Walter Scott
Waverley - So war's vor sechzig Jahren
Walter Scott

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Kapitel LXII.

Verwüstung.

Waverley, der mit Postpferden ritt, wie dies in jener Zeit üblich war, erreichte die Grenze von Schottland ohne ein anderes Abenteuer, als daß er zwei- oder dreimal nach seiner Person gefragt wurde, worauf aber der Talisman seines Passes hinlängliche Antwort gab. In Schottland hörte er die Nachricht von der entscheidenden Schlacht bei Culloden. Es war nichts weiter, als was er lange erwartet hatte, obgleich der Sieg bei Falkirk auf die Waffen des Chevaliers einen schwachen untergehenden Strahl geworfen hatte; dennoch erschütterte es ihn so, daß er dadurch für einige Zeit ganz entmuthigt wurde. Der großmüthige, feine, edelherzige Abenteurer war jetzt ein Flüchtling, und auf seinen Kopf stand ein Preis; seine Anhänger, so tapfer, so enthusiastisch, so treu, waren todt, gefangen oder verbannt. Wo war jetzt der exaltirte, der hochherzige Fergus, wenn er in der That die Nacht bei Clifton überlebte? Wo war der reine, gutmüthige Baron von Bradwardine, dessen Schwächen nur eine Folie zu sein schienen, die Uneigennützigkeit, die Gutmüthigkeit seines Herzens, seinen unerschütterlichen Muth zu heben? Die, welche sich an diese gebrochenen Säulen schmiegten, und dort Schutz hofften, Rosa und Flora, wo waren sie zu suchen, und in welche traurige Lage mußte der Verlust ihrer natürlichen Beschützer sie verwickelt haben? An Flora dachte er wie der Bruder an die Schwester, an Rosa mit Gefühlen von zärtlicherer Natur. Es konnte sein Geschick sein, den Mangel der Hüter, die sie verloren hatten, zu ersetzen. Aufgeregt durch diese Gedanken, setzte er seine Reise fort. Als er nach Edinburg kam, wo seine Nachforschungen beginnen mußten, fühlte er die ganze Schwierigkeit seiner Lage. Viele Bewohner dieser Stadt hatten ihn als Edward Waverley gesehen und gekannt, wie konnte er sich also seines Passes als Frank Stanley bedienen? Er beschloß daher, jede Gesellschaft zu vermeiden und so schnell als möglich weiter nördlich zu reisen. Er sah sich indessen gezwungen, einen Tag oder zwei auf einen Brief von dem Obersten Talbot zu warten, und mußte auch seine eigene Adresse unter dem angenommenen Namen an einem verabredeten Orte niederlegen. Zu diesem Zwecke ging er in der Dunkelheit durch die wohlbekannten Straßen, sorgfältig jede Beobachtung vermeidend, doch vergeblich. Eine der ersten Personen, denen er begegnete, erkannte ihn. Es war Mistreß Flockhart, Fergus Mac-Ivors treuherzige Wirthin.

»Gott steh uns bei, Herr Waverley, seid Ihr es?« rief sie aus. »Na, Ihr braucht Euch nicht zu fürchten. Ich würde keinen Menschen in Eurer Lage verrathen. Ach, du liebe Zeit, was für eine Veränderung! Wie lustig pflegtet Ihr und der Oberst Mac-Ivor in meinem Hause zu sein.« – Und die gutmüthige Wittwe vergoß ein paar aufrichtige Thränen. Da die Bekanntschaft sich nicht wegleugnen ließ, gestand Waverley sie eben so ein, wie die Gefahr seiner Lage, »'s ist bald dunkel, Herr,« sagte sie, »wollt Ihr nicht mit hereinkommen und eine Tasse Thee trinken? Ists Euch gefällig, in dem kleinen Stübchen zu schlafen, so will ich dafür sorgen, daß niemand Euch stört, und kennen wird Euch auch niemand, denn Kate und Matty, die Dirnen, sind mit zwei Dragonern davongegangen, und ich habe zwei neue Mädchen.«

Waverley nahm ihre Einladung an und miethete ihre Wohnung für eine oder zwei Nächte, überzeugt, daß er in dem Hause dieses einfachen Geschöpfes sicherer sein würde als irgendwo sonst. Als er in das Wohnzimmer trat und die Mütze seines Freundes Fergus mit der weißen Kokarde neben dem Spiegel sah, schwoll ihm das Herz.

