Richard Dehmel
Zwei Menschen
Richard Dehmel

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19.

Und es glänzt ein Strom im Tal; Rebhügel steigen
von kleinen Städten zu Berg und Burg empor.
Herbstfeierlich in letzter Prunksucht umzweigen
die Wälder sie mit hundertfarbigem Flor.
Am Schloßteich spielt ein Kind im Sonnenschein
und schmückt sich mit den sterbebunten Blättern;
ihr goldrot Haar huscht durch den alten Hain –

husch – lacht der Mann – gleich wird's ein Eichkätzchen sein
und über uns im Epheu klettern.
Und der Himmel, schau, wie hochzeitsblau!
ich wollt am liebsten, wir gingen Beide
in edlem Sammet und lautrer Seide,
wie deine Ahnen einst hier schritten.
Wir dürften's wagen, aus diesem Freiherrnbau
die Toten alle heraufzubitten
zur Feier der Freiheit, die Unsern Bund umschwebt.
Vivat, ihr Herrn! wie schwarz das Grab auch nachtet,
Erinnerung schimmert, und wer's recht betrachtet,
der hat das Leben hundertmal gelebt;
hier soll der Odem eines Glückes wehn,
das Macht hat, tausend Tode zu bestehn!

Das Weib lächelt; sie hat das Wappen besehn,
das unterm Epheu nistet überm Tor.
Sie weist empor:

Schau dort: da lugt dasselbe Glück hervor:
für diesen Sternschild hat manch Herz gelodert,
das einst die Welt zu stürmen sich verschwor,
und das jetzt unter unsern Füßen modert.
O Lux, hier rührt mich jeder Strauch und Baum,
und jeder raunt mir doch: die Welt ist Traum.
Nur Du, du bist wie ich so wirklich mir;
du lebst, du leibst, du liebst mit mir.

Da raschelt's. Blätter flattern; durchs Buschwerk schlüpft
das Kind, den Lockenkopf umrankt mit Reben.
Bin ich nicht schön?! jubelt's und hüpft es.
Zwei Menschen öffnen beide Arme dem Leben.


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