Emma Uhland
Ludwig Uhlands Leben
Emma Uhland

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IV. Dienstleistung auf der Kanzlei des Justizministers.

1813 – 1814.

Der Eindruck, den der Chef des Justizministeriums, der Freiherr von der Lühe, auf unsern Dichter machte, war kein ermuthigender. Nach der Antrittsaudienz schreibt er von ihm: »Ein bewegungsloses Gesicht, Statuenaugen.« Die Angewöhnung in Stuttgart und besonders die Stellung im Justizministerium wurde ihm schwer. Bei Erwähnung eines Ganges nach Feuerbach in das dortige Pfarrhaus (die Pfarrerin war eine Schwester seines Vaters) steht im Tagebuch: »Wie sich das gequälte Herz nur vor Gott aufschließt.« In einem Briefe an die Eltern schreibt er nach einiger Zeit: »Ich war schon einigemal des Sonntags in Feuerbach, was mir immer eine wahre Erholung ist, da ich am Werktag selten Zeit zu einem Spaziergang habe.« Und später: »Wann ich Abends um sieben Uhr vom Bureau heimkomme, ist mir alles Schreiben in hohem Grade entleidet. Abends von 9–10 Uhr bin ich gewöhnlich im Museum. Dieß ist aber auch alle Zeit, die ich der Literatur widmen kann.« Abgesehen von der Verläugnung, die der junge Mann üben mußte, indem er fast seine ganze Zeit den Bureauarbeiten widmen und aller Beschäftigung mit den Studien, zu denen ihn seine Begabung hinzog, für jetzt entsagen mußte, war die Weise, wie die Geschäfte im Ministerium behandelt wurden, seiner Ansicht oft ganz entgegen. Er hatte die Aufgabe, die Entscheidungen der Gerichte zum Vortrag an den König zu bearbeiten. Der Minister, der den herrischen, despotischen Sinn seines Herrn wohl kannte und wußte, daß er vor Kabinetsjustiz keine Scheue trug, wollte öfters, vielleicht in wohlmeinender Absicht, den Bericht so abgefaßt, wie er am ehesten hoffen konnte, bei dem gestrengen Herrscher mit seiner Ansicht durchzudringen. Der junge Secretär aber verstand sich schlecht auf Umwege, um endlich doch an das rechte Ziel zu gelangen; er hatte auch schon öfters erfahren, daß er dann, wenn er schlicht und bestimmt aussprach, was das Recht verlange, am ehesten bei dem König zum Zwecke komme. Diese Verschiedenheit der Behandlungsweise der Geschäfte zwischen dem Minister und dem Secretär wurde für beide Theile unbehaglich und mochte den geraden, aufrichtigen Gehülfen dem Minister wohl nicht lieb machen, ungeachtet er öfters gegen ihn aussprach, daß er mit seinen Arbeiten wohl zufrieden sei. Von diesen schreibt Uhland an Mayer: »Meine Arbeiten sind zwar nicht gerade die leichtesten und unbefangensten, aber auch nicht die uninteressantesten,« und ein ander Mal: »Gedichtet habe ich hier freilich noch nichts, doch wird mir die Poesie in dieser äußeren Abgeschiedenheit von ihr gewissermaßen innerlich klarer und lebendiger, wie es oft bei entfernten Freunden der Fall ist.«

