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Das Verhängnis des Ruhmgierigen

Uns ist die Aufgabe gestellt, den Kommerzialismus selbst bankerott zu machen. Wir müssen Deutschland schlagen, nicht weil die militaristische Halluzination und unsere Unentschlossenheit Deutschland dazu gezwungen haben, diesen so verzweifelten Krieg in einem für Deutschland so ungünstigen Augenblick anzufangen, sondern weil Deutschland in der modernen Welt sich zum Exponenten und Vorkämpfer der Doktrin gemacht hat, daß militärische Kraft die Basis und Grundlage nationaler Größe sei und militärische Eroberung das Mittel, durch welches die Nation von höchster Kultur diese Kultur ihren Nachbarn aufzwingen kann. Wenn ich mich erdreistet habe, General von Bernhardi wahnwitzig zu nennen, geschah es deshalb, weil er ganz genau die Bedingungen dieser militärischen Suprematie darlegt, ohne zu bemerken, daß er zu einer reductio ad absurdum gelangt. Denn er erklärt als Theoretiker, was Napoleon in Wirklichkeit fand, daß man den militärischen Bann über die Einbildungskraft des Volkes nur aufrecht erhalten kann, indem man dieses dauernd mit Ruhm füttert. Man muß von Erfolg zu Erfolg schreiten, und sobald man versagt, ist man verloren. Denn man hat alles auf die Macht der Eroberung gesetzt, wofür das Volk sich der Tyrannei unterworfen und die Leiden ertragen und die Kosten der militärischen Operationen bezahlt hat. Napoleon eroberte und eroberte und eroberte, und doch, als er mehr Schlachten gewonnen hatte, als der tollste Preuße jemals für sich erhoffen kann, mußte er weiter kämpfen, genau, als ob er noch niemals irgendwo gewonnen hätte. Und nachdem er das Mögliche erschöpft hatte, mußte er das Unmögliche versuchen und nach Moskau gehen. Es mißlang. Und von diesem Moment an wäre es besser für ihn gewesen ein Philadelphia-Quäker zu sein, statt der Sieger von Marengo, Austerlitz, Jena und Wagram. Kurz nach dem Morgen, da er vor Leipzig stand und »Marlborough s'en va-t-en guerre« pfiff, während seine aufgelöste Armee im Fluß ertrank oder unter einem Kugelregen floh vor Feinden, befehligt von Generalen, die nicht ein Zehntel seiner Fähigkeit oder seines Ansehens hatten, finden wir ihn als Postillon verkleidet, verächtlich kauernd hinter einer Wagentüre, während die Franzosen, die er für ein Vierteljahrhundert mit Ruhm gemästet hatte, ihn suchten, um ihn in Stücke zu reißen. Sein Erfolg machte ihn zum Feind jedes Landes, ausgenommen Frankreich, sein Mißerfolg machte ihn zum Feind des Menschengeschlechts. Darum hat sich Europa endlich gegen ihn erhoben und ihn zerschmettert, obwohl die englische Regierung, die aus diesem Vorgang Nutzen zog, während der dreißig kommenden Jahre das englische Volk schlimmer unterdrückte als Napoleon es unterdrückt haben würde, und ihre Verbündeten ihn auf dem Throne Frankreichs durch einen morbiden Tyrannen ersetzten, unwürdig ihm die Schuhriemen zu lösen. Nichts kann den Militarismus endgültig gut machen. Selbst wenn Genie diesen Pfad einschlägt endet es in Zerstörung. Wenn leidiger Übermut es tut, ist das Ende nicht anders, doch mag es rascher und schrecklicher kommen.


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