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Ich lob' den Klausner mir
In seiner stillen Zelle,
In grünem Waldrevier
Am Ufer einer Quelle.
Er hat in Waldesraum
Viel trauliche Gesellen,
So viel als Zweig' am Baum'
So viel das Bächlein Wellen.
Sie führen freundlich Red'
In ihrem frohen Rauschen;
Der Klausner sie versteht,
Mag gern nach ihnen lauschen.
Gar manches liebe Wort
Es spricht aus grünen Zweigen,
Die Quelle spricht es fort,
Will er sein Ohr ihr neigen.
Mit Blättern hoffnungsgrün
Die Aest' zu ihm sich bücken,
An's Herz sie wollen zieh'n
An Freundesbrust ihn drücken.
Und auch die klare Quell'
Gehört zur Freundschaftsgilde,
Es theilt die laut're Well'
Sein Leid wie Freud' im Bilde.
Und in der Quelle Schaum
Und durch den Raum der Bäume
Sieht er des Lebens Traum,
Hinauf in Himmelsräume.
Bei'm stillen Sternentanz
In leisen, dunkeln Nächten
Die Bäum' ihm einen Kranz,
Die Quelle Lieder flechten.
Drum ist er nicht allein
In menschenleerem Raume,
In Waldes Dämmerschein,
An seines Bächleins Saume.
Nur wird der Eremit
Nicht menschenfalsch belogen,
In stillem Waldesfried'
Nicht um sein Glück betrogen.
Der Rigi zart und freundlich,
Pilatus starr und feindlich,
So raget hoch das Riesenpaar;
Inmitten zwischen beiden
Weilt Seees Ruh', zu scheiden
Die Ungleichen auf immerdar.
Sah einen Baum im Lenze,
Wie war er blüthenweiß;
Sah ihn mit Frucht im Herbste,
Wie bog sich jedes Reis!
Die Millionen Blüthen,
Die hab' ich nicht gezählt;
Die Frucht in wenig Körbe
Gar leicht ward eingestellt.
Die Jugend ist der Pläne,
Der Wünsche Frühlingszeit:
Wie viele treiben Blüthen?
Wie viele Frucht gedeiht?
Es war ein lieblicher Frühlingsmorgen,
Der Himmel so blau und rein,
Und Vöglein ganz in Blüthen verborgen,
Besangen den Sonnenschein.
Die Berge so freundlich, so hehr erglänzten
Wohl in der bläulichen Luft;
Wohl tausend Blumen die Flur bekränzten.
Und athmeten süßesten Duft.
Da kam ein Schäfer die Straße gegangen,
An der Hand sein süßes Lieb',
Die Heerd', deren Glöcklein so fröhlich klangen,
Er auf die Matten trieb.
Und er schaut voll Andacht auf zur Sonne,
Zum Vater himmelwärts;
Und, entzückt von des Lenzes unendlicher Wonne,
Drückt er Elwira an's Herz.
»Wie gut ist Gott! ein jegliches Leben.«
Ruft er, »lebt in ihm allein.
Er ist die Liebe, er hat mir gegeben
Elwira die Traute mein!« –
Da kam ein Mönch die Straße gegangen,
Mit seinem schweren Brevier,
Darauf ließ er düster die Blicke hangen.
Lieb' Pater! was fehlet dir?
Er betet zu Gott nach den todten Zeichen;
Umsonst ihm der Frühling blüht.
Er fühlt nicht den Gott in seines Gleichen,
Und nicht in seinem Gemüth.
Und der Vater im Himmel hat Alles gehöret,
Und also sprach er zu sich:
»Du, guter Schäfer, hast recht mich verehret,
»Du, Pater, du dauerst mich!« –
Eine Hirtin ging des Morgens früh
Wohl auf die Fluh hinaus.
Da suchte sie mit sonder Müh
Den allerschönsten Strauß,
Um mit dem frischen Maien
Den Liebsten zu erfreuen.
O Hirtin, wie bist du so schön und hold
Im Wangenpurpur und Lockengold!
Da sieht sie ein Fluhblümelein,
Will's brechen mit kecker Hand.
O Hirtin, laß Blume Blume sein,
Gefährlich ist die Wand.
Ach Gott! sie fällt hernieder,
Sucht keine Blume wieder!
O blühende Ros'; o schöne Gestalt,
Wie bist du worden so bleich und kalt!
Doch auf der Jungfrau stillem Grab
Ein reiner Brunnen entquoll.
Der Hirte stieg wohl täglich hinab,
Von Gram und Thränen voll,
Um aus der Quelle zu trinken,
Bis auch ihm die Augen sinken.
O Quell, der aus dem Felsen wallt,
Wie bist du so eisig und so kalt.