Heinrich Smidt
Seeschlachten und Abenteuer berühmter Seehelden
Heinrich Smidt

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Allerlei Schweden in Dänemark.

König Friedrich IV. von Dänemark war ein prachtliebender Herr. Selten aber hatte sich der Glanz seines Hofes in solcher Fülle entfaltet, als in jenen Tagen, da Seine russische Majestät, Zar Peter, auf dem Schlosse zu Christiansborg sein Gast war. Dies geschah im Herbst des Jahres 1716. In allen Straßen, auf allen Plätzen der Hauptstadt herrschte ein ungemein reges Leben. Die dänische Flotte lag im Sunde segel- und schlagfertig. Zwischen derselben ankerte hier und da ein russisches Kriegsschiff mit dem Andreaskreuze am Maste. Fernab nach dem Kattegat zu kreuzte die vereinigte englisch-holländische Flotte unter den Befehlen des Admirals Norris. Die russischen Hilfsvölker waren zum großen Teil auf der Insel Hven gelandet, und nur die Leibgarden des Zaren selbst befanden sich in der Hauptstadt.

Das Bankett im Königssaal war prachtvoll. Friedrich IV. bot alles auf, seinen erhabenen Gast zu fesseln. Er erwies dem Zaren die zartesten Aufmerksamkeiten, die derselbe jedoch, an dergleichen höfische Rücksichten nicht gewohnt, wenig zu beachten schien. Zar Peter, in seiner einfach-schlichten Weise, ohne den geringsten Prunk gekleidet, bildete zu dieser großen, in Sammt, Gold und Edelsteinen strahlenden Versammlung einen merkwürdigen Gegensatz. Hinter dem Sessel, den der Beherrscher des Zarenreiches einnahm, harrten in demütiger Stellung zwei seiner Leibdiener, die auf jede Bewegung ihres Gebieters ein wachsames Auge hatten. Hinter dem Sessel des Königs stand, einen Arm auf die Lehne gestützt, das stets heitere Gesicht seinem ihm freundlich gesinnten Herrn zugewendet, Kommandeur Tordenskiold, bereit, jede an ihn gerichtete Frage zu beantworten und zugleich den König mit ritterlichem Anstande zu bedienen.

Der Zar hatte den großen goldenen Pokal, der vor ihm stand, mit einem Zuge geleert, der sofort wie durch Zauberei wieder gefüllt wurde, winkte dem Könige zu und sagte: »Dies, lieber Bruder von Dänemark, auf Euer Wohl, und mögt Ihr mir stets freundnachbarlich gesinnt bleiben.«

Der König that sofort Bescheid und erwiderte: »Euer Majestät kann sich auf meine treue Gesinnung verlassen. Ich werde thun, was nur in meinen Kräften steht, um das zwischen uns bestehende Bündnis zu befestigen und zu kräftigen.«

»Da nehme ich Euch beim Worte, Herr Bruder!« sagte Zar Peter, »wenn mir gleich scheinen will, daß Ihr Eurerseits meines Beistandes wenig bedürftig seid. Ich weiß in der That nicht, was Ihr mit der geringen Habe anfangen wollt, die dem guten Karl von Schweden noch übrig geblieben ist! Nach allem, was ich um mich her sehe, seid Ihr mit Reichtümern jeder Art so reichlich gesegnet, daß Ihr sogar Eure Lakaien von oben bis unten mit Gold und Stickereien bedeckt habt.«

Bei diesen Worten richtete der Zar sein glühendes Auge auf Tordenskiold, der gerade den Becher des Königs füllte. Es ärgerte den Herrscher, daß jener Mann, den er persönlich nicht kannte, in der Nähe der Fürsten sich so ungezwungen benahm.