»Ja,« sagte Frau Flockhart seufzend, als sie die Richtung seiner Augen bemerkte, »der arme Oberst kaufte eine neue, gerade den Tag vor dem Aufmarsche, und ich lasse die da von niemand herunternehmen, sondern bürste sie alle Tage selbst aus, und wenn ich sie ansehe, so denke ich, ich höre ihn Callum befehlen, ihm die Mütze zu bringen, wie er zu thun pflegte, wenn er ausging. – 's ist unvorsichtig, die Nachbarn nennen mich eine Jakobitin, aber sie mögen sagen, was sie wollen, er war ein so gutherziger Herr, als je einer lebte, und schön dazu. Wißt Ihr nicht, wann er sterben soll?«

»Sterben? Gott im Himmel! Wo ist er denn?«

»Ei, Herr Gott, wißt Ihrs denn nicht? Der arme Hochlandbursche Dugald Mahony kam vor einer Weile her, mit einem abgehauenen Arme und einem gewaltigen Hieb über'm Kopf. Ihr erinnert Euch wohl des Dugald, er trug immer eine Axt auf der Schulter, nun, der kam her und bettelte, wenn ich so sagen darf, um etwas zu essen. Und er sagte mir, der Häuptling, wie sie ihn nannten, ich nenne ihn immer Oberst, und Fähnrich Maccombich, dessen Ihr Euch auch wohl erinnert, waren an der englischen Grenze irgendwo gefangen genommen, als es so dunkel gewesen, daß seine Leute ihn nicht eher hätten vermissen können, als bis es zu spät war. Und er sagte, der kleine Callum Beg, das war ein kleiner, boshafter Nichtsnutz, und Euer Gnaden wären in derselben Nacht getödtet worden und noch mancher brave Mann außerdem. Er heulte, als er von dem Obersten sprach, wie Ihr's nie gesehen habt. Und jetzt geht ein Gerücht, dem Obersten soll der Prozeß gemacht und er mit denen hingerichtet werden, die sie in Carlisle gefangen genommen haben.«

»Und seine Schwester?«

»Ach, die sie die Lady Flora nannten, die ist zu ihm hinauf nach Carlisle und lebt bei irgend einer vornehmen papistischen Lady, um in seiner Nähe zu sein.«

»Und,« fragte Edward, »die andere junge Dame?«

»Welche andere? Ich weiß nur von einer Schwester, die der Oberst hatte.«

»Ich meine Miß Bradwardine,« sagte Edward.

»Ach ja, des Lairds Tochter,« erwiderte die Wirthin, »sie war ein recht artiges Mädchen, das arme Ding, aber viel schüchterner als Lady Flora.«

»Wo ist sie, um Gottes willen?«

»Ja, wer weiß, wo die jetzt alle sind? Die armen Dinger, die sind sehr hart bestraft für ihre weißen Kokarden und ihre weißen Rosen. Aber sie ging nördlich nach ihres Vaters Gut in Perthshire, als die Regirungstruppen zurück nach Edinburg kamen. Es waren viele schöne Männer unter ihnen, und ein gewisser Major Whacker, ein sehr artiger Edelmann, lag bei mir im Quartier, aber ach, Herr Waverley, er war doch lange nicht so schön wie der arme Oberst.«

»Wißt Ihr, was aus Miß Bradwardines Vater geworden ist?«

»Aus dem alten Laird? Nein, das weiß kein Mensch, aber man sagt, er hätte sehr hart in der blutigen Schlacht bei Inverneß gefochten, und Deacon Clank, der Blechschmied, sagt, die Regierungsleute wären sehr gegen ihn, weil er zweimal mit draußen war, er hätte sichs zur Warnung nehmen sollen, aber freilich kein Narr ist so groß wie ein alter Narr – der arme Oberst war doch nur einmal mit draußen.«

Dies Gespräch enthielt fast alles, was die gutmüthige Wittwe von dem Geschick ihrer früheren Miethsleute und Bekannten wußte, aber es war genug, um Edward zu bestimmen, auf jeden Fall nach Tully-Beolan zu gehen; hier glaubte er Rosa zu finden oder wenigstens etwas von ihr zu hören. Er hinterließ daher an dem verabredeten Orte für den Oberst Talbot einen Brief, unterzeichnet mit seinem angenommenen Namen, und gab die nächste Poststation von dem Gute des Barons als seine Adresse an.

