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Unsere Wanderung vollzog sich zum Teil während des sibirischen Sommers. Die Taiga, in der sich die Landstraße Tausende Werst lang hinzieht, prangte im herrlichsten Schmucke; der Wald weist hier unendliche Mannigfaltigkeit aller Baumarten auf, und unbeschreiblich ist das köstliche Aroma, das er ausströmt; zahllose Vögel tummelten sich in den Zweigen und erfüllten die Luft mit ihrem Gezwitscher. Nach dem langen Winterschlaf brauste das Leben um so gewaltiger, es war gleichsam ein Überströmen in der ganzen Natur. Überall trunkene und brausende Lebensfreude; nur wir Gefangenen bildeten eine schrille Dissonanz, indem wir einer traurigen Zukunft entgegengingen. Aber auch wir fühlten uns neubelebt. Die Wanderung in der frischen Luft wirkte wohltätig auf uns ein nach der langen Kerkerhaft. Manche, die Moskau krank und schwach verlassen hatten, kamen während des Transports zu Kräften.
Die »Moskauer Landstraße« war, wie gesagt, damals der einzige Verkehrsweg in Sibirien. Nichtsdestoweniger befand sie sich in unglaublich verwahrlostem Zustand. Die Straße ist nicht chaussiert, und während des Tauwetters im Frühjahr oder nach einem Regenguß im Sommer versinken die Wagen oft bis an die Achse. Längs dieser gewaltigen Straße befinden sich in Abständen von ungefähr fünfzehn bis zwanzig Werst Dörfer und auch einige Städte. Seitwärts von der Straße nach Süd und Nord sind menschliche Niederlassungen überhaupt nicht anzutreffen, der Urwald erstreckt sich hier auf Tausende von Werst, und nur hier und da durchstreifen ihn Nomaden, barbarische Hirten- und Jägerstämme.
Solange die »Partie« rastete oder auch während des Marsches verließen wir, die »Politischen«, oft die Straße und begaben uns unter Begleitung einer Wache in den Wald, pflückten Blumensträuße und Waldbeeren. Sonderbare Gefühle beschlichen uns dann: ein Dutzend Schritte abseits ins Dickicht, und man fühlte sich so frei! Aber da erinnerte das Rasseln der Ketten und der Anblick der Soldaten mit aufgepflanztem Bajonett an die düstere Wirklichkeit, und bald riefen die Soldaten uns zurück, damit die »Partie« nicht warte.
Die Offiziere ließen derartige Spaziergänge ruhig zu, obwohl sie durch die Instruktion verboten waren. Anfangs wunderte mich das, aber bald sah ich ein, daß die Offiziere in der Tat überzeugt sein konnten, daß jeder Fluchtversuch unmöglich war. Einzelne Gefangene allerdings waren anderer Meinung. Freilich schien ja die Sache auf den ersten Blick so einfach; es mußte leicht sein, im Dickicht zu verschwinden und das Weite zu suchen; wer konnte den Flüchtling finden im unwegsamen Urwald? Doch haben nur sehr wenige einen solchen Versuch gewagt. Direkt während des Transportes ist nur ein einziger geflüchtet, Dzwonkiewitsch, der 1883 zu ewiger Zwangsarbeit verurteilt wurde. Er lief den Soldaten davon in den Wald, wurde aber eingeholt und furchtbar zugerichtet; wäre nicht der Offizier dazugekommen, die wütenden Leute hätten ihn auf der Stelle umgebracht. Halbtot wurde er nach Krasnojarsk ins Lazarett gebracht, und nur seiner starken Konstitution dankte er es, daß er die schweren Wunden überwand; aber die Spuren davon wird er sein Leben lang behalten. Dieser Vorgang ereignete sich genau ein Jahr vor unserem Eintreffen in Krasnojarsk.
Einige andere Fluchtversuche, wobei die Flüchtlinge aus dem Etappengefängnis ausbrachen, waren nicht minder erfolglos, wenn sie auch nicht so furchtbar endeten. Es ist eben zu bedenken, daß Sibirien ungemein spärlich bevölkert ist und daher jeder Mensch, der sich auf der einzigen Straße zeigt, alsbald die allgemeine Aufmerksamkeit erregen muß; wenn es sich um Staatsgefangene handelt, an deren Einfangen den Behörden gelegen ist, so gelingt es stets, solcher Flüchtlinge habhaft zu werden. Oftmals waren auch die Flüchtlinge gezwungen, sich selbst zu stellen, sie kannten die Wege durch den Urwald nicht, irrten umher und waren froh, wenn sie halb verschmachtet die Landstraße zufällig fanden und das nächste Dorf aufsuchen konnten. Die Bevölkerung war in solchen Fällen eifrig bemüht, den Behörden Hilfe zu leisten; sobald die Bauern einen »Politischen« bemerken, liefern sie ihn unfehlbar der Polizei in die Hände.