»Euer Majestät irrt sich für dieses Mal,« sagte der König Friedrich IV. »Das ist der Herr Kommandeur Tordenskiold, ein wackerer Seeoffizier, von dessen kühnen Thaten Ihr zweifelsohne öfters gehört habt. Ein junger Mann, auf den das Vaterland stolz ist, und dem ich in allen Gnaden gewogen bin.«

»Das ist Tordenskiold?« fragte der Zar verwundert und blickte mit aufrichtiger Teilnahme auf den Seemann, der diesen Blick aushielt, ohne mit den Augenwimpern zu zucken. »Von dem habe ich allerdings gehört und kann Euch nur Glück dazu wünschen, daß Ihr dergleichen Leute um Euch habt. Es wird lange dauern, bis ich für meine junge Flotte solche Offiziere heranbilde. Gebt mir den Burschen mit nach Petersburg, Bruder Friedrich; ich will ihn zum Admiral machen.«

Ein mühsam unterdrückter Ruf des Staunens ward ringsum an der Tafel hörbar. Tordenskiold wurde blutrot, und der König sagte: »Wenn Herr Tordenskiold irgendwo anders dienen müßte, würde ich ihn am liebsten auf der kaiserlich russischen Flotte sehen. Aber Dänemark kann der Dienste dieses Seemannes nicht entraten. Auch zweifle ich, daß er geneigt sein möchte, sein Vaterland daran zu geben. Im übrigen kämpfen wir für eine und dieselbe Sache, und somit gehört Herr Tordenskiold schon in gewissem Sinne Euch an.«

Den Zaren schien diese Zurückweisung nicht sehr angenehm zu berühren, denn seine Stirn umdüsterte sich, und er warf einen Zornesblick aus den jungen Seemann. Der König, der es wohl bemerkte, suchte dem Gespräche eine andere Wendung zu geben, indem er sagte: »Ueberdies weiß man kaum, was man an der schwedischen Eroberung hat. Wer könnte es denn als gewiß hinstellen, daß die Einwohner des Landes dem Könige Karl wirklich so abhold sind, als man es uns schilderte? Was man darüber erfährt, beschränkt sich auf Gerüchte. Soll es verläßlich sein, müßte man das Volk selbst hören. Was meint Ihr, Kommandeur?«

»Gewiß, Euer Majestät!« entgegnete Tordenskiold mit einer Verbeugung und reichte dem Könige eine goldene Fruchtschale, wobei er ein leises Zittern nicht verbergen konnte. Der König, um dem peinlichen Auftritt ein Ende zu machen, wollte dem Offizier Gelegenheit verschaffen, sich zu entfernen, und sagte deshalb so laut, daß der Zar es hören mußte: »Wenn Ihr glaubt, darüber etwas erfahren zu können, was Uns angenehm sein kann, so wollen Wir Euch für heute Eures Dienstes entlassen. Wir zweifeln nur, daß Ihr Nachrichten, die der Mühe wert sind, heimbringen werdet.«

»Ich werde mir so viele Mühe geben, als nur immer möglich,« sagte der Kommandeur, sich mit einer tiefen Verbeugung entfernend.

Während das Bankett im Schlosse unter steigender Fröhlichkeit weiter ging, schritt Tordenskiold durch die Straßen abwärts nach dem Holm, wo die riesigen Linienschiffe und Fregatten für die königliche Marine gebaut werden. Er trat in eine der Baracken, in welcher die unter dem Donner der Kanonen und dem Rauschen der Wellen aufgewachsenen Deckoffiziere und Matrosen ihre abendlichen Zusammenkünfte zu halten pflegten. Auch ihnen waren mehrere von den russischen Schiffen zu Land beurlaubte Matrosen als Gäste zugewiesen, und sie bewirteten ihre bärtigen Kameraden, von deren Sprache sie auch nicht eine Silbe verstanden, mit stets vollen Krügen. Dabei sprachen sie gut dänisch mit ihnen, was jene mit ihrem besten Russisch erwiderten, woraus ein babylonisches Durcheinander entstand, das aber die Harmonie der Tafelgenossen durchaus nicht zu stören schien.

»Holla Ahoi! Wen haben wir hier?« rief der älteste einem Eintretenden entgegen, der soeben in dem Rahmen der Thür sichtbar wurde.

