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Wie schön auch jegliches Siegesfeld seinen Kämpfern in die Augen leuchten muß, beschien doch dießmahl die Morgensonne auf manches Schmerzliche, daß der Freudenjubel sich nur sehr gedämpft vernehmen ließ. Die Leichen der überfallnen Vorposten lagen in einem schauerlichen Kreise rings um das Lager her, und an den weit hinausgestelltesten Schildwachten sahe man noch großentheils die Ursach ihres Ueberfalls und ihres Todes: das unversehens in nächtiger Dunkelheit über sie geworfene Fangeseil, welches sie plötzlich wehrlos zu Boden gerissen, und meistens auch gleich erwürgt hatte.
»Schändliche Art zu fechten!« murmelte Thiodolf, unter diesen Gefallen umherreitend. »Nicht einen Bären möcht' ich so erlegen, geschweige denn einen rühmlichen Kriegsmann. Und, Wladimir, wie verhoffst du nur einst deiner Wlasta in Siegesfreude zu begegnen, wenn du ihr nichts Besseres zu erzählen hast, als solche häßliche Stücke!«
In diesen Gedanken und manchen Anordnungen für seine Schar unterbrach ihn ein Kriegsmann mit der Meldung: der große Wäringerfürst liege hart am Tode, und begehre seinen lieben Thiodolf noch vor dem Abscheiden zu sprechen.
Wie eilig flog der junge Held über den ersiegten Boden hin, aber hervorstürzende Thränen verdunkelten ihm seinen Weg. Nur als er die Versammlung der Kriegsobersten um den gefallnen Heerführer sah, ritt er etwas langsamer, trocknete sich die Augen, und trat bald darauf mit ernster Fassung in den Kreis.
Inmitten desselben lag der große Helmfrid über einen goldnen Schild hingestreckt, ihn reichlich mit Blut aus seinen vielen Wunden besprengend. Neben ihm war der Spieß eingepfählt, an welchem er sich gegen den Zug der Bulgarenschlinge festgehalten hatte, und den er bisweilen, wenn das Wundfieber oder der Todeswahnwitz über ihn kam, noch heftig umklammerte. Zu seiner andern Seite kniete Philippos, selbst wund und sehr ermattet, aber es gern vergessend, um des alten Helden zu pflegen. So wie sich Thiodolf näherte, hob der Wäringerfürst sein müdes Haupt empor, schauete mächtig umher, als seye frisches Leben über ihn gekommen, und sprach endlich, die Augen fest auf Thiodolf geheftet:
»Daß sich mir Niemand untersteht, das goldene Schild zu führen, als der, welcher es auf dem Lindenhügel in Norweg zurück gewann! Hörst Du, mein Erbe? Ich verlasse mich auf Dich!« –
Dann lehnte er sich wieder in tiefen Todesschlummer zurück, und Alles stand schweigend umher. Abermals richtete er sich in die Höhe, blickte seinen Liebling an, und sprach:
»Thiodolf ist der neue Wäringeroberst, sobald der alte Helmfrid gestorben sein wird.«
Und wieder legte er sich, wie in ernsthafte Träume zurück. Die Wäringerhauptleute neigten die Waffen vor ihrem erkorenen Führer.
Zum dritten und letzten Male erhub sich der sterbende Held, faßte Thiodolfs Rechte stark, und rief überlaut:
»Ich lege meine Bestallung als kaiserlicher Heerführer mit unumschränkter Vollmacht zu Krieg und Frieden in dieses jungen Fürsten und Obersten Hand!«
Und auf das goldne Schild zurück sinkend, zog er Thiodolf mit nach sich hin, und flüsterte in dessen Ohr:
»Mein Sohn, in eben diesem Augenblick bricht auch der alten Königsjungfrau am Seestrande das Herz. Sie hat lange um mich getrauert auf der Warte, seit ich um ihretwillen mein Goldschild verlor; nun ist es mit ihrem und meinem Kummer zu End!«
Der letzte Schmerz, – es schien, er gelte noch dem verlornen Schilde, – zuckte scharf über sein Gesicht. Dann krachten die großen gewaltigen Glieder, und selig lächelnd lag die herrliche Heldenleiche da.
Helmfrid ward im Angesicht des ganzen Heeres begraben. Es war ein feyerlicher, schöner Leichenzug, und viele Augen tropften. Als man nun den todten Fürsten in das offne Grab hinunter gesenkt hatte, stieg Thiodolf ihm nach, küßte ihm Stirne und Hand, und sagte:
»Du hast es gewollt, lieber Held, da nehm' ich deinen Goldschild von dir, und schwöre, nicht eher ihn zu reinigen von deinem und von Feindesblute, als bis der, welcher dich so hinterlistig fällte, in meiner Gewalt ist, oder todt.«
Dann klomm er mit dem blutigen Schild am Arme wieder an das Tageslicht herauf, und die Wäringer begrüßten ihren jungen Obersten freudig mit zusammenklirrenden Waffen, freudig riefen viele Kriegsobersten, die Helmfrids letzten Spruch gehört hatten, ihn zum Heerführer aus, und wie ihn die Wäringer auf dem Goldschilde nach alter Nordlandssitte emporhuben, jauchzte das ganze Heer durch alle Geschwader ihm als seinem Feldherrn entgegen.