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Einleitung des Herausgebers

Fast fünfzig Jahre sind es her, seit Johannes Scherr die letzten Zeilen für seine »Geschichte der Deutschen Frauenwelt« geschrieben hat, und doch ist das Buch in seinem Vortrag und seinen Gedankengängen so frisch und jung geblieben, als ob es gestern den Schreibtisch des großen Gelehrten und geistreichen Schriftstellers verlassen hätte. Seit jener Zeit haben sich eine ganze Anzahl von Werken mit dem gleichen Stoff beschäftigt – ich selbst bin mit zwei größeren vertreten – doch keines von ihnen allen weiß den Leser und selbst die Leserin so zu packen wie das von Johannes Scherr. Die Hochflut auf dem Büchermarkt, die Zeitereignisse – für stilles und daher doppelt reizvolles Versenken in die Vergangenheit wenig geeignet – haben Scherrs »Geschichte der deutschen Frauenwelt« in den Hintergrund gedrängt, ja sie auch bei denen, die etwas auf ihren Scherr halten, in Vergessenheit geraten lassen, während der jüngeren, der neuen Generation das geradezu klassische Buch unbekannt geblieben ist. Diesem unwürdigen Zustand ein Ende zu machen, erscheint hier Scherrs Arbeit wieder, um hoffentlich nun niemals mehr aus dem Gedächtnis aller jener zu verschwinden, für die es Scherr geschrieben, nämlich »für verständige Menschen, Frauen wie Männer«! Das neue Buch ist auch geblieben, wie das alte war. Was ich als Herausgeber zu sagen hatte, verwies ich in die Anmerkungen, wo jede Zutat deutlich gekennzeichnet ist. Nur der Titel ist dem Inhalt und der Zeit mehr angepaßt worden, und an der Schreibweise habe ich behutsam den Staub von fünf Dezennien entfernt. Aussprache und Stil haben eben ihre Moden, die man nicht beiseite schieben darf, wenn man auf der Höhe bleiben will. Und dies soll Scherr mit seiner »Geschichte der deutschen Frauenwelt«, die daher auch zum erstenmal in reichem Bilderschmuck erscheint. Sie ist aber dadurch keineswegs zu einem jener platten Bilderbücher geworden, die nach flüchtigem Durchblättern und Besehen im Schranke einstauben. Die Bilder sind bei unserem Scherr, trotz ihrer Zahl, der Vortrefflichkeit ihrer Wiedergabe und der ihnen gewidmeten Sorgfalt bei der Auswahl nur dazu da, den ohnehin so hohen Wert der Darstellung Scherrs, seine trefflichen, unverblümt mit echt deutscher Wahrhaftigkeit ausgesprochenen Ansichten zu steigern und durch illustrative Dokumente zu bestätigen. Und diesen Zweck werden sie in diesem wahrhaft klassischen Prachtwerk erfüllen.

Berlin-Friedenau.
Max Bauer.

siehe Bildunterschrift

Im Schleier
Photo: Ernst Förster, Wien


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