»Einen Seemann, der hoffentlich bei Eurem Gelage nicht zu viel sein wird und der mit Euch trinken will, wenn Ihr ein Glas übrig habt,« sagte der Eintretende. Aber weiter kam er nicht, denn ein allgemeiner Ruf des Entzückens, der nicht enden wollte, verschlang den letzten Teil seiner Rede. Als die Aufregung sich etwas gelegt hatte, erhob sich der älteste der Back und sagte: »Ein größeres Glück hätte uns nicht begegnen können, als daß der Herr Kommandeur Tordenskiold uns mit seiner Gegenwart beehrt. Wie auf dem Deck unter dem Donner der Kanonen, steht Ihr auch hier mitten unter uns, als wenn Ihr hierher gehörtet. Haben in dieser Baracke kein Halbdeck, das wir räumen könnten, aber der Ehrenplatz, der mir als dem ältesten der Maatschaft gebührt, ist für Euch, Herr Kommandeur, wenn Ihr Euch herablassen wollt, ihn anzunehmen.«

»Dank Dir, mein Junge,« sagte Tordenskiold, und nahm an dem oberen Ende des Tisches Platz. »Sehe hier ein Glas mit gutem Wein gefüllt und will glauben, es sei für mich. Trinke es aus auf das Wohl aller wackeren Seeleute. Allen gilt es, und jedem von Euch insbesondere. Nehme keinen aus.«

Tordenskiold leerte das Glas mit einem Zuge, während die Augen der Umstehenden vor Wonne glänzten, und sagte dann: »Nunmehr will ich Euch anvertrauen, daß ich auf Befehl des Königs zu einem lustigen Streifzuge in den Oeresund hinausgehe und dazu einige zwanzig gute und zuverlässige Kerle gebrauche. Ich sage Euch voraus, es ist ein halsbrechendes Stück Arbeit und kann mißglücken. Wer will es mit mir versuchen?«

»Ich! Ich!« schrieen alle wie aus einem Munde und drängten sich um den Kommandeur. Dieser suchte sich die Leute aus, die er haben wollte, und sagte dann zu einem der Schaluppenmeister: »Die große schwere Schaluppe mit der Nummer drei will es thun. Ist sie in stand gesetzt?«

»Können sogleich die Segel hissen,« war die Antwort, und der Kommandeur fuhr fort: »So gehen wir allstunds an Bord. Jeder von Euch hat sich mit Pistolen und Enterbeil zu versehen. In zehn Minuten müssen wir draußen sein.«

»Und wohin geht es, den Herrn Kommandeur mit Verlaub zu fragen?« fragte etwas vorlaut einer der Matrosen.

Tordenskiold wandte sich um und sagte lebhaft. »Geradeswegs los auf die Breitseite des größten schwedischen Dreideckers. Wenn Du Dich fürchtest, kannst Du hierbleiben.«

Alle riefen Hurra! Der vorwitzige Frager aber schrie über alle hin: »Gefragt habe ich, wohin; aber wenn wir dem Dreidecker seitlängs legen, bin ich ungefragt der erste oben und mache so mein loses Maul wett.«

Mit lautem Gelächter stürmte die wilde Schar hinaus in die Nacht. Die Schaluppe, in der alles wohlgeordnet war, lag bereit, und alsbald war sie, vom Lande abstoßend, im Dunkel der Nacht verschwunden.

Der Morgen dämmert. Ein halb durchsichtiger Nebel schwankt auf den Gewässern des Oeresunds, so daß die Rumpfe der darauf ankernden und kreuzenden Schiffe nicht sichtbar werden. Aber die oberen Hälften der Masten ragen aus den Nebeln hervor, leicht angehaucht von dem rötlichen Schimmer der aufgehenden Sonne. Die Küste von Schoonen taucht aus dem leichten Dunstkreise auf und läßt den Turm eines, unfern von der Stadt Malmö liegenden Dorfes erkennen. Die Bauern darin sind wohlhabende Leute, die nicht nur selbst gut leben, sondern auch ihre Mitmenschen leben lassen.

