Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
(Montag, 14. November.) Am Tisch der Mme. Cuchet liegen diesmal verschiedene Kleidungsstücke und Spitzen von neuerem Aussehen und besserem Geschmack als die des Vortages. Das Verhör beginnt. Es handelt sich um das Verschwinden der Mme. Collomb.
Unzweifelhaft einnehmender als die anderen Bräute und von einer weniger notdürftigen Bildung war sie die Witwe eines Kaufmannes aus Guatemala. Nach Frankreich zurückgekehrt, wurde sie bei einer Versicherungsgesellschaft angestellt, arbeitete regelmäßig und hatte genügende Ersparnisse gemacht, um sich bei einer Bank ein Konto über Frcs. 8000 eröffnen zu lassen. Ihre Aufführung war keine ganz einwandfreie, sie hatte einen Liebhaber namens Bernard, der sie jedoch auch nicht glücklicher machte als früher ihr Gatte Colomb. Da erschien Landru. Sie lernte ihn durch eine der kleinen Anzeigen kennen, die von Landru eingeschaltet wurden.
Landru: »Es war die gleiche Geschichte wie die der Mme. Gullin.«
Präsident: »Mme. Colomb, welche 44 Jahre alt war, gab sich in der Annonce für 39 aus.«
Landru: »Ich hätte das nicht bekanntgegeben.«
Man lacht sehr laut, der Präsident rügt dies.
Landru, der nicht genügend ausgeruht scheint, antwortet ausweichend auf einige Detailfragen, indem er sich wieder einmal auf die Überanstrengung seines Gedächtnisses beruft.
Präsident: »Haben Sie nicht eine Wohnung in der rue de Chateaudun im Jahre 1916 gemietet?«
Landru: »O nein, das war viel später.«
Präsident: »Sie verwechseln die Dinge.«
Die Hausbesorgerin hat festgestellt, daß es wohl im Jahre 1916 war, und zwar unter dem Namen Frémyet.
Landru: »Der Name ist richtig.«
Präsident: »Und das übrige auch. Welches Ziel verfolgten Sie?«
Landru: »Wie in den anderen Fällen wollte sie Mobiliar veräußern und ich konnte ein Geschäft machen.«
Präsident: »Sie verfolgten somit ein geschäftliches Ziel?«
Landru: »Gewiß, und Sie werden den Gleichlaut der Annonce mit derjenigen, welche Mme. Guillin interessierte, feststellen können.«
Der Präsident hebt hervor, daß auch hier bei diesem Möbelhandel ein Heiratsroman mitspielt; Mme. Collomb ebenso wie die anderen, kündigt ihren Bekannten ihre Heirat an.
Landru läßt nicht locker. Er ersucht den Präsidenten, »ihn nicht von der Sache abzulenken«. Er versichert sogar, daß die Zeugen aussagen werden, daß niemals ernsthaft von einer Heirat die Rede war.
Präsident: »Sprechen wir genau. Ist sie niemals ihre Maitresse gewesen?«
Landru: »Keineswegs. Es war niemals die Rede davon.«
Frage: »Sie kam nach Gambais?«
Landru: »Das stimmt. Mme. Collomb war eine gebildete Dame, sogar literarisch gebildet, es war natürlich, sie einzuladen. Es geht daraus keineswegs hervor, daß sie deshalb meine Maitresse gewesen sein muß.«
Präsident: »Sie hat wohl in Gambais geschlafen?«
Landru: »Ah, das würde mich sehr überraschen.«
Präsident: »Brachten Sie der Mme. Collomb oft Blumen?«
Landru: »Wenn Mme. Collomb Blumen bekommen hat, hat es sich nicht um den Möbelhändler Landru gehandelt, sondern um eine Person, der ich nicht nachzuforschen habe.«
Präsident: »Hat Mme. Collomb niemals in der rue Chateaudun geschlafen?«
Landru: »Niemals.«
Präsident: »Die Hausbesorgerin behauptet das Gegenteil, sie sagt, daß oftmals eine Frau gekommen sei, in welcher sie die Mme. Collomb erkennt.« – (Landru schweigt.) – –
Frage: »Wie konnte die Mme. Collomb dem Direktor der Versicherungsgesellschaft mitteilen, daß sie sich nach dem Süden zurückziehen wolle?«
Landru: »Genau gesprochen, hat sie also nicht gesagt, daß sie sich zu verheiraten gedenke.«
Am 26. Dezember 1916 hatte Mme. Collomb ihren Freunden angekündigt, daß sie nach Gambais reisen werde und versprochen, »von ihrer Reise zu erzählen.«
Präsident: »Sind Sie an diesem Tage mit ihr nach Gambais abgereist?«
Landru: »ich kann mich nicht genau erinnern.«
Präsident: »Nun wohl, man findet in Ihrem Notizbuch die Angabe über den Kauf eines einfachen Billettes und eines Tour-Retourbilletes nach Houdan, der Bahnstation von Gambais.«
Landru: »Wenn ich nach den Aufzeichnungen meines Notizbuches, welches Sie und nicht ich besitzen, in dieser Weise gehandelt habe, so konnte ich eben ohne besonders unhöflich zu sein, für Mme. Collomb kein Tour- und Retourbillett lösen.«
Das bekundet eine gewisse moralische Eleganz, welche der Saal nicht ohne Beifallsgemurmel vorübergehen läßt.
