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Wie bei winterndem Frost manchmal in den Wäldern die Mistel
Grünt mit erneuetem Laub, das nicht ihr eigener Stamm sä't,
Und hochrotes Gewächs um die rundlichen Äste herumschlingt:
Also war das Gebild von dem goldenen Sproß an der dunkeln
Steineich'. –
Vergilius Änëis VI 205 ff.
Der Tempelgiebel, von starken dorischen Säulen getragen, leuchtet hell und warm zwischen den Zypressen hervor, die zu beiden Seiten Wache halten.
Hoch oben über ihm, aus gelblodernden Ginstersträuchern und niedrigem Bergwald emporstrebend, spannt eine Pinie mittels geschnörkelten Geästes ihren dunkeln Nadelschirm aus gegen die seligtiefe Bläue des sommerlichen Mittagshimmels.
Ein Olivenhain steigt seewärts hinunter.
Ein unentwirrbares Durcheinander von Bäumen. Viele drehen sich gleich schlanken Dryadengestalten in schwebender Tanzstellung und reichen mit ausgestreckten Armen einander die blätterfingerigen Hände; unten gespalten, treten andere mit gespreizten Beinen den feierlichen Reigen. Knorrig, verwachsen, mit verrenkten Gliedern purzeln gnomenartige Gebilde vorwärts. Einige winden sich schlangenhaft in die Höhe; und es sind welche da, die mit geschwollenen, warzigen Drachenleibern sich bäuchlings hinwälzen oder wie in jähem Schrecken sich rückwärts emporbäumen.
Überall aber in diesem Wirrsal von Stämmen und Ästen eines verzauberten Circe-Haines glitzert und funkelt das Wasser. Es ist wie launenhafte Konstellationen heiterer und flüchtiger Tagesgestirne, die sich unaufhörlich entzünden und erlöschen.
Das federleichte Laubgewebe der Wipfel aber zeichnet seinen Rand silberig auf die Fläche des Sees, der in seinen Waldkrater eingebettet dunkelglänzend daliegt, gleich einem grünen Edelstein.
Einen solchen fassen wohl kunstfertige Menschenhände in Gold. Hier aber scheint die Natur es umgekehrt zu halten. Denn mitten in diese smaragdene Platte ist ein goldenes Kleinod eingelagert – ein Märcheneiland des verzauberten Sees.
Vor Dianas Tempel betrachten zwei Männer den Spiegel Dianas, oder vielmehr jenes leuchtende Goldwunder, ein Schmuckstück aus den Meisterhänden des Hephästos, welches die Waldgöttin auf ihren Spiegel von sich gelegt hat.
Der eine ist ein bärtiger Greis von herkulischem Körperbau. Er trägt eine priesterliche Kopfbinde und ist mit dem leinenen Gewand der Dianadiener angetan.
Dieser steht hart am Abhang.
Auf dem unbedeckten Kopfe des anderen kräuselt sich jugendlich schwarzes Haar. Er trägt einen blauen, etwas verschossenen und zerlumpten Arbeitskittel.
Der Jüngling sitzt im Schatten eines mächtigen Ölbaumes, der mitten zwischen dem Felsrande und den Stufen des Tempelperistyles wächst.