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Zwei Tage später und der Friede zwischen Julchen und Riwka Hurwitz war wieder hergestellt, aber Riwka selber fehlte. Julchen saß allein vor ihrem Stand und die Kunden konnten nur Kleidungsstücke kaufen, Shawls und Tücher; Wäschestücke und Trikotagen waren nicht zu haben, der Stand für Wäschestücke und Trikotagen war nicht aufgebaut.
Leider hatte nämlich Riwka den Ausdruck Stirnbein nicht auf der Straße aufgefangen, ihr Arzt hatte ihn gebraucht. Jetzt hatte er einen Katarrh der Stirnhöhle festgestellt und dem kalten Hauseingang, aber auch der Witterung die Schuld gegeben.
Wirklich, das Wetter peinigte und mißhandelte die Frauen. In anderen Jahren kam der Frühling mit einem einzigen Satz auf die Erde gesprungen, in diesem riß er sich nicht los aus unbekannten Schößen. Immer wieder schickte er Regen vor, die Spritzer prickelten und stachen, aber wie oft strömte und zischte es dazwischen, klatschte, schlug! Unverständlich, woher der ganze Regen kam. Der Spalt zwischen den Dächern war zu schmal, da konnte er nicht hindurch. Wahrscheinlich lagerte er aufgestaut in den Kellern, in großen Schläuchen oder Ballons, ab und zu wurde darauf gedrückt, dann schoß eine Gallone Nässe nach oben und überschüttete die Menschen, die fröstelten und froren.
Auch Julchen, vorgestern schon kühn in einem Umschlagtuch, saß heute wieder im Mantel, die Ärmel über den Händen zusammengeschoben, Pulswärmer um die Handgelenke, ganz wie in ihrer Jugend, wo sie mit ihrem Vater, einem Fuhrmann in Parizi, Gouvernement Minsk, 28 über Land gefahren war, um im Auftrage eines Sattlers ausgebesserte Pferdegeschirre abzuliefern, auszubessernde zu holen und für die Lederhandlung von Tobias Daniel eine Haut Sohlleder beim Dorfschuster abzuladen.
Vorsichtig schlug sie die Knie aneinander, zog die Hände aus den Ärmeln und schwenkte sie durch die Luft. Als ihr nicht wärmer wurde, holte sie eine Flasche unter der Ware hervor und trank. Das tat ihr gut, das half. Wie sang man bei ihnen zu Haus?
»Oi, wie kann me leben
ohn e Trünk zu geben!
Oi, wie kann me sein
Ohn e Gläsele Wein!«
Sie schmeckte mit der Zunge die Lippen ab und dachte: »Wem dank ich, daß ich noch auf den Beinen bin? Dem Gläschen Branntwein!« Aber sofort schlug sie einen Finger gegen die Mauer, und da die Krankheiten gerade von der Eiseskälte des Tores kamen, klopfte sie dreimal mit dem Knöchel gegen die Bretter und murmelte: »Unbeschrieen und unberufen!«
Sie mußte nun die Schwägerin ernähren, sonst teilten sie; dennoch war Julchen glücklich, so allein. Sie war aufmerksamer gegen die Leute, redete ihnen zu: »So was gibt's nicht wieder auf der Welt, eine Gelegenheit. Sie können suchen, ich weiß nicht wie weit, bis Sie so ein Stück finden!« oder »Ich habe gar nicht mehr die Ehre, Frau Rubinstein! Wahrscheinlich kauft die Frau Rubinstein nicht mehr bei so kleinen Leuten!«
Aber das ging einen Tag, einen zweiten, lange nicht, wie rasch verlief sich eine Kundschaft! Den Stand der Schwägerin mitzuversehen, wäre gewagt gewesen. Es gab hier zweifelhafte Leute, die kauften mit viel Lärm an ihrem Stand ein schlechtes Stück und inzwischen nahmen gute Freunde ein besseres von dem anderen.
