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Der junge Held hatte nach Mittag seine Freunde beredet, einen Gang in das Blau des hellen Frühlingstages mit ihm hinaus zu thun, denn seine Brust, in welcher es sich von tausend Ahnungen und neuen, ungekannten Blüthen drängte, sog das Wehen der Lenzesdüfte, das Jubeln der Lerchentriller mit unendlicher Sehnsucht ein. Schüchtern ging Malgherita, seit ihrer hiesigen Ankunft in die Umgränzung ihres kleinen Gärtchens eingewohnt, am Arm des kräftigen Freundes durch die volkreichen Gassen hin; staunend sah Pietro von der andern Seite zu der, wie in Verklärung leuchtenden Heldengestalt empor.
Thiodolf empfand Malgheritens Bangigkeit, und lenkte deßhalb seine Schritte nach einem buschigen Spaziergange, der sich, wenig besucht, die Ufer des Meeres entlang zog, und wo auch ihm selbst erst seine ganze Freudigkeit aufging, denn in der Stadt war das leise Flüstern der Menge: »das ist er! Seht da den großen Bulgarensieger! den Hort und Schirm unseres Kaiserreiches!« unaufhörlich mit ihnen gewandelt, und hatte störend in die stille Feyerwelt eines Innern eingegriffen. Hier unter den grünenden Bäumen, angestrahlt von Himmel und Meerfluth klangen begeisterte Worte von seinen Lippen, und viel der nordischen Sagen darunter, wie es ihm denn allemal zu begegnen pflegte, wenn die rechte Freude in seinem ritterlichen Herzen aufging.
Eine Wendung des Ganges führte die Lustwandelnden unvermuthet an einem Mönch vorüber, der vor einem schönen Marmorcrucifixe, unter dem Schatten zweyer hohen Cypressenbäume hervorleuchtend, kniete, und so andächtig und in sich versunken betete, daß auch Thiodolfs gewaltig tönende Sagenstimme nicht in sein Ohr zu dringen schien. Malgherita hingegen bemerkte den Betenden nur allzuwohl, und schreckte vor ihm zusammen, denn es war der greise Priester Jonas. Pietro, ihn gleichfalls erkennend, mußte an Castelfranco denken, und an Malgheritens trübe Ahnung. Er sah die bleicher gewordene Frau sorglich an, und sprach:
»Ermuthige Dich, Malgherita, zeigt sich dir des alten Jonas finstre Gestalt, so ist uns ja auch in unserm Freunde Thiodolf ein sehr helles Gestirn aufgegangen.« –
»Ich bin nicht so erschreckt, wie du meinst, Pietro,« entgegnete Malgherita. »Nur die sehr trübe Erinnerung an Castelfranco überflog meinem Sinn. Im Uebrigen ist mir's, als seye die Unheilsbedeutung des alten Jonas mit jener schrecklichen Nacht verloschen.«
Thiodolf in seiner heitern Sagenluft hatte diese Worte nur kaum beachtet, und fuhr fort, die kühne Abentheuer eines uralten Norderhelden zu verkünden. Da trat ihnen Philippos entgegen; sein Antlitz glühte noch von der Freudigkeit jener verheißenden Morgenstunde, und sich tief vor seinem Obersten neigend, sprach er:
»O edler Meister, bitt' Euch, folgt mir sogleich nach dem großen Amphitheater, welches noch von uralter Zeit her in dieser Stadt hervorragt. Dorten führt der berühmte Dichter Romanus heute vor dem Kaiser ein Trauerspiel auf, ganz in der altgriechischen Form und Weise, wie er denn mit ähnlichen Darstellungen, unterstützt von herrlichen Schauspielern, den Kaiser schon oftmahlen ergötzt hat. Man verspricht sich von der heutigen ungewöhnlich viel, denn er selbst wird mitspielen, wie es auch die Dichter in unserer Väter Tagen wohl öfters gethan haben, und an dieser Tragödie hat er seit langer Zeit sorgfältig gearbeitet. Alles Volk strömt dahin, vor Allen unsere Wäringer, denn die Dichtung stellt eine nordische Sage, das Leben Sigurd des Schlangentödters dar.«
»O Sigurd Schlangentödter!« rief Thiodolf in flammender Freudigkeit aus, und zog seine Freunde mit sich nach dem Amphitheater fort. Vergebens wollte Malgherita widerstreben; ein Blick in das kindlich frohe Gesicht ihres Führers verboth ihr, ihm jetzt irgend etwas einzureden, und Alle zusammen betraten das schon von Tausenden der Zuschauer wimmelnde Gebäude.