Bis in die letzte Zeit war jedenfalls die Anschauung durchaus berechtigt, wonach ganz Sibirien ein einziges großes Gefängnis ist, das infolge der natürlichen Bedingungen mehr Hindernisse für die Flucht bietet als hohe Mauern, eiserne Gitter und zahlreiche Wächter. Aber nur für die Staatsgefangenen, denen die Zustände im Urwald fremd sind, lagen die Dinge so, die Kriminalverbrecher dagegen wußten, wie gesagt, hier Bescheid. Es ist daher verständlich, wenn manche von uns auf den Gedanken kamen, gemeinsam mit den Kriminalverbrechern zu fliehen. Aber derartige Versuche fanden wiederholt ein tragisches Ende. Die Vagabunden sind stets bereit, einen Raubmord an einem »Politischen« zu begehen, um sich seine Barschaft oder auch nur seine Kleider anzueignen. So kam, wie man annimmt, im Jahre 1880 Ladislaus Izbitzky ums Leben. Er hatte glücklich eine »Schiebung« vorgenommen, war als Kriminalverbrecher geflohen und ist seither verschollen; wahrscheinlich haben ihn die Vagabunden, in deren Gesellschaft er sich begab, umgebracht. In einem anderen Falle erzählte mir ein administrativ Verbannter, wie er auf der Flucht mit Vagabunden zufällig ihr Gespräch belauschte; sie wollten ihn im Schlafe ermorden. Er mußte daher wochenlang sich nachts schlafend stellen und doch wach bleiben. Man kann sich vorstellen, was er dabei ausstand. Übrigens trauen die Vagabunden einander gleichfalls nicht über den Weg, und sehr oft begeht einer an dem anderen einen Mord. Man sagt zum Beispiel, daß oft zwei Vagabunden, wenn sie auf einen schmalen Fußsteig im Walde geraten, sich nicht entschließen können, hintereinander zu gehen, weil der Vordere befürchtet, von dem Hinterdreingehenden ermordet zu werden.
Ziehen es aber die Staatsgefangenen vor, die Kriminalverbrecher zu meiden, so laufen sie wiederum Gefahr, anderen Hindernissen zu erliegen. So erzählte mir Genosse Wlastopulo – er war zu lebenslänglicher Strafarbeit verurteilt –, wie er auf der Flucht, die er gemeinsam mit Kosyroff – ebenfalls ein zu Strafarbeit verurteilter Revolutionär – unternahm, beinahe von einem Bären aufgefressen worden wäre. »Der Bär kam plötzlich auf uns zu, ein Entrinnen gab es nicht mehr. Wir drückten uns an einen Baum und glaubten, unsere letzte Stunde habe geschlagen. Zum Glücke trottete Meister Petz ruhig vorüber. Er muß sattgefressen gewesen sein.« Auch Hunger und Durst bereitete den beiden, wie Wlastopulo erzählte, furchtbare Qualen.
Während der Wanderung kannten wir diese Gefahren zwar noch nicht so genau, aber die meisten von uns gaben sich doch Rechenschaft darüber, daß eine Flucht unter solchen Umständen nahezu aussichtslos sei.
Nur zwei von uns, Marie Kaljuschnaja, die zu zwanzig Jahren Strafarbeit verurteilt war, und der Student Jordan, der »administrativ« auf fünf Jahre nach Ostsibirien geschickt wurde, trugen sich beständig mit Fluchtgedanken. Sie waren beide jung, kaum über zwanzig Jahre, und das Verlangen nach Freiheit zehrte sie auf. Keiner ihrer Pläne jedoch war ausführbar. Beide sind dann in der Gefangenschaft in Sibirien gestorben. Kaljuschnaja, deren Geschichte ich weiterhin zu erzählen haben werde, endete unter überaus tragischen Umständen.
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Auf der langen Wanderung hatten wir natürlich auch Gelegenheit, die Bevölkerung kennen zu lernen, die sich längs der großen sibirischen Landstraße angesiedelt hat. Es herrscht hier zweifellos ein gewisser Wohlstand. Viele dieser Dörfer machten einen günstigeren Eindruck als manche russische Provinzstädte. Geräumige, gutgebaute Blockhäuser, sehr oft mit einem Stockwerk, mit Schnitzereien verziert und mit ordentlichen Zäunen und Türen versehen, zogen sich in regelmäßigen Reihen oft einige Werst die Straße entlang. An den großen Fenstern sah man Gardinen und Blumentöpfe; die Zimmer waren teilweise tapeziert, Möbel und Hausgerät von guter Beschaffenheit, stellenweise erlaubte man sich sogar den Luxus von »Wiener« Möbeln aus gebogenem Holze. Auch das Vieh, das wir zu sehen bekamen, war größer und besser gehalten, als wir es bei russischen Bauern gewöhnt waren.
