Gustav Schwab
Schiller's Leben
Gustav Schwab

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Aufenthalt in Bauerbach.

1782

Als Schiller an einem Decemberabende des Jahres 1782 unter den Ruinen des alten Schlosses Henneberg aus tiefem Schnee die Lichter der zerstreuten Häuser schimmern sah, die das Dörfchen Bauerbach bilden, fühlte er sich, nach einem Briefe an Schwan (8. December), »wie ein Schiffbrüchiger, der sich mühsam aus den Wellen gekämpft hat,« und ganz in der Verfassung, seiner Seele zu leben; er wollte den Winter über nur Dichter seyn, dann aber ernstlich und für immer zum Studium der Medicin zurückkehren. Eben so glücklich und vergnügt schrieb er seinem Freunde Streicher unter gleichem Datum: »Das Haus meiner Wolzogen ist ein recht hübsches und artiges Gebäude, wo ich die Stadt gar nicht vermisse . . . Ich kam Abends hierher (Sie müssen wissen, daß es von Frankfurt aus fünfundvierzig Stunden war), zeigte meine Briefe auf, und wurde feierlich in die Wohnung der Herrschaft abgeholt, wo man Alles aufgeputzt, eingeheizt und schon herbeigeschafft hatte. Gegenwärtig kann und will ich keine Bekanntschaften machen, weil ich entsetzlich viel zu arbeiten habe. Die Ostermesse mag sich Angst darauf seyn lassen.«

So genügsam hatte den guten Dichter das Elend gemacht; denn in der That war er aus dem gesegneten Schwaben und den lachenden Ebenen der Pfalz in die karge Natur unwirthlicher Berge versetzt, in eine Gegend, die, wie sein nachmaliger Schwager Reinwald in Meiningen sich ausdrückt, mehr der Stelle gleicht, wo Irions Rad sich immer an Einem Orte umdreht, als einer Dichterinsel. – »Aber der Hauch der Freiheit,« schreibt Schillers Schwägerin, »war Schillern wohlthätig, und seine Phantasie gefiel sich in den Bildern der Einöde zwischen den schroffen Felsabhängen, über denen die dunkeln Wälder hingen.«

1783.

Vor allen Dingen dachte er darauf, seine Mannheimer Angelegenheiten zu ordnen. Schwan sollte den Druck seines Fiesko beschleunigen, und zu dem Ende in vierzehn Tagen Vorrede und Zuschrift haben; eine Anweisung an Streicher sollte die Zeche auf dem Viehhofe, so wie andere ausgelegte Kleinigkeiten berichtigen. Sobald sich seine Aussichten verschönerten, wollte er an diesen Freund thätig denken. So zeigte er sich in allen seinen Verhältnissen höchst ehrenhaft.

»Ein halbes Jahr,« erzählt uns seine Biographin, »lebte er größtentheils mit sich und der Natur, unbekannt und unerkannt von Seiten des Geistes, in den rauhen Umgebungen. Ein einziger Freund in Meiningen, Reinwald, der in der Folge sein Schwager wurde, kannte die Lage des geheimnißvollen Fremdlings; dieser, als Bibliothekar, versorgte ihn mit Büchern, und besuchte ihn auch zuweilen. Mit dem Verwalter des Guts spielte er Schach und machte oft Spaziergänge mit ihm. Auf einer dieser Wanderungen durch die Wälder hatte er eine sonderbare Ahnung, die ihm immer merkwürdig blieb. Auf dem unwegsamen Pfade durch den Tannenwald, zwischen wildem Gestein, ergriff ihn das Gefühl, daß hier ein Todter begraben liege. Nach wenigen Momenten fing der ihm folgende Verwalter die Erzählung von einer Mordthat an, die auf diesem Platze vor Jahren an einem reisenden Fuhrmanne verübt wurde, dessen Leichnam hier eingescharrt sey.« –


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