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In jenem großen Reichstagsjahr,
Das Luther eisern faßte,
War eine große Gauklerschar
Im alten Worms zu Gaste.
Ein Mädchen drunter, Kind vielmehr; –
Heißflammend las die Luthers Lehr'
Unter des Wagens Plane, –
Die kleine Adamane.
Ihr schrillte wie ein Schwalbenschrei
Die Botschaft durchs Gemüte.
Das galt für sie das Wörtlein »frei«!
Freisein durch Gottes Güte.
Sie kannte ja der Freiheit Heil,
Seit sie auf ihrem schwanken Seil
Schritt ohne Zwang und Prügel,
Voll Mut, als hätt' sie Flügel.
Auf einem Schlag hat sie's gewagt,
Der alten Angst zum Trutze,
Als hab' ihr jemand laut gesagt:
Du gehst in sichrem Schutze!
Fest hielt sie nur ihr Amulett
Mit Blut der Sankt Elisabeth,
Verspritzt beim Geißeldulden,
Gefaßt in einen Gulden.
Und freier ward sie Jahr um Jahr
Und herrlicher beflügelt,
Ja, ward der Stolz der Gauklerschar,
Gepriesen statt geprügelt.
Auf ihrem Hanftau, leicht und schmal,
hin schritt sie wie ein Sonnenstrahl
In ihrem Flitterrocke
Und offnem Goldgelocke.
Sie schlug um sich den Funkelkranz
Des Schwertspiels, magischhelle,
Lief auf dem Seil in Spiel und Tanz
Als Mondfrau und Libelle.
Ja, auf dem schräggespannten Seil
Lief sie vom Marktplatz schwindelsteil
Hoch überm Menschenstrome
Bis halb empor zum Dome.
Das war ein Braus des Beifallsturms
Heut, der sie fast belästigt!
Im Glockenstuhl des Kirchenturms
War da das Seil befestigt.
Bis halb hinauf lief sie voll Lust,
Den Funken in der jungen Brust
Den ihr in diesen Tagen
Ein Sturmwind zugetragen.
Bei ihrem Zug von Ort zu Ort
Vernahm's die Gauklerbande.
Gleich Flammen schlug das Lutherwort
Hell lodernd durch die Lande.
Flugschriften wehten scharf im Wind.
Die las das kluge Gauklerkind,
Und jauchzte, sang und brannte,
Als sie den Sinn erkannte.
Aufwirbelnd fuhr die neue Lehr'
In Qual und Not und Bettel.
Kein Fasten und kein Geißeln mehr
Und keine Ablaßzettel!
Nur Lieb' und Kraft und Glaubensmut,
Und wir sind frei durch Christi Blut
Von unsern Ängsten allen!
Wie hat ihr das gefallen!
Als sei sie nun erst wirklich jung,
So ward sie froh und heiter.
Im Wagen, in der Dämmerung
Las sie nun glühend weiter.
Und immer heller ward das Licht.
Der Heiligenfürsprach' braucht es nicht!
Jeder, trotz Schmach und Schwächen,
Darf selbst zum Höchsten sprechen!
Begeisternd wie ein Feuerstrom
Durchrann sie diese Lehre. –
Am andern Tag stieg sie zum Dom
Wie frei von Erdenschwere.
Schneeweiß, Goldflügel angetan,
Schritt sie auf ihrer schmalen Bahn
Hoch über dem Gewimmel,
Als ging's gradaus zum Himmel.
Gott hilft, – wie's Luther ja gelehrt!
Trutz nur, und es muß glücken! – –
Da, wo sie gestern umgekehrt,
Durchfuhr sie ein Verzücken.
Ihr Amulett riß sie sich los,
Warf's einem Bettler in den Schoß,
Schritt, frei das Haupt erhoben,
Voll Gottvertraun nach oben.
Schritt bis zur Kirchdachshöhe; – tief
Sah sie des Volks Gedränge,
Schritt höher, immer höher, lief
Bis zu des Schallochs Enge,
Stand leuchtend, wie ein Wölkchen Schnee,
»Und so gewiß wie ich hier steh',«
Dacht' sie im luftigen Wiegen,
»Wird Luthers Lehre siegen!«
Sie übersah voll seligem Glück
Die Stadt mit ihren Türmen.
Rasch und gewandt lief sie zurück,
Umbraust von Beifallsstürmen.
Sie wollte später fast vergehn!
Luther selbst habe sie gesehn
Hoch, hoch auf ihrem Seile,
Erscholl's zu ihr in Eile.
Grad als sie aus der Bischofspfalz,
Die müden Streiter, kamen
Vom Reichstagskampfe: – Heute galt's:
»Nicht widerrufen! Amen!«
Der Lutherblick hab' sich erhellt,
Als er sie sah, – ward ihr bestellt,
Er hab' wie in Verstehen
Lächelnd hinaufgesehen.
Wie war sie stolz! – Und keine Not
Hat ihr das Glück entwunden.
Sie glaubte nicht an Luthers Tod,
Als Luther dann verschwunden.
Zu jener Schar, die sehr gewiß
Auch in der Zeit der Kümmernis
Treu hielt zu Luthers Fahne,
Gehörte Adamane!
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