Diese Wohlhabenheit war nur zum Teile auf die Ergiebigkeit der eigentlichen Bauernwirtschaft zurückzuführen. In erster Linie fanden nämlich die Bewohner reichlichen Verdienst am Handel und am Fuhrgewerbe. Es war eben die große Handelsstraße im Verkehr zwischen dem nördlichen Asien und Europa. In langen Reihen zogen auf der Landstraße die Wagenkarawanen daher, so zahlreich, daß oft der Verkehr stockte. Und nicht nur beim Waren-, sondern auch beim Personentransport fanden die Bauern Beschäftigung und Verdienst: die Pferdepost war in der Regel nicht imstande, den Verkehr zu bewältigen, und die Reisenden, besonders die Kaufleute, waren gezwungen, private Fuhrwerke zu mieten und teuer zu bezahlen. Daneben fanden die Anwohner freilich andere, recht anrüchige Erwerbsquellen. So waren zum Beispiel zu jener Zeit manche Dörfer direkt verrufen, und man bezeichnete sie einfach als Diebs- oder gar Räuberdörfer, weil keine Warenkarawane hier vorbeikam, ohne Verluste zu erleiden: bald wurde ein Kolli mit Tee gestohlen, bald ein Pferd usw. Ja von manchen dieser Dörfer wurde allgemein behauptet, daß ihre Bewohner nächtliche Raubzüge auf der Landstraße veranstalten. Charakteristisch ist, daß diese Gaunereien die Betreffenden durchaus nicht in der »öffentlichen Meinung« herabsetzten. Wenn auch noch so gut bekannt war, daß dieser oder jener Ehrenmann zahlreiche Diebstähle auf dem Kerbholz hat, wenn er nur reich war, wurde er trotzdem in der »guten Gesellschaft« empfangen, ja zu Ehrenämtern berufen: als Kirchenvorsteher, Gemeindevertreter, Bürgermeister. Als ich später in Sibirien als Verbannter lebte, hörte ich oft von durchaus glaubhaften Leuten mit allen Details erzählen, wie dieser oder jener brave, allgemein geachtete, wohlsituierte Bürger durch Raub und Gaunerei, ja durch direkten Mord zu Vermögen gekommen war. Und manche solcher Leute, deren Vergangenheit derartige Schandtaten aufwies, gingen auch noch diesem sauberen Gewerbe nach, nachdem sie bereits Hab und Gut im Überfluß erworben. So ereignete sich zum Beispiel Ende der achtziger Jahre in Tschita, der Hauptstadt des Gouvernements Transbaikalien, folgendes: Der Militärgouverneur General Barabasch gab ein Gastmahl, an dem alle Honoratioren der Stadt teilnahmen. Direkt von der Tafel brach dann der reiche, ehrbare Kaufmann und Bürgermeister Alexejeff auf, um die eben abgehende Post bei Nacht auszurauben. Der ehrenwerte Mann jagte mit einem Bekannten der Postkutsche nach, sie ermordeten den Kutscher, verwundeten den Kondukteur, raubten den Postbeutel mit Geldbriefen und machten sich aus dem Staube. Da der Kondukteur, den sie tot glaubten, gerettet wurde, kam die Sache heraus, und weil ein besonders energischer Untersuchungsrichter die Leitung in den Händen hatte, gelang es nicht, sie zu vertuschen, wie das sonst in den meisten Fällen geschah. Der Prozeß wurde vor einem Kriegsgericht durchgeführt und die Raubmörder zum Tode verurteilt.
Der Abstammung nach war diese längs der Landstraße angesiedelte Bevölkerung stark gemischt. Da waren neben großrussischen Dörfern tatarische, burjatische und andere mehr. Diese Verschiedenheit trat auch im äußeren Anblick klar zutage. Es gab auch Dörfer, die ausschließlich von Sektierern bewohnt waren, die man zwangsweise angesiedelt hatte, zur Strafe für den Abfall von der Staatsreligion. Besonders interessierten mich die Dörfer der sogenannten »Sabbataner«. Die Anhänger dieser Sekte sind der Abstammung nach Russen, ihre Religion ist aber der Mosaismus in strengster Form. Es schien schier unglaublich, daß man diese typischen Repräsentanten der slawischen Rasse als Juden ihrer Religion nach zu betrachten hatte, und noch sonderbarer war der Eindruck, wenn man diese Großrussen die Vorzüge ihres »israelitischen« Glaubens rühmen hörte. Ihrer Lebensweise und ihrer Beschäftigung nach unterscheiden sich die »Sabbataner« in nichts von russischen Bauern, doch übertrafen ihre Dörfer an Reinlichkeit und Wohlhabenheit bei weitem die christlichen.
