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Die kleine Cili Cohrs stand in der Tür und tat, als wenn sie nach dem Wasser guckte, in Wirklichkeit beobachtete sie aber ihre Mutter, die auf der Diele vor dem doppeltürigen Eichenschrank stand und dabei war, die Kleider umzuhängen, wobei sie sie Stück für Stück ans Tageslicht brachte und scharfen Auges überholte. Sie hatte es auf das weiße Kleid abgesehen, die Deern. Darauf wartete sie: sobald es zum Vorschein gekommen war, wollte sie ihr Glück wieder versuchen.
Es war doch ein Jammer, daß das schöne, weiße Kleid im dunkeln Schrank vergrimmelte und verspakte, weil ihre Mutter es wollte! Warum sie sich davon wohl nicht trennen konnte, wenn sie es doch nicht mehr sehen mochte, wie sie sagte? Cili hatte es im vorigen Jahre auf einmal entdeckt, als sie den Schrank reinigte. Da hatte sie es gleich anziehen wollen, aber die Mutter war dazwischen getreten und hatte es ihr weggenommen. Sie solle es nicht anfassen, und tragen solle sie es auch nicht. Das alte Kleid sei auch gänzlich aus der Mode gekommen, und es sei ihr auch noch viel zu groß, hatte sie gesagt und es in die hinterste Ecke gehängt, hatte den Schlüssel in die Tasche gesteckt und zu Cili gesagt: sie solle sich nicht unterstehen und das Kleid herausnehmen. Damit hatte sie aber nur erreicht, daß das weiße Kleid eine geheimnisvolle Macht über das Mädchen zu gewinnen begann und ihre Gedanken das ganze Jahr beschäftigte. Das Kleid ließ Cili keine Ruhe, und als ihre Mutter vor einigen Wochen, als ihr Vater von Bremerhaven gedrahtet hatte, nach der Weser gereist war, da hatte sie der Versuchung nicht widerstehen können: sie hatte das Kleid bei verschlossenen Türen angezogen. Ganz seltsam war es gewesen, wie wunderbar es gepaßt hatte, als wenn es für sie gemacht worden wäre! Nirgends hatte es gedrückt und nirgends Falten geworfen: leicht saß es über den Brüsten und fest um die Hüften, und prächtig fiel der Rock. Cili stand sinnend vor dem Spiegel und betrachtete das Kleid, und mit einem Male erwachte sie aus einem Traum zum Bewußtsein und sah ihre eigene Schönheit. Was ihr aber gar nicht in den Kopf wollte, war: daß ihre Mutter einmal ein so kleines, schlankes Mädchen gewesen war, der dies weiße Kleid wie ihr gepaßt hatte. Ihre große, behäbige Mutter, hinter der sie sich jetzt verstecken konnte! Cili Cohrs lachte in sich hinein: ob ihre Mutter damals wohl schon einen Bräutigam für Musik und Nachhauseweg gehabt hatte? Gewiß wohl, denn wofür hatte sie sich sonst das schöne Kleid machen lassen? Ob ihr Vater es gewesen war? Sicherlich, denn einen andern Bräutigam konnte sie für ihre Mutter gar nicht ausfindig machen, wie sie auch nachdachte.
Das schöne Kleid machte die kleine Deern keck und ließ ihr Herz schneller schlagen. Unbefangen dehnte sie ihre jungen Glieder. Sie war nicht die leiseste am Deich und die Leute kannten sie im Dunkeln eher an ihrem Lachen als an ihrer Gestalt: jetzt aber kam ein Übermut in ihren Kopf, daß sie am liebsten auf den Deich gelaufen wäre und ihren weißen Staat vor groß und klein gezeigt hatte. Immer wieder drehte sie sich vor dem Spiegel hin und her und lachte mit den Augen. Sie sang und tanzte in der Stube, bis die hungrigen Enten im Graben überlaut quarkten und die Schweine im Koben nach ihrem Futter schrien, daß sie es hören mußte. Da atmete sie tief auf, streifte das weiße Kleid ab und hängte es seufzend in den Schrank zurück ...
