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Während die Armee aus Flandern abmarschiert, um nach den dort vollbrachten Heldentaten die französischen Grenzfestungen zu erobern und dann das ganze Land zu besetzen, wird sich der geneigte Leser erinnern, daß eine Anzahl von Personen friedlich in England leben, die etwas mit unserer Geschichte zu tun haben und denen wir einen Anteil an unserer Chronik zugestehen müssen. Die alte Miss Crawley war in der Zeit dieser Kämpfe und Gefahren in Brighton geblieben und war von den großen Ereignissen nur wenig berührt worden. Die großen Ereignisse machten allerdings die Zeitungen ausgesprochen interessant. Eines Tages las ihr die Briggs aus der »Gazette« vor, wo Rawdon Crawleys Tapferkeit ehrenvolle Erwähnung fand und seine Beförderung zum Oberstleutnant berichtet wurde. |
The kind reader must please to remember — while the army is marching from Flanders, and, after its heroic actions there, is advancing to take the fortifications on the frontiers of France, previous to an occupation of that country — that there are a number of persons living peaceably in England who have to do with the history at present in hand, and must come in for their share of the chronicle. During the time of these battles and dangers, old Miss Crawley was living at Brighton, very moderately moved by the great events that were going on. The great events rendered the newspapers rather interesting, to be sure, and Briggs read out the Gazette, in which Rawdon Crawley’s gallantry was mentioned with honour, and his promotion was presently recorded. |
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»Wie schade, daß der junge Mann einen so unwiderruflichen Schritt in die Welt getan hat«, sagte die Tante. »Bei seinem Rang und diesen Auszeichnungen hätte er eine Brauerstochter mit einer Viertelmillion heiraten können – zum Beispiel Miss Grains, oder er hätte zusehen können, sich mit den besten Familien Englands zu verbinden. Irgendwann hätte er mein Geld bekommen oder seine Kinder – denn ich habe es nicht so eilig, zu sterben, Miss Briggs, wenn Sie es wahrscheinlich auch eilig haben, mich loszuwerden; aber statt dessen ist er nun zur Armut verdammt mit einem Ballettmädchen als Frau.« |
“What a pity that young man has taken such an irretrievable step in the world!” his aunt said; “with his rank and distinction he might have married a brewer’s daughter with a quarter of a million — like Miss Grains; or have looked to ally himself with the best families in England. He would have had my money some day or other; or his children would — for I’m not in a hurry to go, Miss Briggs, although you may be in a hurry to be rid of me; and instead of that, he is a doomed pauper, with a dancing-girl for a wife.” |
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»Will meine liebe Miss Crawley nicht ein mitleidiges Auge auf den heldenmütigen Krieger werfen, dessen Name in den Ruhmesannalen seines Vaterlandes verzeichnet ist?« fragte Miss Briggs, die durch die Ereignisse bei Waterloo sehr erregt war und die jede Gelegenheit ergriff, sich romantisch auszudrücken. »Hat nicht der Hauptmann – oder der Oberst, wie ich ihn jetzt nennen darf, Taten vollbracht, die dem Namen Crawley zu Glanz und Ruhm verhelfen?« |
“Will my dear Miss Crawley not cast an eye of compassion upon the heroic soldier, whose name is inscribed in the annals of his country’s glory?” said Miss Briggs, who was greatly excited by the Waterloo proceedings, and loved speaking romantically when there was an occasion. “Has not the Captain — or the Colonel as I may now style him — done deeds which make the name of Crawley illustrious?” |
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»Briggs, Sie sind eine Närrin«, sagte Miss Crawley. »Oberst Crawley hat den Namen Crawley in den Schmutz gezerrt, Miss Briggs. Eine Zeichenlehrerstochter zu heiraten, nein, wirklich! Eine Gesellschafterin zu heiraten – denn etwas Besseres war sie nicht, Briggs – ja, sie war dasselbe wie Sie, nur jünger und bedeutend hübscher und klüger. Ich möchte wissen, ob Sie mit der abscheulichen Kreatur, deren niederträchtigen Winkelzügen er zum Opfer fiel, unter einer Decke gesteckt haben, da Sie sie doch so bewunderten. Ja, ich möchte behaupten, Sie haben mit ihr unter einer Decke gesteckt. Aber von meinem Testament werden Sie enttäuscht sein. Sie sind bitte so gut und schreiben Mr. Waxy, daß ich ihn sofort zu sprechen wünsche.« Miss Crawley hatte es sich jetzt angewöhnt, fast täglich ihrem Rechtsanwalt, Mr. Waxy, zu schreiben, denn sie hatte alle ihre Anordnungen hinsichtlich ihres Eigentums widerrufen, und sie war in großer Verlegenheit, was mit ihrem Geld später einmal werden sollte. |
“Briggs, you are a fool,” said Miss Crawley: “Colonel Crawley has dragged the name of Crawley through the mud, Miss Briggs. Marry a drawing-master’s daughter, indeed! — marry a dame de compagnie — for she was no better, Briggs; no, she was just what you are — only younger, and a great deal prettier and cleverer. Were you an accomplice of that abandoned wretch, I wonder, of whose vile arts he became a victim, and of whom you used to be such an admirer? Yes, I daresay you were an accomplice. But you will find yourself disappointed in my will, I can tell you: and you will have the goodness to write to Mr. Waxy, and say that I desire to see him immediately.” Miss Crawley was now in the habit of writing to Mr. Waxy her solicitor almost every day in the week, for her arrangements respecting her property were all revoked, and her perplexity was great as to the future disposition of her money. |
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Wie die zunehmende Schärfe und Häufigkeit ihres Spottes gegenüber Miss Briggs bewies, hatte sich der Gesundheitszustand der alten Jungfer beträchtlich gebessert. Die arme Gesellschafterin trug all diese Angriffe demütig und feige, mit einer halb großmütigen, halb heuchlerischen Resignation, mit einem Wort, mit der sklavischen Unterwürfigkeit, die Frauen ihrer Bestimmung und ihres Charakters zeigen müssen. Wer hat noch nicht erlebt, wie eine Frau eine andere tyrannisieren kann? Was sind schon die Qualen, die Männer zu erdulden haben, im Vergleich zu den täglich abgeschossenen Pfeilen von Hohn und Grausamkeit, mit denen arme Frauen von den Tyrannen ihres eigenen Geschlechts durchbohrt werden? Arme Opfer! Aber wir schweifen vom Thema ab, und dazu gehört nur, daß Miss Crawley stets besonders unerträglich und wild war, wenn sie sich von einer Krankheit erholte – etwa wie man sagt, daß heilende Wunden am meisten schmerzen. |