Von Edinburg bis Perth nahm er Postpferde, den Rest des Weges beschloß er zu Fuß zu machen. Er liebte es, auf diese Art zu reisen, weil sie ihm den Vortheil gewährte, von der Straße abzuweichen, wenn er in einiger Entfernung Truppen sah. Sein Feldzug hatte seine Konstitution bedeutend gestärkt und ihn an das Ertragen von Mühseligkeiten gewöhnt. Sein Gepäck sendete er voraus, wie sich ihm die Gelegenheit bot.

Als er weiter nördlich kam, wurden die Spuren des Krieges sichtbar. Zerbrochene Wagen, todte Pferde, dachlose Hütten, Bäume, zu Pallisaden gefällt, zerstörte oder nur theilweis hergestellte Brücken – alles verrieth die Bewegungen feindlicher Armeen.

In den Ortschaften, wo die Bewohner der Sache der Stuarts anhingen, waren die Häuser zerstört oder verlassen, die täglichen Feldarbeiten gänzlich unterbrochen, und man sah die Bewohner umherschleichen, Furcht, Kummer und Niedergeschlagenheit in ihren Zügen.

Es war Abend, als er sich dem Dorfe Tully-Veolan näherte, mit Gefühlen, ganz verschieden von denen seines ersten Einzuges! Damals war das Leben ihm so neu, daß ein trüber unangenehmer Tag eines der größten Mißgeschicke war, die seine Einbildungskraft voraussah, und es ihm schien, als könnte er seine Zeit nur auf elegante und unterhaltende Studien verwenden, nur in geselliger oder jugendlicher Heiterkeit seine Zerstreuung finden. Wie verändert war jetzt sein Charakter, nach dem Laufe weniger Monate, wie viel trüber, aber auch wie viel gehobener! Gefahr und Unglück sind schnelle, wenn auch strenge Lehrmeister.

Als er sich dem Dorfe näherte, sah er mit Staunen und Besorgniß, daß eine Abtheilung Soldaten in der Nähe desselben im Quartier lag, und was noch schlimmer war, daß sie hier ihre Station zu haben schienen. Dies schloß er daraus, daß einige Zelte auf der Ebene standen, welche das Gemeindemoor genannt wurde. Um die Gefahr zu vermeiden, an einem Orte angehalten und befragt zu werden, wo er so leicht erkannt werden konnte, machte er einen langen Umweg, vermied das Dorf gänzlich und näherte sich dem untern Schloßthore auf einem ihm wohlbekannten Fußpfade. Ein einziger Blick ringsumher verrieth, daß hier große Veränderungen vorgegangen waren. Ein Thorflügel war gänzlich zerschlagen und lag, zu Brennholz zerhauen und zu Haufen geschichtet, des Abholens gewärtig, der andere hing unbrauchbar an den losgerissenen Angeln. Die Verzierungen über dem Thore waren zerbrochen und niedergerissen, und die Bären, die hier Jahrhunderte lang Schildwache gehalten hatten, lagen, gewaltsam von ihrem Posten fortgerissen, im Schutte. Die Allee war grausam verwüstet. Mehrere große Bäume waren gefällt und lagen quer über dem Weg, und das Vieh der Bauern, sowie die Hufe der Dragonerpferde hatten den grünen Rasen, den Waverley so sehr bewunderte, in schwarzen Koth getrampelt.

Als Waverley den Hof betrat, sah er die Furcht verwirklicht, welche diese Umstände erweckt hatten. Das Haus war von königlichen Truppen ausgeplündert worden, und sie hatten es sogar in ihrem Uebermuth niederzubrennen versucht. Die dicken Mauern des Außengebäudes hatten zwar dem Feuer widerstanden, die Ställe und Nebengebäude aber waren gänzlich eingeäschert. Die Thürme und Zinnen des Hauptgebäudes waren vom Rauche geschwärzt, das Pflaster des Hofes aufgerissen und umhergeworfen, die Thüren herausgerissen oder nur an einer Haspe hängend, die Fenster zerschlagen, der ganze Hof mit zerbrochenem Hausgeräth bedeckt, der Beirath von alterthümlicher Auszeichnung, auf welchen der Baron im Stolze seines Herzens so viel Gewicht legte, und den er so verehrte, war mit besonderer Geringschätzung behandelt worden. Der Springbrunnen war zerstört, und die Quelle, die ihn speiste, ergoß sich jetzt über den Hof. Das steinerne Bassin schien nach der Art, wie es auf den Boden geworfen war, ein Sauftrog für das Vieh gewesen zu sein. Der ganze Stamm der großen und kleinen Bären hatte eben so wenig Gnade gefunden wie die an dem Eingangsthore, und einige Familienbilder, welche den Soldaten zu Schilden gedient zu haben schienen, lagen zerstreut am Boden umher. Mit einem tiefbetrübten Herzen, wie man sich wohl denken kann, sah Edward die Verheerung eines so geachteten Hauses. Aber seine Angst, das Geschick der Besitzer zu erfahren, und seine Furcht, was das für ein Geschick sein möchte, wuchsen mit jedem Schritte. Als er die Terrasse betrat, zeigten sich ihm neue Spuren der Verwüstung. Die Ballustrade war herabgebrochen, die Mauern zerstört, die Beete von Unkraut überwuchert, die Obstbäume umgehauen oder ausgegraben. In einer Abtheilung dieses altmodischen Gartens standen zwei gewaltige Kastanienbäume, auf deren Größe der Baron besonders stolz war. Zu träge vielleicht, sie umzuhauen, hatten die Verwüster mit sinnreicher Bosheit sie unterminirt, und in die Höhlung Schießpulver gethan. Der eine Baum war durch die Explosion ganz zersplittert, und lag in Stücken ringsumher auf dem Boden, den er so lange beschattet hatte. Die andere Mine hatte nur theilweise gewirkt. Ungefähr der vierte Theil des Stammes war abgerissen von dem Baume, der so auf der einen Seite zertrümmert und entstellt war, auf der andern seine Zweige unverändert weithin erstreckte.