Im Mai starb ein werther Oheim Uhlands, der Pfarrer Hoser in Schmiden bei Kannstadt. Bei seinem Begräbniß dichtete er das Lied »Auf den Tod eines Landgeistlichen«. Nach diesem Todesfall, den Uhland seiner Mutter anzeigt, schreibt ihm diese in ihrem nächsten Brief: »Ich danke Dir für diesen abermaligen Beweis Deiner Liebe zu mir und der Schonung, die Du mir dabei zeigtest. Du gibst Liebe da, wo sie das Herz besonders anspricht; wer solche zu geben fähig ist, der erhält gewiß wieder Liebe dagegen.« – – Das Lied schickt er der Mutter aber erst im October und schreibt dabei: »Anliegende Verse, die ich machte, als ich von des Onkels Leiche zurückgieng, versäumte ich seither Ihnen, liebste Mutter, zu schicken. Seit dieser Zeit habe ich keinen Vers mehr gemacht. Es kommen mir wohl manchmal Ideen zu Gedichten, aber zur Ausführung habe ich weder Zeit noch Ruhe.« Noch einmal, im Jahr 1822, hat ihm das Andenken an diesen Oheim auf einem einsamen Spaziergang nach Münster, von wo er sich über den Neckar führen ließ, den Stoff zu einem tief innigen Gedicht gegeben: »Ueber diesen Strom vor Jahren bin ich einmal schon gefahren.« Der vatergleiche Freund in diesem Liede war eben dieser Oheim, der hoffnungsreiche ein junger Harpprecht, mit dem er in der ersten Jugendzeit viel verkehrte. Er blieb aber nur ein Jahr auf der Universität, wählte sich dann den Militärstand und verlor sein Leben im russischen Feldzug. Auf den Wunsch der Eltern des Geschiedenen hat Uhland eine Reihe seiner Gedichte zusammengestellt und herausgegeben.

Am Schlusse des Jahres 1813 schrieb Uhlands Mutter voll Sorge an ihren Sohn: ob er nicht zur Landwehr ausgehoben werde. Er solle nur jetzt keinen Schritt wegen seiner definitiven Anstellung thun. »Ich bitte Dich um meinetwillen, mahne jetzt gar nicht an Dich; es ahnt mir ein Unglück für Dich.« Dieser antwortet am 31. Dezember darauf: »Was die gegenwärtige Einberufung von Söhnen der Honoratioren, Advocaten, Actuare u.s.w. betrifft, so weiß man überhaupt noch nicht, wie weit dabei die Absicht des Königs geht und was daran etwa blos eine Folge der unbestimmten Fassung des Rescriptes ist. Uebrigens scheint gewiß, daß Angestellte nicht damit gemeint sind. Sie werden deßhalb außer Sorgen sein können. So wenig ich mich übrigens muthwilliger Weise aussetzen werde, so kann ich doch nicht verhehlen, daß, wenn mit der Zeit auch bei uns eine Landwehr, d.h. eine allgemeine Volksbewaffnung und Dienstleistung während des Krieges eingerichtet werden sollte, wie solche bereits bei allen, von den größten bis zu den kleinsten Staaten Deutschlands stattfindet, und wogegen unser König allein sich bisher verwahrt hat, ich mich einem solchen der guten Sache zu leistenden Dienste auf keine Weise entziehen möchte und darin eine wahre Beruhigung für mein ganzes künftiges Leben finden würde. Ich erinnere mich sogar noch wohl, daß die liebe Mutter selbst einst im Gefühl unseres bisherigen schmählichen Zustandes geäußert hat, daß sie, wenn es einmal auf unsere Befreiung ankäme, auch ihren Sohn nicht zurückhalten würde. Vorderhand ist zu erwarten, was der Himmel fügt; die Fortschritte der Alliirten und die sonstigen Nachrichten aus Frankreich machen sogar einen baldigen Frieden nicht unwahrscheinlich. Das Jahr, dem wir entgegengehen, wird ein bedeutendes sein, wofür ich uns Allen Gottes Segen erflehe.« Diese Aeußerung des Sohnes, absichtlich so gefaßt, daß die Mutter mit seinem Wunsch in die Landwehr zu treten, sobald es die Regierung ernstlich mit ihrer Errichtung meine, bekannt werde, beunruhigt sie fortwährend und sie kommt wieder darauf zu sprechen. Er schreibt mit Erbitterung über die Regierung oder den Regenten: »Der Landsturm steht nun zwar auf dem Papier, er wird Ihnen aber wenig Sorge machen, denn wenn er jemals zusammengerufen würde, so hat man dafür gesorgt, daß kein Unglück mit Gewehren geschehe

Den jungen Württembergern war es kaum anders möglich den Feldzug nach Frankreich mitzumachen, als entweder durch Eintritt in das Linienmilitär; wo dann der König, der es im Herzen mit Napoleon hielt, den freiwillig Eingetretenen vielleicht erst in eine Garnison im Lande eingetheilt hätte, oder ohne Urlaub (was bei einem schon im Civildienst Stehenden ernste Folgen für ihn und sogar für die Seinigen gehabt hätte) in ein anderes deutsches Heer einzutreten. Wenn auch die Napoleonische Herrschaft in Württemberg unbeliebt war, so war die Erbitterung gegen ihn doch nicht so groß, als in Preußen, das, von Frankreich eingenommen, als Feindesland behandelt worden war. Der Krieg gegen Frankreich veranlaßte die Lieder eines deutschen Sängers »Vorwärts« und »An das Vaterland«.