Präsident: »Sie haben vor dem Untersuchungsrichter anders ausgesagt. Sie behaupten, Mme. Collomb am 27. Dezember in Gambais zurückgelassen zu haben. Was ist aus ihr geworden?«
Landru: »Sie ist zurückgefahren.«
Frage: »An welchem Tag?«
Landru: (schweigt).
Frage: »Sie sagten, daß sie am 3. Jänner von Gambais zurückkehren sollte.«
Landru: »Ich weiß es nicht. Mme. Collomb war vielleicht dort. Wie hätte ich voraussehen sollen, daß ein Tag kommen würde, an welchem man so minuziöse Fragen an mich stellen würde?«
Frage: »Haben Sie sie wiedergesehen?«
Landru beantwortet diese Frage nicht.
Präsident: »Wohlan, die Anklage behauptet, daß der 27. Dezember der fatale Tag des Verschwindens der Mme. Collomb sei. Nun, in Ihrem Notizbuch findet sich unter dem Datum des 27. Dezember die Zahl 4 notiert, die sich auf eine Stunde zu beziehen scheint.«
Landru: »Das ist eine mnemotechnische Angabe, über die ich mich jetzt nicht mehr erinnere.«
Da man wieder vom Notizbuch zu sprechen beginnt, ruft Landru aus: »So oft man in meinem Notizbuch oben rechts in der Ecke eine Ziffer findet, behauptet die Anklage, daß es sich um einen Mord handle. Ah!«
Er legt in diesen Ausruf seine ganze Entrüstung.
Der anfänglichen Frage nähertretend, bestätigt der Angeklagte, daß zur Zeit des 27. Dezembers seine Rolle als Möbelhändler bereits beendigt war und er infolgedessen keinen Grund mehr gehabt habe, sich mit seiner Klientin, Mme. Collomb, zu beschäftigen.
Präsident: »Ihre Erklärungen sind nicht immer sehr einfach.«
Landru: »Das heißt, man will sie nicht als einfache Art auffassen.«
Mme. Collomb wohnte 15 rue Rodier. Nun, Landru war dort, um die Gasrechnung und diejenige der Wäscherin zu begleichen. Ein Brief der Mme. Collomb hat Landru dazu eingeladen, aber wer weiß, ob dieser vorgebliche Brief nicht von der Hand Landrus war.
Aus dieser Diskussion kann man keine Aufklärung ziehen.
Hierauf handelt es sich um den Einkauf einer Flasche Likör in einem Laden der rue Montemartre, einem Laden, der einer Freundin der Mme. Collomb gehörte. Die Anklage findet es sonderbar, daß es notwendig gewesen sei, die Flasche Likör bei Rückgabe der leeren Flaschen durch einen Soldaten bezahlen zu lassen, der, wie es sich später herausstellte, der älteste Sohn Landrus war. Man wundert sich, warum Mme. Collomb nicht selbst diese Angelegenheit mit ihrer Freundin geordnet habe.
