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1729-1781
Liebeslieder
Kleine Schöne, küsse mich!
Kleine Schöne, schämst du dich?
Küsse geben, Küsse nehmen
Darf dich jetzo nicht beschämen.
Küsse mich noch hundertmal!
Küss' und merk' der Küsse Zahl.
Ich will dir, bei meinem Leben
Alle zehnfach wiedergeben,
Wenn der Kuß kein Scherz mehr ist,
Und du zehn Jahr älter bist.
Zum Mädchen wünscht' ich mir –
Und wollt' es, ha! recht lieben –
Ein junges, nettes, tolles Ding,
Leicht zu erfreun, schwer zu betrüben,
Am Wuchse schlank, im Gange flink,
Von Aug' ein Falk,
Von Mien' ein Schalk,
Das fleißig, fleißig liest;
Weil alles, was es liest,
Sein einzig Buch – der Spiegel ist;
Das immer gaukelt, immer spricht,
Und spricht und spricht von tausend Sachen,
Versteht es gleich das Zehnte nicht
Von allen diesen tausend Sachen;
Genug, es spricht mit Lachen
Und kann sehr reizend lachen.
Solch Mädchen wünscht' ich mir! –
Du, Freund, magst deine Zeit
Nur immerhin bei schöner Sittsamkeit,
Nicht ohne seraphinsche Tränen,
Bei Tugend und Verstand vergähnen.
Solch einen Engel
Ohn' alle Mängel
Zum Mädchen haben:
Das hieß ein Mädchen haben? –
Heißt eingesegnet sein
Und Weib und Hausstand haben.
Der Neid, o Kind, zählt unsre Küsse;
Drum küß' geschwind ein Tausend Küsse;
Geschwind du mich, geschwind ich dich!
Geschwind, geschwind, o Laura, küsse
Manch tausend Küsse:
Damit er sich verzählen müsse.
Ohne Liebe
Lebe, wer da kann.
Wenn er auch ein Mensch schon bliebe,
Bleibt er doch kein Mann.
Süße Liebe,
Mach' mein Leben süß!
Stille nie die regen Triebe
Sonder Hindernis.
Schmachten lassen
Sei der Schönen Pflicht!
Nur uns ewig schmachten lassen,
Dieses sei sie nicht.
Mädchen, laß mich dich doch küssen!
Zaudre nicht, sonst wirst du müssen.
Hurtig! hurtig schenkt mir ein!
Auf das Küssen schmeckt der Wein!
Dieser Wein hat Geist und Feuer.
Mädchen, tu doch etwas freier,
Gönn' mir vorigen Genuß:
Auf das Trinken schmeckt ein Kuß!
Den Hund im Arm, mit bloßen Brüsten,
Sah Lotte frech herab.
Wie mancher ließ sich's nicht gelüsten,
Daß er ihr Blicke gab!
Ich kam gedankenvoll gegangen
Und sahe steif heran.
Ha! denkt sie, der ist auch gefangen,
Und lacht mich schalkhaft an.
Allein, gesagt zur guten Stunde,
Die Jungfer irrt sich hier.
Ich sah nach ihrem bunten Hunde:
Es ist ein artig Tier.
Ich trinke nicht stets einen Wein.
Das möchte mir zu ekel sein.
Wein aus Burgund, Wein von der Mosel Strande,
Einheim'schen Wein, Wein aus Frankenlande,
Die wechsl' ich täglich mit Bedacht,
Weil Wechseln alles süßer macht.
Und mich soll nur ein artig Kind,
Wenn mehrere zu finden sind,
Durch süßen Zwang gepries'ner Liebe binden?
O, dies zählt' ich mit unter meine Sünden.
Nein, nein, ich folge meinem Brauch,
Mit art'gen Kindern wechsl' ich auch.
Wenn ich, Augenlust zu finden,
Unter schattig kühlen Linden
Schielend auf und nieder gehe
Und ein häßlich Mädchen sehe,
Wünsch' ich plötzlich blind zu sein.
Wenn ich, Augenlust zu finden,
Unter schattig kühlen Linden
Schielend auf und nieder gehe
Und ein schönes Mädchen sehe,
Möcht' ich lauter Auge sein.
Nachlässig hingestreckt,
Die Brust mit Flor bedeckt,
Der jedem Lüftchen wich,
Das säuselnd ihn durchstrich,
Ließ unter jenen Linden
Mein Glück mich Lauren finden.
Sie schlief, und weit und breit
Schlug jede Blum' ihr Haupt zur Erden,
Aus mißvergnügter Traurigkeit,
Von Lauren nicht gesehn zu werden.
Sie schlief, und weit und breit
Erschallten keine Nachtigallen,
Aus weiser Furchtsamkeit,
Ihr minder zu gefallen,
Als ihr der Schlaf gefiel,
Als ihr der Traum gefiel,
Den sie vielleicht jetzt träumte,
Von dem, ich hoff' es, träumte,
Der staunend bei ihr stand
Und viel zu viel empfand,
Um deutlich zu empfinden,
Um noch es zu empfinden,
Wie viel er da empfand.
Ich ließ mich sanfte nieder,
Ich segnete, ich küßte sie,
Ich segnete und küßte wieder:
Und schnell erwachte sie.
Schnell taten sich die Augen auf,
Die Augen? – Nein, der Himmel tat sich auf.