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Hesiod

»Laßt mein Lied mich beginnen von
Helikonischen Musen,«

Theogonie 1 u. ff.

Licht glühte des Helikon Klippe
In Mittagspurpur und Blau,
Da schlief bei dem Quell Aganippe
Ein Hirtenknabe im Tau.
Die Lämmer von Askra zu hüten
War er zum Gebirge entsandt,
Nun hatte den allzufrüh Müden
Des Helios Kraft übermannt.

Da stieg aus den sonnigen Klüften
Eine göttliche Neunzahl herab,
Der schwebende Anmut die Hüften
Und Goldreif die Locken umgab;
Sie schritten in rhythmischem Reigen
Zum Hain, dem die Quelle entfloß,
Und stellten in heiligem Schweigen
Dem Träumer Geschenke ins Moos.

Die Erste von Erz eine Feder,
Die Zweite für Tinte ein Faß,
Die Dritte ein Zwickbuch in Leder,
Die Viert' ein geschliffenes Glas.
Die Fünft' einen Siegellackbarren,
Die Sechst' eine goldene Brill',
Die Siebte ein Kistlein Zigarren,
Die Acht' einen Strauß Asphodill.

Die Neunte, die beugte sich nieder
Und küßte die Lippen ihm zart,
Dann schwanden in Wolken sie wieder
Als Wesen von höherer Art.
Der Schlummerer sprang von der Erde
Und sang wie von Geistern gepackt
Und schwang mit verzückter Gebärde
Einen Lorbeerbengel im Takt.

Da liefen die Mithirtenknaben
Zusammen und priesen sein Glück
Und führten ihn samt seinen Gaben
Nach Askra im Festzug zurück.
Und alle askräischen Männer
Berieten die Sache im Rat,
Bis daß der Nomarchos als Kenner
Böotiens den Urteilsspruch tat:

»Bei dem ist's mit Weidung der Herden
Und Schafzucht für immer vorbei.
Er muß ein Unsterblicher werden
Mit Dichtkunst und Schriftstellerei!«
... Sie kauften ihm lange Gewänder
Und weihten ihn ganz seinem Gott,
Da verfaßte den Bauernkalender
Und die Theogonie – Hesiod.


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