Heinrich Seidel
Neues Glockenspiel
Heinrich Seidel

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Weltflucht

        Wie ist mir verhasst der hässliche Hader,
Das tosende Toben aller Parteien,
Das ewige zänkische Zeitungsgezeter,
Das krausverwirrte trübe Gewäsch.
Mit schwarzem Pinsel malt jeder den andern
Und klext ihm Tintenklexe in's Antlitz
Und schimpft ihn Verräther und Vaterlandsfeind.
Des Volkes Vortheil wahren nur Wen'ge.
Doch alle schwören mit grossem Geschrei:
Des Volkes Wohlfahrt, das sei ihr Wille.
Indessen streben entschlossene Streber,
Indessen jagen die Stellenjäger,
Und wo nur Verdienst und Vortheil sich findet,
Da wimmelt es gleich aus allen Winkeln,
Den gierig gefrässigen Aemsen vergleichbar,
Und zerrt sich die besten Bissen vom Munde
Und haut sich und hackt sich in hässlichem Hader,
Beutegierig wie bissige Geier!

Da möchte' ich wohl manchmal über des Meeres
Wallende Wogen weit mich wünschen,
Wo rings am Rande der weiten Prärien
Friedlich der Urwald rauscht in der Runde,
Und seiner ragenden Stämme Geäst
Sich spiegelt im Saume silberner Seen.
Dort fing' ich den Stör aus der frischen Feuchte
In der Barke aus Birkenborke gebaut,
Und den laichenden Lachs, wo durch die Lichtung
Rieselnd und rauschend rinnen die Bäche.
Dort jagt' ich den Hirsch und den hüpfenden Hasen,
Den braunen Bären, das bunte Birkhuhn,
Dort pflanzte ich Mais und milde Melonen,
Und was zur Nahrung noch nützlich und nöthig,
Fruchtbäume auch, die fröhlich im Frühling
Mit lieblichem Leuchten das Blockhaus umblühn.
Des Abends dann wohl, wenn über des Waldes
Schlummernde Wipfel die Nacht herabsinkt,
Am lodernden Feuer läg' ich lässig
Auf selbst erbeuteter Haut des Bären.
Nach harter Arbeit hold mich zu ruhn,
Und freute mich froh des frommen Friedens
Und dass ich fern von Zank und Gezeter
Und Hass und Hader – behaglich und heiter
Ruhte am Busen der Mutter Natur.

 


 


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