Das schöne, weiße Kleid – da – die Mutter hatte es in den Händen!
Wie zufällig drehte das Mädchen sich um: »Mudder, schullt mi nu woll passen?«
Aber Cili Cohrsens Mutter wollte noch nicht verstehen. »Wat schull di passen?« fragte sie mit einem langen Blick nach der Elbe.
»Dat witte Kleed«, sagte Cili, griff zu und hatte es der Mutter aus der Hand genommen, ehe diese es sich versah. Sie hielt es in die Höhe. »Fleten Johr säst du, ik wür noch to minn«, fuhr sie fort und fügte nach einer kleinen Pause lächelnd hinzu: »Ober ik bünn düt Johr doch grötter und dicker worden, dat weet ik doch bi mien Tuch.«
»Do mi irst mol dat Kleed wedder her«, erwiderte die Mutter ernst und bestimmt, aber Cili tat es nicht.
»Dat paßt di doch noch nich!«
»Doch, ik bün en barg wussen!« »Nee, dat paßt di noch ne!« beharrte die Mutter und wollte es ihr entreißen, aber Cili war auf der Hut und hielt es fest. Bekam sie es jetzt nicht, so bekam sie es niemals. Und nächstes Jahr konnte es ihr auch schon nichts mehr nützen, denn dann paßte es ihr sicher nicht mehr, weil sie noch im Wachsen war. Das wußte sie nur zu gut.
»Paßt, Mudder, dat weet ik«, versicherte sie eifrig.
»Diern, Diern!« rief die Mutter und sah sie forschend an, »hest du dat Kleed all anhatt?«
Vor ihrer Mutter konnte Cilli Cohrs nicht lügen. Sie gestand es ein.
»Diern! Diern!«
»Schill dor doch ne um, Mudder! Ik hebbt jo bloß inne Dönß anhatt, hett jo keeneen sehn! Wat paßt mi dat fein, Mudder! Ik will di't mol wiesen, ne?«
Sie wußte selbst nicht, woher ihr dieser Mut kam, so zu trotzen. Sie lief mit dem Kleid nach der Schlafkammer und zog sich in fliegender Eile um, ohne auf die Rufe zu hören. Sie hatte auch einen Kopf, die kleine Deern, und wußte ihn zu zeigen, wenn es drauf ankam.
Weiß vom Hals bis zu den Enkeln, rot im Gesicht, das blonde Haar etwas zerzaust, leuchtender Augen und lachenden Mundes, glücklich darüber, daß das weiße Gewand wieder wie angegossen saß, stand sie im Rahmen der Dönssentür, drehte und wiegte sich vor ihrer Mutter und fragte siegesgewiß: »Non, Mudder, wat seggst nu? Paßt oder paßt ne?«
Die Mutter hätte kein Weib sein müssen, wenn sie nicht zuerst danach geguckt hätte, ob das Kleid auch wirklich gut saß. Wortlos strich sie hier und da herum, zupfte sie noch aller Ecken, bis sie es zu Schick hatte. Dann aber besann sie sich und machte die Haustür zu, denn was sollten die Leute denken, wenn sie solchen Himphamp am Alltag sahen! »Mol inne Dönß rin«, sagte sie dann und ging ihrer Tochter voran, setzte sich auf einen der mit bunten Kissen belegten, gedrechselten Stühle und sah ihr schönes, strahlendes Kind schweigend an.
Die Erinnerung umfing sie und versetzte sie in ihre Jungdeernstage zurück, als ihr ein neues Kleid und ein Tanz über alles gingen, als es sie freute, wenn die Junggäste sich um sie prügelten, denn das hatten sie wirklich getan, bis Willem Cohrs, der stewige, sich zum Baas aufgeworfen und die andern verjagt hatte, Willem Cohrs, der nun schon an die zwanzig Jahre für sie die See pflügte.
