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Sechs und zwanzigstes Capitel.

In einer hellen Frühstunde des nächsten Tages standen die drey Männer vor den Gemächern des großen Barons, und als er ihnen entgegen trat, brachte Thiodolf seine feyerliche Werbung um Isolden an, als ein Christ bittend, es möge ihm vergönnt seyn, das Fräulein an den Altar zu führen. Freudeweinend umarmte der alte Held seinen großen Schwiegersohn, und geleitete ihn zu Isolden. Deren himmlisches Gesicht, durch die Erweichung der Liebe und Demuth zu seinem rechten Engelsglanze verklärt, ließ den beseligten Freyer alle Wonnen des Paradieses ahnen. Er kniete nieder, und streckte seine Arme nach ihr aus; da reichte sie ihm die Hand, mit ernster Freundlichkeit sprechend: »vor Gott sollst du knien, und nicht vor Menschen, du neu bekehrter Jünger des Herrn!« und zog ihn empor. –

Auf den nächstfolgenden Tag ordnete der hocherfreute Kaiser die Hochzeitfeyer des herrlichen Paares an, welcher der Ritterschlag Thiodolfs und seines Freundes Philippos vorhergehen sollte. Alle Kriegsscharen rief das Schallen der Tuba dazu in's Gewehr, allen Bürgern und Frauen kündeten die Glocken der Sophienkirche das heilige Fest an. Gedrängt voll Menschen standen die Gassen; kein lautes Heilrufen erscholl; aber Alles neigte sich in tiefer Demuth vor der, welche man schweigend als die heimliche Helferinn zu verehren gewohnt war, und vor dem starken Feldherrn, dem Erretter des Landes, dem Löwen, der seinen gewaltigen Nacken in den Dienst des Lammes beugte, das aller Welt Sünde trägt.

Als der Zug in das heilige Haus getreten war, stellte sich ein vornehmer Herr des Reiches mit goldnem Schwerte an den Altar, und rief, als um das Köstlichste zuletzt zu bewahren, den jungen Philippos zuerst zum Ritterschlage hervor. Ihm gürtete auf einen Wink des Kaisers die junge Zoe das Schwert um. Alsdann erging das feyerliche Wort an Thiodolf, und wie sich der dem Altare nahete, schritt plötzlich der Kaiser vor, nahm das Goldschwert aus der Rechten des Reichsherrn in seine eigene, und sprach laut, daß es die ganze Versammlung hören konnte:

»Solch einen Helden zum Ritter schlagen taugt nur für kaiserliche Hand, und auch die gewinnt Ehre damit für alle Zeit.«

In welchen Gefühlen Thiodolf niederkniete zu der großen Weihe, den Lieben Heiland klar in der Seele, Isoldens Minne im Herzen, und solche Ruhmeskränze auf sein Haupt niederschwebend, – fühle es selbst, mein theurer, ehrliebender Leser, der du der Rechte bist! – Als der Ritterschlag vollendet war, trat der große Freyherr hinzu, legte seinem Schwiegersohne die goldenen Sporen an, und umgürtete ihn mit dem Schwerte seines Ahnherrn Huldibert.

»Du sollst deßwegen deine gute Klinge Rottenbeißer nicht von dir thun,« sagte er nachher. »Ein Held, wie du, kann wohl zwey tapfern Schwertern Arbeit genug geben.«

Der Priester Jonas vollzog darauf die Trauung Thiodolfs und Isoldens mit seliger Begeisterung, und gleich darauf nahm der große Freyherr seinen Enkel dem Sänger Romanus ab, der ihn bis dahin getragen hatte, und legte ihn segnend in die Arme Malgheritens. Da herzten sich Mutter und Vater und Kind in himmlischer Freude.

Wie nun der Zug aus der Kirche nach dem kaiserlichen Pallaste zurückschritt, kam plötzlich aus dem Gedränge ein Mann, seltsam hell und fremd und prächtig geschmückt, gegen den in so vielfacher Glorie strahlenden Thiodolf heran, beugte sich tief, mit auf die Brust gelegten Händen vor ihm, und sagte:

»Oheim Nesiolf und Muhme Gunhild grüßen. Als ich von Island wegschiffte, waren sie frohen Muthes, deßgleichen das getreue Wolfsthier auch.«

Thiodolf erkannte den Fürsten Achmet, welchen er nach dem Norden hinausgeschickt hatte, wohl; auch stieg ihm ein freudiges Roth in das Gesicht vor den heimischen Erinnerungen, zugleich aber das Roth einer leichten Beschämung, denn die Umstehenden lächelten, und der Kaiser, welcher als Führer des Bräutigams jedes Wort vernommen hatte, sagte mit freundlichem Kopfnicken:

»Da liegt gewiß noch so ein altes Thiodolfsstücklein zum Grunde. Kommt mit, lieber, fremder Gast. Ihr sollt es uns im Schlosse ausführlicher erzählen.«

Wie nun dorten Achmet anhub, die ganze furchtbare Begebenheit aus der afrikanischen Küste zu berichten, dann seine isländische Fahrt kund gab, reumüthig bekennend, daß er nachher gedacht habe, sich aller fernern Weitläufigkeit zu überheben, und Lauren mit Gewalt aus dem Kloster zu führen, von dieser Bereuenden und Bekehrten aber mehrere Mahle streng zurück gewiesen sey, und wie er nun endlich seinen weitgefürchten Nahmen nannte, und feyerlich erklärte, er wolle das Bad der Heiligen Taufe empfangen, und zur Buße in einen geistlichen Ritterorden treten, – da flocht, was vorher als ein neckendes Reis zwischen Thiodolfs Lorbeerkrone hervor gesehen hatte, sich als ein frischer, hellblühender Zweig hinein, und Isolde flüsterte in sein Ohr:

»O Held, wenn du dich immer herrlicher verklärst, wie soll es dann Isolde wagen, noch fürder zu dir aufzublicken?«

Der Kaiser stellte dem großen Isländer die unbedingte Gewährung einer Bitte frey. Da bath er um seines Waffenfreundes Philippos Glück, und mit süßem Herzklopfen reichte Zoe dem jungen Helden die bräutliche Lilienhand.

Romanus aber sang in seine Saiten:

     »So hat nun Alles freudig sich gefunden,
Aus Irren durfte Liebe sich begegnen,
Vor Küssen heilen Schmerzens tiefe Wunden,
Die Kinder danken, und die Aeltern segnen;
Da hat Gesang sich aus der Brust entwunden,
Um Blüthen in den Freudenkranz zu regnen.
Er ist, die fromm das Oehlblatt trug, die Taube,
Und Myrt' und Lorbeer wölben sich zur Laube.«


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