Viele von den Kriminalsträflingen, die, wie erwähnt, den Weg zu wiederholten Malen zurückgelegt hatten, kannten das Treiben und die Sitten der Sibirier sehr genau. Diese Leute waren wahre Fundgruben aller möglichen Informationen und wußten zuweilen ungemein interessant zu erzählen. Die Sibirier erschienen in diesen Erzählungen meist nicht in günstigem Lichte, denn die Vagabunden haßten sie meist aus ganzem Herzen; es gibt wohl keine schlechte Eigenschaft, die sie ihnen nicht nachsagten, und im allgemeinen waren die Vagabunden überzeugt, daß sie moralisch höher stehen als die Sibirier, obwohl sie durchaus nicht zur Selbstüberhebung in dieser Richtung neigen. »Man weiß ja, wir sind Verbrecher, Halunken durch und durch, aber die Bande ist noch tausendmal schlimmer als wir,« meinten sie. Sie gaben den Sibiriern allerhand Spottnamen, deren Sinn uns unbegreiflich blieb, die aber die Betreffenden furchtbar zu ärgern schienen.
Die gegenseitigen Antipathien dieser Leute erklären sich wohl daraus, daß sie einander gar zu gut kennen, und auch wohl aus dem Schaden, den sie sich gegenseitig seit Generationen zufügen, daß sie dagegen einander oft auch Gutes erweisen, kommt in Vergessenheit.
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Da wir während der Wanderung in engste Berührung mit der Verbrecherwelt kamen, so lernten wir – um mit Lombroso zu sprechen – den »Verbrechertypus« aus eigener Anschauung kennen. Diese Dinge sind eingehend und oft beschrieben worden, so daß ich glaube, nicht noch etwas Neues sagen zu können, und daher nur einige Beobachtungen mitteilen will.
Im allgemeinen machten die Verbrecher auf mich einen günstigeren Eindruck, als ich erwartet hatte. Freilich, vieles war hier abstoßend und widerlich, aber ich glaube, daran waren im allgemeinen nicht die Leute selbst schuld, sondern es lag daran, daß die Sträflinge unter dem speziellen Einfluß jener »Iwans«, von denen ich sprach, standen, besonderer Typen, die dem Ganzen die Farbe gaben. Mit Ausnahme der Rädelsführer und einer Anzahl schwerer Verbrecher, denen es noch nicht gelungen war, »Schiebung« zu machen, bestand die große Masse aus ganz gewöhnlichen Durchschnittsmenschen des arbeitenden Volkes mit all seinen Vorzügen und Fehlern. Der Hauptzug dieser Masse bestand vor allem in einer stumpfen Ergebenheit in ihr Schicksal und scheuer Furcht vor jedem, der es verstand, imponierend aufzutreten; dabei waren die meisten Sträflinge ebenso gutmütig und stets bereit, dem Nächsten zu helfen, wie im allgemeinen die Menschen der arbeitenden Volksklasse es sind.
In unserer Partie befand sich eine große Anzahl von Menschen, die unter keinen Umständen als Verbrecher gelten konnten. Bekanntlich haben heute noch in Rußland die Dorfgemeinden die Macht, Mitglieder, die ihnen nicht passen, auszustoßen, und diese Unglücklichen werden dann ohne Gerichtsspruch, einfach auf den Machtspruch der Bauerngemeinde hin, nach Sibirien geschickt, um dort angesiedelt zu werden. Dabei kommt dieses Verdikt der Dorfgemeinde in den meisten Fällen zustande, ohne daß die Mehrheit in Wirklichkeit von der Untauglichkeit des Ausgestoßenen überzeugt wäre. Der Gemeindeschreiber und zwei oder drei Großbauern und Wucherer, die »Kulaki«, bringen es leicht fertig, jeden ihnen mißliebigen armen Schlucker auf diese Weise zu beseitigen. Es ist kaum zu sagen, wie viel himmelschreiende Ungerechtigkeit auf diese Weise an den armen, wehrlosen und hilflosen, beschränkten und gesetzunkundigen Bauern verübt wird. Die Opfer dieser barbarischen Einrichtung in unserer Partie wußten darüber viel Trauriges zu erzählen, und was ich selbst früher auf den Dörfern beobachtet hatte, bestätigte durchaus diese Leidensgeschichten.
Diese Kategorie der sibirischen Deportierten war also jedenfalls in sittlicher Hinsicht – von einigen Ausnahmen abgesehen – kaum niedriger einzuschätzen als unsere bäuerliche Bevölkerung im allgemeinen.
Des weiteren befanden sich unter den Deportierten einige Sektierer, hauptsächlich »Skopzen«, Eine Sekte, deren besonderes Kennzeichen die Selbstverstümmelung (Entmannung) ist. die jedenfalls weit entfernt von dem sogenannten Verbrechertypus sind. Im Gegenteil, jeder, der Gelegenheit hatte, das Treiben und Leben der Sektierer in Sibirien zu beobachten, weiß, daß diese Leute das arbeitsamste, energischste und kulturell am höchsten stehende Element der dortigen Bevölkerung bilden. In der »Partie« vermieden die Sektierer stets jede Teilnahme an rohen Szenen, an den Zänkereien, Raufereien der übrigen und wollten weder mit den Behörden noch mit den Rädelsführern der Sträflinge in Konflikt geraten; alle Verfolgungen, Beleidigungen und Beschädigungen von seiten der rohen Gesellen ihrer Umgebung nahmen sie demütig als von Gott auferlegte Prüfung hin.