Unter diesen allgemeinen Zeichen der Verwüstung wirkten einige ganz besonders auf Waverleys Gefühle. Als er die Front des so entstellten und zerstörten Gebäudes übersah, suchten seine Augen natürlich den kleinen Balkon, der zu Rosas Wohnung gehörte, ihre troîsème oder vielmehr cinquième étage. Er war leicht zu erkennen, denn darunter lagen die Zierpflanzen und Gewächse, mit denen sie den Balkon zu ihrer Freude ausschmückte, und die von dem Simse herabgeschleudert waren. Mehrere ihrer Bücher lagen zwischen den Scherben der Blumentöpfe und anderen Trümmern. Waverley erkannte darunter eines seiner eigenen Bücher, eine kleine Ausgabe des Ariost, und hob es als einen Schatz auf, obgleich beschädigt durch Wind und Regen. Während er, in die trüben Betrachtungen versunken, die ein solches Schauspiel erweckte, sich nach irgend einem Menschen umsah, der ihm das Schicksal der Bewohner mittheilen könnte, hörte er im Innern des Gebäudes eine Stimme in wohlbekannten Tönen ein altes schottisches Lied singen:

Man überfiel uns in der Nacht,
Den Ritter hat man mir umgebracht.

Es flohen die Diener, sie scheuten den Tod
Und ließen uns in Elend und Noth.

Sie erschlugen den Ritter, das theure Haupt,
Nun ist er hin, seine Güter geraubt.

Der Mond geht unter, die Sonne geht auf,
Sein Aug ist geschlossen, ihn weckt man nicht auf.

Ach, dachte Edward, bist Du es? Armes hilfloses Geschöpf, bist Du allein gelassen, um mit Deinen wilden und unzusammenhängenden Gesängen die Hallen zu erfüllen, die Dich beschützen? – Er rief hierauf anfangs leise und dann lauter: »Davie – Davie Gellatley!«

Der arme Blödsinnige zeigte sich unter den Trümmern eines Lusthauses, das einst den sogenannten Terrassengarten beendigte, aber bei dem ersten Anblicke eines Fremden zog er sich erschrocken zurück. Waverley, der sich seiner Gewohnheit erinnerte, pfiff eine ihm wohlbekannte Weise, der Davie früher gern zu lauschen pflegte, und die er ihm abgehorcht hatte. Unseres Helden Sängerschaft glich eben so wenig der Blondels, wie der arme Davie dem Löwenherz glich, die Melodie aber hatte dieselbe Wirkung: das Wiederkennen herbeizuführen. Davie schlich schüchtern aus seinem Versteck hervor, und Waverley, der ihn zu erschrecken fürchtete, machte ihm die ermuthigendsten Zeichen, die er erdenken konnte. – »'s ist sein Geist,« flüsterte Davie; doch als er näher kam, schien er sich von seiner Bekanntschaft im Leben zu überzeugen. Der arme Narr selbst schien nur noch der Geist dessen, was er gewesen. Die besondere Kleidung, die er in besseren Tagen trug, war noch in einzelnen Lumpen vorhanden, und das Fehlende war durch Stücke von Tapeten, Fenstervorhängen und Bildern ersetzt, mit denen er seine Lappen herausgeputzt hatte. Auch sein Gesicht hatte den gedanken- und sorgenlosen Ausdruck verloren, und das arme Geschöpf sah in einem

erbärmlichen Grade hohläugig, mager und verhungert aus. Nach langem Zögern näherte er sich endlich Waverley mit einigem Vertrauen, sah ihm trübe in das Gesicht und sagte: »Alle todt und fort, alle todt und fort!«

»Wer ist todt?« rief Waverley, der vergaß, daß Davie unfähig zu jedem zusammenhängenden Gespräch war.