Was Uhlands geselligen Verkehr und literarische Beziehungen während dieser Zeit betrifft, so folgt hier ein Brief von Justinus Kerner, der Wildbad verlassen, sich in Welzheim als Arzt niedergelassen und seine Braut heimgeführt hatte.

Justinus Kerner an Uhland.

Welzheim, 20. März 1810.

»Mein theurer Uhland!

Vergebens wartete ich bis jetzt auf Briefe von Dir. Ich hoffte dadurch Stoff Dir zu schreiben zu erhalten. Ich lebe vergnügt, wie Du Dir vorstellen magst; das Alphorn tönt auch alle Tage leiser und leiser, und die blauen Gebirge, nach denen ich mich sehnte, treten immer näher und sind nun grün und fast mit Blumen besäet.

Das Rickele grüßt Dich von Herzen und Du sollest doch nur zu uns kommen!

Von Osiander und dem Almanach vernehme ich kein Wort; ich weiß nicht, was es zu bedeuten hat. Nach Norden wird man nun gar nicht mehr schreiben können; wahrscheinlich sind Fouqué und Varnhagen auch mit den Berlinern gezogen; vielleicht erscheinen sie bald bei uns.

Ich bitte Dich mir den Wanderer z.M.R. doch zuzustellen. Auch die Briefe von Fouqué und Campe möchte ich gerne wieder. Gedichtet wurde seitdem nichts, wahrscheinlich desto mehr von Dir. Was Kleines, das ich Dir beilege, ist fast zu unbedeutend.

Den Köstlin grüße ich von Herzen.

Ewig Dein

Kerner.«

Der Almanach, den die zwei Freunde herausgeben wollten, kam doch noch zu Stande unter dem Titel: »Dichterwald«. Das Vorwort dazu: »Freie Kunst«, ist von Uhland verfaßt. Im Februar 1813 kauft er sich das Heft der »Musen«, in welchem sein Aufsatz über das altfranzösische Epos abgedruckt war. Es scheint, daß er sich nicht einmal einen Abdruck bedungen hatte. Er bemerkt dabei: »Es will mir mit meinen literarischen Unterhandlungen wenig glücken.«

Seit dem Beginn des Jahrs wohnte Uhland im Hause von Schwabs Eltern, wodurch er diesen, wenn er die Eltern von Tübingen aus zu besuchen kam, auch öfters sprach. Durch frühere Freunde, Roser, Köstlin, Jäger, Schott, wurde er in eine geschlossene Gesellschaft, die sich zweimal in der Woche in einem Weinhaus, zum Schatten genannt, zusammenfand, eingeführt. Wohl konnte er dieses Ausruhen am Schlusse des mühevollen Tagewerks brauchen. Dieser Gesellschaft wurden manche Lieder Uhlands gedichtet, wie z.B.:

»Die sieben Zechbrüder« und das folgende:

Ich weiß mir einen Schatten,
Da fließt ein kühler Quell,
Der stärket jeden Matten,
Der quillt so rein und hell.
Er ist von edlem Schlage
Und strömt nicht Wasser, nein!
Der Quell, von dem ich sage,
Ist ächter, goldner Wein.

Im Schatten, frisch und labend,
Da tönt so heller Sang,
Der tönet manchen Abend
Und manche Nacht entlang.
Doch sind es nicht die Lieder
Der bangen Nachtigall,
Wir sind's, wir Schattenbrüder,
Beim frohen Becherschall.

In diesem Schatten blühen
Viel Blumen hold und fein,
Sie duften und sie glühen
Und haben gut Gedeih'n.
Nicht Veilchen sind's, noch Rosen,
Was uns so lieblich blüht,
Nein Scherz und traulich Kosen
Und brüderlich Gemüth.