Ebenso hat man festgestellt, daß der Sohn Landrus die Blumen aus Nizza dem Ehepaar Pellat überbracht hat. Mme. Pellat (geborene Moreau) ist die Schwester der Mme. Collomb. Die Ursprungsetikette war grob nachgeahmt. Eine Karte der Mme. Collomb war der Sendung beigegeben.
Präsident: »Wenn diese Blumen von Nizza geschickt worden wären, hätte man Sie nicht damit betraut, sie der Mme. Moreau zu übermitteln.«
Landru: »Über diese Zeit kann ich nichts mehr sagen.«
Auf die Frage des Präsidenten, aus welchem Grund Madame Collomb, wie die anderen Frauen, verschwunden sein könnte, antwortet er: »Sie ist fortgegangen, weil sie selbst es wollte«.
Frage: »Sie verweigern es, sich zu erklären?«
Landru: »Unter allen Umständen.«
Er erwähnt, daß man ihn in diesem Falle nicht der Unterschlagung von Geldern beschuldige.
Präsident: »Wir werden dahin gelangen.«
Auf eine diesbezügliche Frage gibt Landru nach längerem Schweigen über sein Notizbuch ganz allgemein gehaltene Erklärungen, die auf keine der Fragen genaue Antwort geben. In seinem Notizbuch bedeute »Metall Nr. 1« Gold und »Metall Nr. 2« Silber. Außerdem wiederholt er, daß sein Notizbuch kein Kassabuch sei und setzt hinzu: »Ich machte meine Eintragungen in das Notizbuch nur flüchtig«.
Die Zuhörer lächeln über das Bonmot.
Präsident: »Mme. Collomb hatte ein Barvermögen von 8000 Francs angekündigt. Von 1915 an verkauft sie ihre Papiere und macht keine Wiedereinlage. Man fragt sie, ob nicht Sie es waren, der damals Mme. Collomb beraten hatte?«
Landru: »Mme. Collomb war genügend erfahren, sie war ja unter anderem Kassiererin gewesen, um auf meine Ratschläge verzichten zu können.«
Präsident: »Ja, aber sie beginnt ihr Guthaben im August 1916 zurückzuziehen und Ende Dezember verbleibt bloß eine Resteinlage von 345 Frcs., die nach diesem Tage niemand mehr abhebt. Sie befindet sich zur Stunde noch in der Agentur AE des Comptoirs d'Eskompte.« – – –
Der Präsident erwähnt nun Mme. Landru als eine »unschuldige Frau, die ihrem Gatten gehorcht«. Landru scheint indigniert.
de Moro-Giafferi: »Sie müssen zugeben, daß Landru bewegt erscheint, wenn es sich um seine Frau handelt, mit welcher er auf gutem Fuße steht. Übrigens liebte er seine Frau sehr.«
Staatsanwalt: »Er hat so viele andere geliebt! Ihr Klient hat viel geliebt, Maitre de Moro-Giafferi!«
de Moro-Giafferi: »Deshalb wird ihm auch viel vergeben werden.«
In der Garage der rue Maurice befand sich eine große Anzahl Gegenstände und Kleidungsstücke, die der Mme. Collomb gehörten, ebenso – »wie gewöhnlich«, sagt der Präsident – alle Dokumente der Verschwundenen.
Präsident: »Alle diese Frauen, mit denen Sie bloß in Geschäftsverbindungen standen, verschwinden und übergeben Ihnen »als geheiligtes Depot« ihre Papiere. Die Herren Geschworenen werden sicherlich mit Begierde Ihren Erklärungen entgegensehen!«
Landru: »Ich habe mich mit dem Mobiliar befaßt, das war mein Recht, die Papiere habe ich respektiert.«
Präsident: »Die Herren Geschworenen werden dies einzuschätzen wissen.«
Die Sitzung wird auf kurze Zeit unterbrochen.