»Baron – und Amtmann – und Saunders Saunderson – und Lady Rosa, die so süß sang – alle todt und fort – todt und fort!

Folgt, o folgt mir zu der Stelle,
Wo der Glühwurm sprüht so helle –
Folgt mir zu den Tobten schnelle.
Durch Wolkenglanz,
Durch Sturmgebraus
Schaut der Mond heraus
Aufs stille Todtenhaus,
Folge mir mit Muth,
Denn ich führ dich gut,
Wo im schwarzen Schrein der Todte ruht«

Mit diesen Worten, die er in einem wilden ernsten Tone sang, machte er Waverley ein Zeichen, ihm zu folgen, ging dann schnell voraus nach dem Hintergrunde des Gartens und an dem Ufer des Baches hin, welcher, wie man sich erinnern wird, die östliche Grenze des Gartens bildete. Waverley, der unwillkürlich über den Inhalt seiner Worte schauderte, folgte ihm mit einiger Hoffnung auf Aufklärung. Da das Haus offenbar verlassen war, konnte er nicht erwarten, in dessen Trümmern einen vernünftigen Berichterstatter zu finden. Davie, welcher sehr schnell ging, erreichte bald das äußerste Ende des Gartens, und die Trümmer der Mauer überkletternd, die ihn einst von dem waldigen Thale trennte, in welchem der alte Thurm von Tully-Veolan lag, sprang er in das Bett des Baches. Er schritt Waverley, der ihm folgte, rasch voran, einige Felsblöcke überkletternd andere mit großer Schwierigkeit umgehend. Sie kamen bei den Ruinen des alten Schlosses vorüber, Waverley folgte seinem Führer nur mit Mühe, denn es fing an, ganz dunkel zu werden. Noch weiter hin an dem Ufer des Baches verlor er ihn ganz, aber ein flimmerndes Licht, welches er jetzt zwischen den Zweigen des dichten Untergehölzes entdeckte, schien ein noch sichererer Führer zu sein. Er verfolgte einen rauhen Pfad und gelangte, durch diesen geleitet, endlich an die Thür einer elenden Hütte. Anfangs hörte er grimmiges Hundegebell, aber es verstummte, als er naher kam. Im Innern ertönte eine Stimme, und er hielt es für das klügste, zu lauschen, ehe er weiter ging.

»Wen bringst Du her, Du ungerathener Schuft, Du?« rief ein altes Weib, allem Anscheine nach sehr zornig. Er hörte Davie Gellatley zur Antwort ein Stück des Liedes Pfeifen, durch das er sich seinem Gedächtnisse zurückgerufen hatte, und zögerte jetzt nicht länger, an die Thür zu klopfen. Im Innern entstand augenblicklich Todtenstille, nur von dem Knurren der Hunde unterbrochen, dann hörte er, wie die Herrin der Hütte auf die Thür zuging, wahrscheinlich nicht um sie zu öffnen, sondern um einen Riegel vorzuschieben. Dies zu verhindern, öffnete Waverley selbst.

Er erblickte ein altes runzliges Weib, welches ausrief: »Wer dringt auf solche Weise und so spät noch in der Leute Hütten?« – Auf der einen Seite waren zwei grimmige, halb verhungerte große Hunde, die aber bei seinem Anblick ihre Wildheit ablegten und ihn zu erkennen schienen. Auf der andern Seite, von der geöffneten Thür halb versteckt, aber diesen Versteck offenbar nur mit Widerstreben suchend, ein gespanntes Pistol in der rechten Hand und mit der linken eben ein zweites aus dem Gürtel ziehend, stand eine hohe kräftige Gestalt in den Ueberbleibseln einer verblichenen Uniform und mit einem Barte, an den seit drei Wochen kein Messer gekommen.

Es war der Baron von Bradwardine. – Es ist wohl nicht nöthig, hinzuzufügen, daß er seine Waffe fortwarf und Waverley mit einer herzlichen Umarmung begrüßte.


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