The spinster had, however, rallied considerably; as was proved by the increased vigour and frequency of her sarcasms upon Miss Briggs, all which attacks the poor companion bore with meekness, with cowardice, with a resignation that was half generous and half hypocritical — with the slavish submission, in a word, that women of her disposition and station are compelled to show. Who has not seen how women bully women? What tortures have men to endure, comparable to those daily repeated shafts of scorn and cruelty with which poor women are riddled by the tyrants of their sex? Poor victims! But we are starting from our proposition, which is, that Miss Crawley was always particularly annoying and savage when she was rallying from illness — as they say wounds tingle most when they are about to heal. |
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Während sie nun, wie alle hofften, der Genesung zuging, war Miss Briggs das einzige Opfer, das die Kranke vorließ. Miss Crawleys Verwandte in der Ferne vergaßen jedoch ihr geliebtes Familienmitglied nicht und versuchten, sich durch eine Menge von Liebesgaben, Geschenken und liebevollen Briefen in ihrem Gedächtnis lebendig zu erhalten. |
While thus approaching, as all hoped, to convalescence, Miss Briggs was the only victim admitted into the presence of the invalid; yet Miss Crawley’s relatives afar off did not forget their beloved kinswoman, and by a number of tokens, presents, and kind affectionate messages, strove to keep themselves alive in her recollection. |
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Als ersten wollen wir ihren Neffen Rawdon Crawley erwähnen. Einige Wochen nach der berühmten Schlacht bei Waterloo, als Miss Crawley in der »Gazette« von der Beförderung und der Tapferkeit des hervorragenden Offiziers gelesen hatte, brachte ihr das Paketboot von Dieppe ein Kästchen voller Geschenke und einen ehrerbietigen Brief von ihrem Neffen, dem Oberst, nach Brighton. In dem Kästchen befanden sich ein Paar französische Epauletten – ein Kreuz der Ehrenlegion und der Griff eines Degens – Reliquien vom Schlachtfeld. Der Brief berichtete humorvoll, daß der Degengriff einem hohen Offizier der Garde gehört habe. Als er gerade geschworen hatte, »die Garde kann zwar fallen, wird sich aber niemals ergeben«, wurde er von einem einfachen Soldaten gefangengenommen, der den Degen des Franzosen mit seinem Musketenkolben zerbrochen hatte. Rawdon hatte sich darauf der zertrümmerten Waffe bemächtigt. Das Kreuz und die Epauletten stammten von einem französischen Kavallerieoberst, der in der Schlacht unter den Streichen des Adjutanten gefallen war. Rawdon Crawley nun wußte nichts Besseres mit der Beute anzufangen, als sie seiner gütigsten und liebevollsten alten Freundin zu schicken. Sollte er ihr auch von Paris aus schreiben, wohin die Armee jetzt marschierte? Es wäre ihm vielleicht möglich, ihr Interessantes aus der Hauptstadt und von ein paar ihrer alten Freunde aus der Zeit der Emigration zu berichten, denen sie in ihrer Not so viel Güte bewiesen hatte. |
In the first place, let us mention her nephew, Rawdon Crawley. A few weeks after the famous fight of Waterloo, and after the Gazette had made known to her the promotion and gallantry of that distinguished officer, the Dieppe packet brought over to Miss Crawley at Brighton, a box containing presents, and a dutiful letter, from the Colonel her nephew. In the box were a pair of French epaulets, a Cross of the Legion of Honour, and the hilt of a sword — relics from the field of battle: and the letter described with a good deal of humour how the latter belonged to a commanding officer of the Guard, who having sworn that “the Guard died, but never surrendered,” was taken prisoner the next minute by a private soldier, who broke the Frenchman’s sword with the butt of his musket, when Rawdon made himself master of the shattered weapon. As for the cross and epaulets, they came from a Colonel of French cavalry, who had fallen under the aide-de-camp’s arm in the battle: and Rawdon Crawley did not know what better to do with the spoils than to send them to his kindest and most affectionate old friend. Should he continue to write to her from Paris, whither the army was marching? He might be able to give her interesting news from that capital, and of some of Miss Crawley’s old friends of the emigration, to whom she had shown so much kindness during their distress. |
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Die alte Jungfer veranlaßte die Briggs, dem Oberst einen gnädigen Brief voller Komplimente zu schreiben und ihn aufzufordern, seine Korrespondenz fortzusetzen. Sein erster Brief sei so ausnehmend lebhaft und amüsant gewesen, daß sie den nachfolgenden mit Vergnügen entgegensehe. – »Ich weiß natürlich«, erklärte sie der Briggs, »daß Rawdon ebensowenig imstande ist, einen derartigen Brief zu schreiben, wie Sie, meine arme Briggs, und daß ihm dieses schlaue Teufelchen Rebekka jedes Wort diktiert; das ist aber noch lange kein Grund, daß mein Neffe mich nicht unterhalten sollte, und deshalb will ich ihm zu verstehen geben, daß ich in der besten Laune bin.« |
The spinster caused Briggs to write back to the Colonel a gracious and complimentary letter, encouraging him to continue his correspondence. His first letter was so excessively lively and amusing that she should look with pleasure for its successors. — "Of course, I know,” she explained to Miss Briggs, “that Rawdon could not write such a good letter any more than you could, my poor Briggs, and that it is that clever little wretch of a Rebecca, who dictates every word to him; but that is no reason why my nephew should not amuse me; and so I wish to let him understand that I am in high good humour.” |
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Ich möchte gern erfahren, ob sie auch wußte, daß Becky nicht nur die Briefe schrieb, sondern daß Mrs. Rawdon sich auch die Trophäen verschafft und sie nach England geschickt hatte. Sie hatte sie für ein paar Francs von einem der unzähligen Hausierer gekauft, die sofort mit Kriegsandenken zu handeln begannen. Der Verfasser, der alles weiß, weiß auch das. Wie dem aber auch sei, Miss Crawleys gnädige Antwort ermutigte unsere jungen Freunde, Rawdon und seine Gemahlin, sehr. Sie erhofften das Beste von der offenbar besänftigten Laune ihrer Tante und gaben sich alle Mühe, sie durch viele höchst köstliche Briefe aus Paris zu unterhalten, wohin sie das Glück, wie Rawdon sagte, auf den Spuren der siegreichen Armee führte. |
I wonder whether she knew that it was not only Becky who wrote the letters, but that Mrs. Rawdon actually took and sent home the trophies which she bought for a few francs, from one of the innumerable pedlars who immediately began to deal in relics of the war. The novelist, who knows everything, knows this also. Be this, however, as it may, Miss Crawley’s gracious reply greatly encouraged our young friends, Rawdon and his lady, who hoped for the best from their aunt’s evidently pacified humour: and they took care to entertain her with many delightful letters from Paris, whither, as Rawdon said, they had the good luck to go in the track of the conquering army. |
