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Liebeslieder
Übersetzungen aus dem Französischen

Um Liebe nur wird Liebe dir gegeben,
Und wer mit sprödem Stolz sie will erlangen,
Dem ist der Liebe Grundgesetz entgangen
Und er vergeht sich an Natur und Leben.

Bartolomé de Argensola.

Victor Hugo

1802-1885

Weil lechzend meine Lipp' an deinem Kelch gesogen

Weil lechzend meine Lipp' an deinem Kelch gesogen,
Weil meine bleiche Stirn in deinen Händen lag;
Weil deines Odems Duft mein Odem eingesogen,
Weil ich an meiner Brust gefühlt der deinen Schlag;

Weil mir's gegeben ward, daß ich dich sagen hörte
Die Worte, die das Herz ausspricht mit heil'gem Flehn;
Weil, heiß in meines glüh'nd, dein Auge mir gewährte,
Froh lächeln dich zu sehn und weinen dich zu sehn;

Weil auf mein lockig Haupt, das, ach! nur selten helle,
Ein Strahl schien deines Sterns mit wunderbarem Glanz,
Und weil ich fallen sah in meines Lebens Welle
Ein prangend Rosenblatt aus deiner Tage Kranz;

So kann ich sagen jetzt: – Vorüber, flücht'ge Jahre!
All eure Blumen schon sind welk! Ich bin ein Mann,
Der nimmer älter wird, der eine wunderbare
Blum' in der Seele trägt, die keiner brechen kann!

Streift euer Flügel auch, doch bricht er nicht, der rasche,
Die Schale, deren Born mir ew'ge Labe beut;
Mehr Glut hat meine Seel', als ihr besitzet Asche;
Mehr Liebe hat mein Herz, als ihr Vergessenheit!

Neues Lied zu einer alten Weise

Wenn es einen Rasen gibt,
Dessen Quellen lachen,
Dessen Schmelz kein Wetter trübt,
Welchen bunt bedachen
Lilien, Geißblatt und Jasmin,
Die zu jeder Jahrszeit blühn,
O, so will zum Pfad ich ihn
Deinem Fuße machen!

Wenn es einen Busen gibt,
Einen kühnen, wachen,
Dessen Liebe, wenn er liebt,
Kennet kein Erschwachen;
Wenn er warm und voll Gefühl,
Niemals falsch und niemals kühl,
Ei, so will ich ihn zum Pfühl
Deiner Stirne machen!

Gibt es einen Liebestraum,
Einen ohn' Erwachen,
Den sich, wie des Baches Schaum
Leise wiegt den Nachen,
Gern die Seele wiegen läßt,
Einen Traum, der Gott ein Fest,
O, so will ich ihn zum Nest
Deinem Herzen machen!

Alfred de Musset

1810-1857

Barcelona

Wer ist, der auf Barcelonas Gasse
Mein andalusisch Mädchen sah?
Wer sah sie stehn auf der Terrasse?
's ist meine Löwin, meine blasse
Markesa d'Amaegui ja!

Für sie hab' ich mich oft gehauen,
Für sie Sonette gar gemacht!
Wie oft, ein Haar nur ihrer Brauen
Durch's Wehn des Vorhangs zu erschauen,
Hielt ich vor ihren Fenstern Wacht!

Mein ist sie, mein ist dieser Wangen,
Mein dieser Lippen lechzend Glühn!
Mein dieses Auge, schwarz verhangen
Von seidnen Wimpern, mein die langen
Haarwellen, so ihr Hermelin!

Mein, mein ihr Hals, sehn sie die Wände
Des Schlafgemachs in üpp'ger Ruh;
Mein das Gewand um ihre Lende,
Mein ihre kleinen weißen Hände
Und mein ihr Fuß im schwarzen Schuh!

O, wenn durch ihres Netzes Fransen
Ihr Auge blitzt mit wildem Brand,
Bei allen Heiligen im ganzen
Kastilien, man bräche Lanzen,
Zu rühren nur an ihr Gewand!

Beim Cid! man muß sie sehn im weißen
Nachtkleid, die prächtige Gestalt!
Man muß sie sehn, dies Schlagen, Beißen,
Wenn unter Küssen, grimmigen, heißen,
Sie wütend fremde Worte lallt!

Und, o! wie toll ist ihre Freude,
Wenn sie am Morgen singt und lacht!
Wenn, da just in des Strumpfes Seide
Ihr Füßchen schlüpft, ihr unterm Kleide
Des Leibchens straffer Atlas kracht!

Auf, Page, folge meinen Pfaden!
Hinaus mit Tamburingeklirr!
Heut abend will ich serenaden,
Daß fluchen sollen die Alkaden
Bis an den Guadalquivir!

Fragment

Ich habe dich geliebt; – und wie? – o Gott, mein Leben
Hätt' ich in jener Zeit für dich dahingegeben!

Du aber hast mich selbst verscheucht von deiner Brust,
Du selbst, zu lieben dich, benommen mir die Lust!