Am meisten passiv, furchtsam und unterwürfig verhielten sich sodann diejenigen Sträflinge, die am wenigsten auf dem Kerbholz hatten und zu geringen Strafen verurteilt waren. Unter diesen Leuten befanden sich jene Unglücklichen, die, wie bereits erwähnt, oft ihr Kostgeld für ganze Wochen verspielten und dann wirklich Hunger litten; dieselben waren es auch, die für ein Bettelgeld sich zu den »Schiebungen« hergaben, das heißt mit Schwerverbrechern tauschten, wofür sie dann durchgepeitscht wurden und einige Jahre Strafarbeit erdulden mußten. Inmitten der Sträflinge selbst wurden diese Jämmerlinge mit grenzenloser Verachtung behandelt, und allgemein wurde ihnen der Spottname »Zwiebackmännchen« beigelegt, ein ungemein zutreffendes Wort, denn fast alle diese Menschen sahen ausgehungert, abgezehrt und fahl aus, wie ein Zwieback. Jeder Wille schien ihnen abhanden gekommen zu sein, das Hasardspiel war ihre einzige Leidenschaft, und diese Leidenschaft war der Quell all ihrer Leiden und Entbehrungen. In der »Partie« spielten die »Zwiebackmännchen« die Rolle der Paria, alle abstoßenden und ekelhaften Arbeiten, wie das Reinigen der Aborte und ähnliches, hatten sie zu besorgen. Da sie ewig Hunger litten. waren sie stets bereit zu stehlen, was zu stehlen war. Wenn es jedoch vorkam, daß einer der »Iwans« bestohlen wurde, so wurde der abgefaßte Dieb in der Regel durchgepeitscht, daher hüteten sie sich, einen ihrer Tyrannen zu bestehlen. Ich weiß mich eines derartigen Falles zu erinnern: Ein junger Bursche hatte einem der »Iwans« ein Stück Brot genommen und war dabei auf frischer Tat ertappt worden; das Artel beschloß, ihn exemplarisch zu bestrafen, »damit er in Zukunft seine Leute nicht bestehlen möge«.
Ich sagte das »Artel«; diese Organisation, die sich in der Sträflingswelt seit undenklichen Zeiten herausgebildet hat, ist ungemein interessant. Es beruht auf strengbefolgten, ein für allemal gültigen Regeln, von denen die wichtigste darin besteht, daß der einzelne sich unbedingt dem Willen der »Gesamtheit«, dem »Artel«, zu fügen hat. Formell, de jure sozusagen, hat jeder Sträfling das gleiche Recht in der Organisation, de facto sind die »Iwans«, die alten erfahrenen Verbrecher und Vagabunden, das ausschlaggebende Element, sie herrschen wie echte Oligarchen, rücksichtslos und nur ihr eigenes Interesse wahrnehmend; ihr Wille ist es in Wirklichkeit, der als Wille der Gesamtheit entscheidet. Ohne die Sanktion des Artels hat kein Übereinkommen zwischen Individuen Geltung; nur mit ihrer Einwilligung kann zum Beispiel eine »Schiebung« perfekt werden, und daher fließt ein Teil der verabredeten Belohnung in die gemeinsame Kasse. Ist einmal eine derartige Sanktion erfolgt, so gibt es kein Zurück; ein Sträfling, der eingewilligt hat, die »Schiebung« vorzunehmen und seinen Lohn empfangen hat, würde mit dem gesamten Artel in Konflikt geraten, wenn er sich weigern würde, an Stelle des anderen zu treten, der ihn bezahlt hat. Aber derartige Fälle kommen überhaupt nicht vor, die Furcht vor der strengen Rache des Artels ist zu groß. Ein Verrat an dem Artel wird konsequent mit allen Mitteln geahndet. Die Behörde ist nicht imstande, einen solchen Verräter zu schützen; sie mag ihn von der »Partie« isolieren, sie mag ihn selbst in ein anderes Gefängnis stecken, überall finden ihn die Hauptmacher, die Vagabunden, und denunzieren ihn den übrigen Gefangenen, und überall ereilt ihn die Rache. In dieser Beziehung ist das Solidaritätsgefühl ungemein lebhaft. Den Behörden gegenüber wird das Artel durch den »Starosten«, den Obmann, repräsentiert, den die Sträflinge aus ihrer Mitte wählen. Es ist das ein Ehrenposten, und natürlich bewerben sich um ihn die erfahrenen und mit allen Hunden gehetzten Verbrecher. Der Obmann fungiert als Vermittler zwischen dem Artel und der Behörde, er bekommt zum Beispiel das Kostgeld für die Sträflinge ausbezahlt und hat für die Verteilung zu sorgen, andererseits haftet er für alles, was in dem Artel passiert. Seine Macht der passiven Masse gegenüber ist also naturgemäß bedeutend, dagegen ist er direkt abhängig von den Hauptmachern, die seine Wahl durchgesetzt haben, ihnen gegenüber ist er machtlos; würde er versuchen, sich gegen sie zu wenden, so haben sie allerhand Mittel und Wege, ihn in Konflikt mit der Behörde zu bringen, ihn ins Unglück zu stürzen. Natürlich bringt das Amt auch pekuniären Gewinn, und es kommt oft vor, daß der Kandidat für den Obmannsposten den Hauptmachern eine den Verhältnissen entsprechend ansehnliche Quote für die Wahl zahlt.