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Die Briefe der alten Jungfer an die Pfarrersfrau, die abgereist war, um das gebrochene Schlüsselbein ihres Gatten im Pfarrhaus in Queen's Crawley zu pflegen, waren bei weitem nicht so gnädig. Die energische, ränkevolle, lebhafte, tyrannische Mrs. Bute hatte gegenüber ihrer Schwägerin einen großen Fehler begangen. Sie hatte die Alte und deren Hausstand nicht nur unterdrückt – sie hatte Miss Crawley auch gelangweilt, und wenn die arme Miss Briggs auch nur ein bißchen Temperament und Charakter besessen hätte, so hätte der Auftrag, den ihr ihre Herrin gab, sie glücklich gemacht. Sie sollte nämlich an Mrs. Bute schreiben, Miss Crawleys Zustand habe sich seit der Abreise von Mrs. Bute Crawley bedeutend gebessert, und Miss Crawley bittet sie, sich unter keinen Umständen zu beunruhigen oder ihre Familie um Miss Crawleys willen allein zu lassen. Dieser Triumph über eine Dame, die sich gegenüber Miss Briggs so hochmütig und grausam benommen hatte, hätte die meisten Frauen entzückt; aber um die Wahrheit zu gestehen, war die Briggs eine Frau ohne jegliche Charakterstärke, und in dem Augenblick, wo ihre Feindin besiegt war, begann sie Mitkid für sie zu empfinden. |
To the rector’s lady, who went off to tend her husband’s broken collar-bone at the Rectory at Queen’s Crawley, the spinster’s communications were by no means so gracious. Mrs. Bute, that brisk, managing, lively, imperious woman, had committed the most fatal of all errors with regard to her sister-in-law. She had not merely oppressed her and her household — she had bored Miss Crawley; and if poor Miss Briggs had been a woman of any spirit, she might have been made happy by the commission which her principal gave her to write a letter to Mrs. Bute Crawley, saying that Miss Crawley’s health was greatly improved since Mrs. Bute had left her, and begging the latter on no account to put herself to trouble, or quit her family for Miss Crawley’s sake. This triumph over a lady who had been very haughty and cruel in her behaviour to Miss Briggs, would have rejoiced most women; but the truth is, Briggs was a woman of no spirit at all, and the moment her enemy was discomfited, she began to feel compassion in her favour. |
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Wie töricht ich doch war, dachte Mrs. Bute, und damit hatte sie recht, Miss Crawley in dem dummen Brief, den wir ihr mit den Truthühnern schickten, anzudeuten, daß ich kommen würde; ich hätte ohne ein Wort zu der armen geistesschwachen Alten fahren und sie aus den Händen der närrischen Briggs und dieser Harpyie von einer Kammerfrau reißen müssen. O Bute, Bute! Warum hast du dir bloß das Schlüsselbein gebrochen! |
“How silly I was,” Mrs. Bute thought, and with reason, “ever to hint that I was coming, as I did, in that foolish letter when we sent Miss Crawley the guinea-fowls. I ought to have gone without a word to the poor dear doting old creature, and taken her out of the hands of that ninny Briggs, and that harpy of a femme de chambre. Oh! Bute, Bute, why did you break your collar-bone?” |
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Ja, warum! Wir haben gesehen, daß Mrs. Bute, als sie das Spiel noch in der Hand hatte, ihre Karten zu gut ausgespielt hatte. Sie hatte in Miss Crawleys Haus völlig geherrscht und wurde völlig geschlagen, als sich eine günstige Gelegenheit zur Rebellion bot. Sie und ihre Familie glaubten jedoch, daß sie das Opfer schrecklicher Selbstsucht und gemeinen Verrates sei und daß man ihre Aufopferung für Miss Crawley mit dem schändlichsten Undank belohnt habe. Rawdons Beförderung und die ehrenvolle Erwähnung seines Namens in der »Gazette« beunruhigten die gute christliche Dame ebenfalls. Würde seine Tante sich jetzt erweichen lassen, da er nun Oberst und Träger des Bathordens geworden war, und diese verhaßte Rebekka wieder in Gnaden aufgenommen werden? Die Pfarrersfrau verfaßte für ihren Mann eine Predigt über die Eitelkeit des militärischen Ruhmes und das Glück der Gottlosen, die der würdige Pfarrer mit seiner salbungsvollsten Stimme ablas, ohne auch nur ein Wort zu verstehen. Einer seiner Zuhörer war Pitt Crawley – Pitt, der mit seinen beiden Halbschwestern zum Gottesdienst gekommen war. Der alte Baronet ließ sich durch nichts mehr bewegen, zur Kirche zu gehen. |
Why, indeed? We have seen how Mrs. Bute, having the game in her hands, had really played her cards too well. She had ruled over Miss Crawley’s household utterly and completely, to be utterly and completely routed when a favourable opportunity for rebellion came. She and her household, however, considered that she had been the victim of horrible selfishness and treason, and that her sacrifices in Miss Crawley’s behalf had met with the most savage ingratitude. Rawdon’s promotion, and the honourable mention made of his name in the Gazette, filled this good Christian lady also with alarm. Would his aunt relent towards him now that he was a Lieutenant-Colonel and a C.B.? and would that odious Rebecca once more get into favour? The Rector’s wife wrote a sermon for her husband about the vanity of military glory and the prosperity of the wicked, which the worthy parson read in his best voice and without understanding one syllable of it. He had Pitt Crawley for one of his auditors — Pitt, who had come with his two half-sisters to church, which the old Baronet could now by no means be brought to frequent. |
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Seit Rebekka Sharps Abreise hatte sich der alte Bösewicht zum großen Ärgernis der Grafschaft und zum stummen Abscheu des Sohnes ganz und gar seinem schlechten Lebenswandel ergeben. Die Bänder an Miss Horrocks' Haube wurden immer prächtiger. Die anständigen Familien flohen das Schloß und seinen Besitzer entsetzt. Sir Pitt ging in die Häuser seiner Pächter zum Saufen, und an Markttagen trank er mit den Bauern in Mudbury oder anderen Nachbarorten Grog. Er fuhr mit Miss Horrocks vierspännig in der Familienkutsche nach Southampton, und die Leute aus der Grafschaft erwarteten jede Woche, daß seine Trauung mit ihr in der Provinzzeitung angezeigt würde, und auch sein Sohn erwartete das in sprachloser Angst. Für Mr. Crawley war es in der Tat eine schwere Last; seine Beredsamkeit bei Missionstreffen und anderen religiösen Versammlungen in der Nachbarschaft, wo er immer den Vorsitz geführt und stundenlang gesprochen hatte, war gelähmt; denn sobald er aufstand, fühlte er, daß die Versammlung sagte: »Dies ist der Sohn von dem verworfenen Sir Pitt, der höchstwahrscheinlich jetzt gerade im Wirtshaus sitzt und trinkt.« Einmal, als er von dem unerleuchteten König von Timbuktu und seinen vielen Frauen, die ebenfalls in Finsternis wandelten, sprach, fragte ein angetrunkener Schurke aus der Menge: »Wie viele von der Sorte gibt's denn in Queen's Crawley, Sie junger Pedant Sie?« – zur Bestürzung des Vorstandes und zum Ruin von Mr. Pitts Rede. Die beiden Töchter des Hauses wären vollkommen verwildert (denn Sir Pitt schwor, daß nie wieder eine Gouvernante seine Schwelle betreten dürfe), wenn nicht Mr. Crawley den alten Herrn durch Drohungen gezwungen hätte, sie zur Schule zu schicken. |
