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Hinten am Miesenbach in der stillen Herberge, und zwar beim Abendtrunk, kam die Rede auch wieder auf den fabelhaften Tatzelwurm; der Wirt ist ja eine der Hauptquellen über dieses Tier, da er einmal ein solches erschlagen haben will. Auch war ein junger Liebhaber zur Hand, der sich mit der Naturgeschichte desselben schon viel beschäftigt hatte und mir manche beachtenswerte Winke darüber zusteckte. Der Tatzelwurm ist unter verschiedenen Namen allenthalben im Gebirge bekannt und eigentlich eine Art Krokodil oder Lindwurm, dessen Hauch und Anpfiff giftig sind, so daß sich jedermann entsetzt, der ihm begegnet. Franz von Kobell hat in seinem Wildanger die Aufmerksamkeit der wißbegierigen Welt neuerdings auf dieses Untier gelenkt und auch jene merkwürdige Tafel mitgeteilt, welche auf einem Bildstöcklein bei Unken sich findet und darzustellen sucht, wie ein Bauer, von zwei Tatzelwürmern verfolgt, dem Tod verfällt. Dies ist fast einem urkundlichen Beweis über das Dasein des seltsamen Wurms gleichzuachten, und die ältern Zeugnisse glaubwürdiger Männer sind nebenbei auch nicht ganz zu übersehen.
Aber freilich den Preis von fünfzig Dukaten, welchen Erzherzog Johann für Beibringung eines solchen Tiers ausgesetzt, ihn hat noch niemand eingelöst. Gleichwohl will ich nicht verschweigen, daß auch ein hochbetagter Forstmeister zu Reichenhall erzählt: es habe vor vielen Jahren ein ihm bekannter Jäger den Tatzelwurm erschossen, da er eben jenseits eines tiefen Grabens mit seinen Jungen spielte. Der Jäger habe seine Beute nach St. Peter zu Salzburg getragen und dort einen guten Freund getroffen, der ihm versprochen: er wolle ihm das Wundertier nach Wien versenden, wo es sicher fürstlich bezahlt werde. Allein der gute Freund habe sich später immerdar entschuldigt, daß er von Wien keine Antwort kriege, und so wisse man seitdem nicht, was aus der Sache geworden. Auch in der forellenreichen Einöde von Seehaus trifft man einen tapfern, im traurigen Krieg mit den Wildschützen erprobten Waidmann, der erst vor zwölf Jahren dem grausen Phänomen gegenüberstand. Er schlenderte im Juli durch die nahe Urschlau, als er plötzlich etwas neben sich rascheln hörte. Es war ein Tatzelwurm, der sich um einen Baumstamm schmiegte und ihn mit giftigen Augen anstarrte. Der Waidmann fuhr überrascht zurück und ging, sorgsam umschauend, in den lichtern Wald hinaus, wo er bald einen Rehbock schoß. Dieses Glück erkräftigte ihn, und mit neuem Mut schritt er nun wieder nach dem alten Platz, um den Kampf mit dem Drachen aufzunehmen, allein dieser hatte sich mittlerweile in seine Häuslichkeit zurückgezogen und war nicht mehr zu finden. Übrigens sei er vierthalb Fuß lang, schwarz und eidechsenartig gewesen, in der Dicke ungefähr ›wie ein Bierkrügel‹. Füße habe er sechs gehabt, während ihm die gewöhnliche Meinung deren vier oder gar nur zwei beilegt. Man sieht aus allem diesem, daß der Tatzelwurm jetzt durch verlässige Zeugnisse schon dermaßen umgarnt und in die Enge getrieben ist, daß man ihn nur noch zu fangen braucht, um von seinem Dasein vollkommen überzeugt zu sein.
Jüngere Naturforscher, die oft tatenlos und ruhmesdurstig in den Kneipen herumliegen, könnten sich durch solchen Fang ein neues Verdienst um die deutsche Wissenschaft erwerben.