In dem stattlichsten Gehöfte, welches zu diesem Dorfe gehört, aber doch ziemlich seitab und der See zugewendet liegt, ist man mit den Vorbereitungen zu einem Feste beschäftigt. Der Besitzer des Hofes will noch selbigen Tages seine Tochter mit dem Sohne eines Freundes vermählen. Aus den Anstalten, welche gemacht sind, ist anzunehmen, daß die Hochzeit zu den bedeutenderen gehört, und sehr viel Gäste dazu erwartet werden. Noch glüht der Backofen, die Bier- und Metfässer sind mit Tannengrün geziert. Die Kessel am Feuer sieden, und in der großen Stube ist der Tisch für die vornehmeren Gäste mit schneeweißem Linnen bedeckt. Der Fußboden ist mit Fichtennadeln und weißem Sande bestreut, Knechte und Mägde stolzieren in ihren Festkleidern umher. Die Braut hat bereits ihr hochzeitliches Gewand angelegt und empfängt den eben eintretenden Bräutigam mit verschämtem Gruße. Der Herr des Hauses sieht nach den Gästen aus, die er geladen hat. Und sie kommen, zu Wagen, zu Roß und zu Fuß. Unter den ersteren zeigt sich ein entfernter Verwandter, der ein Bürger und Handwerksmann in der guten Stadt Malmö ist. Bald darauf erscheint ein Lieutenant, der eine Strandwache in der Umgegend kommandirt und sich den fröhlichen Tag nicht nehmen lassen will. Alle werden mit herzlichem Gruße bewillkommt. Zuletzt kommt der Herr Pastor, um das Brautpaar zu begrüßen und nach der Kirche zu führen. Bevor aber das letztere geschehen kann, muß erst ein stattliches Frühmahl eingenommen werden. Die dampfenden Schüsseln werden aufgetragen, und die Hungernden rüsten sich bereits zum Angriff auf dieselben, als draußen die Knechte und Mägde ein furchtbares Geschrei erheben und gleich darauf der Kommandeur Tordenskiold eintritt.

»Guten Morgen beisammen und eine fröhliche Hochzeit. Da ich nicht geladen bin, lade ich mich selbst.«

Der Hausherr ging dem Eintretenden entgegen um ihm nach der gastfreien Sitte des Landes die Hand zu bieten. Der Lieutenant aber kam ihm zuvor und sagten »Wer seid Ihr, Herr, und was wollt Ihr?«

»Wer fragt das?«

»Ich bin ein Offizier von der Strandwacht. Als solcher habe ich ein Recht, diese Frage zu thun. Also wer seid Ihr?«

»Es wäre besser für Euch gewesen, wenn Ihr diese Frage dort an mich gerichtet hättet, wo Euer Posten ist, nämlich am Strande, dann hättet Ihr gleich erfahren, daß ich Peter Tordenskiold bin.«

»Tordenskiold!«

Dieser Name ging wie ein Schreckensruf durch die Versammlung.

»Gnade! Gnade!« riefen einige der Furchtsamsten und warfen sich auf die Kniee.

»Ich bin nicht gekommen, irgend jemand ein Leides zu thun,« entgegnete Tordenskiold. »Mein allergnädigster Herr, der König, will wissen, wie die Stimmung des Volkes in Schweden ist. Darum hat er mich ausgeschickt, ihm gewisse Nachricht zu bringen. Da nun solche Nachrichten am besten von dem Volke selbst einzuziehen sind, so will ich aus jedem Stande einen mit mir nach Kopenhagen nehmen. Dort mag sich der König mit ihnen unterhalten.«

Eine große Aufregung folgte nach dieser Erklärung. Aber Tordenskiold ließ sich nicht irre machen und fuhr fort: »Sehe, daß ich hier alles finde, was ich brauche, und nicht nötig habe, weiterzugehen. Da ist der Herr Pastor, der den Lehrstand, und dort der Herr Lieutenant, der den Wehrstand vertritt. Was den Nährstand betrifft, so werde ich den guten Bürgersmann aus Malmö, der dort in der Ecke steht, sowie den schmucken Bräutigam um die Ehre bitten, und kann die Fahrt sogleich angetreten werden.«

Der Bürger kroch noch tiefer in die Ecke; der Bräutigam stellte sich trotzig seiner Braut zur Seite; der Pastor erhob die Hände, und der Lieutenant drängte sich vor, die Hand an dem Säbel. Tordenskiold gab ein Signal mit der Bootsmannspfeife und sogleich erschienen an Thüren und Fenstern seine bewaffneten Matrosen, der Befehle ihres Führers gewärtig.

»Ihr seht, daß ein Entrinnen unmöglich ist,« sagte Tordenskiold, auf seine Leute deutend. »Ich muß meine Pflicht thun, also ergebt Euch geduldig darein. Uebrigens gebe ich jedem mein Ehrenwort, daß ihm nichts Ungebührliches geschehen soll. Morgen werdet Ihr hierher zurückgebracht, und die Hochzeit kann ohne nochmalige Störung vor sich gehen. Nun aber kann ich einen weiteren Aufenthalt nicht gestatten, denn es ist die höchste Zeit, wenn wir vor Abend an der Zollbude sein wollen. Hurra, Leute, thut Euer Werk!«

Die Matrosen stürmten in die Stube, und die vier bezeichneten Personen wurden nach der dänischen Orlogsschaluppe geführt.