Since the departure of Becky Sharp, that old wretch had given himself up entirely to his bad courses, to the great scandal of the county and the mute horror of his son. The ribbons in Miss Horrocks’s cap became more splendid than ever. The polite families fled the hall and its owner in terror. Sir Pitt went about tippling at his tenants’ houses; and drank rum-and-water with the farmers at Mudbury and the neighbouring places on market-days. He drove the family coach-and-four to Southampton with Miss Horrocks inside: and the county people expected, every week, as his son did in speechless agony, that his marriage with her would be announced in the provincial paper. It was indeed a rude burthen for Mr. Crawley to bear. His eloquence was palsied at the missionary meetings, and other religious assemblies in the neighbourhood, where he had been in the habit of presiding, and of speaking for hours; for he felt, when he rose, that the audience said, “That is the son of the old reprobate Sir Pitt, who is very likely drinking at the public house at this very moment.” And once when he was speaking of the benighted condition of the king of Timbuctoo, and the number of his wives who were likewise in darkness, some gipsy miscreant from the crowd asked, “How many is there at Queen’s Crawley, Young Squaretoes?” to the surprise of the platform, and the ruin of Mr. Pitt’s speech. And the two daughters of the house of Queen’s Crawley would have been allowed to run utterly wild (for Sir Pitt swore that no governess should ever enter into his doors again), had not Mr. Crawley, by threatening the old gentleman, forced the latter to send them to school. |
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Welche persönlichen Differenzen aber auch zwischen allen bestanden – Miss Crawleys liebe Neffen und Nichten waren sich einig in der Liebe zu ihrer Tante, wie wir bereit erwähnten, und sandten ihr viele Beweise ihrer Zuneigung. Mrs. Bute zum Beispiel schickte ihr Truthühner und besonders schönen Blumenkohl und eine hübsche Börse oder ein Nadelkissen, von ihren lieben Töchtern gearbeitet, die um ein kleines Plätzchen im Herzen ihrer teuren Tante baten, während Mr. Pitt Pfirsiche, Trauben und Wildbret aus dem Schloß schickte. Die Southamptoner Postkutsche pflegte diese Liebeszeichen zu Miss Crawley nach Brighton zu bringen ; zuweilen beförderte sie auch Mr. Pitt dorthin, denn seine Zwistigkeiten mit Sir Pitt veranlaßten Mr. Crawley, sich jetzt häufig von zu Hause fernzuhalten. Außerdem besaß Brighton eine Anziehungskraft für ihn in der Person der Lady Jane Sheepshanks, deren Verlobung mit Mr. Crawley in dieser Geschichte schon erwähnt wurde. Lady Jane und ihre Schwestern wohnten in Brighton bei der Mama, der Gräfin Southdown, einer strengen Dame, die in religiösen Kreisen sehr geschätzt war. |
Meanwhile, as we have said, whatever individual differences there might be between them all, Miss Crawley’s dear nephews and nieces were unanimous in loving her and sending her tokens of affection. Thus Mrs. Bute sent guinea-fowls, and some remarkably fine cauliflowers, and a pretty purse or pincushion worked by her darling girls, who begged to keep a little place in the recollection of their dear aunt, while Mr. Pitt sent peaches and grapes and venison from the Hall. The Southampton coach used to carry these tokens of affection to Miss Crawley at Brighton: it used sometimes to convey Mr. Pitt thither too: for his differences with Sir Pitt caused Mr. Crawley to absent himself a good deal from home now: and besides, he had an attraction at Brighton in the person of the Lady Jane Sheepshanks, whose engagement to Mr. Crawley has been formerly mentioned in this history. Her Ladyship and her sisters lived at Brighton with their mamma, the Countess Southdown, that strong-minded woman so favourably known in the serious world. |
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Wir müssen einige Worte über Lady Southdown und ihre adlige Familie sagen, die jetzt und in Zukunft durch verwandtschaftliche Bande mit dem Hause Crawley verknüpft ist. Vom Haupt der Familie Southdown, Clemens William, dem vierten Grafen Southdown, ist wenig zu sagen, höchstens daß Seine Lordschaft (als Lord Wolsey) durch den Beistand von Mr. Wilberforce ins Parlament kam, dort eine Zeitlang seinem politischen Paten alle Ehre machte und zweifellos ein ernsthafter junger Mann war. Worte aber können nicht die Gefühle seiner trefflichen Mutter beschreiben, als diese kurz nach dem Ableben ihres edlen Gatten erfuhr, daß ihr Sohn Mitglied mehrerer weltlicher Klubs sei, große Summen bei Wattiers und im »Kakaobaum« verloren, Geld auf ihren Tod aufgenommen und den Familienbesitz schwer belastet habe, daß er vierspännig fahre, Preisboxer fördere und sogar eine Loge in der Oper habe, wo er sich mit einer sehr gefährlichen Gruppe von Junggesellen eingelassen habe. Sein Name wurde im Kreise der verwitweten Gräfin nur noch unter Stöhnen erwähnt. |
A few words ought to be said regarding her Ladyship and her noble family, who are bound by ties of present and future relationship to the house of Crawley. Respecting the chief of the Southdown family, Clement William, fourth Earl of Southdown, little need be told, except that his Lordship came into Parliament (as Lord Wolsey) under the auspices of Mr. Wilberforce, and for a time was a credit to his political sponsor, and decidedly a serious young man. But words cannot describe the feelings of his admirable mother, when she learned, very shortly after her noble husband’s demise, that her son was a member of several worldly clubs, had lost largely at play at Wattier’s and the Cocoa Tree; that he had raised money on post-obits, and encumbered the family estate; that he drove four-in-hand, and patronised the ring; and that he actually had an opera-box, where he entertained the most dangerous bachelor company. His name was only mentioned with groans in the dowager’s circle. |