Ein minder ehrenvolles, dafür aber um so einträglicheres Amt ist das eines »Kramhalters«. Es darf nämlich einer der Sträflinge Handel mit Tee, Zucker, Tabak und ähnlichen Dingen treiben, insgeheim aber handelt er mit Schnaps und Spielkarten. Dieses Privileg wird für bestimmte Zeit von dem Artel an einen der Kandidaten übertragen, der dafür eine gewisse Summe in die Kasse zahlt. Der Hauptgewinn besteht natürlich im Schnapsausschank und dem Vermieten von Spielkarten. Abends, sobald die Sträflinge eingeschlossen waren, öfters auch am Tage, sah man sie in Gruppen am Boden hocken und dem Hasard frönen. Da wurde das spärliche Kostgeld verspielt, oft auch Kleider, Wäsche, Stiefel usw., die Staatseigentum sind; natürlich haftet der Sträfling für die ihm zugewiesenen Sachen, und wenn sie dann bei der Revision fehlen, hat er grausame Züchtigung zu gewärtigen. Halbnackt, mit Lumpen angetan, hatten die armen »Zwiebackmännchen« natürlich unter der Unbill der Witterung zu leiden, und als die kühlen Herbsttage kamen, gingen sie nicht mehr, sondern liefen während des Marsches, um sich warm zu halten, und bebten am ganzen Körper. Es war erstaunlich, was diese Menschen an Hunger und Kälte aushalten konnten. Wir versuchten wohl, ihnen Hilfe zu leisten, aber erstens waren unsere Mittel äußerst beschränkt, zweitens verspielten sie bei der nächsten Gelegenheit trotz der heiligsten Versprechungen alles, was wir ihnen gaben. Es kam auch vor, daß ein glücklicher Gewinner einen Teil seines Gewinnes an die Hungerleider verteilte, und deshalb bildete sich stets um die Spielenden ein Kreis vor Begierde brennender Jämmerlinge, die mit gleicher Leidenschaft das Spiel verfolgten wie die Spieler selbst. Außerdem war es Sitte, daß der Kramhalter, wenn die Frist ablief, für die er gewählt war, die ganze Gesellschaft bewirtete; das war dann jedesmal ein Fest: »Wir werden uns sattessen, der Kramhalter spendiert.«
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Die Convoioffiziere mischten sich grundsätzlich niemals in die Angelegenheiten des Artels, und die Sträflinge hielten aus eigenen Stücken Ordnung, um jede derartige Einmischung, jede Beschwerde hintanzuhalten. Es war in der Tat erstaunlich, daß dieser Haufen Leute, unter denen sich die verwegensten Räuber und Mörder befanden, so leicht zu regieren war, obwohl die Zahl der Mannschaften zur Überwachung relativ gering war. Während der ganzen Zeit machte keiner der Sträflinge einen Fluchtversuch: es ist unbedingt verpönt, während des Transports zu fliehen, weil sonst Repressalien gegen das Artel erhoben werden könnten; gerauft und gestritten wurde oft, aber niemals bedurfte es der Einmischung der Soldaten, niemals wurden Anzeigen gemacht; es wurde zweifellos viel gezecht, denn Schnaps war stets zu haben, aber niemals randalierte ein Betrunkener in Gegenwart der Obrigkeit, dafür sorgten die übrigen. Auf diese Weise bestand stillschweigendes Einvernehmen zwischen den Convoioffizieren und dem Artel. Der Offizier wußte, daß wenn er die Sträflinge in gewissen Dingen gewähren ließ, sie selbst für Aufrechterhaltung der Ordnung sorgen und ihm dann niemals Ungelegenheit bereiten werden. Dafür sahen wiederum die Offiziere durch die Finger, wenn diese oder jene Bestimmung der Instruktion übertreten wurde. So zum Beispiel trug die Mehrzahl der Sträflinge von Tomsk ab während des Marsches Fesseln, aber sie waren nur angebunden, nicht angeschmiedet, denn auf den Etappenstationen wurden sie ohne weiteres abgenommen; die Offiziere ließen es geschehen, obwohl ein Lösen der Fesseln nach der Instruktion streng verboten war.
