft bis zur Ohnmacht. Ist das nicht das Bild eines Volkes, dessen ganze Kraft durch den Federstrich eines Herrschers in Bewegung gesetzt und gehemmt wird? Jetzt kommt eine Ausweichung, wo eine spitze Schienenzunge den Ausschlag giebt, ob der mächtige Wagenzug in dieses oder jenes Geleise einfahren soll. So entscheidet mitunter im Leben die Spitze einer haarbreiten Wegescheide, ob du glücklich zu deinem Ziele gelangst oder ob du dich linksab verlierst und deine Kraft verwühlst in einem sterilen Sandberge. Dort öffnet sich ein Tunnel, durch den der Zug durchschießt, wie durch einen Flintenlauf. Ach, wie viel Tunnel giebt es im Leben! Wie Mancher erhascht den Kampfpreis, weil er den kürzern Weg durch den dunkeln Maulwurfs-Tunnel wählte, während ein Anderer im redlichen Schweiße seines Angesichts die lichten Berge überklettert und am Ende der Arena von dem höhnenden Rivalen empfangen wird, der, wie durch Zauberei, ihm zuvorgekommen! Bei diesem Vergleichspunkt bietet sich nur die Unähnlichkeit des Lebens mit der Eisenbahn dar, daß man dort mitunter durch Schiebkarren noch schneller befördert wird, als hier durch Dampfwagen. – In dieser Art setzte der Poet seine Betrachtungen fort, die immer trauriger wurden, so oft er durch einen Tunnel gefahren war, und als der Zug in Aachen ankam, waren seine Gedanken so schwermüthig geworden, daß er ausrief: So verläuft sich auch unsere Lebensbahn in einen Bahnhof, den wir Friedhof nennen, und der Bahnhof-Inspektor, der uns empfängt, das ist – der Tod! In diesem Augenblick sah er vor sich das rothe Gesicht eines, wie zum Empfang bereitstehenden Croupiers, das zu seinen schwarzen Betrachtungen paßte, wie rouge zu noir, und plötzlich war sein Trübsal wieder verschwunden, wie eine Wolke.
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