Nach Wiederaufnahme kehrt man zur Angelegenheit Collomb zurück. Mme. Schobert ist eine Kollegin der Verschwundenen, die oft gesehen hat, daß ihre Kameradin im Büro Blumen bekam, die von ihrem Bräutigam stammten. Seit dem 4. Dezember 1916 hat sie von Mme. Collomb nichts mehr gehört, die ihr hätte schreiben sollen. Die Zeugin gibt folgende Details an: Mme. Collomb hatte eine kleine illegitime Tochter aus ihrem Zusammenleben mit M. Bernard. Das Kind soll sich in San-Remo befinden. Man hatte es einer religiösen Kusine anvertraut. Möglicherweise befindet es sich noch in Marseille, dem früheren Wohnort der Mme. Collomb.
de Moro-Giafferi: »Niemals haben sich Spuren gefunden, weder von diesem Kind, noch von seinem Vater Bernard, noch auch von der Kusine, der dieses Kind anvertraut wurde. Ich betone diese Ungenauigkeit. M. Bernard ist bereits eine Mythe . . .«
Zeugin: »Ich habe ihn gesehen.«
de Moro-Giafferi: »Sie haben ihn gesehen? Dann sind es also nur die vorgeblichen Bräute Landrus, die man nicht wiederfinden kann. – Bekam Mme. Collomb nicht Blumen von einem Beamten, der aus Guatemala stammte?«
Zeugin: »Ja, von einem Beamten des Münzamtes, der sie früher oftmals besucht hatte.«
de Moro-Giafferi: »Wenn wir auch nicht den Liebhaber, noch auch das kleine Mädchen finden können, so werden wir doch wenigstens den Ursprung der Blumen entdecken.«
Neuerlich wird die Angelegenheit Collomb zurückgestellt, um wieder zur Affäre Guillin zu gelangen.
M. Lesbazeilles wird vernommen, der ehemalige Bevollmächtigte des Bankhauses Mayer, wo Landru die Aktien der Madame Guillin verkaufte. Mit einem gewissen Wohlwollen erinnert der Staatsanwalt den Zeugen an seine verwirrten Aussagen von Freitag. M. Lesbazeilles antwortet, daß eine Folge von verschiedenen Trauerfällen, unter denen er kürzlich zu leiden hatte, sein Gedächtnis erschüttert hat.
Hat er Mme. Guillin jemals gesehen? Das ist die Frage, die man von neuem an den Zeugen stellt. Das Gedächtnis des M. Lesbazeilles ist noch immer unsicher.
de Moro-Giafferi: »Sie müssen wissen, daß man glaubt, abermals die Spur Landrus bei einer Dame in dieser Avenue de Ternes 45 gefunden zu haben, und zwar auf Grund Ihrer Angaben, dem Untersuchungsrichter gegenüber. Sie haben es gesagt, haben Sie es erfunden?«
Zeuge: »Ich gehe öfters in derlei Wohnungen und sehe viel dergleichen. Ich erinnere mich nur dunkel.«
de Moro-Giafferi: »Es dreht sich nicht um eine dunkle Erinnerung. Können Sie von den Herren Geschworenen bekräftigen, daß Sie wahr gesprochen haben?«
Zeuge: »Herr Advokat, versetzen Sie sich an meine Stelle.«
de Moro-Giafferi: »Ah nein, es wäre grausam, die Bewegung des Zeugen noch zu verlängern. Es gibt Stillschweigen, die beredter sind, als Zugeständnisse.«
15. Jänner 1917. Mme. Pellat, geborene Moreau, Schwester der Verschwundenen bekam aus dem Süden den Korb Blumen geschickt, von welchem gesprochen wurde. Unter den Blumen befanden sich zwei Karten, eine von Mme. Collomb, die andere trug die Anfangsbuchstaben J. C. (J. Cuchet).
Zeugin: »Ich glaube, daß zu dieser Zeit meine Schwester bereits gestorben war, denn sie, die mich so sehr liebte, hätte mir sicherlich nicht Blumen aus dem Süden mit nichts als einer einfachen Karte geschickt.«
Diese Zeugin, in tiefe Trauer gekleidet, erzählt von den Schritten, die sie unternommen habe und erklärt die Bedingungen, derentwegen sie die Klage erhoben habe.
Präsident: »Sie sind sicher, daß es Landru selbst war, der von der Heirat sprach?«
Zeugin: »Es besteht gar kein Zweifel.«
Präsident: »Glauben Sie, daß wenn Ihre Schwester am Leben wäre, Sie Ihnen hätte Nachricht zukommen lassen?«
Zeugin: »Oh, sie war für mich ja eine zweite Mutter.«
Frage: »Hat sie vor Ihnen verlauten lassen, daß sie mit Landru lebte?«
Zeugin: »Nein, aber ich bin mir darüber im Klaren.