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Lady Emily war um viele Jahre älter als ihr Bruder. In der frommen Welt nahm sie als Verfasserin einiger der schon früher erwähnten anmutigen Traktate und vieler Hymnen und geistlichen Lieder eine bedeutende Stellung ein. Eine reife Jungfrau, die alle Gedanken an eine Ehe aufgegeben hatte, konzentrierte sie fast alle ihre Gefühle auf die Liebe zu den Negern. Wenn ich mich nicht täusche, so verdanken wir ihr, soviel ich weiß, auch das schöne Gedicht: |
The Lady Emily was her brother’s senior by many years; and took considerable rank in the serious world as author of some of the delightful tracts before mentioned, and of many hymns and spiritual pieces. A mature spinster, and having but faint ideas of marriage, her love for the blacks occupied almost all her feelings. It is to her, I believe, we owe that beautiful poem. |
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Führ uns im atlant'schen Meere zu
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Lead us to some sunny isle,
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Sie stand in Briefwechsel mit vielen geistlichen Herren in fast allen englischen Besitzungen in Ost- und Westindien, und das Gerücht geht, sie habe einst eine Neigung zu Ehrwürden Silas Hornblower gehegt, der auf einer Südseeinsel tätowiert worden war. |
She had correspondences with clerical gentlemen in most of our East and West India possessions; and was secretly attached to the Reverend Silas Hornblower, who was tattooed in the South Sea Islands. |
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Lady Jane, der, wie bereits erwähnt, Mr. Crawleys Liebe galt, war ein sanftes, stilles, scheues Mädchen, das leicht errötete. Trotz seiner Abtrünnigkeit weinte sie um ihren Bruder und schämte sich, daß sie ihn noch liebte. Selbst jetzt noch schmuggelte sie ihm kleine eilige Briefchen zu, die sie verstohlen zur Post brachte. Ein einziges entsetzliches Geheimnis lastete auf ihrem Gewissen: Zusammen mit der alten Haushälterin hatte sie ihrem Bruder einen heimlichen Besuch in seiner Wohnung im Albany abgestattet und ihn – den unartigen, verworfenen, lieben Tunichtgut – bei einer Zigarre und einer Flasche Curaçao gefunden. Sie bewunderte ihre Schwester, vergötterte ihre Mutter, hielt Mr. Crawley nächst dem gefallenen Engel Southdown für den besten und fähigsten aller Männer. Mutter und Schwester, sehr überlegene Damen, erledigten alles für sie und betrachteten sie mit dem liebenswürdigen Mitleid, das wahrhaft überlegene Frauen stets aus einem großen Vorrat zu verschenken haben. Ihre Mama schrieb ihr die Kleider, Bücher, Hüte und Gedanken vor. Sie mußte auf dem Pony reiten, Klavierstunden nehmen und alle möglichen anderen Mittel zur körperlichen Ertüchtigung anwenden, wie es Lady Southdown für angemessen hielt. Die Gräfin hätte ihre Tochter wohl bis zu ihrem gegenwärtigen sechsundzwanzigsten Lebensjahr mit einem Kinderschürzchen herumlaufen lassen, wenn Lady Jane das nicht hätte ablegen müssen, als sie der Königin Charlotte vorgestellt wurde. |
As for the Lady Jane, on whom, as it has been said, Mr. Pitt Crawley’s affection had been placed, she was gentle, blushing, silent, and timid. In spite of his falling away, she wept for her brother, and was quite ashamed of loving him still. Even yet she used to send him little hurried smuggled notes, and pop them into the post in private. The one dreadful secret which weighed upon her life was, that she and the old housekeeper had been to pay Southdown a furtive visit at his chambers in the Albany; and found him — O the naughty dear abandoned wretch! — smoking a cigar with a bottle of Curacao before him. She admired her sister, she adored her mother, she thought Mr. Crawley the most delightful and accomplished of men, after Southdown, that fallen angel: and her mamma and sister, who were ladies of the most superior sort, managed everything for her, and regarded her with that amiable pity, of which your really superior woman always has such a share to give away. Her mamma ordered her dresses, her books, her bonnets, and her ideas for her. She was made to take pony-riding, or piano-exercise, or any other sort of bodily medicament, according as my Lady Southdown saw meet; and her ladyship would have kept her daughter in pinafores up to her present age of six-and-twenty, but that they were thrown off when Lady Jane was presented to Queen Charlotte. |
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In der ersten Zeit ihres Aufenthalts in Brighton stattete Mr. Crawley nur ihnen seine persönlichen Besuche ab, während er sich damit begnügte, im Hause seiner Tante nur seine Karte abzugeben und sich bei Mr. Bowls oder dessen Gehilfen nach der Gesundheit der Patientin zu erkundigen. Wenn Mr. Crawley Miss Briggs auf ihrem Heimweg von der Bibliothek mit einer Ladung Romane unter dem Arm traf und der Gesellschafterin von Miss Crawley die Hand schüttelte, so errötete er, was bei ihm sonst gar nicht üblich war. Er stellte Miss Briggs der Dame, mit der er spazierenging (es war Lady Jane Sheepshanks), vor mit den Worten: »Lady Jane, erlauben Sie mir, Ihnen die beste Freundin und liebevollste Gefährtin meiner Tante, Miss Briggs, vorzustellen, die Sie unter einem anderen Namen bereits kennen, nämlich als Verfasserin der entzückenden ›Lyrik des Herzens‹, die Sie doch so sehr lieben.« Lady Jane errötete ebenfalls, als sie Miss Briggs freundlich das Händchen reichte. Dabei sagte sie höflich und unzusammenhängend etwas über die Mama und ihre Absicht, Miss Crawley ihre Aufwartung zu machen, und wie froh sie sei, die Freunde und Verwandten von Mr. Crawley kennenzulernen. Mit sanften Taubenaugen verabschiedete sie sich von Miss Briggs, während Pitt Crawley sie mit einer tiefen höflichen Verbeugung beehrte, wie er sie der Großherzogin von Pumpernickel gemacht hatte, als er noch Attaché am Hofe dort war. |
When these ladies first came to their house at Brighton, it was to them alone that Mr. Crawley paid his personal visits, contenting himself by leaving a card at his aunt’s house, and making a modest inquiry of Mr. Bowls or his assistant footman, with respect to the health of the invalid. When he met Miss Briggs coming home from the library with a cargo of novels under her arm, Mr. Crawley blushed in a manner quite unusual to him, as he stepped forward and shook Miss Crawley’s companion by the hand. He introduced Miss Briggs to the lady with whom he happened to be walking, the Lady Jane Sheepshanks, saying, “Lady Jane, permit me to introduce to you my aunt’s kindest friend and most affectionate companion, Miss Briggs, whom you know under another title, as authoress of the delightful ’Lyrics of the Heart,’ of which you are so fond.” Lady Jane blushed too as she held out a kind little hand to Miss Briggs, and said something very civil and incoherent about mamma, and proposing to call on Miss Crawley, and being glad to be made known to the friends and relatives of Mr. Crawley; and with soft dove-like eyes saluted Miss Briggs as they separated, while Pitt Crawley treated her to a profound courtly bow, such as he had used to H.H. the Duchess of Pumpernickel, when he was attache at that court. |