So war der andere Stand schon am nächsten Tage wieder aufgebaut, aber Riwka saß nicht davor. Riwka schlug nicht ein Bein über das andere. Riwka wurde nicht von 29
Julchen vermahnt: »Zieh den Rock herunter, die Leute werden leben können, ohne das zu sehen!« Riwka gab nicht zurück: »Die Leute werden mir nichts absehen!« um dann doch den Rock eine Handbreit tiefer zu zupfen. Riwka dachte nicht, Julchen säße gewiß ebenso da, wäre sie bloß von Gott ein wenig anders eingerichtet worden. Nein, der Rock neben Julchens Rock war überhaupt kein Weiberrock, es war ein Männergehrock, und leichtsinnig war nur, keinen Mantel darüber zu tragen, doch Tauber konnte nur unter dünner Kleidung atmen.
Am Boden, gegen die Mauer, lehnte ein Kasten aus braunem Holz. Tauber trug ihn an einem Gurt um den Nacken des Abends keuchend durch die Schankstuben. Er hätte ihn hochstellen können, um selbst etwas Nähgarn abzusetzen, etwas Gummiband, Nadeln, Druckknöpfe, aber er sollte für Riwka Hurwitz Wäschestücke verkaufen, Trikotagen – besser, er brachte die Sachen nicht durcheinander.
»Sie haben's auch nicht leicht gehabt im Leben, Tauber«, seufzte Julchen.
Nun, man lebte.
»Allerdings, eine Frau hat es immer schwerer als ein Mann«, stellte Julchen fest.
»Heut.«
»Wieso heut? Und wieso früher nicht?«
»Steht nischt geschrieben«, scherzte Tauber, »an einem Tage sind Adam und Eva geschaffen worden, am selbigten taten sie sich zusammen, noch am selbigten gab Eva fünf Kinderchen das Leben, zuerst dem Kain, danach 'nem Schwesterchen, hernach dem Abel und zuletzt noch einmal 'nem Paar Zwillingsschwestern? Wo bringen die Frauen das heut in einem Tage fertig?«
So? Sie kannte eine Frau, die hatte zweimal nacheinander Zwillinge gehabt.
Schön, aber sicher hatte das bei ihr doch noch länger gedauert als bei der Eva und dann: fünf Kinder konnte man nicht gut paarweise bekommen. 30
Julchen grunzte; sie hatte immer angenommen, Kain und Abel hätten überhaupt keine Geschwister gehabt, aber wie auch – Geschichten!
»Natürlich Geschichten, aber unsere Rabbinen haben sie überliefert. Übrigens wir beide hätten nicht viel Freude an Adam und Eva gehabt, Kunden von uns wären sie nicht geworden, wissen Sie auch, wieso?«
»Wieso? Sehr einfach, weil sie nackt gingen und nischt trugen.«
»Nicht, weil sie nackt gingen und nischt trugen, sie blieben nämlich nicht nackt. Aber es steht in der Heiligen Schrift: Gott der Herr machte Adam und seinem Weibe Röcke von Fellen und zog sie an.«
»Was Sie ein gelehrter und frommer Mann sind, man schämt sich ordentlich vor Ihnen.«
»Sie sagen gelehrt. Nicht sehr. Und fromm? Schon gar nicht. Wollen Sie wissen, wie wenig fromm ich bin? Also mir ist gestern Abend nicht gut, ich geh nicht zum Beten und stell mich bei mir zu Haus an die Wand. Da klinkt die Tür, es kommt jemand rein -«
»Wer kommt rein?«
»Es ist doch gleich, wer reinkommt! Jemand kommt rein. Eisenberg. Ich laß mich nicht stören, ich bet weiter, aber wie, meinen Sie, bet ich? Die Lippen beweg ich, schütteln tu ich mich, ich tu so, als bemerk ich ihn nicht. Aber bemerk ich ihn nicht? Und an wen denk ich, wie ich weiterbete? Immerfort an Eisenberg. Nun, ist das eine Andacht?«
»Ich soll mein ganzes Leben nicht Ärgeres getan haben!«
»Nun, Sie sind eine Frau«, und er will ihr gerade auseinandersetzen, wie gering die Pflichten sind, die die Rabbinen den Frauen auferlegen, als an den Ständen mit lautem Geschrei Frau Peissachowitsch vorüberkommt, einen Korb am Arm, offenbar liegt ein Stück Geflügel drin. Frau Peissachowitsch wütet über den Rabbiner, tobt über eine schändliche Kränkung, an ihrer Henne habe er eine 31 der achtzehn Erscheinungen festgestellt, die dem Juden den Genuß eines Tieres verbieten. »Auf mein Wort, so wahr wie ich hier steh, ich handle nischt mehr mit Geflügel, von morgen ab verkauf ich Fisch!« Bei Fischen gibt es keine geistliche Untersuchung.