Frage: »Dutzten sie sich? Erinnern Sie sich nicht . . . zweifelten Sie diesbezüglich?«
Zeugin: »Keineswegs.« –
M. Pommeret des Varennes (4. Geschworener): »Schien es, als ob die Postsendung geöffnet worden wäre?«
Zeugin: »Nein, sie war intakt.«
de Moro-Giafferi: »Verkaufte Mme. Collomb nicht einen Gegenstand, als sie fortging?«
Zeugin: »Sehr wohl, einen tragbaren Ofen.«
Sie erzählt, daß sie sich oftmals in großer Aufregung befand. Sie litt darunter, die Schwester gänzlich unter dem Einfluß ihres Bräutigams Landru zu sehen, einen Einfluß, den sie für unheilvoll hielt. Zu dieser Zeit kündigte Mme. Collomb ihre Abreise nach dem Süden an.
Staatsanwalt: »War es bestimmt der 25. Dezember 1916, als Ihre Mutter und Sie Ihre unglückliche Schwester sahen?«
Zeugin: »Ja.«
Frage: »Sie hat Ihnen gesagt, daß die Hochzeit im Mai 1917 stattfinden wird?«
Zeugin: »Jawohl.«
Frage: »Ist Ihnen die Höhe ihrer Ersparnisse bekannt?«
Zeugin: »8000 Francs, die im Crédit Lyonnais deponiert waren.«
de Moro-Giafferi: »Hatte Ihre Schwester nicht irgendwelche Beziehungen in San-Remo?«
Zeugin: »Ich weiß es nicht.«
de Moro-Giafferi: »Die Herren Geschworenen werden begreifen, wie unangenehm und wie peinlich es mir ist, auf diesem Punkt zu beharren.« –
Nun erscheint Mme. Moreau, die Mutter der Verschwundenen, in den Schranken. Als Braut hatte Mme. Collomb sechs Monate Brautzeit verlangt, um überlegen zu können. Sie hatte über die Tatsache, daß der Name Frémyet falsch sei, eine ziemlich naive Erklärung gegeben.
Präsident: »Haben Sie Kenntnis von einer vorhergegangenen Liaison?«
Zeugin: »Sie hat mir niemals davon gesprochen.«
Staatsanwalt: »Als sie Ihnen sagte, daß ihr Bräutigam häufig Geld von ihr entlieh, hat sie Ihnen dann nicht auch gesagt, daß er manchmal plötzlich Geld besaß?«
Zeugin: »Ja, sie sprach mir davon.«
Frage: »Als Sie sie das letztemal sahen, zeigte sie Ihnen da ihre baldige Rückkehr an?«
Zeugin: »Ja, sie hatte nicht die geringste Ursache, uns zu fliehen. (Mit fester Stimme): Sie ist ermordet worden! Sie wurde zwischen dem 26. und 27. Dezember 1916 ermordet.«
Landru, die Augen halb geschlossen, scheint mit den Gedanken irgendwo weit vom Gerichtssaal zu weilen. Auf Verlangen des Verteidigers, richtet der Präsident folgende Fragen an die Zeugin: »Wenn Ihre Tochter eine Liaison im Süden gehabt hatte, nehmen Sie an, daß es möglich gewesen wäre, daß Sie Ihnen, aus Respekt vor Ihnen, davon nicht gesprochen hätte?«
Zeugin: »Sie hätte mir allerdings hierüber aus Respekt nichts gesagt.«
de Moro-Giafferi: »Sprach Ihnen Mme. Collomb von M. Bernard, von San-Remo? Nein? Wohlan, sie verbarg Ihnen einen wichtigen Teil ihres Lebens.«
Ein Freund der Familie Moreau, M. Garmont, kann die Existenz des M. Bernard bestätigen, dessen Existenz die Polizei bestreitet. Aber wo befindet sich die natürliche Tochter der Mme. Collomb? In San-Remo? In einem Kloster von Marseille?
Die Frage bleibt vorläufig unbeantwortet.