Cili bettelte mit den Augen, aber sie bekam ein Kopfschütteln. »Dat Kleed schall hangen blieben, Cili! Is ok all to dull ut de Mod kommen.«
»Dat is ne wohr, Mudder. De Mod is nu meist wedder so as to! Wenn de Arms betjen afsneen un hier en betjen prunt ward, geiht dat all so veel! Man to, Mudder, segg doch jo!«
Aber wieder schüttelte die Mutter den Kopf. »Ik will dit seggen, Cili: in dat Kleed sitt keen Segen! As ik so jung und welig wür as du, wull ik giern en witt Kleed hebben! Wat hebb ik bitt un beet, wat hebb ik schropt un sport, dat ikt kreeg. Aber Moder wür dor stüttig gegen: se güng jümmer swatt un harr mit Witt nix innen Sinn. Dat wür keen Farf för den Diek, sä se. Ik geef aber ne no, ik treun ebensoveel as du nu, – un toletzt harr ik Moder sowiet, dat se ›mienhalben‹ sa. Wat wür ik ok doch glücklich, Diern, wat hebb ik jucht un sprungen! ›Du stillst di an, as en Kalw up de Weid‹, schull Moder, ober ik hür dor ne no hin, ik leep jeden Dag no de Neiersch un paß an. Dat Kleed schull sitten! Un as trecht wür, to seet dat ok. Dat paß mi so scheun, as di dat nu passen deit! Wat hebb ik to up den Sünndag lurt! Ik kunn toletzt kum noch nachts slopen ..«
»Jä – un to, Mudder?« fragte Cili zuletzt unsicher, als die Mutter gar nicht fortfahren wollte, sondern versunken nach der Elbe guckte. Langsam und schwer antwortete die Mutter: »Densülbigen Sünndag, as ik dat Kleed an harr, weih dat een Störm. Ik schull innen Hus blieben, ober ik güng doch no Musik. Densülbigen Sünndag is Vadder up See bleben. Ik kreeg swarte Kleeder an. Düt schull ok swart mokt warrn, ober dat geef ik ne to: ik müßt mitünner doch noch mol ankieken können. Drogen hebb ikt ober keeneenmol wedder, dat Unglückskleed. Wullt dut nu noch hebben, Cili Cohrs?«
Cili erwiderte nichts, sie sah sich noch einmal verloren im Spiegel an und zog das weiße Kleid dann langsam aus.
* * *
Aber das weiße Kleid ließ Cili Cohrs keine Ruhe. Schon nach einigen Tagen bat sie wieder darum, denn sie hatte zu schön darin ausgesehen und mußte und mußte es haben. Ganz krank wurde sie danach. Was Unglückskleid! Es war ein schönes weißes Kleid, und alles andre war Aberglauben. Der Sturm, nicht das Kleid hatte ihres Großvaters Ewer umgeworfen.
Ihr Vater kam auf. Der Westwind wölbte die braunen Segel des Kutters und trug ihn schnell heran. Die Schollen klapperten auf den Steinen, Scharben bekränzten den Deich, und das Haus von Willem Cohrs war voll von Freude und voll von Lachen. Cilis jüngere Brüder wriggten mit dem Boot auf der Elbe, sie selbst aber stand hinter der Waschbalje und rubbelte die Buscherumpen und Ünnerbüxen, daß der Schaum über den Deich spritzte, denn sie stand vor der Haustür und hatte es hild. Hinrich, ihr ältester Bruder, der bei ihrem Vater fuhr, bekümmerte sich sonst wenig um die »olen Deerns«: als er seine Schwester aber im kurzen Rock und mit bloßen Armen waschen sah, da konnte er sich doch nicht enthalten, sie ein bißchen zu kneifen und zu ärgern. Er hätte es lieber lassen sollen, denn mit einem Male rief Cili übermütig: »Kummt en See ober, Schipper!« und warf ihm eine Göpps voll Seifenschaum ins Gesicht, daß es zischte. »So, nu lot di rasiern«, lachte sie hinter ihm her.
»Diern, wenn du so keen Brögam kriegen deist, dann weet ikt ne,« sagte die Stutenfrau. »Denn weet ikt ok ne, Trink«, rief Cili keck.
