Richard Dehmel
Zwei Menschen
Richard Dehmel

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3.

Und auf einer Landstraße begegnet ihnen
eine Heerde Schafe, vom Abendrot beschienen;
sie müssen durch den Staub.
Der lahme Hirt hebt besorgt seinen Stecken,
daß die Pferde wie rasend vor der Mißgestalt erschrecken,
aus den Zügeln gehn, hussa, quer durch den Haufen.
Hinter ihnen her lärmt's blökend und blaffend,
eine Weile – dann stoppt der tolle Ritt;
sie zwingen die Gäule zum spanischen Schritt.
Und das Weib sagt lächelnd, die Schleppe raffend:

Als ich gestern den Brief – du weißt – abschickte,
da wurde mir auf einmal klar,
wie dienlich der goldne Käfig mir war,
in dessen Luft ich beinah erstickte.
Wie hat diese Luft mir doch erst eingegeben,
was es bedeutet, sich ganz ausleben:
ganz in ein andres Leben hin!
Wie kann ich jetzt in jedem Baum aufgehen:
das Wachstum jeder Blüte läßt mich sehen,
was du mir bist, was ich dir bin!
Wie glänzt mir selbst der Krüppel dort im Staube:
er ist so eins mit seinen Hunden
wie Gott mit seiner Welt! – Ich glaube,
das hätt ich früher nicht empfunden.

Früher – nickt der Mann, und klemmt die Kandare herunter,
denn sein Blauschimmel halst nach ihrem Rappen,
als wollten sie wieder durch die Lappen –

Aber weißt du: steig lieber nicht weiter hinunter
in diese Welt der einfachen Seelen –
sonst möchte dir Eins an ihrem Gottglück fehlen:
sie gehn nicht auf darin, sie gehn drin unter –
unwissend! – Ja: gottlob: nicht Einen Tag
wärst du im Stande, zwischen diesen Viehern
dich auszuleben – oder sag:
möchtest du Tiere zu Erziehern?

Zwei Menschen lachen; zwei Pferde wiehern.


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