Es gab die verschiedenartigsten Menschen unter diesen Convoioffizieren, auf dem Wege von Tomsk nach Kara waren ihrer vierzig stationiert, aber keiner von ihnen machte in Beziehung auf die Behandlung der Kriminalsträflinge eine Ausnahme. Ich habe auch niemals beobachtet, daß die Offiziere ihre Gewalt gegen die »Partie« mißbraucht hätten, daß sie besonders schroff und roh gegen die Gefangenen wurden, geschweige denn, daß einer versucht hätte, sie beim Kostgeld oder anderen Emolumenten zu übervorteilen. Dagegen kam es wiederholt vor, daß Offiziere sich vor Gericht zu verantworten hatten, weil sie ihren Mannschaften gegenüber sich verfehlt, sie direkt bestohlen hatten.
Man muß bedenken, daß die Etappenstationen isoliert in der Wildnis liegen, weitab vom Sitze der Verwaltungs- und Militärbehörden, daß jede Kontrolle daher erschwert war; unter solchen Umständen ist es begreiflich, wie leicht hier Unterschleife und Mißbräuche von seiten der Offiziere stattfinden konnten. Die meisten dieser Leute hatten eine durchaus mangelhafte Erziehung in den sogenannten »Junkerschulen« genossen; sie waren dann in die Einöden Sibiriens geraten, und natürlich ließen viele hier ihrem rohen Naturell die Zügel schießen. Die meisten kannten keinen anderen Genuß als Trinken, und angetrunken begingen sie dann alle möglichen Exzesse, vertranken und verspielten das Regiegeld, malträtierten ihre Leute usw.
Dann gab es unter ihnen auch haushälterisch Veranlagte. Diese waren weniger zu Exzessen geneigt, aber die Soldaten hatten es bei ihnen nicht besser, sondern eher schlechter, als bei den Tollköpfen und Säufern; diese guten Haushälter etablierten nämlich einen großen Wirtschaftsbetrieb auf ihren Stationen und beuteten ihre Mannschaft schonungslos aus, indem sie sie zu allen möglichen Arbeiten in Hof und Feld benutzten. Allerdings waren derartige Ausbeuter selten.
Im Verkehr mit uns, den »Politischen«, verhielten sich die meisten Offiziere streng formalistisch und vermieden geflissentlich jeden Konflikt. Aber ganz abgesehen von der allgemeinen Haltung, gab es doch hunderterlei Kleinigkeiten, die für uns während der langen Reise von großer Bedeutung waren, so geringfügig sie an sich sein mochten. Da war zum Beispiel die Frage der Zeit unseres Abmarsches in der Früh, die, wie erwähnt, einmal einen Zusammenstoß herbeiführte. Mit anderen Offizieren hatten wir lange Debatten zu führen, weil wir den »Kübel« nicht über Nacht in der Kammer behalten wollten, der die Luft verpestete, und wegen der Damen, die den Raum mit uns teilen mußten, und ähnliche Bagatellen kamen beständig in Betracht. War der Offizier schlecht gelaunt oder übelwollend, so konnten eben diese Bagatellen sehr leicht zur »Aufsässigkeit« unsererseits führen, zu Beleidigungen und Tätlichkeiten, dann war die Revolte fertig, und es drohte die Verhängung eines Kriegsgerichts über uns mit allen tragischen Folgen. Zum Glück kam es niemals so weit, was wir zum Teil dem Umstand zu verdanken hatten, daß in unserer Mitte einige Leute von gesetztem Alter waren, die kalmierend wirkten, und daß drei Mann aus unserer Mitte viel Erfahrung im Verkehr mit den Behörden hatten, da sie bereits zum zweitenmal nach Sibirien wanderten. Es waren dies Maljewanny, Spandoni und Tschuikoff, die das erstemal als »administrativ Verbannte« in Sibirien waren und jetzt abermals hingingen Außerdem verdankten wir in dieser Beziehung sehr viel dem energischen und taktvollen Auftreten unseres Obmanns Lasareff.
Es gab allerdings auch Offiziere, die uns gern Gefälligkeiten erwiesen, mit Zeitungen versahen, unsere kleinen Wünsche berücksichtigten und nach Möglichkeit entgegenkamen.
