Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Schul-Anekdoten

1. Heute, sagte ein witziger Knabe zu seinem Vater, heute ist in unserer Schule ein ganzes Münzkabinet durchgeprügelt. Wie soll ich das verstehen? sagte der Letztere. Je nun, die beiden Tertianer Schilling und Grote, so wie der Quartaner Kreuzer, haben heute einige aufgezählt bekommen. Ich lachte und bekam ebenfalls eine kleine Münze, einen Stüber auf die Nase.

*

2. Die Wärterin eines achtjährigen Knaben entdeckte beim Ankleiden desselben eine Menge blauer Streifen auf seinem Rücken und schalt entsetzlich auf den Schullehrer, der sie ihm geschlagen hatte. Der Vater, welcher von ungefähr dazu kam, wollte den übeln Eindruck wieder vertilgen, den das Geschwätz der Wärterin hätte machen können, und gab, in Gegenwart des Knaben, dem Bedienten einen Thaler, der denselben dem Schulmeister für seine Zucht bringen sollte. »Um Alles in der Welt willen, liebster Vater, sagte der Knabe, »schicken Sie dem Manne dafür kein Geld, sonst prügelt er mich zum Krüppel und Sie zum armen Manne

*

Der Schul-Inspector.

3. An einem heißen Sommertage trat der Schul-Inspector in die Dorfschule. Es war ungewöhnlich still darin; denn der alte Schulmeister und die Schüler waren eingeschlafen. »Was macht ihr?« rief der Inspector. »Wir halten Denkübungen,« antwortete gefaßt der alte Schulmeister.

*

Gespräch zwischen einem Herrn und einem Knaben aus der Armenschule

4. H. Nun, lernt Ihr denn Etwas in der Schule? – K. Nein! – H. Warum denn nicht? – K. Ja, wir sind ihrer zu viele, und da muß der Lehrer zu viel keilen!

*

Georgs Apologie.

5. »Mich schämen,« rief Georg erhitzt,
»Daß ich so lang' in Quarta bin?
»O nein! denn mein Präceptor sitzt
»Schon 30 Jahr darin.«

*

Rückgängige Bewegung.

6 Ein erfahrener Schullehrer erzählt mir die nachstehende Anekdote, deren Held wegen seiner Geistesgegenwart Lob verdiente: Eines Tages nämlich, als es geglatteisete, kam ein Schüler sehr spät in die Schule und antwortete, als er um die Ursache davon gefragt wurde: »weil ich stets zwei Schritte rückwärts rutschte, wenn ich einen Schritt vorwärts that.« – »Aber,« sagte der Lehrer weiter, »so hättest Du auf diese Weise gar nicht hierher kommen können.« – »Ich kehrte mich um und rutschte hier herwärts, während ich nach Hause zu ging.«

*

7. Die berühmte Karsch (von ihren Verehrern die deutsche Sappho genannt) rief als dreijähriges Kind beim Köpfen eines Verbrechers aus:

Schwapp
War er ab.

Diese Dichterin machte auf Friedrich den Großen, als ihr dieser auf ihre Bitte um Unterstützung 2 Thaler schickte, und sie solche zurücksendete, folgendes Sinngedicht:

Zwei Thaler giebt kein großer König,
Ein solch Geschenk vergrößert nicht mein Glück;
Nein, es erniedrigt mich ein wenig,
Drum geb' ich es zurück.

Im Jahre 1783, wo der Dichterin auf Bitten um ein Wohnhaus 3 Thaler zugeschickt wurden, schrieb sie an Quittungsstatt folgende Verse:

Seine Majestät befahlen,
Mir anstatt ein Haus zu baun,
Doch drei Thaler auszuzahlen –
Der Monarchbefehl ward traun
Prompt und treulich ausgerichtet
Und zum Dank bin ich verpflichtet.
Aber für drei Thaler kann
In Berlin kein Hobelmann
Mir mein letztes Haus erbauen,
Sonst bestellt' ich ohne Grauen
Heute mir ein solches Haus,
Wo meist Würmer Tafel halten
Und sich ärgern übern Schmaus
Bei des abgegrämten, alten,
Magern Weibes Ueberrest,
Die der König darben läßt.

*

7. Ein alter Schullehrer zu Halberstadt sah es gern, wenn die Schulknaben Verse machten, den besten Vers lohnte er häufig mit einem Apfel oder einer Düte Rosinen. – Einmal hatte er die Geschichte Kain's und Abel's mit ihnen gelesen, und ihnen, nach seiner Art, aufgegeben, die Summe derselben in ein paar Verse zu bringen. Da ging's denn an Verse machen; und nach kurzem Schweigen, siehe, da kam der kleine Lichtwehr und sagte: »Habe den Vers herausgebracht, Herr Schulmeister!« Laß doch hören, mein Söhnchen, sagte er. Nun declamirte unser Lichtwehr Folgendes:

Der böse Kain, der erschlug den frommen Abel;
Da kam der liebe Gott und schlug ihn auf den Schnabel.

Bravo! Bravo! schrie der alte Mann, da hast du den Apfel; aus dir wird ein rechter Kerl werden! Lichtwehr nahm die Prämie in Empfang; und vielleicht war dieser kleine Auftritt der Grund, daß er das zu leisten suchte, was er hernach fabelte.

*

Das Da capo Examen.

9. Ein Student kehrte nach zurückgelegten Universitätsjahren und durchgefallenem Examen zu seinen Eltern zurück. Ueber Tisch fragte ihn sein Vater, wie sein Auskultator-Examen ausgefallen Sei. »Sehr gut,« antwortete der liebe Sohn, »so gut, daß ich es nächstens, auf allgemeines Verlangen, wiederholen muß.«

*

Die Flüsse Oestreichs.

10. Ein Knabe wurde in der Schule nach den Hauptflüssen Oestreichs gefragt. »Die Donau,« war seine erste Antwort. »»Und weiter,«« drängte der Lehrer. »Die Axe,« fuhr der Knabe unbefangen fort. »»Was meinst Du mit der Axe?«« fragte der Lehrer weiter, der sich diesen neuen Fluß nicht erklären konnte, »»wo fließt denn die?«« – »Ja, das weiß ich nicht,« antwortete der Knabe; »aber mein Vater sagt immer, was nicht auf der Donau nach Wien gebracht wird, das wird auf der Axe dahin gebracht.«

*


 << zurück weiter >>