»Da sehen Sie, was rauskommt bei zu großer Frömmigkeit«, wendet sich Julchen befriedigt ihrem Nachbarn zu, kaum daß das Toben sich weiter unten in der Gasse verliert.
»Und Sie meinen, sie würd weniger zanken, wenn sie dürft die Henn verkaufen? Wann zankt sie nicht?«
»Schön, aber warum muß er ihr die Henn verbieten?«
»Ein jedes Tier hat Verstand auf seine Sachen und ausgerechnet Jurkim, der Rabbiner, soll nicht haben Verstand auf seine?«
Frau Hurwitz hüllt sich fester in ihren Mantel; sie schweigt. Diese Gespräche sind ganz schön, aber die Gespräche mit ihrer Schwägerin waren schöner.
»Sie reden doch garnischt?« fragt Tauber bescheiden.
»Muß man immer reden? Kosten Worte nischt?«
Später hören sie ein Ehepaar sich im Haustor zanken.
»Eine zu dumme Person, diese Gittel Haarzopf«, stellt Julchen fest.
»Wissen Sie, was unsere Rabbinen sagen: besser mit einer klugen Person in der Hölle, als mit einer dummen im Paradies.«
Dann schweigen sie wieder und rufen nur noch die Leute an, Julchen mit forscher, Tauber mit zager Stimme, Tauber zag, weil er sich erst Mut machen muß zu diesen Anrufen. »Wie soll die Welt erfahren«, redet er sich zu, »daß ich hab Gutes und Billiges zu verkaufen, wenn ich's nicht kundtu der Welt?«
»Na, das ist aber mal!« ruft ein Nachbar aus, Herr Johannes Hasselbach, »das ist doch Tauber? Und Tauber verkauft Wäsche?« Er faßt ein Hemdchen und läßt es mit gemachtem Entsetzen fallen.
Tauber lächelt. Soll er dem Mann sagen, was er doch 32 als Christ nicht verstehen kann? Im Osten, auf allen Dörfern, auf allen Jahrmärkten, vor hunderttausend Läden, vor hunderttausend Ständen stehen Juden, Juden im Kaftan, mit langen Bärten und gedrehten, halb von Käppchen verdeckten Löckchen und verkaufen der Bäuerin und dem Gesinde Laken, Taschentücher, Hemdenstoffe und Strümpfe, wie viele ohne jedes Geschick zum Handelsmann und sämtlich ohne Erfahrung im Umgang mit der Frau, verbieten die Rabbinen doch, einer fremden Frau die Hand zu reichen. Nichts beherrscht sie als der Wille zum Gehorsam gegen die stündlich fordernde Religion, nichts füllt ihren Kopf als die Kenntnis jüdischer Geschichten und höchstens noch eine Ahnung von der Lage der Juden in der Welt. Eine große Anzahl ›lernt‹, lernen aber heißt, die Heilige Schrift, die Mischna, den Talmud und deren Ausleger studieren, nichts anderes; alles, was sonst gedruckt oder geschrieben wurde, ist eitel, Tand der Welt und keiner Beschäftigung wert. Tauber unterdrückt das alles und seufzt: »Ein alter Jude, was muß der nicht alles können!«
Hasselbach verspricht, seine Frau zu schicken. Leider tragen sie meist das Geld zur Gasse hinaus, obwohl er selbst hier einen Laden mit Eisenwaren hat und die Kaufleute besser zusammenhielten, aber hier war ja keine Einigkeit, hier zogen alle gegeneinander her, die Inhaber der Läden gegen die Inhaber der Stände, die Inhaber der Stände gegen die fliegenden Händler.