Vereinzelt hatten wir sogar ganz unerwartetes Glück. So erkannte einer der Offiziere in unserem Genossen Snigireff, einem Veterinärarzt, einen Schulkameraden und war höchst gerührt ob der Begegnung, was dazu führte, daß er alle möglichen Erleichterungen während der zwei Tage, die er uns begleitete, verschaffte. Ein anderer Offizier entpuppte sich sogar als Anhänger des Sozialismus! Er war früher einmal den Kreisen der Revolutionäre nahe gekommen und machte jetzt kein Hehl daraus, daß seine Sympathien vollständig auf unserer Seite waren. Der Mann erklärte offen, daß er viel verbotene Schriften lese, und vertiefte sich mit uns in Gespräche über politische Probleme. Natürlich waren wir freudig überrascht, unter den Werkzeugen des Despotismus einen Mann zu finden, der auf unserer Seite stand.
Ein wenig mag auf das Verhalten einzelner Offiziere uns gegenüber auch ein eigenartiges Mißverständnis eingewirkt haben, dem wir zufällig auf die Spur kamen. Die Sache verhielt sich so:
Auf einer der Etappenstationen fanden wir beim Eintritt in die uns angewiesene Kammer einen Mann in einfacher Kleidung mit Ketten an den Händen vor. Es war ein administrativ Verbannter, der Fabrikarbeiter Stephan Agapoff Agapoff war an dem Prozeß der fünfzig Propagandisten im Jahre 1877 beteiligt und wurde zu drei Jahren acht Monaten Zwangsarbeit verurteilt; im Jahre 1880 ward er aus dem Kerker entlassen und als »Ansiedler« in Ostsibirien interniert. der aus dem Flecken Bargusin nach dem westlichen Sibirien transportiert wurde, weil seine Strafe infolge des Krönungsmanifestes vom Jahre 1883 gemildert worden war. Seine Frau, eine sibirische Bäuerin, begleitete ihn. Agapoff erzählte uns nun folgendes: Als man unsere »Partie« erwartete, hatte der Offizier ihm befohlen, die Kammer zu verlassen, da alsbald eine Partie politischer Gefangener eintreffen würde, die aus lauter Grafen und Fürsten bestehe, und diese hochgestellten Persönlichkeiten könnten nicht mit einem gewöhnlichen Arbeiter in einer Kammer untergebracht werden. Agapoff und seine Frau meinten nun, das sei kein Grund, sie aus der für politische Gefangene bestimmten Kammer zu weisen, und verweigerten den Gehorsam; das führte zu einem heftigen Auftritt, und der Offizier ließ Agapoff in Ketten schmieden. Noch schlimmer war, daß der erboste Offizier auf seine Weise Rache nahm. In der Instruktion wird bestimmt, wieviel Bagage ein Gefangener führen dürfe, und da die Eheleute ihre ganze Habe mitführten, die sie sich durch harte Arbeit in Ostsibirien erworben hatten, was natürlich mehr war, als die Instruktion vorschrieb, so ließ der Offizier kurzerhand alle Sachen, die über die Norm waren, öffentlich an die Ortsbewohner versteigern, eine Bosheit, die um so schreiender war, als den Verbannten gewöhnlich gestattet wurde, reichlich Gepäck mitzuführen; zudem handelte es sich hier um Leute, an denen ein Gnadenakt vollzogen wurde. Die Bedauernswerten hatten infolgedessen nicht nur Beleidigungen erleiden müssen, sondern man hatte sie direkt beraubt.
Das Verhalten des Offiziers empörte uns aufs äußerste. Unser braver Obmann begab sich zu ihm und forderte, daß Agapoff von den Ketten befreit werde, was jener auch sofort ohne viel Einwände anordnete. Die Komik dieses Vorfalls lag darin, daß die »Grafen« und »Fürsten«, die das Unglück über den armen Agapoff herbeigeführt hatten, wir selbst waren. In Wirklichkeit befand sich aber nicht ein Graf oder Fürst in unserer Mitte. Wahrscheinlich war das Mißverständnis durch die Briefe entstanden, die einige von uns unterwegs abfertigten, unter denen sich einige befanden, die an hochgestellte Persönlichkeiten adressiert waren: Graf Leo Tolstoi, Fürst Wolkonski, Wirklicher Geheimrat Tschulejnikoff usw. Daraus entstand dann die Legende, daß in unserer Partie lauter Grafen und Fürsten deportiert wurden.
Leider hatte für die unglücklichen Eheleute Agapoff die Sache noch weitere schlimme Folgen. Der Offizier hatte eine Beschwerde gegen Agapoff eingereicht, Beleidigung, Gehorsamsverweigerung usw., und die Folge davon war, daß man die Armen in einer jener »Städte« im Norden des Gouvernements Tobolsk internierte, von denen oben die Rede war. Der Mann war also begnadigt, man brachte ihn aus dem östlichen nach dem westlichen Sibirien, aber in Wirklichkeit erging es ihm hier schlimmer als vorher, da diese Orte, wie ich in einem der vorigen Kapitel schilderte, zu den allerschlimmsten Deportationsstätten gehörten, schlimmer als der Ort, wo Agapoff bis dahin gewesen war.
Die Laune eines Offiziers genügte hier, um ein Menschenpaar ins Unglück zu stürzen.