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Dieser gerissene Diplomat und echte Schüler des machiavellistischen Binkie! Er war es, der Lady Jane das Exemplar von Miss Briggs' frühen Gedichten gegeben hatte, da er sich erinnerte, es mit einer Widmung der Dichterin an die verstorbene Frau seines Vaters in Queen's Crawley gesehen zu haben; und er hatte den Band nach Brighton mitgebracht. Ehe er ihn der sanften Lady Jane überreichte, hatte er ihn in der Southamptoner Postkutsche gelesen und mit Bleistift verschiedene Stellen angestrichen. |
The artful diplomatist and disciple of the Machiavellian Binkie! It was he who had given Lady Jane that copy of poor Briggs’s early poems, which he remembered to have seen at Queen’s Crawley, with a dedication from the poetess to his father’s late wife; and he brought the volume with him to Brighton, reading it in the Southampton coach and marking it with his own pencil, before he presented it to the gentle Lady Jane. |
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Er war es auch, der Lady Southdown die großen Vorteile auseinandergesetzt hatte, die sich aus der Freundschaft zwischen ihrer Familie und Miss Crawley ergeben könnten – Vorteile weltlicher als auch geistlicher Art, wie er sagte; denn Miss Crawley sei jetzt ganz allein; die gräßliche Verschwendungssucht und die Heirat seines Bruders Rawdon hätte diesem verworfenen jungen Mann ihre Zuneigung völlig verscherzt, und die habgierige Tyrannei und der Geiz von Mrs. Bute Crawley hätten die alte Dame dazu gebracht, sich gegen die unverschämten Ansprüche dieses Familienzweiges aufzulehnen. Obwohl er sich sein ganzes Leben hindurch, vielleicht in ungebührlichem Stolz, zurückgehalten habe, ihre Freundschaft zu erwerben, so glaube er jetzt doch, daß man alle schicklichen Mittel ergreifen müsse, um ihre Seele vor dem Verderben zu retten und ihr Vermögen ihm, als dem Haupt des Hauses Crawley, zu sichern. |
It was he, too, who laid before Lady Southdown the great advantages which might occur from an intimacy between her family and Miss Crawley — advantages both worldly and spiritual, he said: for Miss Crawley was now quite alone; the monstrous dissipation and alliance of his brother Rawdon had estranged her affections from that reprobate young man; the greedy tyranny and avarice of Mrs. Bute Crawley had caused the old lady to revolt against the exorbitant pretensions of that part of the family; and though he himself had held off all his life from cultivating Miss Crawley’s friendship, with perhaps an improper pride, he thought now that every becoming means should be taken, both to save her soul from perdition, and to secure her fortune to himself as the head of the house of Crawley. |
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Die gestrenge Lady Southdown zollte den beiden Vorschlägen ihres Schwiegersohns Beifall und war dafür, Miss Crawley unverzüglich zu bekehren. Dort, wo sie zu Hause war, in Southdown und in Schloß Trottermore, fuhr diese große und furchtbare Missionarin der Wahrheit in ihrer Kutsche mit Vorreitern auf dem Lande umher und verteilte Pakete von Traktaten unter die Dorfbewohner und Pächter. Sie befahl dem Gevatter Jones, sich bekehren zu lassen, wie sie der Muhme Hicks anordnete, eine Dosis Bittersalz zu nehmen, und sie beachtete weder Bitten noch Widerstand und kannte keine Gnade. Lord Southdown, ihr seliger Gemahl, ein epileptischer und einfältiger Edelmann, hatte gewöhnlich allem, was seine Matilda tat oder dachte, zugestimmt. Sie empfand bei allen Wandlungen in ihrem Glauben (und der hatte sich schon einer ganzen Anzahl verschiedener Meinungen von allen möglichen Geistlichen unter den Dissenters angepaßt) keine Skrupel, ihren Pächtern und Untergebenen zu befehlen, ihr im Glauben zu folgen. Ob sie nun Ehrwürden Saunders McNitre, den schottischen Geistlichen, empfing oder Ehrwürden Luke Waters, den milden Wesleyaner, oder Ehrwürden Giles Jowls, den erleuchteten Schuhflicker, der sich selbst zum Geistlichen ernannt hatte, wie Napoleon sich zum Kaiser krönte – Lady Southdown verlangte von ihrem Dienstpersonal, ihren Kindern und Pächtern, mit ihr auf die Knie zu fallen und amen zu den jeweiligen Gebeten eines jeden dieser Geistlichen zu sagen. Während dieser geistlichen Übungen durfte der alte Southdown, mit Rücksicht auf seine Krankheit, in seinem Zimmer bleiben, Glühwein trinken und sich die Zeitung vorlesen lassen. Lady Jane war die Lieblingstochter des alten Grafen. Sie liebte ihn herzlich und behütete ihn. Lady Emily dagegen, die Verfasserin der »Apfelfrau von Finchley«, stellte die künftigen Strafen so entsetzlich dar (zu jener Zeit zumindest, denn ihre Ansichten milderten sich später), daß sie den furchtsamen alten Herrn in großen Schrecken versetzte. Die Ärzte erklärten, daß seine Anfälle stets nach den Predigten der Lady aufträten. |
The strong-minded Lady Southdown quite agreed in both proposals of her son-in-law, and was for converting Miss Crawley off-hand. At her own home, both at Southdown and at Trottermore Castle, this tall and awful missionary of the truth rode about the country in her barouche with outriders, launched packets of tracts among the cottagers and tenants, and would order Gaffer Jones to be converted, as she would order Goody Hicks to take a James’s powder, without appeal, resistance, or benefit of clergy. My Lord Southdown, her late husband, an epileptic and simple-minded nobleman, was in the habit of approving of everything which his Matilda did and thought. So that whatever changes her own belief might undergo (and it accommodated itself to a prodigious variety of opinion, taken from all sorts of doctors among the Dissenters) she had not the least scruple in ordering all her tenants and inferiors to follow and believe after her. Thus whether she received the Reverend Saunders McNitre, the Scotch divine; or the Reverend Luke Waters, the mild Wesleyan; or the Reverend Giles Jowls, the illuminated Cobbler, who dubbed himself Reverend as Napoleon crowned himself Emperor — the household, children, tenantry of my Lady Southdown were expected to go down on their knees with her Ladyship, and say Amen to the prayers of either Doctor. During these exercises old Southdown, on account of his invalid condition, was allowed to sit in his own room, and have negus and the paper read to him. Lady Jane was the old Earl’s favourite daughter, and tended him and loved him sincerely: as for Lady Emily, the authoress of the “Washerwoman of Finchley Common,” her denunciations of future punishment (at this period, for her opinions modified afterwards) were so awful that they used to frighten the timid old gentleman her father, and the physicians declared his fits always occurred after one of her Ladyship’s sermons. |
