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Das schlafende Haus

Die Mutter Nacht geht leis durchs Haus
und löscht die letzten Kerzen aus.
Ihr Schleier duftet zart und rauscht,
wenn ihn der Zugwind leise bauscht.
So rauscht durch Linden Himmelsluft,
wie Kindesatem weht sein Duft.
Sie segnet fromm das ganze Haus
treppauf, treppab, türein, türaus.
Sie sitzt am Herd und hält die Hut
und scheint ein Schatten müder Glut.
Ein Bettlein ächzt, ein Brettlein stöhnt,
ein schlummertrunknes Büblein klöhnt,
ein traumverlornes Stimmlein klingt,
die Nacht am Herde sitzt und singt:
Gottesodem strömt und rinnt
sacht durch Mann und Weib und Kind,
leise hebt er Brust um Brust,
wandelt sich in Kinderlust,
Weibesschönheit, Manneskraft,
Gottesodem webt und schafft,
Gottesodem strömt und rinnt
sacht durch Mann und Weib und Kind ...
Die Nacht am Herde sitzt und wacht
und singt nur leis und atmet sacht.
Leis weht der Nachtwind ein und aus,
ganz leis: Die Freude schläft im Haus.
Die Freude schläft im Haus und träumt,
bis goldnes Licht in Wolken schäumt.
Dann schlüpft beim ersten Tagesglühn
vorm Fenster tief aus Birkengrün
ein Vögelein und singt mit Macht
sein Wächterlied: »Frau Nacht! Frau Nacht!
Hab Dank! Die Freude ist erwacht!«

*


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