Er schien zu meinen, Leute wie er, die zahlten Miete, Leute wie sie, die zahlten keine? Julchen wurde zornig – sie zahlten nicht nur Miete, sie bekamen noch einen Stirnhöhlenkatarrh dazu!
Hasselbach beruhigte sie und fing von der Habgier seines Hauswirts zu sprechen an, der ihm mit ausgeklügelten Schikanen trotz aller Schutzgesetze das Leben schwer mache, aber da der Zorn in Julchens Augen stehen blieb, brach er ab und ging davon.
Schon stand ein anderer an seiner Stelle, 33 ein schlaksiger junger Mensch. Brav, brav, lobte er, er hatte das immer gesagt, das war nichts, nachts mit Posamenten durch die Lokale ziehen und den Tag über ein Blättchen Talmud lernen. Endlich hatte Tauber das begriffen: aber warum Wäsche, warum ausgerechnet Wäsche?
»Wahrscheinlich hätt er Sie erst fragen sollen«, meinte Julchen. »Sie wissen nicht, daß er ein Manufakturgeschäft gehabt hat. Sie wissen auch sonst nischt, aber Sie reden!«
Man sagte doch, das Geschäft habe seine Frau betrieben, er selbst hatte den Tag über in der Lehrschul gesessen?
»Leider habe ich das getan, Gott sei's geklagt, daß ich's getan habe, vielleicht läge meine arme Frau nicht schon das fünfte Jahr, wenn ich sie sich hätte schonen lassen.«
»Ach was, reden Sie nicht!« fuhr Julchen auf Tauber los.
»Nächstens wird er sagen«, spottete Himmelweit, »der einzige Sohn wäre ihm nicht gestorben, hätte er sich mehr im Laden aufgehalten.«
»Und nun sagen Sie bloß noch«, packte Julchen zu, »hätt er nicht Geld verliehen und hätt er sich nicht für andere umgebracht, kennt er heint noch in dem Laden sitzen, so haben Sie ihm alles gesagt, was Sie sagen können, noch was Unangenehmes gibt's nicht. Ein schönes Bürschchen!«
»Wer hat hier Unangenehmes gesagt, Sie oder ich?« schrie Himmelweit zurück. »Übrigens, seit wann bin ich Ihr Bürschchen?« und er warf sich in die Schultern und zeigte seinen Wuchs. Er war nicht einmal mittelgroß, aber er hatte die richtige Größe, um überall durchzuschlüpfen. Nase und Mund waren häßlich, aber wer nahm einen hübschen Menschen schon ernst? Sein Gesicht war gelb, wohl auch ein bißchen unrein, aber gelb, glaubte er, war die Farbe von Männern mit Erfolg. Er sprach zu rasch, so konnte er ein vorschnell gesprochenes Wort mit dem 34 Schwall des folgenden zurücknehmen. Und alles, was recht war, lügen – es sollte ihm einer mal nachmachen, wie er log, wenn es darauf ankam. Seine Ohren standen ab? Nun, da erkannten die Leute, er hatte sie offen, und mit seinem roten Haar war er nicht zu verwechseln, er brauchte sich nicht zweimal vorzustellen: David Himmelweit.
Er sprang von einem Bein auf das andere und, die Hände in den Taschen seines lebhaft grauen Beinkleides, drückte er immer wieder die Knöchel durch den Stoff, allein mit dieser einen Bewegung verratend, daß er erst vor einiger Zeit aus Munkasz in der Slowakei hier eingetroffen war und die ganze Last von zwanzig Jahren an der Grenze abgegeben hatte.
»Wissen Sie was«, sagte er zu Tauber und nahm zugleich Rache an Julchen Hurwitz, »Sie sollten sich eine Dezimalwaage anschaffen und die Leute in einem Haustor wiegen!«
Julchen ergriff das erste beste Kleidungsstück und warf es Himmelweit an den Kopf: »Wenn Sie nicht machen, daß Sie fortkommen . . .!« Aber er war schon fort.
»Was sagt man zu so einem Stück?« fragte Julchen, außer Atem vor Verachtung.