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»Ich werde ihr auf jeden Fall einen Besuch abstatten«, erwiderte Lady Southdown auf das Zureden von ihrer Tochter pretendu, Mr. Pitt Crawley. »Wer ist Miss Crawleys Arzt?« |
“I will certainly call,” said Lady Southdown then, in reply to the exhortation of her daughter’s pretendu, Mr. Pitt Crawley — "Who is Miss Crawley’s medical man?” |
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Mr. Crawley nannte Mr. Creamer. |
Mr. Crawley mentioned the name of Mr. Creamer. |
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»Ein höchst gefährlicher und unwissender Mensch, mein lieber Pitt. Die Vorsehung hat mich ein paarmal zum Werkzeug gemacht, ihn aus verschiedenen Häusern zu vertreiben; in ein oder zwei Fällen kam ich allerdings zu spät. Ich konnte den armen lieben General Glanders nicht retten, der diesem unwissenden Menschen unter den Händen starb – ja, starb. Er erholte sich ein wenig infolge von Podgers' Pillen, die ich ihm verordnete, aber leider, es war zu spät. Er hatte jedoch einen schönen Tod, und der Wechsel war nur zu seinem Besten. Creamer, mein teurer Pitt, muß von Ihrer Tante weg.« |
“A most dangerous and ignorant practitioner, my dear Pitt. I have providentially been the means of removing him from several houses: though in one or two instances I did not arrive in time. I could not save poor dear General Glanders, who was dying under the hands of that ignorant man — dying. He rallied a little under the Podgers’ pills which I administered to him; but alas! it was too late. His death was delightful, however; and his change was only for the better; Creamer, my dear Pitt, must leave your aunt.” |
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Pitt stimmte durchaus zu; er war von der Energie seiner künftigen Schwiegermutter und edlen Verwandten beeinflußt und hatte Saunders McNitre, Luke Waters, Giles Jowls, Podgers' Pillen, Rodgers' Pillen, Pokeys Elixier, kurz, alle geistlichen und weltlichen Heilmittel der Lady akzeptieren müssen. Er verließ ihr Haus nie ohne ganze Ladungen von Quacksalbertheologie und –medizin. Oh, meine teuren Brüder und Genossen auf dem Jahrmarkt der Eitelkeit! Wer von euch hat nicht auch unter solchen wohlwollenden Despoten zu leiden? Umsonst sagt man ihnen: »Liebe gnädige Frau, auf Ihre Empfehlung hin habe ich im vergangenen Jahr Podgers' Arznei eingenommen und glaube daran. Warum, warum soll ich jetzt widerrufen und Rodgers' Artikel nehmen?« Man kann nichts dagegen tun. Wenn die treue Proselytenmacherin einen nicht mehr mit Argumenten überzeugen kann, dann beginnt sie zu weinen, bis der Widerspenstige am Ende des Streites die Pille schluckt und sagt: »Nun gut, dann also Rodgers' Pillen.« |
Pitt expressed his perfect acquiescence. He, too, had been carried along by the energy of his noble kinswoman, and future mother-in-law. He had been made to accept Saunders McNitre, Luke Waters, Giles Jowls, Podgers’ Pills, Rodgers’ Pills, Pokey’s Elixir, every one of her Ladyship’s remedies spiritual or temporal. He never left her house without carrying respectfully away with him piles of her quack theology and medicine. O, my dear brethren and fellow-sojourners in Vanity Fair, which among you does not know and suffer under such benevolent despots? It is in vain you say to them, “Dear Madam, I took Podgers’ specific at your orders last year, and believe in it. Why, why am I to recant and accept the Rodgers’ articles now?” There is no help for it; the faithful proselytizer, if she cannot convince by argument, bursts into tears, and the refusant finds himself, at the end of the contest, taking down the bolus, and saying, “Well, well, Rodgers’ be it.” |
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»Auch um ihren Seelenzustand«, fuhr die Dame fort, »müssen wir uns sofort kümmern; wenn Creamer um sie ist, kann sie jeden Tag sterben, und in welcher Verfassung, mein lieber Pitt, in welcher entsetzlichen Verfassung! Ich werde ihr sofort Ehrwürden Irans schicken. Jane, schreib eine Zeile an Ehrwürden Bartholomew Irons, in der dritten Person, und sage ihm, daß ich mir das Vergnügen seiner Gesellschaft heute abend halb sieben Uhr zum Tee erbitte. Er kann andere sehr gut erwecken, und er muß sich Miss Crawley ansehen, ehe sie heute abend zur Ruhe geht. Und Emily, mein Herz, mach ein Paket Bücher für Miss Crawley fertig. Nimm ›Eine Stimme aus den Flammen‹, ›Ein warnender Trompetenstoß für Jericho‹ und ›Die zerbrochenen Fleischtöpfe oder Der bekehrte Kannibale‹.« |
“And as for her spiritual state,” continued the Lady, “that of course must be looked to immediately: with Creamer about her, she may go off any day: and in what a condition, my dear Pitt, in what a dreadful condition! I will send the Reverend Mr. Irons to her instantly. Jane, write a line to the Reverend Bartholomew Irons, in the third person, and say that I desire the pleasure of his company this evening at tea at half-past six. He is an awakening man; he ought to see Miss Crawley before she rests this night. And Emily, my love, get ready a packet of books for Miss Crawley. Put up ’A Voice from the Flames,’ ‘A Trumpet-warning to Jericho,’ and the ‘Fleshpots Broken; or, the Converted Cannibal.’” |
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»Und ›Die Apfelfrau von Finchley‹, Mama«, fügte sie hinzu. »Es wird das beste sein, sanft anzufangen.« |
“And the ‘Washerwoman of Finchley Common,’ Mamma,” said Lady Emily. “It is as well to begin soothingly at first.” |
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»Halt, meine lieben Damen«, fiel Pitt, der Diplomat, ein. »Bei aller Achtung für die Ansicht meiner geliebten und hochverehrten Lady Southdown halte ich es nicht für ratsam, Miss Crawley so früh mit religiösen Themen zu kommen. Denken Sie an ihre zarte Gesundheit und wie wenig, wie äußerst wenig sie bisher gewohnt war, Betrachtungen über ihr ewiges Seelenheil anzustellen.« |
“Stop, my dear ladies,” said Pitt, the diplomatist. “With every deference to the opinion of my beloved and respected Lady Southdown, I think it would be quite unadvisable to commence so early upon serious topics with Miss Crawley. Remember her delicate condition, and how little, how very little accustomed she has hitherto been to considerations connected with her immortal welfare.” |
