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Totenklage im Völkerschlachtdenkmal

Ihr toten Brüder, jenseits der tiefen Nacht,
schaut ihr die Feuer unserer Totenwacht?
Habt ihr der Lieder, habt ihr des Lebens acht?
Unsre jungen Seelen sind loh entfacht,
Opferfeuer für euch am gähnenden Schacht
dunkelnder Ewigkeiten und toter Zeit.
Unsre Seelen sind eurer Antwort bereit!
Unsre Feuer verdämmern in eure Nacht,
Lichter, Gedanken und Lieder schicken wir weit,
weit hinüber zu euch durch Dunkelheit,
Hört uns, ihr Brüder, wir halten Totenwacht!

Ist der ein Tor, der harrend am Meeresstrand
rufend die Stimme schickt nach jenseitigem Land?
Der nach dem Schiffe, das lange in Nacht entschwand
immer noch grüßt und grüßt mit winkender Hand?
Ist der ein Tor,
der für die Nähe und Ferne den Sinn verlor,
weil ihm die Seele von zeitloser Sehnsucht entbrannt?
Flutet ein Meer zwischen Zeit und Ewigkeit?
So wenig seid ihr uns fern, die ihr nicht mehr seid!
Unsre Füße rauschen durch euer Haus,
wir fuhren, Wellen im Strom, ihr wuscht seine Bette aus.
Gestern waret ihr Strom und heute wir,
stromab gleiten wir alle, ihr dort, wir hier.
Aber es bleibt, den die Wogen befruchten, der Strand
Ewig dient unser Strom dem dauernden Land.
Ewig prangt das Land von der kühlen Kraft,
die, im Wechsel dauernd, das Dauernde schafft.
Jede Welle gibt flutend ihr Bestes dem Land.

Jede Welle verliert sich zuletzt ins Meer.
Nie wird das heilige Bett des Stromes leer.
Ihr strömt Welle um Welle zum Meeresschoß,
aber die Sonne reißt euch vom Meere los
schüttet aus Wolken eure befruchtende Kraft
wieder über das Land, daß es nie erschlafft.
Ewige Kräfte tauschen Ströme und Meer.
Tote Brüder, ihr wandert über uns her,
wandert als Wolken über der wandernden Flut. –
Ewig in eurer, ewig in unsrer Hut
dauert der Strand,
dauert das blühende, ewige deutsche Land!
Wetterzeichen lohen am Horizont!
Über die Heimat, die noch der Friede besonnt,
jagen Sturmschwalben mit unheilkündendem Flug ...
Brüder, wir wissen genug!
Wenn an den Grenzen der Feind den Haß nicht hemmt,
Wehe ihm! Woge auf Woge rollt ungedämmt
über ihn hin, bis er in Nichts verschwemmt!
Wenn die Schwerterstunde des Schicksals gleißt,
aus Gewitterwolken strömt euer Geist
rauschend nieder und mischt sich unsrer Flut
und strömt mit uns über die fremde Brut!
Hört uns, ihr Brüder! Wir halten Totenwacht.
Unsre jungen Seelen sind loh entfacht,
unsre jungen Seelen sind wach und bereit.
Um die Feuer sitzen wir, Hüter der Zeit,
schickt uns zur Antwort Kräfte der Ewigkeit!

*


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