Nach dem Mittagessen (gebratene Knurrhähne gab es) fing sie von dem Kleid an, ohne sich durch den unwilligen Blick ihrer Mutter anfechten zu lassen. Ihr Vater wußte aber nicht, was sie meinte, deshalb sprang sie leichtfüßig nach der Diele und holte es her, um es zu zeigen. Da erstand ihr selbst in Hinrich ein Helfer.
»Jo, Mudder, man to, lot Fräulein man mol witt gohn von wegen de Ähnlichkeit mit Paul-Bäcker sien Gesellen!« rief er lachend.
Auch ihr Vater war dafür, daß sie das Kleid bekomme. »Wenn de Diern dat paßt, Mudder, denn lot ehr dat man kriegen un updrägen. Schod um dat fein Tüch, wennt int Schapp vermust!«
»Dat Unglückskleed, Vadder?«
»Unglückskleed, Mudder? Dat is jo Heunergloben. Dat Kleed hett dor nix mit to don, dat dien gode Vadder ne wedder kommen is. Lot ehr dat nee Seil man kriegen, se mag jo doch giern glatt gohn, de ole eische Cili de, ne, Hein un Willi?«
Als die Seefischer dann mit dem Boot nach dem Fleet gesegelt waren, um Eis von Julus Wriede zu holen, und Cili ihnen nachguckte, trat die Mutter zu ihr und sagte ernst: »Du schallst dien Willen hebben, ober mi geiht dat noher denn nix mihr an, ik hebb di bitieds wohrschoot!«
Cili Cohrs aber lachte sie aus und trug das Kleid zu der Schneiderin, die es nach der Mode ändern sollte.
* * *
Seit Sonnabendmorgen wehte die deutsche Flagge bei Willi Harms und rief den aufkommenden Ewern und Kuttern, Jollen und Böten, Schleppern und Fischdampfern zu: »Musik! Musik!«
Sonntag war es nun. Und als der Pastor sein Recht bekommen hatte, da warfen die Deerns sich in Staat und die Jungens in Battist, und schon am Nachmittag tanzten sie miteinander zwischen den Pfeilern.
Cili Cohrs hatte das weiße Kleid an. Sie hatte die Schneiderin so lange gebeten, bis sie es ihr zum Sonntag fertig gemacht hatte.
Rosen vom Westerdeich im Haar, wilde, blasse Rosen, stand sie in der Reihe der Mädchen und überstrahlte alle. Ihr Kleid wurde viel angeguckt, das spürte sie, und es wurde auch darüber gesprochen, oft in spöttischem Ton, aber Cili war viel zu glücklich, als daß sie sich darüber ärgern konnte, und sie hatte auch keine Zeit dazu, denn sie war keinen Tanz frei, obgleich mehr Tänzerinnen als Tänzer im Saal waren. Die Junggäste rissen sich um die schöne Cili Cohrs, die noch keinen festen Bräutigam hatte. Sie tanzte leicht und mit Lust. Die Jungens verfolgten sie mit den Augen, wenn sie durch den Saal schwebte. Sogar Kassen Fink, der reiche Bauernjunge, der sonst mit dem Glimmstengel im Munde vor der Schenke stand und die Hände nicht aus den Taschen kriegen konnte, tanzte mit ihr. »Cili, nu warst noch Burfroo!« rief Metta Külper. »Jo, un du warst mien Köksch denn«, lachte Cili und wirbelte schon mit Hein-Snieder über den Saal.
Ihr war sehr warm, als sie zum Abendessen nach Hause ging, und es war ihr deshalb recht, daß der Wind frischer geworden war, denn so kam sie doch endlich einmal aus dem Schwitzen heraus. Sie wunderte sich, als die Mutter sagte, es wehe ein Sturm, und sie solle zu Hause bleiben. Das bißchen Kühlung! Sie zog das Kleid nicht aus, wie sie sollte, sie schlug nur ein wollenes Tuch um die Schultern, nahm einen Schirm und ging wieder zu Tanz.
»Wennt regen ward?« »Denn mok ik den Rock hoch«, lachte Cili unbekümmert, »krumme Been hebb ik jo ne« – und hinaus war sie, die windgewohnte Seefischerdeern.