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»Können wir denn zu zeitig anfangen?« fragte Lady Emily, die schon mit sechs Broschüren in der Hand aufstand. |
“Can we then begin too early, Pitt?” said Lady Emily, rising with six little books already in her hand. |
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»Wenn Sie zu plötzlich damit anfangen, werden Sie sie nur erschrecken. Ich kenne die weltliche Natur meiner Tante sehr gut und bin überzeugt, jeder plötzliche Bekehrungsversuch würde ein sehr schlechtes Mittel sein, das Seelenheil dieser unglücklichen Dame zu gewinnen. Man kann sie damit nur ängstigen und ärgern. Sie wird höchstwahrscheinlich die Bücher fortwerfen und die Bekanntschaft mit den Gebern ablehnen.« |
“If you begin abruptly, you will frighten her altogether. I know my aunt’s worldly nature so well as to be sure that any abrupt attempt at conversion will be the very worst means that can be employed for the welfare of that unfortunate lady. You will only frighten and annoy her. She will very likely fling the books away, and refuse all acquaintance with the givers.” |
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»Pitt, Sie sind ebenso weltlich wie Miss Crawley«, sagte Emily und stolzierte mit ihren Büchern aus dem Zimmer. |
“You are as worldly as Miss Crawley, Pitt,” said Lady Emily, tossing out of the room, her books in her hand. |
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»Ich brauche Ihnen wohl nicht erst zu erklären, meine liebe Lady Southdown«, fuhr Pitt, ohne die Unterbrechung zu beachten, mit leiser Stimme fort, »wie verhängnisvoll sich auch nur ein kleiner Mangel an Sanftmut und Vorsicht für alle Hoffnungen auf die weltlichen Güter meiner Tante erweisen könnte. Denken Sie daran, daß sie siebzigtausend Pfund besitzt; denken Sie an ihr Alter, ihre Nervosität und ihre zarte Gesundheit überhaupt. Ich weiß, daß sie das Testament, das zugunsten meines Bruders (Oberst Crawley) lautete, vernichtet hat. Nur durch besänftigende Mittel können wir diese verwundete Seele auf den rechten Pfad bringen, nicht aber, indem wir sie erschrecken, und deshalb glaube ich, Sie werden mit mir übereinstimmen, daß .. daß ...« |
“And I need not tell you, my dear Lady Southdown,” Pitt continued, in a low voice, and without heeding the interruption, “how fatal a little want of gentleness and caution may be to any hopes which we may entertain with regard to the worldly possessions of my aunt. Remember she has seventy thousand pounds; think of her age, and her highly nervous and delicate condition; I know that she has destroyed the will which was made in my brother’s (Colonel Crawley’s) favour: it is by soothing that wounded spirit that we must lead it into the right path, and not by frightening it; and so I think you will agree with me that — that — ’ |
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»Natürlich, natürlich«, bemerkte Lady Southdown. »Jane, mein Liebling, du brauchst Mr. Irons das Billett nicht zu schicken. Wenn ihre Gesundheit so schwach ist, daß Diskussionen sie erschöpfen, dann wollen wir warten, bis es ihr besser geht. Ich will Miss Crawley morgen besuchen.« |
“Of course, of course,” Lady Southdown remarked. “Jane, my love, you need not send that note to Mr. Irons. If her health is such that discussions fatigue her, we will wait her amendment. I will call upon Miss Crawley tomorrow.” |
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»Und wenn ich mir einen Vorschlag erlauben dürfte, meine Gnädigste«, fuhr Pitt in einschmeichelndem Ton fort, »so wäre es wohl gut, unsere vortreffliche Emily nicht mitzunehmen, sie ist zu enthusiastisch. Lassen Sie sich lieber von unserer sanften lieben Lady Jane begleiten.« |
“And if I might suggest, my sweet lady,” Pitt said in a bland tone, “it would be as well not to take our precious Emily, who is too enthusiastic; but rather that you should be accompanied by our sweet and dear Lady Jane.” |
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»Gewiß, Emily würde alles verderben«, sagte Lady Southdown und ließ sich für dieses Mal überreden, von ihrer gewöhnlichen Methode abzugehen. Die bestand, wie wir gesagt haben, darin, daß sie eine Anzahl Traktate auf den abfeuerte, den sie unterwerfen wollte, ehe sie sich persönlich mit dem Bedrohten befaßte (wie die Franzosen ihren Angriff stets mit einer wütenden Kanonade einleiten). Lady Southdown ließ sich herbei, aus Rücksicht auf die Gesundheit der Patientin oder auf ihr ewiges Seelenheil oder auf ihr Geld, sich nicht zu überstürzen. |
“Most certainly, Emily would ruin everything,” Lady Southdown said; and this time agreed to forego her usual practice, which was, as we have said, before she bore down personally upon any individual whom she proposed to subjugate, to fire in a quantity of tracts upon the menaced party (as a charge of the French was always preceded by a furious cannonade). Lady Southdown, we say, for the sake of the invalid’s health, or for the sake of her soul’s ultimate welfare, or for the sake of her money, agreed to temporise. |
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Am nächsten Tage fuhr die große Familienkutsche der Damen Southdown bei Miss Crawley vor. Am Schlag konnte man die Grafenkrone und das Wappen bewundern, auf dem sich im grünen Feld die drei silbernen springenden Lämmer der Southdowns mit dem schwarzgoldenen Schrägbalken und den roten Schnupftabakdosen der Binkies befand. Und der große, ernsthafte Lakai überreichte Mr. Bowls die Karten der Ladys für Miss Crawley und eine für Miss Briggs. Als Ausgleich schickte Lady Emily am Abend ein Paket für Miss Briggs, das ein Exemplar der »Apfelfrau« und andere milde und beliebte Traktate zu Miss Briggs' eigenem Gebrauch und ein paar viel kräftigere für die Dienstboten enthielt, nämlich »Brosamen aus der Speisekammer«, »Bratpfanne und Feuer« und »Die Livree der Sünde«. |
The next day, the great Southdown female family carriage, with the Earl’s coronet and the lozenge (upon which the three lambs trottant argent upon the field vert of the Southdowns, were quartered with sable on a bend or, three snuff-mulls gules, the cognizance of the house of Binkie), drove up in state to Miss Crawley’s door, and the tall serious footman handed in to Mr. Bowls her Ladyship’s cards for Miss Crawley, and one likewise for Miss Briggs. By way of compromise, Lady Emily sent in a packet in the evening for the latter lady, containing copies of the “Washerwoman,” and other mild and favourite tracts for Miss B.’s own perusal; and a few for the servants’ hall, viz.: “Crumbs from the Pantry,” “The Frying Pan and the Fire,” and “The Livery of Sin,” of a much stronger kind. |