Im Schatten, den ich meine,
Da träumt es sich so mild;
Man sieht im Dämmerscheine
Gar manches schöne Bild.
Wie träumten wir so gerne
Vom heilgen Rettungsstreit,
Vom nahen Freiheitssteine,
Von Deutschlands goldner Zeit!

Nie mög' in unsrem Schatten
Der Quell versiegen geh'n,
Nie soll der Sang ermatten,
Die Blume nie verweh'n;
Auch nimmer soll verfliegen
Der goldnen Träume Schaar,
Das Aechte wird doch siegen,
Der Traum im Schatten wahr.

Zwanzig Jahre später schließt sein hoffendes Gemüth wieder ein Lied mit den Zeilen:

Wohl werd' ich's nicht erleben,
Doch an der Sehnsucht Hand
Als Schatten noch durchschweben
Mein freies Vaterland.

Es waren nun schon 16 Monate verflossen, seitdem Uhland auf dem Bureau des Justizministers eingetreten war, und immer verschob der Minister das Stellen eines Antrages an den König wegen definitiver Einrückung in die bisher ohne Gehalt besorgte Secretärsstelle. Uhland konnte sich nicht entschließen, noch länger auf seines Vaters Kosten, der bei wenigem Vermögen nur einen sehr mäßigen Gehalt bezog, in Stuttgart zu leben. Mit des Vaters Billigung erklärte er dem Minister, daß er um seine Entlassung einkommen müsse, wenn der Antrag nicht gestellt werde. Der Minister entschloß sich dazu, wurde aber abschläglich beschieden; es hieß in der Resolution: »Bei der jetzigen Ueberbürdung der Staatskasse könne diese Stelle nicht besetzt werden; wenn daher der Accessist Uhland sie nicht wie bisher besorgen wolle, so solle sich der Minister um einen andern Accessisten umsehen.« Hierauf schrieb Uhland an seine Eltern:

Stuttgart, 10. Mai 1814.

»Liebste Eltern!

Gestern Abend ist in meiner Angelegenheit auf das nach vorgängiger Communication mit dem Finanzministerium am Sonntag erstattete Anbringen, welches mir der Minister vorher zu lesen gegeben und ich nach jeder Hinsicht zweckmäßig abgefaßt gefunden hatte, die hier abschriftlich beigelegte Resolution erfolgt.

Es muß Ihnen freilich schmerzlich sein, daß Ihre bisherigen bedeutenden Opfer, deren Werth ich um so dankbarer erkenne, als sie mit so vieler Schonung gegen mich gebracht worden, den eigentlichen Zweck nicht erreicht haben, und auch mich wird Mancher bedauern, daß mir eine anderthalbjährige, ziemlich mühselige Arbeit keine Frucht getragen. Auf der andern Seite jedoch werden Sie wohl mehr als ich in mancher Lage des Lebens erfahren haben, wie oft dasjenige, was äußerlich als ein hartes, ungerechtes Schicksal erschien, in der Wahrheit und im tiefern Grunde die weise Leitung einer gütigen Vorsehung war. So darf ich nun auch aussprechen, was ich bisher nie gegen Sie geäußert habe, daß durch ein längeres Beharren in meinen bisherigen Verhältnissen und nun vollends ein entschiedenes Anketten an dieselben mein Inneres von Tag zu Tag mehr gelitten haben würde. Nicht als ob es mir unerträglich geworden wäre, mich mit Dingen zu beschäftigen, die mir von Natur fremd, ja widrig sind, oder als ob es mich zu sehr geschmerzt hätte, die Entwicklung sonstiger Fähigkeiten, die Gott in mich gelegt, gänzlich gehemmt zu sehen, – ich glaube diese beiderlei Uebelstände seit geraumer Zeit so ziemlich überwunden zu haben und sehe wohl ein, daß man sich zunächst eine äußere Existenz gründen muß und in gegenwärtiger Zeit am wenigsten seinen Liebhabereien leben kann; allein in denjenigen Geschäftsverhältnissen, worein ich hier immer tiefer verwickelt werden sollte, hätte ich, je mehr ich äußerlich vorgeschritten wäre, um so mehr an Seelenruhe und innerer Selbstständigkeit verloren.