Es war den Abend voller als nach Mittag und wurde immer noch voller, so daß Willi auch den zweiten Saal öffnen mußte. Bei dem Gelärm und Gelach hörte Cili wenig davon, daß der Wind sich von Stunde zu Stunde verstärkte und zum Sturm anwuchs, sie wurde es auch nicht gewahr, daß ungeheure Regenwolken aus der See stiegen und heranflogen. Sie tanzte fast jeden Tanz, und in den Pausen hatte sie genug zu tun, die andrängenden Junggäste abzuwehren, die sie durchaus mit in die Schenke haben wollten. Sie wollte noch keinen Bräutigam haben, die junge Cili Cohrs.
Mitternacht war es. Die Reihen hatten sich erst wenig gelichtet, denn das schlechte Wetter hielt sie zusammen, und der Lärm war noch stärker geworden. Die Luft war so dick, daß man sie fast auf Brot hätte legen können. Cili Cohrs wanderte immer noch von einem Arm zum andern, ihre Rosen waren entblättert, und sie war müde, aber an Gehen dachte sie noch nicht, dazu war es zu schön an diesem Abend. Sie hatte wohl gehört: »Wat weiht dat! wat regent dat!« aber sie hatte sich nichts dabei gedacht. Es wehte ja oft am Deich.
Schließlich mußte sie einen Augenblick ausruhen, denn der lange Rolf hatte zu ungestüm mit ihr getanzt. Sie entwand sich den Reihen, ging die Treppe hinauf, glitschte die Diele entlang, stieß die Haustür auf und trat in die Nacht hinaus.
* * *
Da stand sie und hörte, fühlte und sah den gewaltigen Sturm, sie sah die hochgehende, weißmützige Elbe, die fliegenden Wolken, die springenden Lichter von Blankenese, sie sah die Fahrzeuge auf dem Wasser dümpeln, sie hörte die Rufe der Fischerleute, die vertriebene oder vollgeschlagene Boote bargen, alles noch wie im Traum.
Cili Cohrs! Sie erwachte jäh und erschrak in tiefster Seele: das war ein Sturm, und ihr Vater war auf See, und sie hatte das weiße Kleid an, das Unglückskleid. Sie hörte ihre Mutter rufen: Cili, Cili, zieh das Kleid aus, sonst bleibt dein Vater, zieh das Kleid aus!
Da schrie sie auf, grell und angstvoll, und lief in wahnsinniger Hast den Deich entlang, wie sie ging und stand, ohne an ihren Schirm und an ihr Tuch zu denken. Eine gewaltige Regenflage warf sich ihr entgegen, der Wind wehte sie einmal vom Deich, sie stolperte und stürzte hin, ihr Haar löste sich und das Kleid klebte an ihrem Leibe, aber sie hielt nicht inne: immer schneller lief sie und sprang sie! »Vadder schall ne blieben, Vadder schall ne blieben!« jammerte sie, wenn sie nicht weiter kommen konnte und raffte sich wieder auf. Gänzlich außer Atem, bis oben hin mit Schlick bespritzt, völlig durchnäßt, todesmatt, stolperte sie über die Schwelle.
»Mudder, Mudder, treck mi dat Kleed ut! Vadder – schall – ne – blieben!« konnte sie nur noch sagen, dann war ihre Kraft zu Ende, und sie sank um.
Als die erschrockene Mutter Licht gemacht hatte, lag ihre Tochter ohnmächtig auf dem Fußboden in einer breiten Wasserlache.
Willem Cohrs kam den fünften Tag mit seinem Kutter die Elbe herauf, heil und gesund. Ihm hatte der Sturm nichts anhaben können, aber seiner Deern brachte er den Tod.
Cili Cohrs ist nicht wieder aufgestanden.
In dem seligen Glauben, daß sie ihrem Vater und ihrem Bruder in jener Nacht das Leben gerettet hat, ist sie gestorben.
Ihre Mutter aber hat ihr das Kleid mit in den Sarg gegeben und die Fenster auf lange Zeit verhängt.