Du fängst mich jetzt nicht mehr in deines Lächelns Schlinge,
Auch deine Tränen jetzt sind überflüss'ge Dinge!

So, wenn der alte Saal ein Kind mit Schrecken füllt,
Löst vom Getäfel es Helm, Harnisch oder Schild.

Mit der Trophäe dann, die zitternd es erstritten,
Sucht es sein Kämmerlein mit bangen hast'gen Schritten.

Legt das Gewaffen ab und hüllt beim matten Schein
Der Dämm'rung furchtsam sich in seine Kissen ein.

Doch, wenn der Morgen nun verscheucht der Nacht Gespenster,
Dann funkelt das Phantom im Morgenrot am Fenster.

Dann lacht es seiner Angst und ruft: Wie war ich blind!
Wie war ich furchtsam doch, wie war ich doch ein Kind!

Die Frau Markisin

Ihr kennt ihr Aug' und ihre Züge,
Ihr kennt die Andalusierin!
Ihr wißt, daß ich im Arm sie wiege
Vom Abend bis zum Morgen hin!

O, seht sie, wenn ihr Arm wie eines
Schwans weißer Hals mich fest umschlingt;
Wenn, dicht an ihrem Haupte meines,
Die Nacht uns süße Träume bringt!

O, kommt! ob unserm Nest begegnet
Und schnäbelt euch, ihr Vögelein;
Durch ihren Schlummer, den Gott segnet,
Strahl' eurer Flügel Widerschein!

Preis der Vergessenheit gegeben
Sei alles, nur die Liebe nicht!
Die Wollust ruft: Vergeßt das Leben!
Der Vorhang ruft: Vergeßt das Licht!

O, laß uns ruhen, Mund auf Munde,
Hauch' deine Seel' in mich hinein!
O, laß uns ruhn so bis zur Stunde,
Wo man uns bringt den Totenschrein.

Und fürchte nicht des Sternes Schimmer,
Der jetzt die Furcht der Weisen ist! Bezieht sich auf den Kometen von 1832.
Vielleicht schlägt er die Welt in Trümmer,
Daß unsern Winkel er vergißt!

In meiner Seele frisches Bluten
Laß rinnen deinen lichten Geist,
Wie sich in eines Gießbachs Fluten
Der Wiese Blumenquell ergeußt!

Denn weißt du wohl, wie viele Schmerzen
Ich litt, ach, um zu leben nur?
Siehst du in meinem wunden Herzen
Des Überdrusses blut'ge Spur?

Gib einen Kuß mir, meine Kleine!
Mit meiner Hand in deinem Haar,
Laß mich erzählen dir beim Scheine
Der Lampe, was mein Unglück war!

Und sieh, wie gut ich bin, mein Leben!
Daß gestern du auf meiner Brust
Entschliefst – ich will es dir vergeben!
Und war's auch, als ich schwatzte just.

Denn, auf des Königs Wort, sobald es
Wird dunkel in der Hauptstadt sein,
Zieht hier im Lustrevier des Waldes
Ins Schloß die Frau Markisin ein.

Mein Arm sei der Geliebten Wiege
Vom Abend bis zum Morgen hin.
Ihr kennt mein Lieb, ihr kennt die Züge
Der braunen Andalusierin.

Das Lever

Aufstehen.

O Herrin, es wird helle!
Dein Leibroß, Isabelle,
Begrüßt dich wiehernd; – schau'
Auf der Pikör' und Führer
Grünfarb'gen Ärmeln ihrer
Stoßfalken schwarze Klau'!

Sieh, Pagen und Bereiter!
Der flücht'gen Stuten Leiter,
Ein unbewamster Troß,
Das Haupt vom Busch umflogen,
So kommen sie gezogen,
Mit Armbrust und Geschoß.

O, höre deiner schnellen
Windspiel' und Doggen Bellen!
Horch, Pfiff und Gertenhieb!
Zur Jagd! Frisch in den Bügel
Den Fuß! Ergreif die Zügel!
Viel Glück zur Jagd, mein Lieb!

Und nun zuerst verhülle
Des schönen Busens Fülle
Mit des Habites Grün!
Laß, moorumspannt, mit seinen
Göttlichen Formen scheinen
Ein süßes Rätsel ihn!

Mit weißer Hand zu kämmen
Dein Haar, laß überschwemmen
Das dunkelbraune dich;
Dein Haar, früh aufgebunden
Und in den Abendstunden
Gelöst durch dich und mich.

Frisch auf denn, meine Wilde!
Weithin durch das Gefilde
Tönt deines Tiers Gescharr.
Und wie den Speer ein Knappe,
So schwingt in bunter Kappe
Den Sonnenschirm dein Narr.

Und nun noch die gestickte
Schärp' um die goldgeschmückte
Jagdrobe wirf geschwind!
Und in des Mantels Falten
Will tragen ich und halten
Dich wie ein schlafend Kind!


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