Statt daß ich, wenn der Antrag durchgegangen wäre, eine fixe Anstellung mit ungefähr 800 fl. und der, wenn auch noch entfernten Aussicht auf künftige vortheilhaftere und angenehmere Stellen erhalten hätte, stehe ich nunmehr freilich wieder als simpler Advokat da, der sich erst wieder auf irgend einer Seite Bahn brechen muß. Dabei ist aber denn doch auch nicht zu vergessen, daß ich durch die bisherige Dienstleistung ein Recht erworben habe, mich um jede Stelle umzuthun, daß ich hier manche, ihrer Zeit vielleicht nützliche Bekanntschaft gemacht habe, und daß ich jedenfalls hoffen kann, auch als Advokat mir ein ordentliches Auskommen bei mehrerer, besonders in jetziger Zeit so wünschenswerther Unabhängigkeit zu verschaffen.

Ich weiß in diesem Augenblick noch nicht, ob ich diesen Brief durch die Post oder sonstige Gelegenheit abschicke, oder ob ich nicht selbst dessen Ueberbringer sein werde. Geschieht Ersteres und bleibe ich etwa noch diese Woche hier, so ist dabei meine vorzügliche Absicht, mich, ehe ich mündlich mit Ihnen über meine künftige Bestimmung zu Rathe gehe, hier ein wenig umzusehen, was etwa da oder dort zu machen wäre.

Mit der innigsten Liebe

Ihr gehorsamer Sohn

L.

P.S. Mein Logis bei Schwabs habe ich schon an Georgi aufgekündigt. Das Geld (4 fl.) habe ich an Jäger bezahlt, die Quittung aber noch nicht erhalten.«

Welch treuen Freund Uhland an Karl Roser, damals Ministerial-Secretär, hatte, zeigt folgender, bei diesem Anlaß geschriebener Brief. Der Name Olof wurde ihm von Roser oft gegeben.

»Deinen Brief,Wahrscheinlich den nach Tübingen. lieber Olof, habe ich heute noch glücklich angebracht, als eben die Pferde schon am Wagen waren, und wenn Du nun heute wirklich nach Tübingen reisest, so wünsche ich Dir von Herzen glückliche Reise; aber komme bald wieder und bleib dann hier bei uns. Du bekommst gewiß, spätestens in Jahresfrist, so viele Geschäfte, daß Du bequem von ihrem Ertrage leben kannst. Bis es so weit ist, wirst Du natürlich anfangs etwas zusetzen müssen, aber auch dieses wird das reichlichere Einkommen einiger späteren Jahre Dir sicher ersetzen, und wenn Du auf so lange, bis diese Zeit eingetreten ist, einen Vorschuß von zwei- bis dreihundert Gulden von mir annehmen wolltest, so würde ich dieß als einen wahren Beweis Deiner Freundschaft ansehen. Du würdest mir diesen Vorschuß wieder erstatten nach wie vielen Jahren und auf welche Weise, als es Dir gerade nach den eintretenden Umständen recht wäre. Und Du kannst dieses Anerbieten um so unbedenklicher annehmen, als es für mich gar keine Entbehrung zur Folge hat, als es nicht einmal ein Geschenk, sondern ein bloßer Vorschuß ist, wovon es sich handelt, und als ja dieser Vorschlag gemacht wird von

Deinem aufrichtigen, treuen Freund

K. Roser.«

St., 11. Mai 1814.

Nach einem Besuche bei den Eltern erklärte Uhland mit ihrer Beistimmung seinen Austritt aus der bisher versehenen Stelle. Der Minister wollte ihn zwar bestimmen noch eine Zeit lang zu bleiben, nur noch 4 bis 6 Wochen, aber Uhland äußerte seinen festen Entschluß: nicht länger mehr zuwarten zu wollen, und erhielt dann die verlangte Entlassung ohne irgend eine Anerkennung der geleisteten Dienste. Der Minister scheint seine Weigerung, länger auszuharren, empfindlich aufgenommen zu haben. Uhland sollte wenig Glück im Staatsdienst haben, wie wir später nochmals sehen werden.


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