Ganz Kopenhagen strahlte in einem Feuermeer. Es war eines der feenhaften Feste, welche der König seinem erlauchten Gaste gab, um ihn für die Interessen Dänemarks zu gewinnen. Tausend von Lampen verbreiteten Tageshelle. Im königlichen Schlosse hatte die Abendtafel soeben begonnen. Musik und Gesang würzten die Leckerbissen, mit denen die Gäste bedient wurden. Der Zar, überrascht von der Pracht des Festes, trank auf die Gesundheit seines Wirtes, und der König Friedrich wollte ihm Bescheid thun, als er plötzlich Tordenskiold gewahrte, der hinter ihm stand und, jetzt vortretend, mit einer leichten Verbeugung das Glas seines königlichen Gebieters füllte.

»Nun, da seid Ihr ja!« sagte der König lebhaft, denn er hatte den fröhlichen Seemann bereits vermißt. »Wir fragten heute nach Euch, und keiner konnte Uns Auskunft geben. Wo wart Ihr?«

»Eure königliche Majestät wollen gnädigst verzeihen. Ich bin nur ein wenig nach Schweden hinüber gefahren.«

»Nach Schweden? Was hattet Ihr dort zu suchen, wenn's beliebt?«

Alle Anwesenden horchten hoch auf, am meisten der Zar, denn keiner wußte besser als er, wie schwer es sei, durch die Unzahl von Orlogschiffen und Kreuzern ungefährdet über den Sund und wieder zurück zu gelangen.

»Euer Majestät äußerten gestern abend den Wunsch, die wahren Gedanken der Bewohner Schwedens zu wissen, und zu vernehmen, was die einzelnen Stände zu den Kriegen sagten, in welche König Karl sich verwickelt. Da bin ich während der Nacht hinübergefahren und bringe die nötigen Leute vom Lehr-, Wehr- und Nährstande mit. Wenn es Euer Majestät gefällig ist, können die Leute erscheinen.«

Die schwedischen Gäste wurden eingeführt und die vornehme Gesellschaft ergötzte sich an der ungekünstelten Verlegenheit und den naiven Aeußerungen des Bürgers und Bauers, während der Geistliche und Offizier die Fragen kurz und bündig beantworteten. Als Friedrich IV. seine Neugier befriedigt und vernommen hatte, daß außer dem Offizier die übrigen sehr zu wünschen schienen, daß Karl XII. endlich Frieden mache, befahl er, die unfreiwilligen Gäste in einen besonderen Saal zu führen und sie dort zu bewirten. Auch gab er ihnen das Versprechen, daß sie morgen ungefährdet wieder heimgeführt werden sollten. Zu dem Zaren gewendet aber sprach er: »Euer Majestät sehen ein, daß ich den Tordenskiold nicht missen kann. Ich vermag mich nicht von einem Manne zu trennen, der sogar, um die müßige Neugier seines Herrn zu befriedigen, unaufgefordert das Leben daran setzt.«

Darauf wandte sich der König zu dem Kommandeur. »Wenn die Schweden wieder nach Schoonen hinübergeführt werden, bleibt meine Schaluppe samt ihrem Führer besser am Holm zurück. Es wird wohl irgend ein schwedischer Kauffahrer, der für eine gute Prise erklärt ist, sich dazu verstehen, seine Landsleute an Bord zu nehmen und mit ihnen den Hafen von Kopenhagen ungehindert zu verlassen. In Zukunft aber bitten Wir Euch, dergleichen waghalsige Lustfahrten zu unterlassen, weil Ihr Uns sonst leicht fehlen könntet, wenn Wir im Ernste Euer benötigt sind. Und wer kann wissen, wie bald dies der Fall ist!«

»Dann werden Euer Majestät mich ebenso treu und gewärtig finden, und bringe ich dann keine Bauern und Pastoren, so bringe ich vielleicht wieder einen Admiral!« sagte Tordenskiold und wandte sich zur Gesellschaft, deren Fröhlichkeit durch diesen Vorgang ungemein erhöht war.


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