»Das werde ich Ihnen sagen«, antwortete Tauber gelassen, »das heißt, wenn Sie es hören wollen, denn ich muß Ihnen eine Geschichte dazu erzählen. Sie werden wissen vom Gerrer Row, daß er eine Reise gemacht hat nach dem Lande Israels? Also eines Tages kommt er zurück, trifft wieder ein in Warschau, natürlich erwartet von seinen Anhängern am Bahnhof, Tausenden. Aber meine Behörde kennt ihre Juden, sie hat damit gerechnet und die Polizei ist mit einem ganzen Aufgebot zur Stelle. Das ist sehr gut, ohne die Polizei hätte der Gerrer Row nicht den Wagen verlassen können, der Bahnsteig war einfach schwarz vor Juden. Also die Schutzleute halten meine Juden zurück, ein Schutzmann aber nimmt sich den Rebbe beim Arm und führt ihn vom Waggon weg an den Wagen. Kaum ist der Rebbe in dem Wagen 35 abgefahren, so stürzt alles vor und hundert sind wenig, die was dem Schutzmann den Ärmel küssen, weil doch der Rebbe den Ärmel berührt hat. Einer aber, ein ganz Frommer, sagt zum Schutzmann: Hier, sie sollen haben hundert Zloty, geben Sie mir die Zigarre, die Sie bekommen haben! Der Rebbe hatte ihm nämlich eine verehrt. Nun, was glauben Sie, tut der Schutzmann? Gor nischt. Er rührt sich nischt. Der Mann bietet zweihundert. Aber was tut mein Schutzmann? Der Schutzmann holt die Zigarre aus der Tasche und steckt sie sich in den Mund. Wie er sie sich aber ansteckt und der fromme Mann das sieht, fällt der um und sinkt in Ohnmacht.«
»Schön, sehr schön«, sagt Julchen, »aber sagen Sie mir bloß, zu was erzählen Sie mir die Geschichte?«
»Zu was ich sie erzähl? Sie wollten doch wissen, was ich von Himmelweit halte. Ich wollte Ihnen sagen, es gibt zwei Sorten Juden, verschieden voneinander wie Sonne und Mond. Die eine Sorte fällt um vor lauter Frömmigkeit und der anderen wird noch vor ganz was anderem nicht schwindlig.«
Julchen denkt: schön, und einfacher ließ sich das nicht sagen?
Der wohlhabende Lumpenhändler Lewkowitz, derselbe, in dessen Diensten vor kurzem Frajim stand, tritt zu Tauber heran. »Wissen Sie was, Tauber, Sie könnten mir etwas geben. Haben Sie Kragenknöpfe?« und ehe Tauber sich bückt, hebt er selbst den Kasten auf und sagt dann mit einem Lächeln: »Die Geschichte, die Sie da erzählten, ich hab nur den Schluß gehört, aber es ist doch wahrscheinlich die von der Ankunft des Gerrer Row – ich glaube, ganz kann sich die Sache so nicht zugetragen haben. Die Gerrer Chassidim erzählen sie zwar so, aber ein Brazlawer Chassid hat mir neulich gesagt: meinen Sie wirklich, der Schutzmann wird zweihundert Zloty nicht genommen haben? Und der Brazlawer hatte wohl recht. Außerdem, möchte ich noch sagen, haben Sie schon mal einen Schutzmann gesehen, der eine Zigarre, die man 36 ihm gibt, im Dienst ansteckt? Er nimmt sie, er tut sie in die Tasche, aber rauchen tut er sie nachher.«
»Da haben Sie den ganzen Herrn Lewkowitz!« preist ihn Julchen. Seine Frau hat ihr im Herbst einen Shawl abgekauft, im nächsten Winter kann es ein Tuch sein, da soll man im April schon höflich sein, zumal wenn man es mit so gutem Gewissen sein darf. Denn zehnfach hat Herr Lewkowitz recht, ein Narr ist dieser Tauber, er meint, Bescheid zu wissen, aber nichts weiß er, er versteht nicht so viel von Tuten und Blasen . . . 37